Quantitative Forschung: Hypothese?

Ganz dringend Hilfe gesucht!

Ich schreibe zur Zeit meine Bachelorarbeit über die Motive privater Carsharing-Anbieter. Mit einer quantitativen Forschung untersuche ich diese Motive in Form einer Online-Umfrage. (Fragebogen mit sowohl standardisierten Fragen, als auch offenen Fragen)

Nun habe ich gelesen, dass sich quantitative Forschung dadurch auszeichnet, dass zunächst anhand von Theorien Hypothesen entwickelt werden, die es dann mit Hilfe des Fragebogens zu überprüfen gilt. Dort stand auch, dass dieses Vorgehen in der Regel voraus setzt, dass das Forschungsinteresse in Bezug auf bereits bestehende Theorien formuliert werden kann.
Also muss bereits vorher ein theoretisches Wissen über den Untersuchungsgegenstand existieren, um eine Hypothese formulieren zu können.

In einer anderen Quelle heißt es:
Quantitative Methoden können sowohl Hypothesen generieren als auch zuvor aufgestellte Hypothesen prüfen.

Nun habe ich ehrlich gesagt vorher keine Hypothesen aufgestellt, um den Fragebogen zu erstellen. Ich hatte mir erhofft durch den Fragebogen die nötigen Antworten zu bekommen um die Motive definieren zu können bzw. am Ende selbst eine Hypothese aufabauen.

Benötige ich nun zuvor eine Hypothese, die es zu untersuchen gilt oder kann ich in der quantitativen Forschung auch selbst zu einer Hypothese am Ende kommen?

Vielen Dank für die Hilfe!

Paula

Hallo!

Mit einer quantitativen
Forschung untersuche ich diese Motive in Form einer
Online-Umfrage. (Fragebogen mit sowohl standardisierten
Fragen, als auch offenen Fragen)

Um genau zu sein: Alle Deine Fragen sind standardisiert, denn Du stellst jedem dieselben Fragen. Was Du meinst, ist die Standardisierung der Antworten. Bei den offenen Fragen sind sie nicht standardisiert, ansonsten standardisiert. Ferner ist Dein Fragebogen wegen der offenen Fragen nicht vollkommen quantitativ, es sei denn, Du hast Dir im Voraus überlegt, wie alle möglichen Antworten zahlenmäßig zu bewerten sind.

Nun habe ich gelesen, dass sich quantitative Forschung dadurch
auszeichnet, dass zunächst anhand von Theorien Hypothesen
entwickelt werden, die es dann mit Hilfe des Fragebogens zu
überprüfen gilt. Dort stand auch, dass dieses Vorgehen in der
Regel voraus setzt, dass das Forschungsinteresse in Bezug auf
bereits bestehende Theorien formuliert werden kann.

Dieses Vorgehen ist in den meisten Wissenschaften aktuell am populärsten. Es ist jedoch nicht das einzig mögliche.

In einer anderen Quelle heißt es:
Quantitative Methoden können sowohl Hypothesen generieren als
auch zuvor aufgestellte Hypothesen prüfen.

Das ist korrekt. Es gibt konfirmatorische Studien, in denen eine Untersuchung geplant wird, um eine bestehende Theorie zu überprüfen. Die Datenauswertung wird dann auch konfirmatorische Datenanaylse genannt. Und es gibt explorative Studien, in denen man versucht, anhand der Daten neue Theorien aufzustellen, verbunden mit explorativer Datenanalyse.

Nun habe ich ehrlich gesagt vorher keine Hypothesen
aufgestellt, um den Fragebogen zu erstellen. Ich hatte mir
erhofft durch den Fragebogen die nötigen Antworten zu bekommen
um die Motive definieren zu können bzw. am Ende selbst eine
Hypothese aufabauen.

Du machst also eindeutig eine explorative Studie; dann brauchst Du keine konkreten Hypothesen. Du solltest Dich in diesem Falle aber noch einmal fragen, wie viel theoretisches Wissen Du über die Motive von Carsharing-Anbieter hast. Das Problem an standardisierten, hauptsächlich quantitativen Fragebögen ist, dass Du nur das erfasst, was Du auch zuvor geplant hast. In einem freien Interview (qualitative Forschung) könntest Du noch neue Motive erfahren, an die Du zuvor nicht gedacht hast. Bei standardisierten Antworten kann eben das Keuzchen nur an einer vorgesehenen Stelle gemacht werden.

Grüße von Hans-Peter

Kleine Korrektur
Ich bitte, wenn ich von „standardisierten Antworten“ geschrieben habe, dies durch „standardisierte Antwort möglichkeiten“ zu ersetzen.

Vielen lieben Dank für die Antwort!
Meine Dozentin hatte mir empfohlen diese Umfrage zu machen, die eben auch die offenen Fragen enthält, um daraus eventuell neue Erkenntnisse sammeln zu können da das Gebiet ja auch noch sehr unerforscht und neu ist.
Gibt es bei der Datenanalyse von explorativen Studien etwas zu beachten?
Mir wurde gesagt im Grunde ist das mir überlassen. Die Ergebnisse kann ich beispielsweise in Kategorien unterteilen und auswerten. Oder gibt es eine Methodik die ich in jedem Falle anwenden muss?

Viele Grüße,

Hallo!

Meine Dozentin hatte mir empfohlen diese Umfrage zu machen,
die eben auch die offenen Fragen enthält, um daraus eventuell
neue Erkenntnisse sammeln zu können da das Gebiet ja auch noch
sehr unerforscht und neu ist.

Die offenen Fragen finde ich aus den Gründen, die ich im vorigen Posting erwähnte, sehr sinnvoll. Nicht selten kommen bei noch unerforschten Gebieten dort die interessantesten Ergebnisse heraus. Die Auswertung dieser Fragen ist dann wohl eher eine qualitative. Da ich selbst aus der quantitativen Forschung komme, kann ich dazu nicht so viel beitragen. Da gibt es andere Experten hier. (Natürlich wäre auch eine quantitaitve Auswertung möglich, z. B. wenn man zählt: xyz wurde x-mal genannt.)

Gibt es bei der Datenanalyse von explorativen Studien etwas zu
beachten?
Mir wurde gesagt im Grunde ist das mir überlassen. Die
Ergebnisse kann ich beispielsweise in Kategorien unterteilen
und auswerten. Oder gibt es eine Methodik die ich in jedem
Falle anwenden muss?

Nun zum quantitativen Teil:

Man hat tatsächlich relativ viele Freiheiten was die Auswertung betrifft. I. d. R. beginnt man damit, sich ein Bild von den Daten zu machen, statistische Kennwerte zu berechnen und Grafiken anzufertigen. Dann kann man Häufigkeiten und Kreuztabellen berechnen, ggf. statistisch testen. Es gäbe dann noch ein paar Verfahren, die je nach Art der Daten bei explorativen Studien in Frage kämen, die aber etwas fortgeschrittener sind (für Bachelor zu weit?), wie z. B. Regressionsanalysen, Faktoranalysen, Clusteranalysen u. a. Ob davon etwas in Frage käme, hängt aber von Deinen Daten ab.

Im Prinzip ist alles erlaubt, was die Erkenntnis erweitert.

Grüße von Hans-Peter