Qualitative Methode für Literaturstudie?

Hallo, ich fange gerade an meine Magisterarbeit zu schreiben, sie dreht sich um das Thema „Onlineradios in Entwicklungsländern - Eine Literaturstudie über Potentiale und Grenzen“.

Wie der Name schon sagt, soll es eine Literaturarbeit werden - ein Forschungsbericht, in dem ich die wichtigsten Ergebnisse anderer Autoren aus den letzten 5-7 Jahren zusammentrage, ordne,kommentiere und diskutiere. Insgesamt soll also eher ein Überblick werden, als dass ich zu einem speziellen Punkt ganz in die Tiefe zu gehen…

Mein Prof. hat mir zum weiteren Vorgehen keine näheren Vorschriften gemacht.

Ich persönlich möchte keine Meta-Analyse machen, also ganz systematisch nach streng aufgestellten Kriterien die Titel auswählen, dann die Themen codieren und auszählen - mich interessiert ja das Für und Wieder der einzelnen Punkte.

Könnt ihr mir einen Hinweis geben, welche Methode geeignet wäre? Ich möchte mich beim Lesen etwas treiben lassen, also nur die für mich am relevantesten klingenden Werke lesen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich dann das Thema nicht in seiner kompletten Tiefe (=ganzen Literatur) abbilde. Aber ich kann ja schlecht schreiben, „ich habe mir die nach erster Sichtung einschlägigsten Werke genommen, gelesen und das was mir am interessantesten erschien, aufgeschrieben…“.

Ich bin bisher auf die qualitative Inhaltsanalyse gestoßen? Diskursanalyse hingegen scheint mir nicht so passend…

Kann mir jemand helfen? Wir bei den Medienwissenschaften hatten leider nur ein Methodenseminar, das waren nur die Grundlagen und zudem im zweiten Semester…

Hi,

also ich glaube, dass ich dir da nicht wirklich weiterhelfen kann. Mir würde zur Auswertung auch die Methode der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring einfallen.

LG
Celine

Hallo,

Die Wahl der Methode hängt primär von der Forschungsfrage ab. Bei Dir scheint es ja eher um eine Bestandsaufnahme der bisherigen Literatur zum Thema zu gehen. Inhaltsanalyse, ob quantitativ oder qualitativ, erscheint mir daher unpassend, zumal es da ja eher um die Klärung von „Warum“-Fragen geht (siehe z.B. hier: http://www.uni-koeln.de/phil-fak/fs-psych/serv_pro/m…). Mach daher meines Erachtens doch einfach einen systematischen „Literature Review“. Dies kann ja durchaus auch tabellarisch geschehen, indem man die bestehende Literatur anhand bestimmter Kriterien vergleicht, hierbei muss keineswegs zwingend „ausgezählt“ werden… Nur mal ein Anschauungsbeispiel:
http://www.jstor.org/stable/1170575.

Gutes Gelingen, D.

Hi,

also zunächst muss ich sagen, dass ich in deiner Situation lediglich als " Amateur" beraten kann, da deine Anfrage doch sehr spezifisch ist. Ich habe da mal ein paar Kollegen gefragt, die mir folgendes empfehlten:

Verfahrensweisen der Grounded-Theory-Analyse und der Konversationsanalyse:

* Der erste Schritt des Verfahrens ist das offene Kodieren (Strauss 1994, 57-62). Der zu analysierende Text wird Zeile für Zeile und Wort für Wort durchgegangen. Es werden wichtige Sätze, Schlüsselbegriffe und Auffälligkeiten markiert. Ziel ist es, die im Text enthaltenen Dimensionen und Subdimensionen herauszuarbeiten und zu benennen. Durch Zuweisung von Benennungen - den Kodes - werden Dimensionen und ihre Untergliederungen zu Kategorien. Bei Kodes kann es sich sowohl um Begriffe, die von den beforschten Subjekten selbst verwendet werden (natürliche Kodes), als auch um Begriffe, die die Forscher im Anschluß an soziologische Konzepte entwickelten (soziologisch konstruierte Kodes), handeln (vgl. Strauss 1994, 60 u. 64f.).

* Im nächsten Schritt, dem axialen Kodieren (Strauss 1994, 63), wird eine einzelne Kategorie fokussiert. Die Analyse dreht sich um die Achse einer Kategorie. Hier geht es darum, die Einbettung und typischen Beziehungen zu anderen Kategorien zu untersuchen. Folgenden Fragen wird hierbei nachgegangen: In welchem Zusammenhang steht das untersuchte Phänomen, d.h. unter welchen Bedingungen kam es dazu und was folgt darauf? Beim axialen Kodieren wird außerdem fallvergleichend analysiert. Es wird untersucht, ob im Ablauf und in der Einbettung Gemeinsamkeiten vorliegen, oder ob Unterschiede ausgemacht werden können und inwiefern sich diese Variationen erklären lassen.

* Beim dritten Schritt, dem selektiven Kodieren (Strauss 1994, 63-64), wird geprüft, ob einige der isolierten Kategorien durch eine Schlüsselkategorie zusammengehalten werden. Wenn möglich, werden bislang entwickelte Kategorien verknüpft und mit einem Basiskonzept, der sog. Schlüsselkategorie, verbunden. Mit der Identifikation von Schlüsselkategorien kommt der Forscher dem Ziel der gegenstandsbezogenen Theorie näher (vgl. Strauss 1994, 65-68).

* Oberstes Prinzip beim Vollzug der beschriebenen Arbeitsgänge ist das Schreiben von Memos (vgl. Strauss 1994, 151-174): Erste Ideen über Dimensionen bzw. Kategorien, Zusammenhänge, typische Einbettungen und mögliche Schlüsselkategorien werden systematisch festgehalten, ständig am Material überprüft und an neu gesammelte Fälle (Theoretical Sampling; Strauss 1994, 70f.) angepaßt, bis die soziale Wirklichkeit in ein theoretisches System übersetzt ist, das ihre Komplexität abbildet. Zusätzlich zu den Memos wird die Anfertigung sogenannter integrativer Diagramme empfohlen, um komplexe Zusammenhänge übersichtlich darstellen zu können (Strauss 1994, 238f.).

Konversationsanalyse:

Die ethnomethodologische Konversationsanalyse hat sich in den 60er und 70er Jahren aus der von Harold Garfinkel begründeten Ethnomethodologie herausentwickelt und sich als eigenständige soziologische Forschungsrichtung etabliert.
Gegenstand der Konversationsanalyse sind die Organisationsprinzipien von sprachlichen (und nichtsprachlichen) Interaktionen. Ihr Ziel ist es, auf der Grundlage von Transkripttexten aus natürlichen Interaktionen die formalen Strukturelemente und Mechanismen zu analysieren, mittels derer die Handelnden eine soziale Ordnung herstellen.
Das methodische Vorgehen im Rahmen der Konversationsanalyse folgt keinem allgemeinen Regelkanon. Bergmann (1988, 16; Hervorh. im Original) weist ausdrücklich darauf hin, „daß es falsch wäre zu sagen: er existiert noch nicht.“ Das Fehlen eines Standard-Regelkataloges ist Ausdruck des spezifischen methodischen Selbstverständnisses in der Konversationsanalyse und wird keineswegs als Mangel empfunden. Es wird die Ansicht vertreten, daß die Methode ihrem jeweiligen Untersuchungsgegenstand angemessen sein und dem Gegenstand immer wieder neu angepaßt werden muß.
Wenn man die Logik des Verfahrens umreißen müßte, ließen sich die folgenden Arbeitsprinzipien formulieren:

* Zunächst werden im Transkript Ordnungselemente identifiziert. Hat man spezifische Ordnungselemente isoliert, wird aus dem Datenmaterial eine Sammlung von Fällen zusammengestellt, in denen sich diese Phänomene zeigen.
* Das Ordnungselement wird stets als Bestandteil einer von den Handelnden erzeugten Geordnetheit und die Geordnetheit wird ihrerseits als Resultat einer methodischen Lösung für ein interaktives Problem verstanden.
* Es werden Hypothesen darüber aufgestellt, welcher Art das der jeweiligen Kommunikation zugrundeliegende strukturelle Interaktionsproblem ist, um ausgehend von diesem Problem, die Techniken zu rekonstruieren, mit denen die Handelnden das Problem lösten (vgl. Bergmann 1991, 217).

Ich hoffe, dass es dir weiterhilft, ansonsten muss ich passen, sorry und viel Erfolg bei deiner Arbeit!

Erstmal vielen herzlichen Dank an alle für die Mühe, wirklich nett von euch!!!

Ich denke das Konzept „Literature Review“ entspricht am hesten dem, was ich vorhabe und dazu finden sich auch einige nützliche Anleitungen. Interessanterweise scheint das Ganze im Deutschen unter einem anderen Namen zu laufen, denn zu Literaturstudie war wirklich nichts brauchbares zu finden…

Vielen Dank nochmal!