Rechenaufgabe: Erdmagnetfeld + Sonnenwind = Klima

Hallo allerseits,

bevor ich loslege möchte ich zwei Dinge vorausschicken.

Erstens bin ich mir nicht sicher wohin diese Frage überhaupt gehört. Geophysik, Astronomie oder vielleicht doch hierher zum Klima? Sollte ich falsch sein bitte ich einen Moderator den Thread zu verschieben.

Zweitens ist es mir wichtig klarzustellen dass ich kein böser Klimaskeptiker bin. Meine Skepsis beschränkt sich auf den Umstand, dass die gesamte Entwicklung der letzten 50 Jahre einem einzigen Faktor, namentlich dem Kohlendioxid, zugeschrieben wird. 80 ppm mehr CO2 sorgen für Chaos, 50% weniger Regenwald sind hingegen egal. In meinen Augen machen wir es etwas zu einfach, wenn wir uns auf eine Ursache beschränken. Aber um CO2 und Regenwald geht’s mir heute gar nicht.

Vor einigen Wochen habe ich im TV einen interessanten Bericht bezüglich des Erdmagnetfelds gesehen. Leider nur nebenbei, daher kann ich nicht alle Einzelheiten wiedergeben. Die Grundaussage war jedenfalls, dass ein Polsprung kurz bevorsteht und das Erdmagnetfeld in der letzten Jahrzehnten deutlich abgenommen hat.

So weit, so gut. Irgendwann ist’s mir dann gedämmert, da war doch noch was. Die „echten“ Klimaskeptiker haben vor einiger Zeit versucht, die Sonnenaktivität (alleine) für den Klimawandel verantwortlich zu machen. Der Mechanismus ist recht kompliziert, grundsätzlich bedeutet mehr Sonnenwind jedenfalls höhere Temperaturen auf der Erde. Das Modell hat zwar seien Reiz, allerdings den Schönheitsfehler dass der rasante Temperaturanstieg der letzten Jahre nicht mehr durch die Sonnenaktivität zu erklären ist.

Hmmm … was, wenn man beide Faktoren zusammen betrachtet? Die Sonnenaktivität nimmt zwar nicht so stark zu, dafür kommt mehr bis zur Atmosphäre durch. Kann / mag sich irgendjemand die Arbeit antun, das mal überschlagsmäßig durchzurechnen? Mir fehlen leider sowohl das Wissen wie auch die Daten dafür.

Danke schon mal im Voraus, zumindest für’s Durchlesen :smile:

Die „echten“ Klimaskeptiker haben vor einiger
Zeit versucht, die Sonnenaktivität (alleine) für den
Klimawandel verantwortlich zu machen.

Es wäre mir neu, das jemand (der etwas davon versteht) so weit gehen würde. Tatsächlich gibt es Überlegungen, dass die Sonnenaktivität den Klimawandel ausgelöst hat. Andere Klimafaktoren wie beispielsweise der Treibhauseffekt wären aber trotzdem maßgeblich daran beteiligt und würden jetzt sogar dominieren.

Kann / mag sich irgendjemand die
Arbeit antun, das mal überschlagsmäßig durchzurechnen?

Nein. Das ist nicht nur deshalb hoffnungslos, weil der von Dir beschriebene monokausale Effekt (zumindest meines Wissens) von niemandem ernsthaft verteten wird, sondern auch weil wesentliche Komponenten unbekannt sind. So gibt es beispielsweise noch kein brauchbares theoretisches Modell der Wolkenbildung - insbesondere ihrer Abhängigkeit von der kosmischen Strahlung. In die Klimamodelle fließen an dieser Stelle momentan empirische Daten ein, die einen solchen Zusammenhang nicht widergeben können. Ich habe zwar gehört, dass dieses Thema Gegenstand aktueller Forschung ist, aber für belastbare Resultate dürfte es noch zu früh sein. Außerdem wurden mittlerweile auch andere wesentliche Einflussfaktoren für die Wolkenbildung identifiziert (z.B. Aerosole aus Industrieabgasen), die bislang nicht berücksichtigt wurden. Deshalb ist das ganze momentan nur eine begründete Hypothese, die sich noch nicht einmal quantifizieren lässt.

Hallo,

Meine Skepsis beschränkt sich auf den
Umstand, dass die gesamte Entwicklung der letzten 50 Jahre
einem einzigen Faktor, namentlich dem Kohlendioxid,
zugeschrieben wird.

Das macht aber doch gar keiner. Wenn du dir z.B. mal den letzten IPCC-Bericht anschaust, dann sind dort alle bekannten Klimafaktoren berücksichtigt und diskutiert worden, und anderem auch solche Dinge wie Landnutzungsänderungen (z.B. Abholzung der Regenwälder).

Und auch wenn du dir mal ein heutiges Klimamodell anschaust, dann fließen in dieses alle bekannten Klimafaktoren mit ein. Es kann gar keine Rede davon sein, dass sich irgendjemand in der Wissenschaft nur auf das CO2 beschränken würde.

Und auch geforscht wird an allen Fronten, insbesondere an den von dir genannten Kosmischen Strahlen und ihrem möglichen Einfluss auf die Wolkenbildung. Gerade in den Bereichen, in denen noch das unsicherste Wissen vorliegt, wird doch am intensivsten geforscht.

In meinen Augen machen
wir es etwas zu einfach, wenn wir uns auf eine Ursache
beschränken.

Wie gesagt, das macht aber auch niemand in der Klimawissenschaft. Das machen eben höchstens einige der selbsternannten „Klimaskeptiker“, die jedoch, wenn man genauer hinschaut, überhaupt nicht skeptisch sind, sondern völlig unreflektiert einfach alles hochjubeln, solange es nicht CO2 ist. Die Einflussfaktoren auf das Klima sind nunmal vielfältig und komplex, und das ist ja gerade ein Grund, warum heutige Klimamodelle so kompliziert sind, eben weil dort inzwischen soviel berücksichtigt wird.

Aber was man z.B. sowohl aus empirischen Erfahrungen, theoretischen Überlegungen als auch Klimamodellen weiß, ist, dass unterschiedliche Klimafaktoren unterschiedliche „Fingerabdrücke“ haben. Eine Erwärmung z.B. durch Treibhausgase funktioniert eben anders, als z.B. eine Erwärmung über gestiegene Sonnenaktivität oder ähnliches. Eine wesentliche Signatur von Treibhausgasen ist es z.B., dass sich zwar die Troposphäre erwärmt, aber die Stratosphäre abkühlt. Und genau das beobachtet man auch. Gerade diese Signaturen sind es ja, weswegen man sich ziemlich sicher ist, dass die Erwärmung der letzten 40 Jahre vor allem durch die Treibhausgase dominiert war. Diese Behauptung ist ja nicht aus der Luft gegriffen, sondern hat gute Gründe.

So weit, so gut. Irgendwann ist’s mir dann gedämmert, da war
doch noch was. Die „echten“ Klimaskeptiker haben vor einiger
Zeit versucht, die Sonnenaktivität (alleine) für den
Klimawandel verantwortlich zu machen.

Also ein *echter* Klimaskeptiker würde das wohl nicht tun, denn ein skeptischer Mensch wüsste, dass das Klima nicht durch einen Faktor - auch nicht durch die Sonne - allein bestimmt wird. Schon gar nicht, wenn sich im gleichen Zeitraum andere Klimafaktoren wie z.B. die Treibhausgas-Konzentrationen massiv geändert haben.

Hmmm … was, wenn man beide Faktoren zusammen betrachtet? Die
Sonnenaktivität nimmt zwar nicht so stark zu, dafür kommt mehr
bis zur Atmosphäre durch. Kann / mag sich irgendjemand die
Arbeit antun, das mal überschlagsmäßig durchzurechnen?

Das braucht man gar nicht rechnen, denn wir können ja messen, wieviel kosmische Strahlung auf der Erde ankommt. Ob das durch eine geänderte Sonnenaktivität oder durch ein Abnehmen des Magnetfelds verursacht wird, ist den Messinstrumenten ja egal. Und diese Messungen hat man ja schon seit Mitte des 20. Jahrhunderts gemacht. Sie zeigen keinen signifikanten Trend:
http://ulysses.sr.unh.edu/NeutronMonitor/Misc/neutro…

Wie man an den Messdaten sieht, gibt es keinen nennenswerten Trend in der Stärke der kosmischen Strahlung seit 1950. Ich habe mal durch die Rohdaten (die findest du unter obigem Link auch) einfach mal ne lineare Trendlinie durchgelegt:

http://img202.imageshack.us/img202/8375/cosmicrayflu…

Wie du siehst, ist der Trend erstens nur minimal und zweitens sogar abnehmend.

Wie DrStupid schon sagte, gibt es noch kein Modell der Wolkenbildung, welches eine Quantifzierung des Einflusses der kosmischen Strahlen zulässt. Deshalb ist noch nicht mal klar, ob sie einen erwärmenden oder kühlenden Einfluss auf das Klima haben.

vg,
d.

Kosmische Strahlung: Paläodaten
Hallo nochmal,

ein weiterer Punkt, der mir leider bei meiner anderen Antwort nicht einfiel, ist, dass es ja Umpolungen und andere Schwankungen des Erdmagnetfeldes schon oft in der Vergangenheit gegeben hat.

Das letzte größere solche sog. Polatritätsereignis oder Subchron, war das Laschamp-Ereignis vor etwa 40.000 Jahren. Über einen Zeitraum von rund 2000 Jahren war das Magnetfeld damals praktisch nicht existent und kosmische Strahlung konnte mehr oder weniger ungehindert auf die Erde prasseln.

Dies kann man z.B. auch in Eisbohrkernen anhand von Beryillium-10 sehen, welches durch kosmische Strahlung in der Atmosphäre entsteht. Damals gab es daher einen immensen Anstieg der kosmischen Strahlung, und wenn diese ein maßgeblicher Faktor für das Klima wäre, dann müsste man ja zu dieser Zeit auch eine deutliche Änderung der Temperatur sehen. Das tut man aber nicht:

Hier eine Grafik dazu aus Muscheler et al (2005), wo man das gut sieht:

http://img17.imageshack.us/img17/2673/laschampumpolu…

Wenn man sich die Temperatur-Rekonstruktionen ansieht, dann ist während dieser Zeit überhaupt keine erkennbare Änderung des Temperaturverlaufs zu erkennen. Dies ist einer der vielen Hinweise, dass kosmische Strahlung kein so wesentlicher Faktor für das Klima ist, sonst hätte man ja wie gesagt bei solch einem signifikanten Ereignis wie dem Laschamp-Ereignis eine deutliche Temperaturänderung sehen müssen.

Kosmische Strahlung zeigt also nicht nur derzeit keinen Trend, der die aktuelle Erwärmung nicht erklären kann, sie hat das auch an diversen Stellen in der Vergangenheit, wo wir gute Daten über die Kosmische Strahlung und die Temperatur haben, nicht getan. Es mag also zwar sein, dass sie irgendwie einen Einfluss hat, aber es deutet alles darauf hin, dass dieser Einfluss nicht sehr stark ist und auch bei der aktuellen Erwärmung keine deutliche Rolle spielt.

vg,
d.

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Hallo, jas 1978,
bitte sehr (in Bezug aufs Durchlesen :wink: )! Aber im Ernst: Seit der Klimadiskussion (bin Baujahr 1957) befasse ich mich viel mehr mit Klimadaten auf der ganzen Erde, besonders seit ich - seit zwei Jahren - das Internet habe.
Etwas esoterisch finde ich allerdings die These von „Polsprung“. All diese Millionen Jahre sind doch die Erdschollen gewandert, und das lässt einen heute in Grönland versteinerte Palmen finden (an alle: stimmt doch, oder?) Weiters wandert in der Tat auch der magnetische Pol. Aber ein Polsprung? Das hieße doch, dass das nördliche Ende der Erdachse „von heute auf morgen“ z. B. in die Karibik wanderte? Woher das denn?
Gruß
Sepp

Etwas esoterisch finde ich allerdings die These von „Polsprung“.

Das ist keine These. Die wechselden Magnetisierungen diverser eisenhaltiger Gesteine sprechen eine deutliche Sprache. Das Erdmagnetfeld hat sich schon unzählige Male umgepolt. Und weil jetzt statistisch wieder ein Polsprung fällig ist, liegt es auch nahe, die derzeitige Änderung des Erdmagnetfeldes als Beginn einer Umpolung zu interpretieren.

Aber ein
Polsprung? Das hieße doch, dass das nördliche Ende der
Erdachse „von heute auf morgen“ z. B. in die Karibik wanderte?

Du würfelst die magnetischen und geographischen Pole durcheinander. Erstere wechseln beim Polsprung ihre Position und letztere nicht.

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