Hallo SM,
(bin immer versucht, Simone zu schreiben - weiß aber nicht, ob das passen täte…)
Aber schwarz benadelt war er ursprünglich (meines Wissens)
nicht, zumindestens nicht so gedacht.
ja, das ist richtig - der verwendete Stein ist halt besser für eine ewige Baustelle als für die Ewigkeit geeignet; in rotem Sandstein wie z.B. Mainz macht sich sowas auf die Dauer etwas wärmer und staubt auch nicht so ein.
Aber der aktuelle Bau ist dafür einmal ästhetisch zu wenig volkstümlich …
Wie, volkstümlich?
Halt „dafür“, nämlich für eine langfristig rentable Nutzung - dafür bräuchte es einen Gebäudekomplex, der einen hübschen Hintergrund für Gruppenfotos von Japanerinnen abgibt. Sowas z.B., oder sowas oder für größere Gruppen auch sowas.
- Sag doch bitte mal, wie du ihn vom
ästhetischen Standpunkt her beurteilst.
Ich finde, die Aufgabe ist - vor allem vor dem Hintergrund der vielen gegebenen Einschränkungen, Erhaltung der vorhandenen Bauten plus Mauer, Schaffung einer Klausur neben der neuen Kapelle - ziemlich gut gelöst. Dass es diese Klausur rund um das Atrium überhaupt gibt, ist wohl nicht vom Architekten erfunden - noch vor dreißig Jahren hätte man vielleicht versucht, die gesamte Anlage optisch und funktional nach „draußen“ zu öffnen, etwa indem das Atrium zwischen Alter Vikarie und Küsterhaus zur Straße hin offen gelassen und die übrigen neuen Gebäude höher gebaut worden wären, mit irgendwie gestaffelten Kanten und Fluchten oben. Dann wäre allerdings der Kubikmeter neuer Raum sicherlich noch deutlich teurer geworden und die - wie ich finde, angemessen - dominierende Kapelle in den Hintergrund getreten.
Wie auch immer - der Vergleich mit Nazi-Architektur, der glaube ich auch in diesem Thread irgendwo steht, ist jedenfalls nicht gerechtfertigt: Diese zeichnet sich ja dadurch aus, dass sie eben keine eigene Formensprache entwickelt hat, sondern alles bloß geliehen und abgekupfert, gegebenenfalls Klassizismus, Renaissance und westfälisches und tiroler Fachwerk bissel durcheinandergerührt und mit dem Pantografen überhöht oder sonstwie überdimensioniert hat - selbst relativ gut gelungene Bauten wie der teilweise Neubau der Reichsburg Trifels von Rudolf Esterer haben diesen muffigen Beigeschmack nach Mottenkugeln; ich glaube, das Einzige, was nationalsozialistische Architektur neu und mit eigener Formensprache geschaffen hat, sind die Autobahnen. Umso besser - wer weiß, was für Zuckerbäckerei im Maßstab 1:5 überhöht es in der neuen Hauptstadt Germania zu bewundern gegeben hätte…
Nun gut, aber er bleibt der Kirche ja erhalten. Wenn
irgendwelche Werte für die Zukunft geschaffen werden, damit
hätte ich nicht so ein Problem.
Ja, der Kirche bleibt er erhalten - bloß unter dem Aspekt, dass sich in früheren Jahrhunderten zunächst überzogen erscheinende Bauprojekte auf die lange Sicht als rentable Investitionen herausgestellt haben, muss er unrentabel bleiben, solange er dem Bistum dient. Auch Linderhof und Neuschwanstein wurden erst rentabel, als man die Leute hineingelassen und Eintrittsgeld, Parkgebühren und eigenartige Preise für Weißbier, Brezen und Weißwürste in der unmittelbaren Nachbarschaft kassiert hat.
Der städteplanerische und architektonische Aufwand, mit dem Aeneas Silvius Piccolomini seine Puppenstube Pienza bauen ließ, war riesig - eine unter dem Gesichtspunkt des Fremdenverkehrs rentable Investition wurde das Privatspielzeug Pius’ II. erst viel später.
Jo, und den neuen Limburger Bischofssitz kann man halt nicht so gut für etwas anderes nehmen - er wird de l’art pour l’art bleiben müssen, ganz unmerkantil.
Schöne Grüße
Dä Blumepeder