Realschule ja oder nein?

Hallo,
ich schreibe heute hier, weil ich (wie auch schon am Ende des letzten Schuljahres) hin und her gerissen bin, was die weitere Schullaufbahn meines Sohnes angeht. Mein Sohn hätte bereits nach der 4. Klasse (Bayern) mit einem Notendurchschnitt von 2,66 auf die Realschule gehen können. Aus mehreren Gründen aber hatten wir uns dafür entschieden, ihn zunächst aber auf die Mittelschule zu schicken:

  1. Wenn er will,dann kann er. Leider fehlt im oft aber die nötige Motivation. Da werden dann „aus Versehen“ Hefte oder Bücher in der Schule vergessen, damit man nicht lernen muss,; angekündigte Proben werden zu Hause nicht erzählt, damit die Mutter nicht mit zusätzlichen Aufgabe nervt; wenn er etwas nicht verstanden hat, fragt er mich nicht von selbst, ob ich es ihm vielleicht noch einmal erklären könnte.

  2. Mein Sohn war bereits ab der ersten Klasse, eher ein Aussenseiter, war was das Sozialverhalten anging extrem unsicher (log oft, klaute von Mitschülern, sah eigene Fehler nicht ein, war extrem verschlossen). Dies besserte sich im Laufe der vierten Klasse stark, hat sich mittlerweile fast komplett gelegt, aber die Pubertät kommt ja noch? Ich sollte erwähnen, dass mein Sohn in diesem Schuljahr Klassensprecher ist (dadurch auch Mitglied in der SMV) ,er freiwilligen Schülerlotsendienst macht, ein zusätzliches freiwilliges Wahlfach Theater belegt hat und zudem privat einmal pro Woche ehrenamtlich in der hiesigen Bücherei mithilft. V.a das Amt eines Klassensprechers wäre vor 2 Schuljahren noch vollkommen undenkbar gewesen.

Jedenfalls sprach uns sein Klassenlehrer (60 Jahre alt und offenbar recht erfahren) nun an, dass mein Sohn erneut ein Kandidat für den Übertritt an die Realschule wäre. Er steht derzeit in Mathe und Deutsch auf einer drei, in Englisch auf einer 2. Er meinte, dass unser Sohn es absolut im Kopf und den Hintergrund hätte, dass ihm zwar manchmal der nötige Ehrgeiz fehle, er es aber trotzdem mit der Realschule versuchen würde. Mein Sohn selbst ist sich noch nicht sicher, was er denn möchte. Sein bester Freund würde auf der Mittelschule bleiben, da er nicht den nötigen Schnitt hat. Mein Sohn fühlt sich auf der Mittlelschule sehr wohl, und hat auch Angst, in einer neuen Klasse vielleicht wieder keinen Anschluss zu finden.

Alle Leistungen, die mein Sohn in diesem Schuljahr erzielt hat, hat er zu 80% selbst und ohne mein zutun erbracht. Ich persönlich hatte mich ja mittlerweile mit der Mittelschule quasi arrangiert, unser Ziel wäre eigentlich der M-Zug gewesen, mit dessen Abschluss man dann ja auch eine mittlere Reife hätte. Auf dem Papier ist dieser der mittleren Reife der Realschule gleichgestellt, aber ich habe jetzt schon so oft gehört und gelesen, dass dies in der Praxis einfach nicht so wäre. Ich muss zugeben, ich bin etwas überrascht, dass mein Sohn auch nach diesem Jahr noch immer auf die Realschule gehen könnte, ich hatte das nicht ehrlich gesagt, nicht erwartet. Ich will aber nun auch nicht,dass sich mein Sohn auf der Realschule recht quälen muss. Ich selbst war auf dem Gymnasium (mehr schlecht als recht), habe mich dort ab der 7. Klasse Jahr für Jahr gequält, und bin jedesmal nur knapp weitergekommen. Daher kenne ich so ein Gefühl.

Ein weiterer Punkt, den ich erwähnen möchte. ist, dass mein Sohn mit 7 eingeschult wurde. Dies würde bedeuten, dass er - wenn er jetzt erneut die fünfte Klasse macht - z. T. zwei Jahre älter ist als seine Mitschüler. Ich frage mich, ob er dann, wenn er die Realschule abschließt, nicht die schlechteren Karten hat, weil er einfach älter ist als Mitbewerber?

Ich bin mir einfach nicht sicher, ob seine Motivation für eine Realschule reicht. Gibt es erfahrungsgemäß einen Punkt, an dem sich der Schalter bei Kindern umlegt, und sie zumindest ein wenig mehr Motivation und freiwillige Leistungsbereitschaft zeigen können?

Ich bin hin und her gerissen.
Hat jemand Erfahrungen?

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

pflaume

Korrektur der Noten
Hallo nochmal,
leider hat sich bei mir auf die Schnelle ein Fehler bzgl. der Noten eingeschlichen. Der Notenstand ist derzeit: Mathe 3, Deutsch 2, Englisch 3. Gefordert ist ja ein Schnitt von 2,5 der Fächer Mathe und Deutsch.

Viele Grüße

  1. Wenn er will,dann kann er.

Das denken viele Eltern. Oft ist aber das Wollen auch nicht so leicht. Soziale Unsicherheit, Probleme mit Eltern und Mitschülern, Ängste, persönliche Probleme jeder Art - es gibt viel, was einen Schüler vom „Wollen“ und vom gewissenhaften Lernen abhält .

Da werden dann „aus Versehen“ Hefte oder

Bücher in der Schule vergessen, damit man nicht lernen muss,;
angekündigte Proben werden zu Hause nicht erzählt, damit die
Mutter nicht mit zusätzlichen Aufgabe nervt; wenn er etwas
nicht verstanden hat, fragt er mich nicht von selbst, ob ich
es ihm vielleicht noch einmal erklären könnte.

Euer Sohn vertraut euch offensichtlich in diesem Bereich nicht. Er empfindet das, was ihr tut, nicht als Hilfe, sondern als nerven - und entzieht sich. Mehr Druck hilft da auf keien Fall.

  1. Mein Sohn war bereits ab der ersten Klasse, eher ein
    Aussenseiter, war was das Sozialverhalten anging extrem
    unsicher (log oft, klaute von Mitschülern, sah eigene Fehler
    nicht ein, war extrem verschlossen).

Da haben wirs. Offensichtlich hatte der Junge Probleme, die ihn davon abhielten, sich 100Prozent auf den Unterricht zu konzentrieren.

Dies besserte sich im

Ich sollte
erwähnen, dass mein Sohn in diesem Schuljahr Klassensprecher
ist (dadurch auch Mitglied in der SMV) ,er freiwilligen
Schülerlotsendienst macht, ein zusätzliches freiwilliges
Wahlfach Theater belegt hat und zudem privat einmal pro Woche
ehrenamtlich in der hiesigen Bücherei mithilft.

Super! Er ist auf einem guten Weg.
Bestärkt euren Sohn in seinem Weg, er macht doch vieles richtig!
Versucht, herauszufinden, was er will, und unterstützt ihn darin.
Vermitelt ihm, dass ihr ihm den Wechsel zutraut, aber auch, dass er seine eigene Entscheidung treffen kann.

Ich bin mir einfach nicht sicher, ob seine Motivation für eine

Realschule reicht.

Ich glaube, es geht hier weniger um fehlende Motivation als um fehlendes Zutrauen zu sich selbst.
Aber so wie euer Sohn sich zur Zeit entwickelt, wird das noch wachsen.

Gibt es erfahrungsgemäß einen Punkt, an dem

sich der Schalter bei Kindern umlegt, und sie zumindest ein
wenig mehr Motivation und freiwillige Leistungsbereitschaft
zeigen können?

Ja, den gibt es nach meiner Erfahrung oft bei jungen Erwachsenen, wenn sie feststellen, dass sie selber für ihr Leben verantwortlich sind und mehr erreichen möchten als mit ihrem bisherigen Schulabschluss möglich.

Durch Druck wird diese Punkt aber nicht erreicht, da treibt ihr euren Sohn eher weiter in den Widerstand.

Also, unterstützt euren tollen Sohn in dem was er tut und vermittelt ihm euer Vertrauen.

Sagt Bixie

Hallo,

ich bin ein Fan von möglichst guter Schulbildung. Wenn ich aber lese, was du über die Entwicklung deines Sohnes schreibst, würde ich (Lehrerin) stark dafür plädieren, ihn auf der Mittelschule zu lassen.

Er hat sich aus eigener Kraft dort einen Status erarbeitet, der ihm Sicherheit und Selbstvertrauen gibt. Beides sind elementare Voraussetzungen für gute Leistungen, denn niemand kann lernen, wenn er Angst hat. Seine eigene Selbstwirksamkeit erleben ist so ziemlich das Beste, was einem unsicheren Menschen passieren kann.

Nachdem er selbst bereits Befürchtungen äußert, sich in eine neue Klasse nicht gut einfügen zu können, sähe ich eine große Gefahr darin, dass diese sich bewahrheiten, zumal die Klasse, in die er käme, bereits seit einem Jahr zusammen ist. Da hat jeder Neue einen schweren Start.

Dort käme erschwerend hinzu, dass nach und nach alle mit dem Pubertieren anfangen. Diese Zeit wird ohnehin anstrengend für deinen Sohn werden, aber sie in vertrauter und sicherer Umgebung zu überstehen, wo er die Leute einschätzen kann, wird um vieles leichter sein, als das in einer neuen Klasse zu tun.

Und: Hätte er Einsen und Zweien in den betreffenden Fächern könnte man das Ganze vielleicht noch anders bewerten. Mit Zweien und Dreien ist es zwar machbar, aber - vor allem angesichts aller weiteren Umstände - nicht ideal.

Auch habt ihr derzeit den häuslichen Druck weitestgehend abbauen können. Die Gefahr, dass dieser bei einem Schulwechsel zurückkehren würde - mit allen negativen Begleiterscheinungen für alle Beteiligten - schätze ich als hoch ein.

Ich würde befürchten, dass ihm der Boden unter den Füßen wegrutscht, den er gerade mühsam erobert hat. Aus diesem Grund halte ich den M-Zug für die weitaus bessere Option.

Schöne Grüße,
Jule

Hallo und schon einmal ein großes Dankeschön an Euch beide für Eure Meinungen.

"zumal die Klasse, in die er käme, bereits seit einem Jahr zusammen ist. Da hat jeder Neue einen schweren Start "

Dazu muss ich anfügen, dass er wieder in eine fünfte Klasse käme, diese Klasse also neu wäre, und bisher noch nicht als solche bestand. So wie es aussieht, würde er mit einem weiteren bisherigen Klassenkameraden zusammen gehen, mit dem er sich auch sehr gut versteht. Mein Sohn hat weniger die Befürchtung, sich einordnen zu können, sondern er weiß einfach aus eigener leidvoller Erfahrung, wie schwer es sein kann, Freunde zu finden, und nun hat er einfach Angst, in einer neuen Klasse vielleicht keine zu finden. Ich denke, dies ist eine „typische Kindersorge“, welche sich aber doch selten bewahrheitet, oder? In seiner jetzigen Klasse hatte er die selbe Sorge, die letztendlich nicht eingetreten ist.

Liebe Grüße

Hallo

Ich würde nach dem, was du schreibst, ihn auch da lassen, wo er jetzt ist. So viel Gewechsel tut oft nicht gut. Lass ihn doch wechseln, wenn er es selber will, und wenn er sich dann anstrengt, die entsprechend guten Zensuren zu bekommen, damit er nicht die Klasse nochmal wiederholen muss. - Oder ist ein späterer Wechsel gar nicht möglich? Und wird die Klasse immer wiederholt, wenn man von der Mittelschule auf Realschule geht?

Ich würde mir lieber Gedanken über die anderen Probleme machen, die da aufgetreten sind.

Viele Grüße

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Hallo,

Und wird die Klasse immer
wiederholt, wenn man von der Mittelschule auf Realschule geht?

Also soweit ich weiß, kann man besserem Schnitt direkt in die 6. Klasse Realschule wechseln, mit diesem eben in die 5. Klasse.

Ich würde mir lieber Gedanken über die anderen Probleme
machen, die da aufgetreten sind.

Das habe ich in den letzten Jahren mehr als genug, glaub mir. Mein Sohn war in entsprechenden Therapien und wenn man ihn jetzt mit damals vergleicht, hat er eine Wendung von mehr als 180 Grad gemacht, man erkennt ihn nicht wieder, so positiv hat er sich verändert. Und dies bestätigten mir auch Lehrer, Eltern und sogar andere Kinder, die ihn erst ausschlossen, mittlerweile mit ihm befreundet sind.

Liebe Grüße

Hallo

Also soweit ich weiß, kann man besserem Schnitt direkt in die 6. Klasse Realschule wechseln, mit diesem eben in die 5. Klasse.

Ach so, aber das ist ja nun schon gelaufen. Kann man nicht noch später auf die Realschule wechseln? Oder einfach später noch einen höheren Abschluss anschließen? Wenn man ein Jahr älter ist als die meisten anderen, das macht wohl nichts, aber zwei Jahre, das ist nicht so ohne. Er ist dann 14, wenn die anderen noch 12 sind. Ich weiß nicht so recht … ich kann mir vorstellen, dass er es dann wirklich besonders schwer hat, Freunde zu finden.

Das habe ich in den letzten Jahren mehr als genug, glaub mir.

Ach so, sorry, das wusste ich nicht.

Mein Sohn war in entsprechenden Therapien …

War wirklich nur der Sohn, und nicht die ganze Familie in entsprechenden Therapien? - Tut nichts zur Sache, interessiert mich nur so.

man erkennt ihn nicht wieder, so positiv hat er sich verändert. Und dies bestätigten mir auch Lehrer, Eltern und sogar andere Kinder, die ihn erst ausschlossen, mittlerweile mit ihm befreundet sind.

Das ist ja klasse. :smile:

Viele Grüße

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Hallo,

er hat sich doch total positiv entwickelt, wie du schreibst. lass ihn doch dann jetzt da wo er sein will.

Ob und wie er dadurch überhaupt nach dem Schulabschluss benachteiligt ist, weiß man doch jetzt noch nicht, zumal er ja nach der Mittleren reife durchaus ja noch weiter machen kann.

lg

Brenna

Hallo,

Ich denke, dies ist eine „typische Kindersorge“, welche sich aber doch selten bewahrheitet, oder? In seiner jetzigen Klasse hatte er die selbe Sorge, die letztendlich nicht eingetreten ist.

Nach meiner Erfahrung bewahrheiten sich solche Sorgen leider recht häufig. Vor allem dann, wenn Schüler bereits mit entsprechenden Ängsten an die Sache herangehen.

Schöne Grüße,
Jule

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