Presse steuert Emotionen und Meinung

Hallo,

es war nur ein kleiner Artikel, den ich heute in der Kaffeepause in unserer Zeitung gelesen habe. Es ist kein besonders gutes Blatt unserer Stadt, Auflage ca.130 Tausend. Die Zeitung wird von denen gelesen, die einfach wissen wollen, was sich so alles in der Stadt ereignet.
In dem Artikel wurde berichtet, dass ein Schwimmbad wegen einer Veranstaltung geschlossen hat, ein Kinderschwimmtag. Und dabei ließ sich ein Mann in dem Schwimmbecken nur mit Mühe verscheuchen (ich weiß nicht mehr, ob die Polizei kommen mußte oder nicht). Der Artikel berichtete aber nicht von einem Mann, sondern von einem Iraker. Was die Nationalität mit der Absicht des Störenfrieds zu tun hatte, wurde nirgendwo erwähnt.

Habt Ihr solche Feinheiten in Zeitungsmeldungen auch schon einmal entdeckt? Mir fällt das immer öfter auf, auch in anderen Zeitungen und Fernsehberichterstattungen.
Ich habe den Verdacht, dass so mancher Pressefritze mit Absicht bei Fehlverhalten die Herkunft eines Ausländers erwähnt, auch wenn es nichts zur Sache tut. Das regt die Gemüter, dann wird der Artikel gelesen. Auf der anderen Seite finde ich die Tendenz bedenklich, weil wer liest, unweigerlich empfindlich wird, also erst fühlt (die bösen Ausländer), dann denkt (es gibt auch böse Inländer).
Ich bin am überlegen, ob ich einen Leserbrief schreibe, aber ohne wirklichen Rückenwind, vielleicht werde ich falsch verstanden.

Deswegen würde ich mich freuen, wenn ich erst einmal hier ein paar Meinungen dazu zu lesen bekomme, und danke vorab
mit Grüßen
Reni

Ja, das ist so

Deswegen würde ich mich freuen, wenn ich erst einmal hier ein
paar Meinungen dazu zu lesen bekomme, und danke vorab

Zeitungen haben sehr wohl eine politische Einstellung und wollen auch Meinung machen. Aus diesem Grunde unterliegen zumindest die inhaltlich verantwortlichen Chefredakteure dem „Arbeitsrecht in Tendenzbetrieben“, weil es eben auch ihr Auftrag ist mal mehr oder weniger deutlich das „Weltbild“ und die Absichten des Herausgebers umzusetzen.

Auch sind viele Zeitungen interessanterweise im Eigentum politischer Parteien.

Aber man muss ja nicht nur den „Mannheimer Morgen“ lesen. In diesem unserem Lande darf es auch mal die „taz“ und der „Spiegel“ sein, neben dem „Neuen Deutschland“ und der „Welt“. Dies ist ein freies Land, bis zu den nächsten Wahlen.

Bei den Rundfunkanstalten ist es sehr ähnlich. Während der WDR immer noch eher links einzuordnen ist, der HR halblinks sehe ich den SWR eben mehr auf der anderen Seite der politischen und gesellschaftlichen Mitte. Schön dass man von allen diesen per Kabel oder Podcast die Beiträge hören kann. Meine Meinung bilde ich mir dann schon selbst.

Gruß

Stefan

Hallo,
nur mal ne frage zu dem was du geschrieben hast.

Zeitungen haben sehr wohl eine politische Einstellung und
wollen auch Meinung machen. Aus diesem Grunde unterliegen
zumindest die inhaltlich verantwortlichen Chefredakteure dem
„Arbeitsrecht in Tendenzbetrieben“, weil es eben auch ihr
Auftrag ist mal mehr oder weniger deutlich das „Weltbild“ und
die Absichten des Herausgebers umzusetzen.

Gibt es nicht für die Presse eine stille Vereinbarung (meinet davon mal was gelesen zu haben), dass wenn es nicht umbedingt erforderlich ist, auf die Mitteilung der Nationalität verzichtet werden soll?

Danke und Gruß
Katie

Wäre zu recherchieren

Gibt es nicht für die Presse eine stille Vereinbarung (meinet
davon mal was gelesen zu haben), dass wenn es nicht umbedingt
erforderlich ist, auf die Mitteilung der Nationalität
verzichtet werden soll?

Guten Tag Katie,

das müsste erst mal recherchiert werden. Es gibt wohl einen Codex (Kodex) der Presse. Also wie Leichen aussehen weiss ich, dafür brauche ich keine Tagesschau.

Vielleicht hilft googlen weiter. Oder rumforschen, wer in deinem Sozialkreis bei einer ARD-Anstalt arbeitet. Die haben normalerweise so einen grauen Schuber mit vielen Seiten voll von Gesetzestexten und Tarifverträgen rumstehen. Evlt. die sog. „freien Mitarbeiter“ nicht.

Gruß

Stefan

Pressekodex -> Richtlinie 12.1

Gibt es nicht für die Presse eine stille Vereinbarung (meinet
davon mal was gelesen zu haben), dass wenn es nicht umbedingt
erforderlich ist, auf die Mitteilung der Nationalität
verzichtet werden soll?

Nein, die Vereinbarung ist öffentlich.
Der Hinweis auf die Nationalität ist nach Richtlinie 12.1 nur dann gerechtfertigt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorganges ein begründbarer Sachbezug besteht.

Der dt. Presserat hat einen Pressekodex herausgegeben, bei dem es sich um eine freiwillige Selbstverpflichtung der Presse handelt.
Download: http://www.presserat.de/Pressekodex.8.0.html

Ziffer 12: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, einer Behin-
derung oder seiner Zugehörigkeit zu einer ethnischen,
religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe diskriminiert
werden.“
Richtlinie 12.1:„Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten
In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Ver-
dächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten
nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein
begründbarer Sachbezug besteht.
Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Min-
derheiten schüren könnte.“

Schönen Gruß, Ingo

Hallo,

In dem Artikel wurde berichtet, dass ein Schwimmbad wegen
einer Veranstaltung geschlossen hat, ein Kinderschwimmtag. Und
dabei ließ sich ein Mann in dem Schwimmbecken nur mit Mühe
verscheuchen (ich weiß nicht mehr, ob die Polizei kommen mußte
oder nicht). Der Artikel berichtete aber nicht von einem Mann,
sondern von einem Iraker. Was die Nationalität mit der Absicht
des Störenfrieds zu tun hatte, wurde nirgendwo erwähnt.

damit kann man sich über diese Zeitung beim Dt. Presserat beschweren und diese wird ggf. gerügt werden. Daraufhin muss sie aufgrund der Selbstverpflichtung die Rüge abdrucken, allerdings besitzt der Rat kein Recht auf Klage und Durchsetzung des Rügenabdrucks. Die Bild-Zeitung ist ein Paradebeispiel dafür, ihre Rügen sehr spät und unauffällig abzudrucken.

Das regt die
Gemüter, dann wird der Artikel gelesen.


Zum Hintergrund, falls es Dich interessiert:

Große Teile der Medien unterstehen marktwirtschaftlichen Bedingungen, d.h. sie benötigen Verkaufszahlen/Auflage, um Einnahmen durch Verkäufe und Werbung zu erzielen. Dies geht nur, wenn sie interessant sind und ihr Zielpublikum erreichen (Differenzierung in taz/FR/SZ/Zeit/FAZ). Ganz krass ist das kostenlose Angebot: Dort generieren nur die Inhalte zwischen der Werbung, die Verteilung der Werbung an die Zuschauer, die dafür bezahlt. Je mehr Zuschauer, umso mehr wird bezahlt, umso teurere Ereignisse können eingekauft werden, umso mehr wird geschaut.
Der Mainstream ist die nicht anspruchsvolle Unterhaltung, die Emotionen weckt und Wissen über Hintergründe vernachlässigt. Die Anzahl ausgestrahlter politischer Informationen und Formate zwischen den öffentlich-rechtlichen und den privaten Fernsehsendern unterscheidet sich z.B. beträchtlich:
„So belegten 2002 die ARD und das ZDF jeweils knapp unter 20 Prozent ihres Angebotes mit politischen Informationen. RTL, SAT1, Pro Sieben und VOX kamen jeweils nicht über 5 Prozent Angebote an politischer Information. Bei Kabel 1 und RTL2 lag der Anteil politischer Informationen sogar nahe Null.“,Weiß 2007,S.87

Was es in Print, Funk oder Radio schafft, hat eine Auswahl durchlaufen. Man spricht dabei von sog. Nachrichtenfaktoren oder Selektionskriterien:
„Aktualität: Die veröffentlichte Information muss neu sein.
Konflikte: Sie werden aufgrund ihres Spannungsgehaltes bevorzugt.
Quantitäten: Zahlen sind ein besonderer Aufmerksamkeitsfänger und signalisieren Konkretheit, Wahrheit, Überschaubarkeit.
Lokale Bezüge: Sie sichern die Identifizierung des Empfängers mit den Informationen.
Status: Bevorzugt werden Meldungen, die auf konkrete Personen bestimmt werden können.
Normverstöße: Ermöglichen eine Skandalisierung und moralische Wertung. Dadurch erlangen Medien einen Einfluss auf die Einhaltung und Reproduktion von moralischer Norm.
Serienbildung: Neuigkeiten in einem bestehenden oder ähnlichen Ereignis werden berichtet. Zugleich bedeutet Serienbildung auch, dass innerhalb der Medienlandschaft eine Nachricht sich durch Referenzierung anderer Medien fortpflanzt.“,nach Luhmann(2006),S.58ff

Die Serienbildung in den Nachrichten, das Abschauen, was haben die anderen denn so geschrieben, ist das, was Eva Herrmann mit der „Gleichschaltung der Presse“ in der berühmten Autobahn-Diskussion meinte. Schweigen, also Serienbruch, ist das bekannte Rezept dagegen und genau das wendet sie jetzt an, wie es immer wieder auch Politiker tun und dabei hoffen, dass die Nachricht in Vergessenheit gerät.

Luhmann nannte dies mal „Notstände im Abonnement“

Wenn Dich noch mehr interessiert, dann kannst Du unter den Schlagwörtern Agenda-Setting, Agenda-Building, Priming und Setting sehr viele Infos finden. Man kann sich damit totschlagen. Wenn Du süchtig bist, dann kann ich Dir auch meine Dipl.arbeit senden. Hat aber 120 Seiten.

Ich bin am überlegen, ob ich einen Leserbrief schreibe, aber
ohne wirklichen Rückenwind, vielleicht werde ich falsch
verstanden.

Ich möchte Dich darin bestärken.
Medien geben uns die Informationen, die wir sonst nicht erfahren könnten, worauf auch unser Weltbild aufbaut und Meinungen gebildet werden, und nicht viele haben die Zeit und die Kraft, Mediendarstellungen zu vergleichen oder zu hinterfragen. Sie müssen halt andere Dinge erledigen. Diese sind darauf angewiesen, dass andere ihnen die Infos liefern.
Leserbriefe geben häufig sehr interessante Sichtweisen und Informationen, sofern das Medium sie abdruckt.

Viele Grüße, ingo

Danke und owt ***
.

Hallo,

ob es Regionalzeitungen, überregionale Zeitungen, Fernsehsender sind, dort sitzen nur Menschen, die eine persönliche Meinung vertreten. Wie Presse manipuliert erkennt man am Vorgang Eva Hermann sehr deutlich. Auch der Fall Friedman ( vor Jahren ) ist ein Beispiel, was Presse vermag.

Derzeit zeigt die Presse im Falle Pooth ihr wahres Gesicht. Ein ganz stinknormaler Insolvenzfall wird zum Presserummel, weil Verona Pooth, ehemals Feldbusch den Mann geheiratet hat. Kein Mensch würde die Insolvenz interessieren, wäre Verona nicht die Ehefrau.

Auch politisch manipuliert die Presse. Die einen töten und die anderen morden, egal, auch wenn beide Seiten hinterhältig, heimtückisch und im Generalverdacht gegen Unschuldige handeln.

Und wie die Presse manipuliert zeigt mir, wenn ich heute im Internet lese „Lügilanti…“ Man könnte da alle möglichen Fälle nennen.

Du wirst, da sowohl bei den öffentlich - rechtlichen Sendern wie auch den privaten gewisse Gruppen ihre „Halunken zur Desinformation in Stabstellen gehievt haben“ immer mit der Emotion und der Meinungsmache leben müssen. Deshalb meine ich, dass es eben nicht genügt, nur eine Nachrichtensendung oder den Großinquisitor Kerner anzuhören.

Gruss Günter

Hallo,

Gibt es nicht für die Presse eine stille Vereinbarung (meinet
davon mal was gelesen zu haben), dass wenn es nicht umbedingt
erforderlich ist, auf die Mitteilung der Nationalität
verzichtet werden soll?

Es gab etwa um 2001 herum die Bitte der früheren Regierung, dass bei Straftaten ausländischer Mitbürger die Staatsangehörigkeit nicht genannt wird. Begründet wurde dies mit dem Risiko, dass durch die Berichte die Fremdenfeindlichkeit geschürt wird. Dies wird bis heute teilweise noch bei gewissen Redaktionen so gehandhabt. Das sind dann jene Redaktionen, die aus jedem Vorgang schon bevor das Ergebnis bekannt ist, einen fremdenfeindlichen Angriff erkennen und einem Herrn Generalsekretär in Berlin die Plattform für seine Vorwürfe gegen die Deutschen bietet.

Der Fall Ludwigshafen wurde instrumentalisiert. Wenige Tage später gab es einen weiteren Bericht über eine Brandstiftung mit angeblich fremdenfeindlichen Hintergrund in einem baden-württembergischen Landkreis. Es wurde von einem von Türken bewohnten Wohnhaus berichtet. Dass dort vier türkische und drei deutsche Familien lebten, davon sprach niemand. Und selbst als der Brandstifter festgenommen wurde, gegen den in mehreren Fällen wegen Brandstiftung ermittelt wird,
gab es weiterhin interessierte Kreise die von einem fremdenfeindlichen Übergriff sprache.

Bevor nun jemand mailt, dass es solche Übergriff aber doch gibt, der Hinweis, dass ich dies auch weiss. Ich will mit der obigen Darlegung nur hinweisen, dass es Kreise gibt, für die spielt die Wahrheit keine Rolle, wenn man mit anderen Mitteln Schlagzeilen produzieren kann oder wenn man eine bestimmte politische Richtung hat und sich als Journalist entgegen der Berufsethik zur Manipulation hinreissen läßt.

Gruss Günter

hallo katie,

es ist doch egal, ob die nationaliät genannt wird. steht dort als täter „dieter K.“ o.s.ä., weiß man, der täter ist eher deutscher oder ösi.
steht dort murat Y., dann weiß man, es ist ein „kulturbereicherer“. wird der namen gar nicht angegeben, ist es auch letzterer fall. jedoch weiß man, daß die redaktion sich nicht traut, dieses anzugeben. das gleich gilt auch, wenn kein name angegben ist, aber vermeldet wird, daß es sich um einen „intensivtäter“ handelt. da brauchst du nicht schamhaft den namen zu verschweigen, es ist eh alles klar.
verschweigen von gesellschaftlichen problemen hilft ganz selten, diese zu bewältigen.

strubbel
§:open_mouth:)

Hallo, strubbel

es ist doch egal, ob die nationaliät genannt wird. steht dort
als täter „dieter K.“ o.s.ä., weiß man, der täter ist eher
deutscher oder ösi.
steht dort murat Y., dann weiß man, es ist ein
„kulturbereicherer“.

ich nehme dein „kulturbereicherer“ als negative Einschätzung wahr.
Verstehe ich dich richtig?

Gruß
karin