Hallo!
wieder habe ich einen Text, dessen Sinn ich nicht verstehe. Bitte um eine kleine Erläuterung
Vielen Dank
(SZ) Auch dieser Sommer, von dem wir
noch nicht wissen, ob er uns verbrennen
oder ertränken will, wird wieder ein Sommerder
Rettungsgeschichtenwerden.Pädagogen
und andere Beobachter stellen ja
schon seit einer gutenWeile fest, dass immerweniger
Kinder dieKunst des Schwimmens
beherrschen. Das schöne amphibischeGeheimnisdesMenschen,
sich mitungewöhnlicher
Arm- und Beinarbeit über
Wasser zu halten, wird an den Wasserteufel
verraten, der alle Nichtschwimmer in
die Tiefe zieht. Was dieses Sommerelend
noch gewaltiger macht: Es fehlt allerorten
anBademeistern, jedenfalls gilt dasfür beinahe
alle Orte in Bayern, das so reich an
Seen ist wie die CSU an Stimmenverlusten.
Warumwill niemandmehrdiesen schönen
und wichtigen Beruf ausüben? Der Grund
ist dieser:Die Nichtschwimmersind inzwischen
nichtmehr aus dem Becken zu kriegen,
weil alle Bäder Spaßbäder sind und
von frühmorgens bis spätabends geöffnet
haben. Als Bademeistermussman70Stunden
die Woche arbeiten. Diese Zahl
stammt von Ralf Großmann, dem Landesvorsitzenden
des Bundesverbandes deutscher
Schwimmmeister in Bayern.
Land, Bund, Deutschland, Bayern – sage
jetzt keiner, dass die Bademeister nicht
solide organisiert seien. Dass der Bademeister
heute nicht mehr, wie es sich eigentlich
gehört, Schwimmmeister heißt,
liegt daran, dass die Leute in den Bädern
nur noch planschen, statt zu schwimmen.
Irgendwann wird der Beruf „Planschmeister“
heißen,unddann will ihnwirklichniemand
mehr ausüben. Der Mensch vertreibtdenBademeister
mit seinem balnearenDilettantismusundseinerchlorwasserseligen
Übergriffigkeit von seinem schönen
Aussichtssitz, der ihm den Blick auf
Freud und Leid der Badegäste gestattet.
Wer schoneinmal inMarcel Prousts großemRoman„
Auf der Suche nachder verlorenen
Zeit“ gebadet hat, erinnert sich vielleicht
daran, wie der kleine Marcel mit seiner Großmutter ins
Seebad Balbec (Proustianer und ihre
Putzerfische wissen, dass damit
der Badeort Cabourg ander normannischen
Küste gemeint ist) fährt. Dort trifft
er die Ehefrau des Herrn Swann wieder,
diesmal in der Funktion des Bademeisters.
Proust behält den männlichen Berufstitel
bei, auch damit er die schöne VerallgemeinerungandenMannbringenkonnte,
Bademeister
hissten bei höherem Wellengang
die Flagge, die das Baden verbietet, weil
sie, die Bademeister, selbst nicht schwimmen
könnten. DieWahrheit, sofern sie außerhalb
der Literatur überhaupt existiert,
ist eine andere: Bademeister sindhochausgebildete
Menschenretter, und wer ihnen
das Leben vermiest durch unablässiges
Planschen, Grapschen und Wasserrattengehabe,
der darf sich nicht wundern,wenn
anstelle des feschen, in sommerliches
Weiß gekleideten Bademeisters der Sensenmann
auf dem Hochsitz hockt und
nach fetter nasser Beute Ausschau hält.