Hallo Hilde,
die Klassifizierung von Weinen ist ein sehr weites Feld. Du hast hier nur einen sehr kleinen Bereich angesprochen und zwar die Deutschen Prädikatsweine.
Und in der Tat steht bei dieser Klassifizierung der Zuckergehalt der Trauben, ausgedrückt in Oechsle-Graden im Vordergrund. Dies entsprach auch durchaus den damaligen Qualitätsansprüchen, denn süße Weine wurden eben vielfach als besonders gute und umgekehrt saure Weine als besonders schlechte empfunden. Das ist auch heute noch z. B. in England, Skandinavien aber auch bei unserer älteren Generation der Fall.
Eine kleine Randbemerkung sei mir noch zur Deutschen Klassifizierung erlaubt: Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass der Eiswein die höchste Prädikatstufe darstellt. Der Eiswein muss vom Oechslegrad her lediglich eine Beerenauslese sein. Vielfach ist eine solche Spezialität allerdings ganz exquisit und hat höhere Grade als eine durchschnittliche Trockenbeerenauslese. Prädikate sind aber nur Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese. Der Eiswein ist keine Prädikatsbezeichnung.
In anderen Ländern sind die Klassifizierungen ganz anders. In Frankreich z. B. ist der Zuckergehalt der Trauben weniger bedeutend. Wichtiger sind hier die Chateaus selbst und die Qualität, die sie über Jahre hinweg zustande beringen.
Verwirrenderweise gibt es aber mehrere unterschiedliche Klassifikations-Systemen in Frankreich. Und die Bezeichung Premier Cru (Erstes Gewächs) wird je nach Region mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Im Rahmen der Bordeaux-Klassifizierung für Rotweine aus dem Médoc ist dies der höchste Rang (auch „Premier Cru Classé“), für Weißweine aus Barsac und Sauternes jedoch hinter „Premier Cru Classé Supérieur“ der zweite Rang. Im Rahmen der Burgund-Klassifizierung ist Premier Cru unter Grand Cru ebenfalls der zweite Rang. Die Stufe „Premier Grand Cru (Classé)“ in Saint-Émilion bedeutet dort die höchste Klasse.
Aber jetzt sind wir schon zu sehr im Detail, oder?
Eine Einstufung in verschiedene Qualitätsklassen nach unterschiedlichen Kriterien gab es zum Teil schon in der Antike. Das bezieht sich einerseits auf das Produkt (Wein), aber auch auf die Weinbaugebiete und die Produzenten. Schon sehr früh erkannte man, dass neben der Arbeit des Winzers auch Boden und Umweltbedingungen einen großen Einfluss auf die Weinqualität ausüben. Besonders in Frankreich hat man dies immer schon hoch gewichtet und im Herkunftssystem Appellation d’Origine Protégée definiert.
Aber auch in Deutschland gab es schon im 19. Jahrhundert in Bayern und Preußen amtliche Klassifizierungen von Weinbergen und Lagen. Die bekannteste ist die Preußische Lagenklassifikation aus den Jahren 1868 und 1897. Diese wurden dann auch als Basis für das 2006 verabschiedete VDP-Klassifikationsmodell herangezogen. Bezüglich Weinqualität gibt es innerhalb der EU auf Basis der seit August 2009 gültigen neuen Weinmarktordnung ein ursprungsorientiertes Qualitätssystem, das in Weine mit und Weine ohne Herkunftsbezeichnung unterteilt. Bezüglich der Weinbeurteilung siehe unter Amtliche Prüfnummer (Deutschland), Staatliche Prüfnummer (Österreich), Weinansprache und Weinbewertung.
Letzteres, also die weinbewertung, ist insofern heute maßgebend, um die Qualität eines Weines zu beurteilen. Durchgesetzt hat sich das 100 Punkte-Bewertungssystem z. B. von Parker. Demnach kann z.B. ein extrem süßer, weißer Sauternes vom Chateau Yquem genauso gut 100 Punkte erhalten wie ein staubtrockener, roter Pomerol vom Chateau Petrus.
Zusammenfassend: das Deutsche Prädikatsystem ist nur ein Klassifizierungssystem unter vielen, das sich zudem allgemein nicht hat durchsetzen können.
Aber man könnte noch Stunden darüber referieren. Am besten bei einem schönen Glas Wein!
Herzlicher Gruß
Klaus