Redeverbot im Bundestagswahlkampf

Moin,

politisches Agieren der Mächtigen kann im Wesentlichen aus zwei Schritten bestehen: Erst die ideologische Grundlage für die geplanten Handlungen schaffen, einschließlich deren medialer Verbreitung, und dann die Maßnahmen umsetzen.

Aus meiner Sicht wird diese schlichte Kombination gerade in Nürnberg sichtbar. Erst die Welle der künstlichen Empörung über Gaulands missglückte Begriffswahl, durch die man Gauland in die gewünschte Ecke trieb. Zwar weiß jeder insgeheim, dass er seinen Begriff nicht wortwörtlich meinte und ebenso ist bekannt, dass zum Beispiel Gabriel die Regierung Merkel mal „rückstandsfrei entsorgen“ wollte, ohne dass sich jemand echauffierte. Auch ich habe hier selbst nach Gaulands Rede davon gesprochen, die AfD möge dafür sorgen,

ohne dass sich jemand beklagt hätte. Aber bei der AfD wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen.

Und nun kommen solche Aktionen wie die aus Nürnberg: Daher habe OB Ulrich Maly entschieden, dass Gauland bei der Veranstaltung nicht das Wort ergreifen dürfe.

Besonders pikant: Die AfD kündigt unterdessen an, sich das „nicht bieten“ lassen zu wollen. [Der Bürgermeister, Anmerkung von Nordland] Vogel steht einer möglichen juristischen Klärung nicht gelassen gegenüber. „Wir sind keineswegs siegessicher, falls es so weit kommt.“ Doch die Haltung der Stadt sei klar.

Das heißt auf gut deutsch: Man weiß schon, dass das Redeverbot voraussichtlich rechtswidrig ist. Aber man macht es trotzdem!

Das scheint ein offen gegen die Meinungs- und Parteienfreiheit gerichteter Versuch zu sein, in den Bundestagswahlkampf einzugreifen. Offenbar hält man in Nürnberg wenig von grundgesetzlich garantierten Rechten (im wahrsten Sinne des Wortes).

Frage: Die AfD wird voraussichtlich in den Bundestag und in weitere Landtage einziehen und knappe Mandate und Ämter einnehmen. Wird das diese antidemokratischen Tendenzen eher abbauen oder wird das - was ich befürchte - die antidemokratischen Tendenzen sogar noch verstärken, weil Amtsinhaber um ihre Pfründe bangen?

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Ja, genau.

Hallo,

grundsätzlich gilt zunächst das was man sagst oder schreibst, nicht was man meint. Wer bloß meint, braucht sich nicht zu wundern. Nur unter vier Augen, lässt sich sagen was einem in den Sinn kommt. Das gilt für jeden.

Zu Deiner Eingangsfrage: So lange die Demokratie existiert wird es immer antidemokratische Tendenzen geben. Auch Demokraten sind nicht frei davon antidemokratisch zu denken und zu handeln.

Grüße mki

Das heiist es natürlich nicht. Man ist sich unsicher, ob der Kündigungsgrund vor Gericht zieht oder nicht.

Der Rest ist eben das typische „Zeichen setzen“ eines SPD-Politikers, der sich dafür Applaus beim Stimmvolk erhofft. Er wäre nicht der erste, der von einem Gericht zurückgepfiffen wird. Aber allein schon die Resonanz in der Presse macht sich auf dem Lebenslauf gut. U.U. strebt er ja höhere Ämter an. Als „Widerständskämpfer“ bringt im so eine Aktion Pluspunkte in der Partei; unabhängig von Recht und Gesetz.

Gruß
vdmaster

P.S.: Sollen Stadt und AfD eben vor Gericht gehen. Dann gibt es Klarheit.

:cry:. So wie alle Störer von Auftritten es tun. Da haben sich einige Anhänger der AfD kürzlich auch unschön hervorgetan.

Meinst Du mit Ämtern einige Sitze in Ausschüssen? Die Etablierten werden mit allerlei Trickserein versuchen, dies zu verhindern. Was übrigens in der Anfangsphase auch bei Grünen und PDS versucht wurde. Vor Ablauf von vier Jahren sehe ich wenig Grund, von einer beginnenden Normalisierung im parlamentarischen Miteinander auszugehen.

Es gab ja schon Genöhle als Teile der CDU es kürzlich wagten, einen Antrag der AfD in einem Landtag zu unterstützen. Natürlich vor allem Genöhle von Linkspartei, Grünen und SPD. Nicht nur wegen der Zustimmung zu einem AfD-Antrag, sondern eben auch, weil der sich gegen Linksextreme richtete. Bekanntlich gibt es ja die ein oder andere Schnittstelle zu diesen Leuten in den nöhlenden Parteien (am wenigsten bei der SPD).

Ja - nee - is klar.

Mimimi… die AfD wieder in ihrer Lieblingsrolle, der Opferrolle.

Im übrigen gilt - grobe Klötze, grobe Keile…

Das dachte man bei Hitler auch, daß er seinen Begriff „Judenvernichtung“ nicht wörtlich meint. Später hat er, wie in „Mein Kampf“ beschrieben und auf Versammlungen geschrien, Juden vernichtet.
Damals war die Entsorgung von Menschen nur noch nicht im Wortschatz.

Solltest du das nicht lieber dem Nürnberger OB sagen. Im Prinzip hast du aber gar nicht so unrecht. Zumindest hoffen darf die AfD auf zahlreiche Solidaritätsstimmen.

Hoppla. War da nicht was mit Jesus, gleiches mit gleichem usw.?

Ja. Besser wäre es aber, es nicht ständig so weit kommen zu lassen, dass man vor Gericht gehen muss. Der Jurist spricht in diesem Zusammenhang von rechtsmissbräuchlichem Verhalten.

Hier gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied. Man darf gegen Veranstaltungen protestieren und sich zu Wort melden. AfD-Gegner dürfen dies am Rande dieser Veranstaltungen ebenso tun wie Merkel-Gegner. Wenn aber, wie in Stuttgart, die Veranstaltung an sich blockiert und gestört werden soll, dann ist das Unrecht. Keine AfD-Fan hat je versucht, einen Grünen- oder Linken-Parteitag zu verhindern. Bei der AfD kommt das regelmäßig vor. Deine Gleichsetzung ist also unangebracht.

Ja.

Da bin ich ganz bei Dir.

Allerdings muss man hier zwischen den demokratischen Demonstranten unterscheiden, die entsprechend Abstand hielten, und dem zutiefst undemokratischen Teil.

Rund 400 Demonstranten wurden nach Angaben der Polizei in der Nähe der Stuttgarter Messe in Gewahrsam genommen. Bereits am Morgen hatten Blockaden auf den Zufahrtswegen zum Messegelände in Stuttgart gebrannt.

Vorab: Ich würde dir gerne Gelegenheit geben, deinen „Beitrag“ zurückzunehmen. Falls du dieses Angebot annimmst, kannst du das Folgende als unbeachtlich betrachten. Du wirst es nicht wahrnehmen, was nicht für dich sprechen wird.

Doch, das war alles schon früh angekündigt und nachlesbar. Du hättest es leicht recherchieren können: Adolf Hitler hatte bereits 1919 in einem bestellten Gutachten über den Antisemitismus einen Antisemitismus der Vernunft gefordert und erklärt: „Sein letztes Ziel aber muß unverrückbar die Entfernung der Juden überhaupt sein.“[18] Dass „Entfernen“ für ihn das Ausrotten der Juden bedeutete, zeigte Hitler in einer Rede am 6. April 1920: „Wir wollen keine Gefühlsantisemiten sein, die Pogromstimmung erzeugen wollen, sondern es beseelt uns die unerbittliche Entschlossenheit, das Übel an der Wurzel zu packen und mit Stumpf und Stiel auszurotten. Um unser Ziel zu erreichen, muss uns jedes Mittel recht sein, selbst wenn wir uns mit dem Teufel verbinden müßten.“

Schlimm, dass du den Mythos und die unglaubwürdige Entschuldigung vieler Menschen, die untätig geblieben sind, untermauerst, wonach man „von nichts gewusst“ habe.

Falsch. Mein Kampf wurde 1926 veröffentlicht. Oben habe ich kurz angeführt, dass seine Pläne schon früher vernehmbar waren.

Das ist zwar richtig. Der Begriff soll seit den Siebzigerjahren verwendet worden sein. Aber was soll das in dieser Debatte? Gauland hat eben kein Naziwort verwendet. Der Begriff „entsorgen“ wurde vorher schon von anderen ohne Probleme schon genutzt, siehe zum Beispiel Gabriels Wunsch nach rückstandsfreier Entsorgung der Regierung Merkel. Deine Andeutung, Gauland habe eigentlich einen Nazibegriff verwenden wollen, aber versehentlich einen nazifreien Begriff gewählt, ist schon ein ziemlicher geistiger Tiefflug von dir.

Überdies hat Gauland es eben nicht so gemeint, wie man es auch (!) verwendet, nämlich für Abfallbeseitigung. Warum auch? Es ist doch - ebenso wie „damals“ - alles nachlesbar, was man möchte. Und es ist auch stringent. Gauland und die AfD möchten Zuwanderer, denen es an Identifizierung mit der deutschen Kultur und den westlichen Werten mangelt, lieber zurück in ihrer Heimat sehen als bei uns. Und wenn ich zum Beispiel sehe, wie sich einige (nicht alle) Kurden und Türken bei uns verhalten, dann kann ich dem nur zustimmen. Siehe Videobeispiel unten. Unsere Politik versagt doch vollkommen, weil die alle uneingeschränkt bleiben können. Aus Wut darüber hat Gauland eine etwas härtere Wortwahl gewählt. Grundsätzlich hat er aber recht. Dass das ganze im Rahmen rechtsstaatlicher Verfahren abzulaufen hat, hat von der AfD kein Verantwortlicher bestritten. Die Nazivergleiche sind also an den Haaren herbeigezogen.

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Eben. Da muss man differenzieren. Es werden aber stattdessen alle in einen Topf geworfen.

Und die Stadt Nürnberg hat auch legitime Möglichkeiten, wenn sie aber ausdrücklich illegitime Mittel anwendet, dann müsste man das zur Kenntnis nehmen und nicht so tun, als sei das ein mutiger Schritt gegen einen vermeintlichen Volksverhetzer (dessen abstruse Strafanzeigen gegen ihn eingestellt werden).

Aber genau das müsste erst einmal verbindlich festgestellt werden: ob die angewandten Mittel legal oder nicht sind.

Nicht ganz, eine Behörde (hier: ein städtisches Amt) muss nach Recht und Gesetz handeln und darf nicht einfach Einschränkungen austesten mit dem Verweis, der Betroffene könne ja vor Gericht gehen. Und genau das hat der Vertreter der Stadt Nürnberg ja nicht vertreten, wenn er sagt, man sei nicht siegessicher, mache es aber dennoch, denn die Haltung der Stadt sei klar. Da hat er nicht das Gesetz an seiner Seite, sondern seine Haltung.

Recht und Gesetz sind eben nicht eindeutig. Viele Behörden entscheiden oftmals im Graubereich der Auslegung. Das Argument zieht insoweit nicht.

Hallo,
wie kommst du von:

auf

Wo ist denn da ein logischer Zusammenhang?
Jesus sagte, daß man unter Menschen darauf verzichten solle, Gleiches mit Gleichem zu vergelten,
Als gelernter Zimmermann wußte Jesus von seiner Ausbildung her, daß man grobe Klötze mit groben Keilen bearbeiten müsse.
Wie bringst du dieses Handwerkerwissen mit „gleiches mit gleichem“ (Schreibweise laut: „Ultra_78f7d2“) in Verbindung?
Wo siehst du da denn irgend einen Sinn?

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Möglicherweise indem ich mir bewusst gemacht habe, dass wir hier in einer politischen Diskussion sind, was du offenbar ebenso wie dein Vorredner nicht verinnerlicht hast.

Dieses AfD-Bashing ist schon recht ungewöhnlich. Man tut immer so, als hätten AfD-Wähler einfach nur Angst und als ginge es ihnen nicht um Politik. Selbst aber werden die schlimmsten Szenarien gezeichnet, wenn die AfD in den Bundestag einziehen sollte, reine Angstmacherei also.

Am Ende könnte es zum Beispiel in diesem Fall so sein, dass die Strafanzeige gegen Gauland eingestellt wird. Gleichzeitig könnte die Aktion der Stadt Nürnberg rechtswidrig gewesen sein. Wenn es so kommt, weiß man, wer die Demokratie mit unrechtmäßigen Mitteln unterhöhlt und wer nicht.

Und deswegen ist es wenig überzeugend, Gleiches mit Gleichem vergelten zu wollen. Das kann nach hinten losgehen. Jetzt hast du die Erklärung. Gern geschehen.


In genau solch ein Fettnäpfchen ist übrigens gerade Böhmermann getreten. Er hatte getwittert: „Nur noch 3 Wochen, 21 Tage, bis zum ersten Mal seit Kriegsende wieder die Nazis im deutschen Parlament sitzen. Eine unverzeihliche Schande.“ Kurze Zeit später musste er ein AfD-Mitglied blockieren. Dieses hatte geantwortet, dass mehr als 20 Bundestagsabgeordnete, die nach dem Krieg für die SPD im Bundestag saßen, früher bei der NSDAP Mitglied waren. Und das stimmt:

Ich muss mich korrigieren, es müssen 19 Abgeordnete gewesen sein. Auf jeden Fall Lauch:

Hallo,

Das kannst du dir selbstredend „bewusst“ machen.
Aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass du eine Verbindung herstellen willst, zwischen Dingen, zwischen denen es keine logische Verbindung gibt. Du hast das schon verstanden, dass du dich vergaloppiert hast.
Nun auch noch völlig neue Begriffe wie z.B.: „Fettnäpfchen“ und „Böhmermann“ als Nebelkerzen zu werfen, machst deine unpräzise Erläuterungsweise nur noch klarer erkennbar.

Sind schon hart, diese Polit-Debatten hier bei w-w-w, oder? Ich glaube eher nicht, dass ich mich vergaloppiert habe. Aber netter Versuch, um dir nicht eingestehen zu müssen, dass dein Einwand ins Leere ging.

Und wie zum Beweis lesen wir: Gericht kassiert Auftrittsverbot für AfD in Nürnberg. Gerade Nürnberg versucht also, mit illegitimen Mitteln Meinungen zu unterdrücken. Das mit dem „groben Keil“ hat ja richtig gut funktioniert.

Und der Versuch war nicht legal.

Das Ansbacher Verwaltungsgericht entschied, die Kündigung sei nicht rechtens. Es sei nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erkennen, dass Gauland in Nürnberg Äußerungen abgebe, die die Menschenwürde einzelner Menschen angreife, diese verächtlich mache oder dass er insbesondere Volksverhetzung begehe. Gauland habe zwischenzeitlich öffentlich erklärt, dass er den Begriff „entsorgen“ so nicht mehr verwenden werde, argumentierten die Richter.

Vielleicht lernen es die Zeichensetzer ja noch, dass man seine Amtsmacht neutral ausüben muss. Ist scheinbar eine hohe Verantwortung, die nicht jeder versteht.