Hallo Jana!
der SPIEGEL-Artikel, auf den Du verweist,
stammt vom 12. September 2000. Er ist leider
nicht sehr tiefgehend…
Stimmt. Ich finde es bedauerlich, diesen Artikel nicht schon früher entdeckt zu haben - denn diese Kommission und Hans Herbert v. Arnims Protestaustritt daraus waren mir entgangen -, und ich muss mal schauen, ob sich weitergehende Artikel finden. Hm, ob der „Focus“ kritisch darüber berichtet hatte, da doch deren Chefredakteur - warum auch immer - ebenfalls in dieser Kommission war? ;o)
Die Einkommen beispielsweise der Abgeordneten im
Bundestag müssen diese offenlegen. Wie sich diese
zusammensetzen dürfen, kannst Du auf der Homepage
des Bundestages nachlesen.
„Wie sie sich zusammensetzen dürfen…“ - so, wie sie es gehandhabt hatten, durften sich die Einkommen aber nicht zusammensetzen.
Ich weiss nicht recht, wie ich es in Worte greifbar machen kann, ausser dass ich wiederum sage, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, was auf Papier steht, und was in der Praxis geschieht. So ist eigentlich untersagt, dass Parlamentarier einen kleinen Teil ihrer Diäten an die Partei zahlen („Parteiensteuer“), und somit zur Parteienfinanzierung beitragen. Offiziell geschieht das natürlich nicht, weil es ja nicht erlaubt ist, aber inoffiziell passiert es eben doch. Die Parteien haben dafür ein einfaches Druckmittel: entweder du zahlst in die Parteikasse ein, oder du wirst das nächste Mal nicht mehr in der Wahlliste aufgestellt. (Nachzulesen in einem der Bücher von H.H. v. Arnim, aber frag’ mich jetzt nicht, welches. Wahrscheinlich „Die Partei, der Abgeordnete und das Geld“, 1996, Droemer.)
andererseits verlangt derlei Thema genau und
tiefgründige Recherche. Mit Schlagzeilen à la BILD
kommt man da nicht unbedingt weit. Aber ich würde
nicht alle „Medien“ in einen Topf werfen…
Ich spreche vor allem von etablierten Medien, die durch Aufkäufe und Zusammenschlüsse in immer wenigeren Händen liegen und somit immer weniger Meinungen repräsentieren, obwohl es augenscheinlich viele unterschiedliche Blätter und Sender gibt. Wenn ich sehe, wieviel „Rabbatz“ um andere, ja geradezu nichtige Themen gemacht wird, oder wenn sich ein ums andere Mal eine Bevölkerungsgruppe „Schmarotzertum“ vorwerfen lassen muss, dann wundert es mich eben sehr, dass von den grossartigen „Schmarotzern“ so wenig die Rede ist und auch keinerlei Stimmung gegen sie erzeugt wird.
Du erwähntest die BILD - sie brachte Schröders „Faulheits-Aussage“ in grossen Lettern auf der ersten Seite. Hingegen war nicht gleichfalls und BILD-typisch z.B. zu lesen: „Clement, Stoiber, Fischer & Co. - die Steuergeld-Abgreifer der Nation!“ Wenn die BILD schon Schlagzeilen erzeugen will, warum dann nicht mit gleicher Vehemenz in die andere Richtung!
Du erwähntest gleichfalls die tiefgründige Recherche. Dazu muss der Wille eines Journalisten vorhanden sein, in ein Wespennest zu stechen - und wie viele werden dazu bereit sein? Nur hin und wieder ist einmal etwas über die Politikerprivilegien zu hören (s. http://www.ndrtv.de/panorama/archiv/20010628/witwenr…), aber es erzeugt selten einen nachhaltigen Aufschrei über die Ungerechtigkeit. Würde diese Thematik - leider auch mit BILD - in Schlagzeilen angesprochen werden, gerieten die Politiker unter einen öffentlichen Druck und in Erklärungsnot über die ungleiche Behandlung. Warum geschieht das nicht?
Über das „Schmierentheater“ im Bundesrat und den
von Dir suggerierten Verfassungsbruch sind sich noch
nicht einmal Verfassungsschützer einig; denn es gibt
keinen Präzedenzfall dazu. Aber bald ganz sicher, wenn
sich das BVerfGericht damit befasst hat.
Ich suggeriere keinen Verfassungsbruch; ich sprach nur das an, was die sich von Wowereits Schiedsspruch benachteiligt fühlenden Politiker äusserten.
Woher hast Du diese Zahl? Und welche Abgeordneten wären das.
Diese Zahl ist nachzulesen in v. Arnims „Politik Macht Geld“, das ich in meinem letzten Artikel bereits angesprochen hatte. Es sind nicht alle Abgeordneten aufgeführt, aber es liesse sich wohl dadurch feststellen - falls es sich jetzt noch feststellen liesse -, dass man recherchiert, welche Parlamentarier gleichzeitig ein Abgeordneten- und ein Regierungsmandat besassen. Von Arnim nannte vor allem Wolfgang Clement, Edmund Stoiber, Joschka Fischer und Jürgen Trittin.
Nicht ganz, aber gesetzwidrig.
Leider ist es doch verfassungswidrig, weil vom Bundesverfassungsgericht so festgestellt. (Lässt sich ebenfalls in besagtem Buch nachlesen.)
Ein mutiger Schluss, der praktisch auf die
gesamte Gesellschaft, also auch auf Dich und
mich zutreffen dürfte.
Im Gegensatz dazu sind wir nicht derart privilegiert, unser Einkommen selbst zu bestimmen und durch Steuermittel zu finanzieren. Zudem könnte gegen diese Bestimmung nicht einmal vor dem Verfassungsgericht geklagt werden, weil nur die Gruppe, die diese Entscheidung fällt, klagebefugt ist.
Die Medien veröffentlichen vor allem das, was der
Leser/Hörer vermeintlich auch lesen/hören will…
Vermeintlich. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass es ihn nicht interessiert, wie privilegiert die politische Klasse ist. Jedoch kann sich der Leser/Hörer dafür auch nicht interessieren bzw. sensibilisiert werden, wenn diese Nachrichten kaum einmal Erwähnung finden.
Siehe auch: Prof. Hans Herbert von Arnim, http://www.hfv-speyer.de/VONARNIM/
Marco