Preisauszeichnung : Frage für's juristische Seminar

Hallo die Experten,

der Tankstelleninhaber ist (aus gutem Grund) verpflichtet, seine Kraftstoffpreise von der Straße aus sichtbar anzuzeigen.
Otto Normalfahrer lässt sich nun im guten Glauben dieses besonders günstigen Angebotes auf den Hof und an die Säule locken.
Nun dämmert es dem Tankstelleninhaber angesichts des sich immer mehr füllenden Hofes , dass er mit seinen Preisen wohl zu tief gegriffen hat. Schwupps - per Knopfdruck - stellt er den Preis höher ein. Und Otto Normalfahrer fühlt sich getäuscht. Plus 8 Cent pro Liter.
Diesen Mechanismus gibt es auch im Supermarkt, wenn der Geschäftsinhaber seinen Preis umstellt. Es gibt nämlich eine nicht unbeträchtliche Zeitspanne zwischen der Preishinterlegung im Kassensystem und der Auszeichnung am Regal, bzw. auf der Ware. Und der Kaufmann ist doch an das gebunden, was er ( per Preisschild ) angeboten hat. Es sei denn, es handelt sich um einen ganz offensichtlichen Fehler.
Gibt es dafür eine rechtliche Regelung in unserer Republik ? Oder ist das dem freien Spiel der Kräfte überlassen ? Nach der Devise, es muss ja nicht alles geregelt sein. Siehe die neue Kassenbon-Pflicht.

Freue mich auf eine lebhafte spitzfindige Diskussion.
Gruß
Karl

P.S.: Die Preisauszeichnungs-Verordnung gibt m.E, dafür keinen Hinweis, wie zu verfahren ist.

Hallo Karl,
es gilt immer der Preis, der nach Abnehmen der Zapfpistole an der Zapfsäule erscheint! Erst da wird der Kaufvertrag abgeschlossen.
Gruß Michael

Hallo Michael,

wenn das der Preis ist, der ihm nachher auch auf der Kasse angezeigt und von ihm gefordert ist hast du Recht und alles ist o. k.

Wenn der Preis dann aber höher ist, hat der Kunde ein Problem. Wer fotografiert schon die Anzeige der Tanksäule während des Tankens?

Grüße
Carsten

Hallo Carsten,
ich bezweifle, dass es technisch möglich ist, einen anderen Preis zu kassieren, als der der an der Zapfsäule steht.
Ich kenne das jedenfalls so, dass Menge und Wert der Tankung an die Kasse übertragen wird.
Gruß Michael

Bei der Tanke dürften Säule und Kasse gekoppelt sein, im Supermarkt das Regal und Kasse idR jedoch nicht.
Und dort wo keine Koppelung besteht, dort unterliegt der Kaufmann der Versuchung, den einen oder anderen Preis im Kassensystem höher einzustellen als die Auszeichnung am Regal. Die meisten Kunden merken sich sowieso nicht den Regalpreis, um den mit dem an der Kasse angezeigten zu vergleichen.
Stichprobenartig mache ich das schon und stelle dabei fest, dass - im Fehlerfall - der Preis an der Kasse eher höher ist als der am Regal. Bei rein zufälligen Fehlern wäre die Verteilung gleichmäßig nach oben und unten. Da drängt sich mir der Verdacht auf, dass eine Systematik dahinter stehen könnte ! Das Betriebsergebnis um ein Zehntel eines Prozentpunkts zu verbessern mag sich schon lohnen !

Gruß Karl

Das kann der Tankstellenpächter normalerweise nicht. Die Preise kommen elektronisch von der Zentrale der jeweiligen Kraftstoffanbieter. Ich habe mich vor geraumer Zeit mal etwas genauer mit der Preisgestaltung beschäftigt (Buchhaltung) und kann dir sagen, dass es bei den Pächtern, die ich befragt habe (Star, Shell, Aral) so läuft.

Soon

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Bei der Tankstelle ist der Preis, der nach Abheben des Tankstutzens erscheint, maßgebend,
Beim Handel muss der an den Waren ausgezeichnete Preis auch berechnet werden, sonst ist es eine Ordnungswidrigkeit nach PAngV.

Das ganze wird kalrer, wenn man schaut was ein Angebot ist.

Ein Angebot ist nciht an der Allgemeinheit gerichtet, hier die Tafel mit den Preisen, sondern persönlich an einen gerichtet.

Ich hätte jetzt glatt behauptet, das passiert erst durch Annahme dieses Angebotes. Indem man tankt.

Liege ich falsch?

Preisfrage (:slight_smile:): für was genau gilt diese Verordnung? Genau: für den Kaufmann, nicht für den Kunden.

Meiner Kenntnis nach gilt der Preis, den die Kasse berechnet. An der Ware steht KEIN Angebot. Erst der Kunde macht eins, wenn er die Ware auf’s Band legt. Wenn der Preis in der Kasse falsch ist, macht der Verkäufer dadurch ein Gegenangebot, das der Kunde dann wiederum annehmen kann oder eben auch nicht.

Und andere sehen das auch so:


oder auch:

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Das ist so falsch.
Die Preisauszeichnung an der Ware ist eine „Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes“. Das Angebot macht der Kunde, indem er die Ware an der Kasse abgibt („Ich möchte die Ware zu dem aufgedruckten/angegebenen Preis kaufen“). Der Händler kann das Angebot ablehnen oder annehmen. Annahme: Eingeben in die Kasse - Geld kassieren; Ablehnen: Entweder „nö - kriegste nicht“ oder auch (Ablehnung mit neuem Angebot): " Die Ware kannst du haben, aber zu einem anderen Preis" - dann wäre der Kunde dran.

(man sollte „sporadisch“ sich mal hier einlesen - der hat genau das gleiche geschrieben. Ist übrigens eine der Sachen die man im BGB als eine der ersten Dinge lernt.)

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Das meinte ich mit

Nein,
wir betrachten das nur von zwei Seiten:
Du beschreibst einwandfrei das Zustandekommen eines Kaufvertrags.
Ich betrachte jedoch die Pflicht, dass ein Geschäft die ausgestellten und vom Kunden zu entnehmenden Waren mit „dem Preis“ auszuzeichnen hat.

Wenn nun - recht praxisfremd - der Kunde die Butter „Molkentraum“ mit der Auszeichnung 5€ dem Regal entnimmt und an der Kasse dem Kassierer mit den Worten „Diese Butter möchte ich für 5€ kaufen“, dann kann der Kassierer sagen „Die kostet aber 6€“. Völlig korrekt. Es kommt dann der Vertrag zu Stande - oder nicht.

Egal, ob der Kunde nun 6€ zahlt oder die Butter eben nicht kauft - Fakt ist, dass die Ware nicht mit „dem Preis“ ausgezeichnet wurde, also dem tatsächlichen Endpreis, sondern mit irgendeinem falschen Preis.
Daraus erwächst nicht das Recht des Kunden, die Ware zu diesem - falschen - Preis erwerben zu können. Jedoch handelt der Händler dann entgegen dem §4 Abs.1 der PAngV, was auch bei Fahrlässigkeit eine OWi darstellt.

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Hallo X_Strom,
vielen Dank für deine so glasklare Erläuterung. Superverständlich auch für einen „Enjinör“, der sich in seinem Wunschtraum für sein zweites Leben bekräftigt sieht : Dann werde ich Jurist. Weil eine große intellektuelle Herausforderung in der Juristerei ist, auch einen komplexen Sachverhalt
per einfach verständlicher „Sprache“ zu vermitteln.
Gruß Karl

Es besteht genau genommen überhaupt keine Einigkeit darüber, wann genau der Vertrag im Supermarkt zustande kommt. Bisher hat man sich häufig darüber lustig gemacht, wenn man darauf herumritt (mit dem zweiten „man“ meine ich „mich“^^). An dem Beispiel mit den elektronischen Preisschildern zeigt sich einmal mehr, wie wichtig das in Wahrheit doch sein kann.

Ein Angebot muss im Übrigen nicht schon an eine konkrete Person gerichtet sein. Es kann einerseits ausreichen, wenn die Person bestimmbar ist, und andererseits gibt es für die Freunde des Lateins/der griffigen Suchbegriffe die „offerta ad incertas personas“.

„Ist (invitatio) übrigens eine der Sachen die man im BGB als eine der ersten Dinge lernt.“

Schön, dass du das angebracht hast. Genau darin liegt nämlich ein wichtiges Problem: Das Schulbeispiel, das man dazu bekommt, dreht sich praktisch immer um ein Kleid im Schaufenster oä, obwohl es in unserer Wirklichkeit viiiiel mehr Fälle geben dürfte, die nichts mit diesem Kleid zu tun haben, sondern mit einem, das man mit an die Kasse nimmt, oder schlicht mit Supermarktsituationen. Und das hat genau den Grund: dass das Paradeargument (Gefahr unendlich vieler Verträge) grundsätzlich nur dann funktioniert. Dieses Beispiel einfach so auf die normale Supermarktsituation zu übertragen, ist daher zu pauschal. Die invitatio ist nicht in Stein gemeißelt, nur weil irgendwo ein Preisschild hängt.

Das soll aber kein Vorwurf sein. Es ist absolut nachvollziehbar, dass das verbreitet so gesehen wird.

Dann sind wir da ja einer Meinung.