Hallo,
In dem Artikel wurde berichtet, dass ein Schwimmbad wegen
einer Veranstaltung geschlossen hat, ein Kinderschwimmtag. Und
dabei ließ sich ein Mann in dem Schwimmbecken nur mit Mühe
verscheuchen (ich weiß nicht mehr, ob die Polizei kommen mußte
oder nicht). Der Artikel berichtete aber nicht von einem Mann,
sondern von einem Iraker. Was die Nationalität mit der Absicht
des Störenfrieds zu tun hatte, wurde nirgendwo erwähnt.
damit kann man sich über diese Zeitung beim Dt. Presserat beschweren und diese wird ggf. gerügt werden. Daraufhin muss sie aufgrund der Selbstverpflichtung die Rüge abdrucken, allerdings besitzt der Rat kein Recht auf Klage und Durchsetzung des Rügenabdrucks. Die Bild-Zeitung ist ein Paradebeispiel dafür, ihre Rügen sehr spät und unauffällig abzudrucken.
Das regt die
Gemüter, dann wird der Artikel gelesen.
Zum Hintergrund, falls es Dich interessiert:
Große Teile der Medien unterstehen marktwirtschaftlichen Bedingungen, d.h. sie benötigen Verkaufszahlen/Auflage, um Einnahmen durch Verkäufe und Werbung zu erzielen. Dies geht nur, wenn sie interessant sind und ihr Zielpublikum erreichen (Differenzierung in taz/FR/SZ/Zeit/FAZ). Ganz krass ist das kostenlose Angebot: Dort generieren nur die Inhalte zwischen der Werbung, die Verteilung der Werbung an die Zuschauer, die dafür bezahlt. Je mehr Zuschauer, umso mehr wird bezahlt, umso teurere Ereignisse können eingekauft werden, umso mehr wird geschaut.
Der Mainstream ist die nicht anspruchsvolle Unterhaltung, die Emotionen weckt und Wissen über Hintergründe vernachlässigt. Die Anzahl ausgestrahlter politischer Informationen und Formate zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Fernsehsendern unterscheidet sich z.B. beträchtlich:
„So belegten 2002 die ARD und das ZDF jeweils knapp unter 20 Prozent ihres Angebotes mit politischen Informationen. RTL, SAT1, Pro Sieben und VOX kamen jeweils nicht über 5 Prozent Angebote an politischer Information. Bei Kabel 1 und RTL2 lag der Anteil politischer Informationen sogar nahe Null.“,Weiß 2007,S.87
Was es in Print, Funk oder Radio schafft, hat eine Auswahl durchlaufen. Man spricht dabei von sog. Nachrichtenfaktoren oder Selektionskriterien:
„Aktualität: Die veröffentlichte Information muss neu sein.
Konflikte: Sie werden aufgrund ihres Spannungsgehaltes bevorzugt.
Quantitäten: Zahlen sind ein besonderer Aufmerksamkeitsfänger und signalisieren Konkretheit, Wahrheit, Überschaubarkeit.
Lokale Bezüge: Sie sichern die Identifizierung des Empfängers mit den Informationen.
Status: Bevorzugt werden Meldungen, die auf konkrete Personen bestimmt werden können.
Normverstöße: Ermöglichen eine Skandalisierung und moralische Wertung. Dadurch erlangen Medien einen Einfluss auf die Einhaltung und Reproduktion von moralischer Norm.
Serienbildung: Neuigkeiten in einem bestehenden oder ähnlichen Ereignis werden berichtet. Zugleich bedeutet Serienbildung auch, dass innerhalb der Medienlandschaft eine Nachricht sich durch Referenzierung anderer Medien fortpflanzt.“,nach Luhmann(2006),S.58ff
Die Serienbildung in den Nachrichten, das Abschauen, was haben die anderen denn so geschrieben, ist das, was Eva Herrmann mit der „Gleichschaltung der Presse“ in der berühmten Autobahn-Diskussion meinte. Schweigen, also Serienbruch, ist das bekannte Rezept dagegen und genau das wendet sie jetzt an, wie es immer wieder auch Politiker tun und dabei hoffen, dass die Nachricht in Vergessenheit gerät.
Luhmann nannte dies mal „Notstände im Abonnement“
Wenn Dich noch mehr interessiert, dann kannst Du unter den Schlagwörtern Agenda-Setting, Agenda-Building, Priming und Setting sehr viele Infos finden. Man kann sich damit totschlagen. Wenn Du süchtig bist, dann kann ich Dir auch meine Dipl.arbeit senden. Hat aber 120 Seiten.
Ich bin am überlegen, ob ich einen Leserbrief schreibe, aber
ohne wirklichen Rückenwind, vielleicht werde ich falsch
verstanden.
Ich möchte Dich darin bestärken.
Medien geben uns die Informationen, die wir sonst nicht erfahren könnten, worauf auch unser Weltbild aufbaut und Meinungen gebildet werden, und nicht viele haben die Zeit und die Kraft, Mediendarstellungen zu vergleichen oder zu hinterfragen. Sie müssen halt andere Dinge erledigen. Diese sind darauf angewiesen, dass andere ihnen die Infos liefern.
Leserbriefe geben häufig sehr interessante Sichtweisen und Informationen, sofern das Medium sie abdruckt.
Viele Grüße, ingo