Hallo,
die Reaktionsgleichung
FeS2 + O2 ––> Fe2O3 + SO2
ist natürlich stöchiometrisch offensichtlich falsch, aber wenn Du
α FeS2 + β O2 ––> γ Fe2O3 + δ SO2
schreibst, dann ist klar, dass Du diese Gleichung durch geeignete Wahl der Koeffizienten α, β, γ, δ stöchiometrisch korrekt machen kannst (was durchaus nicht selbstverständlich ist: α H2O + β Na Cl ––> γ Au wäre ein Beispiel für eine Reaktionsgleichung, welche Du durch keine Wahl der Koeffizienten α, β, γ stöchiometrisch korrekt machen kannst. Jede Atomsorte muss links und rechts wenigstens einmal auftauchen, sonst geht es nicht).
Die Bedingung, dass jeweils links und rechts der Gleichung bei jeder Atomsorte (also hier Fe, S und O) die Summe der Atomanzahlen identisch sein muss, verkoppelt nun die Koeffizienten miteinander, und zwar hier folgendermaßen:
Fe: α = 2γ
S: 2α = δ
O: 2β = 3γ + 2δ
Ich denke, es ist klar, wie diese Gleichungen zustandekommen. Das Gesamtgebilde nennen die Mathematiker ein lineares Gleichungssystem (LGS). Das hier vorliegende LGS hat vier Unbekannte, aber nur drei Gleichungen. Die Differenz von 1 ist gleich der Anzahl an Unbekannten, die wir als bekannt voraussetzen dürfen, um das LGS eindeutig lösbar zu machen. Setzen wir also z. B. α als bekannt voraus, ergibt sich als Lösung γ = α/2 und δ = 2α und β = 11/4 α. Damit wissen wir, dass die Reaktionsgleichung
α FeS2 + 11/4 α O2 ––> α/2 Fe2O3 + 2α SO2
(ungeachtet ihres seltsamen Aussehens) stöchiometrisch korrekt ist. Was noch bleibt, ist für α den kleinsten Wert zu bestimmen, der alle Koeffizienten ganzzahlig macht. Das trifft hier offensichtlich für α = 4 zu:
4 FeS2 + 11 O2 ––> 2 Fe2O3 + 8 SO2
lautet die Lösung des Problems. Dieses Schema kann man auf alle Reaktionsgleichungen anwenden.
Das „es gibt genau eine Gleichung weniger als es Unbekannte gibt“ ist bei Reaktionsgleichungen übrigens ausnahmsweise kein Hinweis auf eine unzureichende Informationslage, sondern eine typische Eigenschaft. Darin drückt sich mathematisch aus, das eine korrekte Reaktionsgleichung logisch richtig bleibt, wenn man alle Koeffizieten darin mit irgendeinem beliebigen Faktor multipliziert.
Gruß
Martin