Habermas vs. Poststrukturalismus
Hi Bustard.
Dabei bin ich in mehreren Quellen darüber gestolpert, dass dort „postmodern“ gern mit „anti-modern“ gleichsetzt wird.
Das dürfte vor allem auf Jürgen Habermas zurückgehen, der ab den 1970er Jahren heftig gegen die Poststrukturalisten argumentierte und durch diverse Publikationen wie vor allem „Das unvollendete Projekt der Moderne“ einen in Deutschland sehr wirksamen Affekt gegen die philosophische französische Postmoderne setzte. Das schließt an Habermas´ Kritik an seinem Förderer Adorno an, der schon vor den Postmodernen starke Kritik am Fortschrittsglauben der Moderne übte.
Im Fall Habermas vs. Franzosen geht es vor allem um den Stellenwert von Subjekt und Vernunft. Die Postmodernen deklarieren das Subjekt als „tot“ (anknüpfend an Nietzsches „Gott ist tot“) und eine absolute Vernunft als illusionär. Ausgehend von den psychoanalytischen Einsichten Lacans und diese in Gesellschaftliche transformierend, sehen die Postmodernen das wahre Subjekt außerhalb des bewussten Ich. Besonders Deleuze und Foucault betonen, dass „die Struktur“, also der unüberschaubare Komplex aus sozialen Beziehungen, die wahre Identität des Subjekts ist.
In Sachen Vernunft plädieren die Postmodernen für eine Art Relativismus. Es gibt viele Wahrheiten, meinen sie, daher kann keine unter ihnen einen absoluten Vorrang beanspruchen. Kollege Claus wird sich darin wiedererkennen. Habermas´ Mitstreiter K.O. Apel hat den Postmodernen daraufhin einen „performativen Selbstwiderspruch“ nachgewiesen, da sie für ihre Erkenntnisse genau jene Absolutheit der Geltung und Wahrheit beanspruchen, die sie eigentlich negieren. Die postmoderne Wahrheits- und Vernunftkritik erinnert also an das Kreter-Paradoxon.
Im Widerspruch zu ihrem Relativismus, der auch die Relativität von Ethik einschließt, sind bzw. waren einige bedeutende Postmoderne ethisch sehr engagiert, z.B. Derrida und Foucault. Sie übernahmen und praktizierten ethische Maximen, die laut postmoderner Theorie keine absolute Geltung haben können.
„Antimodern“ ist bei der Postmoderne also, folgt man Habermas und seinen Befürwortern, die radikale Leugnung der subjektiven Autonomie (ein Eckstein der philosophischen Moderne seit Kant) und die radikale Leugnung einer global gültigen Vernunft. Habermas hat mit seiner Kommunikationstheorie, wie ich meine, plausibel gemacht, dass es sehr wohl eine generalisierbare Vernunft gibt, die allerdings nur formal, nicht inhaltlich bestimmbar ist. Die Vernunft ist für ihn der zwanglose Prozess der Konsensbildung innerhalb einer Gemeinschaft.
Chan