Solidarität und so
Servus,
das ist so nicht ganz richtig. Beim türkischen Metzger gibt es viele Stücke, die man beim deutschen Kollegen extra bestellen muss, bevor sie in der Wurst oder im Hackfleisch landen, wie Hals, Waden, Brust etc., in hervorragender Qualität (nicht dieses geschmacksneutrale, zähe „Schön mager!“ vom deutschen Michel) deutlich billiger als bei seinen deutschen Kollegen.
Sicher sind Türken nicht so sehr auf Roastbeef, Filet und Steak fixiert - das hat auch damit zu tun, dass es für Grill, Pfanne und Ofen auch vieles vom Lamm und vom Hammel gibt -: Das heißt aber nicht, dass Roastbeef und Steak beim türkischen Metzger billig abvermarktet würden: Für vergleichbare Qualität zahlt man da quer durch das ganze Sortiment weniger.
Ich schätze, eine ganze Reihe Komponenten sind für die recht zurückhaltenden Preise im Jungbusch verantwortlich.
Das fängt mit den Raumkosten an, die dort deutlich unter dem liegen, was man sonst in den Quadraten bezahlt, falls der Eigentümer des Hauses auch Türke ist (wie bei den meisten Häusern im Jungbusch) - die Familien sind ziemlich verzweigt und sie halten im Gegensatz zu den deutschen Familien in gegenseitiger Hilfe zusammen, geht über die Opportunitätskosten der eigenen Arbeitskraft (vergleichbar mit deutschen Metzgern auf dem Land, die auch billiger sein können, weil sie nicht gewohnt sind, mehr als fünf oder sechs Stunden zu schlafen) und die Fremdlöhne bis hin zu einigen Möglichkeiten, die sich bei Zusammenhalt in der Familie bieten, ein bissel weniger Steuern zu bezahlen als die deutschen Einzelkämpfer: Wenn das einmal schief geht, und der freundliche Mitarbeiter von der Vollstreckungsstelle kommt und will die Kasse pfänden und den Kuckuck auf die Kühltheke kleben, ist das ganze Geschäft schon vor vierzehn Tagen an den Cousin überschrieben worden, und der frühere Inhaber arbeitet bei ihm für einen Lohn, der in der Gegend der Pfändungsfreigrenze liegt.
Ach ja, und dann gibts noch den anderen Cousin, bei dem ein kleines Messingschild „Avucat“ an der Tür hängt, der haut ihn da wieder raus. Auch ein fleißiger Mann - obwohl er früher immer drei Mal zielen musste, bis er ein Kotelett abgetrennt kriegte.
Unter Deutschen ist der Glaube verbreitet, man müsse in so einer Struktur die allerbesten Freunde sein. Muss man gar nicht - es reicht, wenn man zusammenhält.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder