Rauscharme Widerstände?

Früher habe ich es schonmal gehört, und eben lese ich es in einem Forum wieder:

da konnte man durch Optimierung der Bausteine und Verwendung eng tolerierter rauscharmer Metallfimwiderstände 1a Werte erreichen

Da habe ich entweder in den letzten Jahrzehnten Elektronik etwas verpennt oder es beruhen nicht nur in der High-End-Audio-Branche Überzeugungen auf Glauben statt auf Wissen.

Ein bisschen kann ich es mir ja vorstellen: Strom geht durch einen Widerstand, aber irgendwie nicht immer gleichmäßig (der Widerstandswert variiert, siehe Kohlemikrofonkapsel, wenn man sie schüttelt), mit der Folge, dass z. B. ein DC-durchflossener Spannungsteiler (-> Arbeitspunkteinstellung) mehr Rauschen generiert, als es die reinen ohmschen Widerstände tun würden.

Nur - gelesen oder verlässlich erfahren habe ich darüber noch nie nix.

Ihr?

Grüße

Uwe (der onhe „i“:smile:

Hallo Uwe!

Neben Schrotrauschen, Funkelrauschen und Stromverteilungsrauschen, die in aktiven Bauelementen entstehen, gibt es thermisches Rauschen, das oft dominiert und und durch thermische Ladungsträgerbewegung in Widerständen entsteht. Der quadratische Mittelwert der Rauschspannung errechnet sich aus 4kTRf, wobei k=Boltzmannsche Konstante, T=Temperatur, R=Widerstand und f=Bandbreite ist.
Das gilt für den idealen Wirkwiderstand. Je nach Bauart des Widerstands kann die tatsächliche Rauschspannung geringfügig höher liegen.

Wenn es darum geht, eine Schaltung hinsichtlich Rauschen zu optimieren, muß der Blick auf die Schaltungsteile mit kleinem Signalpegel am Beginn der Signalverarbeitung oder Verstärkung gerichtet sein. Neben geeigneter Halbleiterauswahl hat man die Parameter Temperatur, Bandbreite und Widerstandswert in der Hand. Wenn es ganz hart kommt und der Aufwand zu rechtfertigen ist, muß man zur Rauschminimierung nötigenfalls mit Stickstoff kühlen. Meistens kann man aber nur auf Bandbreite und Widerstandswerte Einfluß nehmen. Also wähle man die Bandbreite nicht größer als nötig. Bei den Widerstandswerten kann man oft die Größenordnung vorgeben. Eine durch ein Widerstandsverhältnis eingestellte Verstärkung läßt sich im Bereich von Megohm oder auch im Bereich nur weniger hundert Ohm einstellen. Wenn es um das Rauschen geht, ist die niederohmige Dimensionierung vorteilhafter, soweit keine anderen Gesichtspunkte der Schaltung dagegen stehen.
Bei der Auswahl der Bauart der Widerstände standen früher neben Drahtwiderständen Kohleschicht-, Kohlemasse- und Metallfilmwiderstände zur Auswahl. Da bewährten sich die Kohlemassewiderstände hinsichtlich Rauschverhalten. Unterschiede bemerkte man aber nur bei sehr kritischen, breitbandigen Anwendungen, wenn man gezwungen war, hoch im M-Ohm-Bereich zu dimensionieren.

Audio-Anwendungen sind zwar kritisch hinsichtlich Rauschen, aber die Bandbreite ist klein und es gibt in Vorverstärkern überhaupt keinen Grund, in die Kiste mit M-Ohm zu greifen. Es spielt sich alles ein paar Zehnerpotenzen niedriger ab. Wenn Freaks dabei von „rauscharmen Widerständen“ reden, hat das vielleicht mit Esoterik, aber wenig mit technischem Hintergrund zu tun. Im übrigen ist nicht das Rauschen allein, sondern der gesamte Störpegel relevant. Deshalb und aus vielerlei weiteren Gründen wird man einen Nf-Vorverstärker nur miniaturisiert in SMD-Technik aufbauen. Dafür werden Dünnfilmwiderstände von der Rolle eingesetzt und damit hat es sich.

Gruß
Wolfgang

Selten etwas so fundiertes gelesen! Sternchen! owt
-nix-

Hallo Uwe,

um mal konkrete Zahlenwerte anzugeben: Das Eigenrauschen rauscharmer Halbleiter entspricht etwa dem thermischen Rauschen eines 100-Ohm-Widerstandes. Befinden sich im Signalweg wesentlich hochohmigere Widerstände, überwiegt das bei Zimmertemperatur unvermeidliche thermische Rauschen. In solchen Fällen läßt sich das Rauschen weder mit rauscharmen Widerständen noch Halbleitern reduzieren. Z.B. kann ein Vorverstärker mit einem 1-k-Widerstand in Serie zum Eingang niemals rauscharm sein.

Jörg

Zuviel des Guten
Hallo Wolfgang,

vielen Dank für dein sehr ausführliche Antwort, ich schließe mich Axels Bewertung an. Für mich schon zu ausführlich, ich hoffe, andere profitieren davon, denn ich befasse mich seit langer Zeit mit sehr rauscharmen Schaltungen, kann also deren Rauschverhalten, Tücken etc. wohl gut vorhersehen. Und dann kommt da jemand mit „rauscharmen Widerständen“…, das will ich nun genauer wissen.

Neben Schrotrauschen, Funkelrauschen und
Stromverteilungsrauschen, die in aktiven Bauelementen
entstehen

Ist mir bekannt, und letztendlich läuft meine Frage darauf hinaus, ob es Ähnliches auch für passive Bauelemente, sprich Widerstände, gibt.

Das gilt für den idealen Wirkwiderstand. Je nach Bauart des
Widerstands kann die tatsächliche Rauschspannung geringfügig
höher liegen.

Hmmm… Genau da wird’s interssant.

Wenn es darum geht, eine Schaltung hinsichtlich Rauschen zu

neben Drahtwiderständen Kohleschicht-, Kohlemasse- und
Metallfilmwiderstände zur Auswahl. Da bewährten sich die
Kohlemassewiderstände hinsichtlich Rauschverhalten.

Kennst oder ahnst Du eine physikalischen Grund? Oder sind es doch nur Gerüchte? Die paar Male, die ich von rauscharmen Widerständen gehört habe, wurde Metallfilm genannt, Du nennst Kohlemasse…

Unterschiede bemerkte man aber nur bei sehr kritischen,
breitbandigen Anwendungen, wenn man gezwungen war, hoch im
M-Ohm-Bereich zu dimensionieren.

Eine Ausnahme kam mir kürzlich unter: Kondensatormikrofone. Kleine Signalspannungen und Ableitwiderstände fast im Giga-Ohm-Bereich. Dazu noch eine Röhrenschaltung. (Selbst zu Röhrenrauschverhalten bin ich mittlerweile schlauer.)

Audio-Anwendungen sind zwar kritisch hinsichtlich Rauschen,
aber die Bandbreite ist klein und es gibt in Vorverstärkern
überhaupt keinen Grund, in die Kiste mit M-Ohm zu greifen.

Mega-Ohm sowieso nicht, aber bei einem richtig empfindlichen (Mikrofon-)Vorverstärker, bei Halbleiterrauschen

Hallo Uwe,

Wenn es darum geht, eine Schaltung hinsichtlich Rauschen zu

neben Drahtwiderständen Kohleschicht-, Kohlemasse- und
Metallfilmwiderstände zur Auswahl. Da bewährten sich die
Kohlemassewiderstände hinsichtlich Rauschverhalten.

Kennst oder ahnst Du eine physikalischen Grund? Oder sind es
doch nur Gerüchte? Die paar Male, die ich von rauscharmen
Widerständen gehört habe, wurde Metallfilm genannt, Du nennst
Kohlemasse…

Wenn es um rauscharme Widerstände geht, kenne ich eigentlich auch nur Metallfilmwiderstände. Der Vorteil von Kohlemassewiderständen liegt hauptsächlich in ihrer hohen Impulsbelastbarkeit. Da können Metall- oder Kohleschichtwiderstände schonmal rauchen statt rauschen. Vielleicht meinte Wolfgang raucharm :smile:
In der professionellen Meßtechnik verwendet man praktisch nur Metallfilm- oder Drahtwiderstände, denn auch Langzeitdrift ist eine Form des sehr niederfrequenten Widerstandsrauschens. Das betrifft aber vor allem Widerstände, die mit einem Gleichstrom vorbelastet sind, wie z.B. in einer Brückenschaltung. Natürlich ist auch die geringere Temperaturdrift der Metallfilmwiderstände ein wichtiger Grund. Widerstände die nur mit der Signalspannung betrieben werden, erzeugen außer dem thermischen Rauschen aktiv keine eigene Rauschspannung sondern beeinflussen nur die Skalierung, was aber in den meisten Fällen vernachlässigbar ist.

Unterschiede bemerkte man aber nur bei sehr kritischen,
breitbandigen Anwendungen, wenn man gezwungen war, hoch im
M-Ohm-Bereich zu dimensionieren.

Eine Ausnahme kam mir kürzlich unter: Kondensatormikrofone.
Kleine Signalspannungen und Ableitwiderstände fast im
Giga-Ohm-Bereich. Dazu noch eine Röhrenschaltung. (Selbst zu
Röhrenrauschverhalten bin ich mittlerweile schlauer.)

Diese hochohmigen Widerstände liegen ersatzschaltbildmäßig parallel zur Signalquelle. Die relativ hohe Rauschspannung, die von ihnen ausgehen würde, wird daher von der wesentlich niederohmigeren Signalquelle praktisch kurzgeschlossen und taucht somit nicht mehr im Signal auf.

Jörg

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