Oh!
Ja, dieses Gefühl kenne ich auch, sicher! Aber letztlich hätte ich nur dann Zweifel am von mir beobachteten Geschehen, wenn meine von mir geäußerten Wahrnehmungen nicht wenigstens grundsätzlich mit denen meiner Mitmenschen übereinstimmen würden.
Einer sozusagen menschheitsweiten Fehlwahrnehumung hätten wir ja nichts entgegenzusetzen, oder?
Oder meinst Du solche Dinge wie den Regenbogen? Ich sehe ihn vor einem Baum mit der Bezeichnung „A“ z.B. links niedergehen. Jemand, der 20m seitlich entfernt steht, sieht ihn jedoch vor einem Baum mit der Bezeichnung „B“ (ebenso links) niedergehen! Beide Wahrnehmungen sind echt und wahrheitsgemäß geäußert! Sie sind sogar durch Standorttausch austauschbar und verifizierbar. Sicher ist der Regenbogen insofern ein besonderes Phänomen, jedoch durchaus bemerkenswert!
Dennoch bleibt mir letztlich doch auch ein Rest von Zweifel, wenn mir jemand bestätigt, er erkenne einen bestimmten Gegenstand als „grün“. Feststellen kann ich nur, dass er laut Konvention und Erfahrung gelernt hat, seine momentane Farbwahrnehmung in unserer Sprache mit „grün“ zu bezeichnen. Verwendete er eine mir unbekannte Sprache, in der er seine momentane Farbwahrnehmung mit „grün“ bezeichnet und ich wüsste nicht um diese fremde Sprache, so könnte er tatsächlich auch die Farbwahrnehmung „blau“ und dies in seiner Sprache sogar korrekt und wahrheitsgemäß geäüßert haben.
Gegenüber der dinglichen Welt beschleichen mich solche Betrachtungen jedoch relativ selten. In der emotionalen Welt - soweit es zwischenmenschliche Beziehungen angeht - finde ich dieses Thema jedoch höchst interessant und oftmals auch verwirrend. Meistens ist es sogar recht schwierig, andere Menschen darauf anzusprechen. Sie scheinen sofort persönliches Misstrauen zu wittern.
Was ist das, wenn jemand mir sagt, er liebe mich?
Sobald er es begründen könnte, möchte ich ihm nicht mehr trauen,
da er dann ja mit gewissem Eigennutz handelte, was meinem Anspruch an den Begriff der Liebe an sich widerspräche.
Ich möchte aber dem Begriff der Liebe nicht seinen Zauber nehmen, indem ich sie im Einzefall begründen möchte. Das gerade zauberhafte geht aber möglicherweise verloren, wenn ich dem Geliebten gerade eben deswegen (wahrheitsgemäß) keine Begründung geben möchte, weil er sich nicht mehr seiner Einzigartigkeit wegen geliebt fühlt.
Nun aber zurück: Könnten wir uns zufrieden geben, wenn wir das zauberhafte (oder auch das grauenhafte!) so mancher Wahrnehmung als unsere innere Wirklichkeit annehmen könnten?
Nehmen wir vielleicht der Realität ihren Zauber, der im Wesentlichen aus unseren Fragen und Zweifeln entsteht, wenn wir unsere Wahrnehmungen als unumstößliche, letzte Wahrheit erkennen könnten?
„Zweifle nicht an dem, der Angst hat, aber fürchte den, der keine Zweifel hat.“ sagte sinngemäß Erich Fried. Ich denke, er hatte Recht.
Eine wirkliche Hilfe ist mein Kommentar wahrscheinlich nicht, aber immerhin ein Beleg, dass Du nicht alleine bist mit Zweifeln an so manchem.
Eher ist es eine Frage der Wichtung in unserer Lebensauffassung, ob wir dem Erkenntnisstreben („Fakten“) mehr Bedeutung zumessen als dem Erlebnisstreben („Glück“), so lange das eine oder das andere niemandem schadet.
Ganz in Gedanken…