Qualitätsstufen beim Wein

Hallo,

beschäftige mich erst seit kurzer Zeit mit dem Thema „Wein“, daher auch die für einen Profi evtl. etwas seltsam anmutenden Fragen.

Habe kürzlich einen Frankenwein Riesling Auslese Jahrgang 1993 erworben und gekostet (Thüngersheimer Scharlachberg)

Erwartungsgemäß, war der Wein sehr lieblich, eigentich richtig süß. Zum Essen kann man diesen Wein eher weniger genießen, ansonsten habe ich mit süßen Weinen kein Problem. Eben ja nach Anlass.

Mit steigender Qualitätsstufe (Tafelwein-Qualitätswein-Kabinett-Spatleese-Auslese-Beerenauslese-Trockenbeerenauslese-Eiswein) ist der Oechsle-Grad immer höher.

Die Qualitätsstufe „Auslese“ ist demnach relativ hoch angesiedelt, d. h. o. g. Wein war nach dieser Skala offenbar von sehr guter qualität.

Nun heißt es aber oft, dass Weinkenner eher trockene Weine bevorzugen, z. B. den klassischen Riesling. Süße Weine gelten oft als verpöhnt.

Trockene Weine können aber keine sehr hohe Qualitätsstufe haben, weil die Weine mit steigender Stufe ja immer süßer werden, wegen der immer höheren Oechsle-Grade.

Folglich hätten trockene Weine eine niedrige Oechsle-Zahl und damit eine niedrige Qualitätsstufe, z. B. höchstens Kabinett.

Ist das nicht ein Widerspruch? Gibt es auch Spitzenweine, mit recht niedriger Oechsle-Zahl oder können Spitzenweine nur Eisweine oder Trockenbeerenauslesen sein? Wie ist das zu verstehen?

Bitte bringt doch etwas Licht ins Dunkel.

Vielen Dank.

LG Hilde

Hallo, Hildegard,
erstmal bin ich erstaunt dass Du noch lebst, eingentlich schon vor langer, langer Zeit gestorben !
Zu Deiner Frage,
es ist richtig, daß mit steigender Qualität die Weine mimmer mehr Restsüsse haben, also unvergorenen Zucker.
Aber es gibt durchaus Weine - in der Regel bei guten
Weingütern odes im Fachhandel - die oftmals fast keine Restsüsse mehr haben, also in den Trockenbereich fallen,auch gibt es eine Vielzahl von halbtrockenen Weinen die weniger süss sind. Also unbedingt auf diese
Merkmale beim Kauf achten. Diese Weine sind oftmals bis in die Qualitätstufe Auslese zu haben.
Bei den noch höheren Qaulitätsstufen ist dies natürlich nicht mehr Fall oder nur, nur ganz selten.
Wenn ich Dir mit meinen Erläuterungen helfen konnte, würde ich mich auf eine Rückmeldung freuen.
LG. Mecki

  • bin mittlerweile schon viele Jahre in Ruhestand !"

Hallo,
über den Oechsle-Grad wird der Alkohol vorherbestimmt, den ein Wein erreichen wird.
Eine Qualitätsaussage über den fertigen Wein ergibt sich nur bedingt aus dem Oechslewert: Besonders süße Trauben ergeben zwar einen Wein mit besonders hohem Alkoholgehalt, der Geschmack ist aber noch von vielen anderen Faktoren wie dem Säuregehalt abhängig.
Natürlich gibt es auch sehr gute ‚trockene‘ Weine, die weniger Oechsle haben, aber sehr angenehm schmecken.
Süße Weine aus deutschland sind zudem sehr lange lagerbar, viel länger als trockene Weine.
Die meisten angenehmen Weißweine kommen aus Gegenden südlich der Alpen, ganz einfach, weil dort die Sonne mehr scheint als bei uns und sich dadurch nicht so viel Säure aufbaut.
MfG

Hallo,

Grundlage der Qualitätsabstufung nach dem deutschen Weinrecht ist der natürliche Zuckergehalt der Trauben nach der Ernte, den man in Oechslegraden (°Oe) misst. Die Trauben für einen Qualitätswein müssen weniger Zucker haben als die für (z.B.) eine Spätlese.

Das hat aber nichts mit dem Zuckergehalt im Wein zu tun, der später aus diesen Trauben hergestellt wird. Eine Spätlese kann durchaus auch trocken sein; das entscheidet der Winzer dadurch, wie lange er den Wein gären lässt. Wird ein Most mit hohem natürlichem Zuckergehalt in der Gärung gestoppt, bleibt er süßer als ein Wein, bei dem die Gärung erst dann beendet wird, wenn kein Zucker als Nahrung für die Hefe mehr vorhanden ist.

Das hat natürlich auch seine Grenzen – trockene Beerenauslesen oder Eisweine gibt es nicht, weil die Hefen es nicht schaffen, so viel Zucker zu Alkohol zu vergären. Bei Spät- oder Auslesen klappt das aber schon.

Ob z.B. eine Auslese tatsächlich von besonders hoher Qualität ist, kann man nicht pauschal sagen, denn die Qualitätsstufe richtet sich ausschließlich nach dem Zuckergehalt des Lesegutes. Alles Weitere hängt vom Können des Winzers ab. Außerdem sind die Geschmäcker bekanntlich verschieden und ein Wein, der dem einen schmeckt, muss dem anderen noch lange nicht gefallen.

Eine Auslese ist in der Regel deutlich kräftiger und voller als ein leichter Kabinett; Beeren- und Trockenbeerenauslesen sind geschmacklich von Botrytis (Edelfäule) geprägt, Eisweine sind enorm konzentriert, aber eben ohne den Botrytiston. Von daher ist die Qualitätsstufe auch schon ein Hinweis auf den Weintyp, den man erwarten kann.

Ein trockener Wein ist nicht generell besser als einer mit Restsüße – auch das ist eine reine Geschmacksfrage (und gelegentlich auch ein bisschen Snobismus…). Also einfach auf den eigenen Gaumen hören und das trinken, woran man selber Spaß hat und was gerade zum Anlass passt.

Das deutsche Qualitätssystem wird gelegentlich kritisiert, weil es die Qualitätsstufe des Weines ausschließlich am Zuckergehalt des Lesegutes festmacht; vielleicht sollte man deshalb noch erwähnen, dass vollreife Trauben eben auch physiologisch ausgereift sind und außer viel Zucker auch viele Mineralstoffe und Aromen enthalten.

Ich hoffe, ich konnte ein wenig zur Klärung beitragen!

Hallo Hilde,

die Klassifizierung von Weinen ist ein sehr weites Feld. Du hast hier nur einen sehr kleinen Bereich angesprochen und zwar die Deutschen Prädikatsweine.

Und in der Tat steht bei dieser Klassifizierung der Zuckergehalt der Trauben, ausgedrückt in Oechsle-Graden im Vordergrund. Dies entsprach auch durchaus den damaligen Qualitätsansprüchen, denn süße Weine wurden eben vielfach als besonders gute und umgekehrt saure Weine als besonders schlechte empfunden. Das ist auch heute noch z. B. in England, Skandinavien aber auch bei unserer älteren Generation der Fall.

Eine kleine Randbemerkung sei mir noch zur Deutschen Klassifizierung erlaubt: Es ist ein weitverbreiteter Irrglaube, dass der Eiswein die höchste Prädikatstufe darstellt. Der Eiswein muss vom Oechslegrad her lediglich eine Beerenauslese sein. Vielfach ist eine solche Spezialität allerdings ganz exquisit und hat höhere Grade als eine durchschnittliche Trockenbeerenauslese. Prädikate sind aber nur Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese und Trockenbeerenauslese. Der Eiswein ist keine Prädikatsbezeichnung.

In anderen Ländern sind die Klassifizierungen ganz anders. In Frankreich z. B. ist der Zuckergehalt der Trauben weniger bedeutend. Wichtiger sind hier die Chateaus selbst und die Qualität, die sie über Jahre hinweg zustande beringen.

Verwirrenderweise gibt es aber mehrere unterschiedliche Klassifikations-Systemen in Frankreich. Und die Bezeichung Premier Cru (Erstes Gewächs) wird je nach Region mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet. Im Rahmen der Bordeaux-Klassifizierung für Rotweine aus dem Médoc ist dies der höchste Rang (auch „Premier Cru Classé“), für Weißweine aus Barsac und Sauternes jedoch hinter „Premier Cru Classé Supérieur“ der zweite Rang. Im Rahmen der Burgund-Klassifizierung ist Premier Cru unter Grand Cru ebenfalls der zweite Rang. Die Stufe „Premier Grand Cru (Classé)“ in Saint-Émilion bedeutet dort die höchste Klasse.

Aber jetzt sind wir schon zu sehr im Detail, oder?

Eine Einstufung in verschiedene Qualitätsklassen nach unterschiedlichen Kriterien gab es zum Teil schon in der Antike. Das bezieht sich einerseits auf das Produkt (Wein), aber auch auf die Weinbaugebiete und die Produzenten. Schon sehr früh erkannte man, dass neben der Arbeit des Winzers auch Boden und Umweltbedingungen einen großen Einfluss auf die Weinqualität ausüben. Besonders in Frankreich hat man dies immer schon hoch gewichtet und im Herkunftssystem Appellation d’Origine Protégée definiert.

Aber auch in Deutschland gab es schon im 19. Jahrhundert in Bayern und Preußen amtliche Klassifizierungen von Weinbergen und Lagen. Die bekannteste ist die Preußische Lagenklassifikation aus den Jahren 1868 und 1897. Diese wurden dann auch als Basis für das 2006 verabschiedete VDP-Klassifikationsmodell herangezogen. Bezüglich Weinqualität gibt es innerhalb der EU auf Basis der seit August 2009 gültigen neuen Weinmarktordnung ein ursprungsorientiertes Qualitätssystem, das in Weine mit und Weine ohne Herkunftsbezeichnung unterteilt. Bezüglich der Weinbeurteilung siehe unter Amtliche Prüfnummer (Deutschland), Staatliche Prüfnummer (Österreich), Weinansprache und Weinbewertung.

Letzteres, also die weinbewertung, ist insofern heute maßgebend, um die Qualität eines Weines zu beurteilen. Durchgesetzt hat sich das 100 Punkte-Bewertungssystem z. B. von Parker. Demnach kann z.B. ein extrem süßer, weißer Sauternes vom Chateau Yquem genauso gut 100 Punkte erhalten wie ein staubtrockener, roter Pomerol vom Chateau Petrus.

Zusammenfassend: das Deutsche Prädikatsystem ist nur ein Klassifizierungssystem unter vielen, das sich zudem allgemein nicht hat durchsetzen können.

Aber man könnte noch Stunden darüber referieren. Am besten bei einem schönen Glas Wein!

Herzlicher Gruß
Klaus

Hallo Hildegard
zuerst bitte ich dich um Nachsicht, dass ich leicht verspätet antworte. Also:

Die Höhe des Oechslegrades gibt Aufschluss über das spezifische Gewicht es Traubenmostes. Daraus lässt sich im weiteren der Süssegehalt bzw. der Alkoholgehalt des Weines berechnen(Zucker wandelt sich ja in Alkohol um).

Bei den süssen Trauben (z.B. Riesling)führt ein hoher Oechslegrad dazu, dass die Grenze für das Vergären von Traubenzucker erreicht wird (so zwischen 110 und 120 Grad. Dann haben wir eben den leicht süsslichen oder süssen Wein im Glas.

Bei den ‚unsüssen‘ Trauben (etliche Trauben kann man gar nicht essen, so herb sind die)wandelt sich der Zucker wie oben erwähnt in Alkohol um. So haben z.B. australische und amerikanische Rotweine (allgemein jene mit viel Sonne, welche den Zuckergehalt mit beinflusst) vielfach einen Alkoholgehalt von 13 bis sogar 15%. Ohne dass der Wein süsst schmeckt. Eben wegen der Traubesorte.

Der Alkoholgehalt wird nicht von allen Weingeniessern gleich bewertet. Für die einen kann ein Wein zu wuchtig sein, wenn er zuviel Alkoholgehalt, als umgewandtelten Zucker enthält. In Deutschland, Oesterreich und der Schweiz ist die Sonneneinstrahlung meistens nicht so stark. So fallen auch die Weine ‚leichter‘ und für manchen Gaumen bekömmlicher aus. In den vergangenen Jahren ist alkoholreicher Wein ‚in Mode‘ gekommen. So quasi unter dem Motto ‚schwer ist gut‘.

Antwort zu deiner Frage:
Der Oechslegrad hat nur bedingt etwas mit Qualität zu tun und hat nur bedingt zur Folge, dass der Wein schlussendlich süss wird.

Lieber Gruss
Rolf

Hallo Hilde,
Danke für deine Frage, wie schön das du dich so neugierig mit dem Thema Wein beschäftigst!

Das deutsche Weinrecht ist unglaublich kompliziert, du bist also mit deinen Zweifeln in allerbester Gesellschaft.

Die Lösung ist relativ einfach. Generell hast du alles richtig verstanden bzw. geschildert. Zunächst die eigentliche Antwort.
Der Öchslegrad gibt lediglich die erreichte Reife der Trauben direkt bei der Weinlese an, genauer: den Zuckergehalt in den Beeren. Ob daraus ein süsser oder trockener Wein wird liegt eher in der Hand des Winzers: je mehr von dem Zucker zu Alkohol vergärt, desto trockener wird der Wein (und umgekehrt). Vielleicht weißt du ja vom Marmeladekochen das Zucker aber auch ein wunderbares „Konservierungsmittel“ sein kann. Ab einem gewissen Gehalt kann der Wein daher gar nicht mehr komplett durchgären, Zucker bleibt übrig, der Wein schmeckt süss. Diese Art Wein sind z.B. die Trockenbeerenauslesen. Den genauen Verlauf kann der Winzer z.B. durch Kühlung beeinflussen und so auch süsse Weine anderer Prädikatsstufen herstellen.

War das nachvollziehbar? Gern erkläre ich es auch genauer und detailreicher, wollte nur nicht gleich zuviel auf einmal schreiben.

Dannnnnn, das eigentlich viel wichtigere: Qualität ist keine Frage von Kennerschaft oder süss/trocken. Nur keine Angst beim Thema Wein! Wichtig ist nur was dir schmeckt, nicht was jemand anders dazu erklärt. Und gerade die schöne Sorte Riesling findet man in allen Schattierungen. Süss ist also keineswegs verpönt oder schändlich, sondern schlichtweg eine Frage der eigenen Vorlieben. Und zuletzt: versuch doch mal süssen Riesling zu gut gewürztem oder scharfen asiatischem/indischen Essen…viel Spass!

Hallo,

dazu kann ich leider nichts sagen.

Beste Grüße

Hallo, ich empfehle mal die Lektüre eines guten Buches zum Weinan- und ausbau, damit diese grundsätzlichen ragen geklärt werden - wie wäre es z.B. mit „Der große Johnson“ - danach wird vieles klarer…

Hallo, ich empfehle mal die Lektüre eines guten Buches zum Weinan- und ausbau, damit diese grundsätzlichen Fragen geklärt werden - wie wäre es z.B. mit „Der große Johnson“ - danach wird vieles klarer…

Hallo,

bin sehr spät dran, aber besser spät als nie.

Ihre Antwort war mit Abstand die beste Stellungnahme zu meinen Fragen.

Der Knackpunkt, bzw. das sog. „Aha-Erlebnis“ war für mich das Aufzeigen des Unterschieds zwischen dem Zuckergehalt des Leseguts und der Restsüße des fertigen Weins. Das war mir vorher so nicht klar.

Danke und ein gutes neues Jahr 2013

LG Hilde

Hallo, freut mich, dass ich helfen konnte! Alles Gute für 2013 auch Ihnen & viele Grüße, Petra

Sorry, diese Frage ist mir zu komplex.