Moin,
nachdem ich nun einige Tage lang die Drygalla-Geschichte verfolgen konnte (und aufgrund zwangsweiser umfangreicher Freizeit auch durchaus viele Quellen und Kommentare gelesen habe), fühle ich mich doch ein wenig an die McCarthy-Ära erinnert. Wobei dieses Beispiel eigentlich noch viel schlimmer war: Es ging nicht mal mehr um die innere Einstellung des entsprechenden Menschen, es ging um die Einstellung eines Partners, die quasi per allgemeingültiger Vermutung auf diejenige Person übertragen wurde.
Grundrechte und Unschuldsvermutungen scheinen ausser Kraft gesetzt, wenn es gegen Rechts geht. Wenn jemand doch mal in den Kommentaren Zweifel anbringt, wird dieser ebenso schnell in die rechte Ecke gestellt.
„Mein Herr, ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, daß Sie sie äußern dürfen.“ Das wird Voltaire zugeschrieben, ärgerlich genug, dass dieses Zitat in abgewandelter Form bei Google zur NPD führt.
Aber genau darum geht es. Laut schreiend „Nazis raus“ ist sicherlich eine wohlmeinende Symbolpolitik, aber solange nicht dauerhaft inhaltlich dagegen argumentiert wird, sind Diskussionen wie bei Drygalla eher lächerlich. Oder wie es ein Blogger ausdrückte:
„Bei der NAZI-Abwehr ist Drygalla effektiver als der Verfassungsschutz“
http://fdogblog.wordpress.com/2012/08/06/bei-der-naz…
Gerade im Kampf gegen Rechtsextremismus ist es wichtig, dass Regeln eingehalten werden. In dem Augenblick, in dem man deren Rechte unerlaubt einschränkt, verliert man die Möglichkeit, vernünftig dagegen vorzugehen.
Methoden wie die in diesem Artikel genannt:
http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/linksextre…
machen mir Angst, weil sie existierende Gesetze der eigenen moralischen Wahrnehmung unterordnen. In dem Augenblick, in dem das passiert, sind die einen nicht besser als die anderen.
Manchmal denke ich, dass eine rein politisch-inhaltliche Auseinandersetzung, ähnlich wie in einigen anderen europäischen Staaten (als Beispiel sei nur die französische Front National von Le Pen genannt) wesentlich wirkungsvoller wäre als die simple Gleichung Rechts = Böse, die jede inhaltliche Diskussion erstickt.
Gespannt bin ich auf Kurt Krömer:
„Komiker Kurt Krömer will für seine neue Late-Night-Show auch Interviews mit Rechtsextremisten führen. In Einspielfilmen könne der Zuschauer sehen, „wie ich die Dummheit der Leute noch mal unterstreiche“, sagte der 37-Jährige. Das zu erleben, sei zynisch, makaber und Satire. Anschließend wolle er mit Gästen in der Sendung über Nationalsozialismus reden.“
http://www.welt.de/print/welt_kompakt/vermischtes/ar…
Ich halte Gegendemos gegen Nazis für sinnlos, weil sie die Rechten nur zu Märtyrern macht. Inhaltliche Arbeit, Erklärungen und im schlimmsten Fall Missachtung wären m. E. wesentlich sinnvoller.
Wird Zeit, dass ich wieder arbeite, die freie Zeit lässt mich zu viel nachdenken.
Gruß
ALex