Wo liegt der Unterschied zwischen einer normalen und einer radikalen Demokratie?
so kurz wie möglich: in einer radikalen Demokratie entscheidet das Volk so direkt wie möglich über möglichst viele politische Fragen selbst. Die gewählten Volksvertreter und das Gremium, das die Beschlüsse ausführen soll (Regierung), sind an die Beschlüsse des Volkes gebunden (sog. „imperatives Mandat“). Wenn das Volk meint, dass seine Vertreter bzw. die Regierung seine Beschlüsse nicht gut umsetzt, kann es sie einfach jederzeit abwählen und neue Vertreter bzw. eine neue Regierung bestimmen. - In einer „normalen“ Demokratie (damit meinst du wohl unsere) wählt das Volk seine Vertreter (Repräsentanten) für einen bestimmten, vorher festgelegten Zeitraum, z.B. 4 Jahre. Deshalb die Bezeichnung „Repräsentative Demokratie“. Die Volksvertreter sind, im Gegensatz zur „radikalen“ D., nicht darauf festgelegt, welche Politik sie dann tatsächlich machen; sie sind laut Verfassung „nur ihrem Gewissen verantwortlich“. In einer „Repräsentativen Demokratie“ ist die staatliche Gewalt (Macht) in drei Gewalten geteilt, in der direkten/radikalen Demokratie nicht. Die 3 Gewalten heißen „ausführende/=exekutive“, gesetzgebende/=legislative und "richterliche/=judikative Gewalt. Ich gebe zwei praktische Beispiele. (1) dass die Regierung (=Exekutive) keine Gesetze selbst machen kann; die Voraussetzung für die Ausfertigung von Gesetzen ist, dass sie vorher eine Mehrheit der Volksvertreter/Abgeordneten im Parlament bekommen haben. (2) die Polizei (gehört zur Exekutive) darf keinen Verhafteten zu einer Gefängnishaft verurteilen; das darf nur die richterliche/judikative Gewalt. Deshalb muss z.B. in jedem Krimi jemand, den die Polizei festgehommen hat, erst einem UntersuchungsRICHTER vorgeführt werden, nur DER kann erst mal Untersuchungshaft anordnen für begrenzte Zeit aufgrund der von der Polizei/von der STAATSanwaltschaft vorgelegten Beweise.
Zur Problematik guck unter google, wikipedia usw. die entsprechenden Stichwörter nach, ich habs hier erst mal so einfach wie möglich erklärt. Siehe auch „Rotation“, „Räteregierung“, Notstandsverfassung u.v.a.m
Wo liegt der Unterschied zwischen einer normalen und einer
radikalen Demokratie?
vielen Dank für die Mühe, du hast mein Abi gerettet
Wieso Abi gerettet, jetzt macht doch kein Schwein Abi??? Aber vor allem: da gibts noch viel mehr, was du wissen solltest. Aber wenn ich damit anfangen würde, wäre der Abend für mich gelaufen. Wenn du wirklich für irgendeine Prüfung lernst, solltest du noch ein paar geschichtliche Beispiele nennen können. Aber die solltest du selbst nachgucken. Hier nur Hinweise: 1918/19, am Ende des I.WK (erster Weltkrieg), gings in Deutschland innenpolitisch um die Frage: wird Deutschland eine repräsentative (parlamentarische, „normale“ sagst du) Demokratie, oder eine RÄTEDEMOKRATIE, „radikale“ D.). Es gab einen richtigen kleinen Bürgerkrieg, vor allem in Berlin. Das war ganz tragisch. Denn der Riß zwischen den zwei Meinungen ging oft mitten durch die Familien vor allem der einfachen Leute. Die Väter wollten, vorsichtig, erst mal „nur“ eine parlamentarische Demokratie, sie fanden es schon toll, dass der Kaiser vom Fenster war, die Vorrechte des Adels abgeschafft werden sollten, die Frauen erstmals wählen durften. Den Söhnen war das nicht genug; sie misstrauten den parlamentarischen Abgeordneten, sie befürchteten, dass die, wenn sie einmal gewählt waren, nicht genug für die einfachen Leute tun würden und sich von den „bürgerlichen“ Abgeordneten dazu überreden lassen würden, lieber erst mal eine Politik zu machen, die dem „Bürgertum“ nützt, also oft Wohlhabenderen, d.h. Fabrikbesitzern, Anwälten, Ärzten usw., und nicht den kleinen Leuten; sie wollten die Volksvertreter ständig kontrollieren, nicht nur alle 4 Jahre, und dazu zwingen können, eine Politik in ihrem kleine-Leute-Interesse zu machen, also z.B. Unternehmer enteignen, Fabriken verstaatlichen, höhere Löhne vorzuschreiben, bessere Sozialleistungen (Arbeitslosengeld, kostenlose staatliche Gesundheitsfürsorge, uswusf., ) und höhere Schulbildung auch für Arbeiterkinder u.ä. durchzusetzen. So kämpften in den Straßen sozialdemokratische Vater gegen spartakistische (radikale) Söhne, und die Mütter rangen zuhause die Hände. Und aus Angst, dass die Spartakisten gewinnen würden und dann mit den russischen Kommunisten zusammenarbeiten würden, riefen die Sozialdemokraten ihre eigentlich erbitterten Feinde zuhilfe: so genannte Freikorps aus der Armee, die von militaristisch-nationalistischen Offizieren angeführt wurden, die eigentlich die ganze alte zusammengebrochene Gesellschaftsordnung mit dem Kaiser an der Spitze, Adel und Großbürgertum als bevorrechtigte Stände wiederhaben wollten. Und die Spartakisten verloren. Für 25 Jahre waren die 2 großen politischen Strömungen der Sozialdemokratie in 2 Teile gespalten, und sie bekämpften sich eher gegenseitig als z.B. 15 Jahre später die Nazis. - Das ist alles 1000fach vereinfacht, aber nun …
Wenn eine repräsentative Demokratie nicht funktioniert, wie z.B. die Weimarer Demokratie (aus vielen Gründen), kann man das daran sehen, dass sie zum Schluss gar keine „normale“ Demokratie mehr ist. Wenn sich das Parlament, die Volksvertretung, nicht auf eine Politik einigen konnte, wenn es für nichts eine Mehrheit gab, weil die Abgeordneten „prinzipientreu“ und kompromisslos waren, konnte es keine stabile Regierung für längere Zeit geben; denn das Parlament war unfähig, Gesetze zu beschließen. In dem Fall konnte der Reichspräsident, das war dann Hindenburg - schon mal gehört? - aus eigener Machtvollkommenheit Gesetze erlassen, also fast wie ein Diktator, keine Demokratie mehr, man nennt so was „Präsidialdemokaratie/Präsidialsystem“. - Deswegen gibt es in der Verfassung der Bundesrepublik mehrere Grundbestimmungen, damit eine repräsentative Demokratie besser funktioniert: die 5%Hürde - die ja eigentlich total undemokratisch ist! -, damit es weniger Parteien im Parlament gibt, und die eher für eine stabile gesetzgeberische Mehrheit hinter der Regierung sorgen können als damals; das „konstruktive Misstrauensvotum“: ein Regierungschef (Bundeskanzler) kann innerhalb seiner 4 Regierungsjahre nur abgewählt werden, wenn die unzufriedene Mehrheit sich im gleichen Wahlgang für einen neuen Kanzler entscheidet, so dass das Regierungshandeln weitergeht (in der Weimarer Republik gabs das nich, da konnte der Reichspräsident einen Kanzler (=Regierungschef) von sich aus ernennen, ohne dass der eine Mehrheit im Parlament hinter sich hatte. Alle diese damaligen Machtbefugnisse hat der (Bundes-)präsident heute, d.h. seit 1949, nicht mehr, und der starke Mann in der Bundesrepublik, der Bundeskanler, z.B. Frau Merkel, kann nur solange regieren, wie sie eine Mehrheit der Abgeordneten im Parlament hinter sich weiß.
Übrigens gibt es auch bei uns, und bei den Schweizern mit ihrer viel kleineren Bevölkerung noch viel mehr, Elemente direkter Demokratie: die Volksentscheide, die unter bestimmten - schwierigen - Bedingungen Gesetze aushebeln können, die von den Volksvertretern im Parlament gemacht wurden. In Niedersachsen gab es kürzlich eine Volksentscheidungsbewegung gegen das Abitur in 8 Jahren, sie wollten wieder 9 Jahre (gescheitert), und den Volksentscheid zum neuen Bahnhof in Stuttgart, der schließlich f ü r den Bau ausging, obwohl der Volksentscheid von den Gegnern von Stutgart 21 durchgesetzt worden war. Diese Volksentscheidung muss nun eine rotgrüne Regierung umsetzen, die gerade durch das ganze Kuddelmuddel nach den Regeln der repräsentativen Demokratie die CDU-FDP-Regierung abgelöst hatte. Irre, was? - Übrigens, direkte Demokratie gabs schon ganz früh, ca. 400 Jahre vor Chr. in Griechenland, in Athen. Da mussten die Volksvertreter jedes Jahr wechseln („Rotationsprinzip“, gabs auch mal bei den Grünen, damit ein Abgeordneter nicht in die Lage kommt, immer mehr Macht anzuhäufen, und möglichst viele normale Menschen an den demokratischen Abläufen (Machtausübung) teil haben. - Aber nu is Schluss. Vielleicht haste aber auch gemerkt, dass „Politik,“, z.B. was man tun könnte, um eine Demokratie lebendig zu erhalten, eigentlich weniger ein blöder Prüfungsstoff ist, sondern ganz interessant!
vielen Dank für die Mühe, du hast mein Abi gerettet