Politiker sind Schurken?

"Wer auf dem Kanzlerposten

noch kein gemeiner Kerl ist, der wird es"

Kaiser Wilhelm II.

http://www1.wdr.de/radio/podcasts/wdr5/zeitzeichen27…

Ist Politik also ein ziemlich schmutziges Geschaeft?

Was sollen Philosophen dazu sagen?

Wie jedes Geschäft, kann man es schmutzig gestalten oder nicht und natürlich korrumpiert macht, aber jeden Politiker einen Schurken zu nennen ist ausgesprochen polemisch, wie ich finde.

Man kann Politiker finden, die ihre Arbeit sauber machen und solche, die es nicht tun… das ist wie bei jedem Beruf, sei es: Polizist,  Arzt, Pfarrer, Dachdecker, Putzkraft, Koch, Lehrer, Gärtner, Schneider, Tischler, Wissenschaftler… oder was auch immer.

Hi,

Ich schätze, dass es so ist. Von Lobbyismus, zu Erpressung und (Fraktions)Zwang, über Macht, Geld und Affähren.
Wer da mit einer weißen Weste raus kommt, kann stolz auf sich sein.

Davon gibt es aber meist nicht viele, die Maß halten, ihren Werten treu bleiben und die weiße Weste eben.

Was kann nun die Philosophie dazu sagen?

Das meistens erst das Fressen, dann die Moral kommt (nach Brecht)?

Nichts im Übermaß (Geld, Macht etc.) wie es am Orakel von Delphie steht?

Die Hoffnung stirbt zuletzt?

Keine Ahnung…

Gruß,

Hanzo

Klar ist, dass das nicht fuer alle Politiker gelten kann.
Aber wie gesagt, ich denek, dass Politiker einen anderen anspruch haben sollten, als nur so zu sein wie viele im Volk.

Idealisten haben auch keine Chance, weil sie oft zu missionarisch sind. Beispiel:

Röpke kritisierte den Materialismus der Gesellschaft scharf und befürchtete eine Zersetzung der abendländischen Kultur.
Ihm schwebte eine gesellschaftliche Organisation in kleinen dezentralisierten Lebensformen auf Basis christlicher Werte vor.
Durch sie würde eine höhere, quasi naturrechtlich vorgegebene Ordnung als Rahmen für die Marktwirtschaft geschaffen.
Obwohl Röpke aus heutiger Sicht als Pionier der kulturellen Ökonomik verstanden werden kann, ist seine Marktkritik letztlich antiliberal, tief im Konservatismus verwurzelt und in der Forderung nach einer „Nobilitas naturalis“ demokratieskeptisch.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftswis…

Was kann nun die Philosophie dazu sagen?
Das meistens erst das Fressen, dann die Moral kommt (nach
Brecht)?

Die Hoffnung stirbt zuletzt?

Hanzo

Nun, bei der Hoffnung sollte es nicht bleiben.
Taten muessen her.
Zumindest mehr Protest-Willen.
Wenn ich da auf die 60/70/80 ger Jahre sehe, dann wurde da wesentlich weniger einfach nur vom Volk „geschluckt“

Das andere (Brecht):

Fressen und Geld — ja ja … aber ich denke, und das unterscheidet den Politiker
leider von andern Berufsgruppen wie Gaertner oder Aerzte u.s.w., es idt die MACHT, die sie selbst korrumpiert…

Mike

Nach Platon/Sokrates würde ein Philosoph als Staatsoberhaupt/Machtausübender nicht recht FUNKTIONIEREN… Theoretisch ja, wegen der mustergültigen Tugenden… praktisch nicht, weil:

  1. weil er zu weit ÜBER den Dingen stehen würde

  2. die Massen ihn wieder loswerden wollten, weil der Philosophie uneinsichtig, abgewandt

  3. der Philosoph auch selbst wieder zurück fiele in den Naturzustand des Menschen, der nicht vollkommen ist sondern eben eher bösen Charakter habe

Allerdings ist Vorsicht in Bezug auf eine etwaige geistige Verfettung angeraten :smile: und die zukunftsrelevante, krisenaufspürende Wetterfühligkeit zu erhalten: Themen wie Gentechnologie oder Wirtschafts- und Reformkrisen sind in den Fokus zu rücken. Vor allem aber die Bildung und Erziehung zum Menschen, zum ganzen Menschen.

Kant also?

Fragen also wieder:

Was sollten wir tun?

Was sollten wir wissen?

Was können wir hoffen?

Das ist - nach Kant - der Mensch!

Nun, es gibt mehr Fragen als Antworten. Denn immer, wenn wir antworten haben… tauchen flugs wieder neue Fragen auf. Das nenne ich Evolution -

„A Never Ending Process“ …

Lasst mich noch die abschliessend entscheidende Frage stellen (frei nach Eric, MR Leser):

„Wie soll dieser freie Wille begründet werden? Es hat sich doch keiner ausgesucht so oder so zu sein, oder so oder so nicht zu sein. Wir können zwar tun was wir wollen, aber wir können nicht wollen was wir wollen.“

Eric ergänzt - ganz im Sinne der neuesten Hirnforschung (Singer/Roth):

„Selbst eine Wandlung des Charakters setzt einen bereits vorhandenen Charakter voraus, der bereit ist sich zu ändern. Diesen Charakter wiederum, der zu einer Selbstwandlung bereit ist, haben wir uns ebenfalls nicht ausgesucht.“

Multi meint:

Also kommt es doch wenigstens darauf an, ein „ganzer“ Mensch zu werden.

Dazu gehören Gefühle ebenso wie Geist! Das so, aus der Bildung und Reflektion, aus Diskurs und Kommunikation gebildete, voll ausdifferenzierte und multiple Individuum, befindet sich dann immer in guter und angenehmer Gesellschaft, auch mit sich allein :smile:

Philosophie ist ein wichtiger Baustein sich zu entfalten! Damit ist nicht gemeint, daß einfach nur ein Seins- oder Sinngenerator angeschmissen wird. Nein, es gilt gerade in dieser Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs :smile: Sinn und Zweck woanders zu suchen als im kapitalistischen Zwangssystem… in der Kultur - s.o.! In Multis Revue selbstverständlich auch!

„Philosophischer Kapitalismus“ ist angesagt: Das Prinzip des Kapitalismus ist Gewinn erwirtschaften und Eigentum schaffen. MR hilft denn auch GEISTIGES Eigentum aufzubauen und daraus Gewinne für Kultur und Gesellschaft zu generieren. Geist als Währung - statt nur Euro, Dollar oder Yen!

Mehr Philosophie in die Politik!

(Versagende) Pragmatiker haben wir doch im Berliner Abgeordnetenhaus oder in den Chefetagen der Konzerne genug!

Es fehlt der „Überbau“,

der geistig-moralisch und

w e r t v o l l e !

Politik ist ein schmutziges Geschaeft
„Ja, Politik ist ein schmutziges Geschaeft“

Aus einer Wahlwerbung 1953:

http://www.stern.de/politik/deutschland/mecki-animie…

‚Politiker‘ sind auch nur so edel und gut…
… wie die Wähler, die sie wählen.

Wenn also ein Politiker „korrupt“ ist und ständig wiedergewählt wird, sagt das auch was über seine Wähler aus.

&Tschüß
Wolfgang

Nun, da ist leider was dran…

Das Volk gehoert abgewahlt :smile:

Christliche Hohlformeln
Hi.

Röpke kritisierte den Materialismus der Gesellschaft scharf und befürchtete eine Zersetzung der abendländischen Kultur. Ihm schwebte eine gesellschaftliche Organisation in kleinen dezentralisierten Lebensformen auf Basis christlicher Werte vor.

Wie passt Dezentralisiertheit mit Christlichkeit zusammen? Es gibt keine zentralistischere Ideologie als der christliche Monotheismus. Ein Mann - der Papst - beansprucht, Repräsentant des Einen Gottes und der Einen wahren Lehre zu sein, die den Menschen durch Einen Mittler - JC - bekannt gemacht wurde.

Darüber hinaus propagierte Röpke nichts anderes als die Soziale Marktwirtschaft, deren Konzept von Ludwig Erhard begeistert aufgenommen wurde. Die SM ist ein Mittelweg zwischen den inhumanen Extremen von Liberalismus und Planwirtschaft. Nun zeigt die Realität aber, dass dieses Konzept „nur“ das geringste aller Übel ist. Das gleiche gilt ja für die Demokratie. Ich kenne Röpkes Texte nicht näher, vermute aber, dass er in den 50ern die Problematik der Globalisierung, welche die Erpressbarkeit der Politik durch Konzerne ermöglicht, nicht vorhergesehen hat. Diese Art von De-Zentralisierung, also die hemmungslose Verlagerung von Produktionsstandorten in Länder, wo die Arbeitskräfte ausgebeutet werden, hat Röpke gewiss nicht gemeint :smile:

Und „Christliche Werte“? Welche denn? Liebe und Barmherzigkeit? Die gelten ja christlicher Propaganda gemäß als typisch christliche Ideale. Ich glaube, hier nicht ausführlich argumentieren zu müssen, um zu beweisen, dass das eine gänzlich leere Anmaßung ist. Nur so viel: Fast überall, wo in der Vergangenheit Menschen ausgebeutet und diskriminiert wurden, z.B. durch Sklaverei, hielt die Kirche ihre Hand schützend darüber. Leider sticht das Argument, dass es sich um Verzerrungen einer an sich humanen Ur-Lehre handelt, überhaupt nicht: Die frühesten christlichen Quellen (wie auch die späteren) quillen über von Statements, die nach modernen Maßstäben völlig inhuman sind.

Noch ein kurzer Exkurs zu „Mutter Teresa“, die Vorzeige-Christin: 1) Sie soll mehrere Millionen an Spendengeldern veruntreut haben. 2) Sie war überhaupt keine überzeugte Christin. Ihre Briefe zeigen das deutlich. Sie inszenierte den Hype vielleicht nur, um Asche zu machen.

Chan

Der Politiker als Träger eines Ideals
Hi.

Dass ein Cousin von mir ein Strippenzieher in der EU ist (z.B. 3 Jahre lang Präsident des Strategischen Planungskomitees der Europäischen Wirtschaft) und - viel früher - sicherheitspolitischer Berater von Kanzler Kohl war, macht mich natürlich nicht automatisch kompetent für diese Frage. Auch nicht, dass noch entferntere Verwandte aus der gleichen Ecke zu den Gründern des Europarates gehörten. Ich will dennoch einen Gedanken beisteuern. Das Ideal des Politikers, der Eigeninteressen zugunsten des Gemeinwohls zurückstellt und einem „höheren Ideal“ verpflichtet ist, hat seine Wurzeln im frühen Königtum. Stichwort „Legitimation“: Ein König galt in der Regel nur als rechtmäßig, wenn er sich als Repräsentant eines Gottes ausgab. Der erste historische Beleg dafür ist eines der ersten geschichtlichen Dokument überhaupt, die sog. Geierstele des Eannatum (um 2.500 vuZ.). Dort legitimiert sich der König als Sohn des Gottes Ningursu und behauptet, die Göttin Inanna habe ihn der Göttin Ninhursag zur Stillung überreicht. In kleinerem Maßstab lief das damals nicht :smile: Ohne solche Legitimation hätte ein Herrscher als gewaltgestützter Tyrann gegolten. Ab der akkadischen Zeit - ein paar Jh. später - trat der Gerechtigkeitsaspekt verstärkt in den Vordergrund: Ein König wurde vom Sonnengott Schamasch in die Pflicht genommen, Gerechtigkeit für sein Volk zu erwirken. Der babylonische König Hammurabi führte diese Legitimationsstrategie fort (auf der Codexstele legt er Schamasch die Gesetze vor). Über die Assyrer gelangte dieses Konzept in das Denken der Juden: Hier ist es Jahwe, der im Psalm 72 „dem König“ (vermutlich Josia) die Pflicht zur gerechten Regentschaft auferlegt:

1 Des Salomo. Gott, gib dein Gericht dem König und deine Gerechtigkeit des Königs Sohne, 2 dass er dein Volk richte mit Gerechtigkeit und deine Elenden rette.

Der modernere Politikertyp entstand etwa zur gleichen Zeit in Athen, nämlich der aus dem Volk (mit Ausnahme von Frauen, Sklaven und Metöken) rekrutierte Amtsinhaber auf Zeit als Teil einer abstimmenden Versammlung. Den Grundgedanken der Eigenverantwortung des Bürgers hatte Solon, der die Menschen vom gotteszentrierten Schickalsglauben zur aktiven Rechtserwirkung ermuntern wollte. Daraus entwickelte sich der Berufs-Politiker, so wie wir ihn heute kennen. Dazwischen liegen allerdings zwei Jahrtausende einer christlichen Theokratie, die den altorientalischen Gedanken des Gotteskönigtums auf ihre Weise perpetuierte.

Ich ziehe aus all dem den Schluss, dass die moderne Politikverdrossenheit bzw. das Jammern über korrupte Politiker unbewusst auf einem Sichanklammern an das alte, aber verblichene Ideal des gottgelenkten Herrschers basiert, dem übermenschliche moralische Kräfte zugesprochen wurden. Das ist unrealistisch. Jeder Politiker ist ein Mensch und als solcher Anfechtungen ausgesetzt. Dass er sich durch Amtsübernahme einem idealen Anspruch unterwirft, ist klar. Ebenso klar ist, dass die allerwenigsten Menschen diesem Anspruch voll genügen können. Deswegen gibt es das Prinzip periodischer Wahlen. In der Pflicht steht nicht nur der Gewählte, sondern auch der Wähler. Oft genug votiert er/sie für Personen, deren Bigotterie ein Blinder um die Ecke erkennen würde.

Chan

PS.

Wie laufen heute beide Linien zusammen? Beispiele:

  1. Deutsches Parlament: Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe.

Die Gottesbeschwörung kann aber weggelassen werden.

  1. Griechenland:

Ich schwöre im Namen der Heiligen, Wesensgleichen und Unteilbaren Dreifaltigkeit, die Verfassung und die Gesetze zu wahren, für deren getreue Einhaltung zu sorgen, die nationale Unabhängigkeit und die Unversehrtheit des Landes zu verteidigen, die Rechte und Freiheiten der Griechen zu schützen und dem allgemeinen Interesse des griechischen Volkes zu dienen.

Das klingt vergleichsweise hardcore.

  1. Russland: Dort schwört man ausschließlich atheistisch. Schließlich sitzt der mit den Hörnern auf dem Präsidentenstuhl.

  2. Ukraine:

Ich leiste der Ukraine den Treueid. Ich verpflichte mich, mit all meinen Handlungen die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu verteidigen, für das Wohl von Vaterland und des ukrainischen Volkes zu sorgen. Ich schwöre, mich an die Verfassung und Gesetze der Ukraine zu halten, meine Pflichten im Interesse aller Mitbürger zu erfüllen.

Um das Land von der EU fernzuhalten - im Interesse aller Mitbürger? - , darf natürlich auch Blut vergossen werden.

  1. US-Präsident: Er schwört optional mit oder ohne Gottesformel.

Verklemmte Weltfremdheit
Hallo,

Aber wie gesagt, ich denke, dass Politiker einen anderen
anspruch haben sollten, als nur so zu sein wie viele im Volk.

mit welchem Recht meinst du diesen Anspruch haben zu wollen?
Ich sehe Politiker nur als Leute, die einen bestimmten Job machen.

Wenn Politiker per Def. die besseren Menschen sein sollen, dann brächte man diese ja nicht mehr wählen und vor allem nie mehr abwählen!

Idealisten haben auch keine Chance, weil sie oft zu missionarisch sind. Beispiel:

Ja eben, neutral dürfen sie nicht sein, weil sie ja als Interessenvertreter gewählt werden.
Parteilich dürfen sie nicht sein, weil sich da immer Leute hintergangen und falsch vertreten fühlen.

Röpke kritisierte den Materialismus der Gesellschaft scharf
und befürchtete eine Zersetzung der abendländischen Kultur.

Das ist IMHO religiöses Geschwätz.

Ihm schwebte eine gesellschaftliche Organisation in kleinen
dezentralisierten Lebensformen auf Basis christlicher Werte vor.

Die alte Leier. Christen meine per Def. bessere Menschen zu sein, weil ihre Religion angeblich ja so barmherzig ist und meinen die Ethik gepachtet zu haben?
Das ist doch keine Errungenschaft irgend einer Kirche, sondern nur Zugeständnis und Anpassung an die durch Aufklärung erkämpfe Säkularisierung.
http://www.schmidt-salomon.de/editMIZ105.htm
Gruß Uwi

Treue ist eine Tugend für eine Welt voll guter Menschen. Da sie aber schlecht sind und dir die Treue nicht halten würden, brauchst du sie ihnen auch nicht zu halten.

Das (ist) die Seite von Machiavelli, in der er für jeden Mann und jede Frau ein bisschen sexy ist.

Tugenden sind schädlich, wenn man sie besitzt und stets ausübt, und nützlich, wenn man sie zur Schau trägt.

Ein kluger Fürst kann und darf sein Wort nicht halten, wenn er dadurch sich selbst schaden würde.

Man sieht oft, dass Bescheidenheit gar nichts nützt, ja dass sie nur schadet…

Das ist etwas, was bis zum heutigen Tag gilt.

Also Politiker, die ganz bescheiden wie alltägliche Leute von rechts und links auftreten, erwerben dadurch nicht unbedingt die Hochachtung der Wähler.

Klug ist es, sich zu drehen und zu wenden nach dem Winde.

Komplett:

http://www.br.de/radio/bayern2/service/manuskripte/m…