Reform in der Schule hilfreich?

Hallo Wolfgang,

Schön muß eine Handschrift nicht unbedingt sein, aber
eindeutig leserlich. Mancher Schüler (auch Student) scheitert
am eigenen Schmierkram und an der Unfähigkeit, ein
DIN-A4-Blatt übersichtlich zu gestalten/aufzuteilen.

Um auf die Grundfrage zurück zu kommen. Wenn die Schüler und Studenten statt Schreibschrift Blockschrift oder besser Normschrift verwenden, wird es dann besser oder schlechter mit der Lesbarkeit?

Gruß
Carlos

Guten Abend!

Klar, die eigene Generation hatte es schwerer, musste mehr
lernen und die Jugend von heute verblödet.

Ja natürlich. Immerhin behaupten dies seit Urzeiten alle Generationen über die Nachrückenden :smile:

Ich glaube kaum ein Erwachsener kann sich noch vorstellen,
welche Herausforderung die heutige Welt an Kinder und
Jugendliche stellt.
Die Herausforderungen sind globaler und vielschichtiger
geworden, nicht die Kinder dümmer.

Herausforderungen sind nicht höher geworden. Sie haben sich nur verändert, wie unsere Lebensbedingungen und unser Umfeld ständiger Veränderung unterliegen. Wir selbst waren und sind Teil der Veränderung, haben sie mitgemacht, mitgeprägt. Seltsamerweise fällt mir im Moment nichts ein, was womöglich schwieriger geworden ist. Vieles ist leichter geworden, andere Dinge nur anders. Manche Information und kleine Hilfe, für die man noch vor 20 Jahren tagelange Mühe investieren mußte, gibts heute via Internet und Suchmaschine. Meyers oder Brockhaus stand nur bei einer Minderheit im Bücherregal, dann zumeist nur irgendwas Einbändiges. Heute hat jeder Zugriff auf Wikipedia und ungezählte Foren.

Doch, es fällt mir etwas ein, was vermutlich schwieriger geworden ist: Die Bewältigung der Informationsfülle, das Filtern von Brauchbarem aus einer Unmenge Müll. Damit verbunden sind höhere Anforderungen an die Kritikfähigkeit.

Die Anforderungen in der Arbeitswelt haben sich verschoben, weg von der körperlich schweren Belastung. Mit schierem Körpereinsatz läßt sich nur noch an wenigen Stellen der Lebensunterhalt sichern.

Mancher Schüler (auch Student) scheitert am eigenen Schmierkram und an :der Unfähigkeit, ein DIN-A4-Blatt übersichtlich zu :gestalten/aufzuteilen.

Provokant gefragt: Wo ist das Problem?

Will ich gerne aus eigener Erfahrung erläutern: Vor einigen Jahren gab ich einem damals knapp 16-Jährigen Nachhilfeunterricht. Seine Chance, die Mittlere Reife zu schaffen, sah gar nicht gut aus. Er hatte vor allen Dingen keine Lust mehr auf Schule. Deutsch, Englisch, Mathe, Physik, alles mangelhaft. Um mich über den Lehrstoff zu informieren, ließ ich mir zuerst seine Schulunterlagen, Scripte und Ordner zeigen. Tja, mit dem zerfledderten Haufen weitgehend unleserlicher Sachen, die sich zum beträchtlichen Teil nicht einmal zeitlich irgendwie einordnen ließen, hätte ich an seiner Stelle auch keine Lust mehr gehabt. Man konnte eine 4 nicht von einer 7, eine 0 nicht von 6 oder 9 unterscheiden, alles die gleichen hingehauenen Haken. Beim Schriftbild ebenso, wirklich nicht zu entziffern. Die Scripte der Lehrer sahen übrigens nicht viel besser aus.

Nachdem ich das alles mit dickem Hals verdaut hatte, ließ ich den jungen Mann leserliches Schreiben üben. Erste Tat auf jedem Blatt war oben rechts das Datum. Beim Lehrstoff scherte ich mich nicht um den aktuellen schulischen Stand, weil es eine einzige Kette aus Lücken war. Alles ganz von vorne, aber mit Forderung und Schmackes, kombiniert mit permanenter Übung im leserlichen Schreiben. Ich kürze ab: Das Ganze dauerte ein halbes Jahr. Der Junge machte keine wirklich gute, aber eine akzeptable Mittlere Reife, fand anschließend eine Lehrstelle, holte die Fachhochschulreife nach und studiert inzwischen. Der Schlüssel lag neben der konzentrierten Aufarbeitung des Schulstoffs (der Junge war in der Schule unterfordert gelangweilt und hatte so den Anschluß verloren) in leserlichen Unterlagen, die man in die Hand nehmen, mit denen man sich beschäftigen mag. Ein Versäumnis muß ich mir dennoch anlasten: Den Schmierfinken, die sich Lehrer nannten, denen Leserlichkeit egal war, die es allesamt nicht fertigbrachten, Schüler z. B. zum Notieren des Datums auf Unterlagen anzuhalten, hätte ich den Hosenboden versohlen sollen.

Wenn ich schneller auf
dem Tablet tippen kann, brauche ich auch nicht die Fähigkeit,
mir leserliche Notizen zu machen.

Viel Spaß bei einer Darstellung aus Text, Skizzen, Kurven und math. Termen. Viel Spaß im beruflichen Alltag.

Man kann auch die These aufstellen, dass die Handschrift
komplett aussterben wird. Wo wäre sie - wenn man in die
Zukunft denkt - unverzichtbar?

Bei Penny an der Kasse, als Taxifahrer (aber nur, wenn es einen Quittungsdrucker im Fahrzeug gibt), ein paar weitere Jobs gibts bestimmt noch. Wenn das denn höchstes Lehrziel an Schulen sein soll - nur zu.

Kalender, Notizen und so weiter
werden jetzt schon immer häufiger auf dem Handy geführt.

Klar geht das. Wir müssen die Kommunikation nur an gängigen SMS-Umfang und deren Niveau anpassen. Endlich verstehe ich, wie es zu mancher Frage aus wenigen Worten mit gefeiltem Stil und vollendeter Rechtschreibung vorzugsweise von Neumitgliedern bei www kommt :smile:

Gruß
Wolfgang

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Hallo,

meine Kinder sind schon mit nur Blockschrift in der Schule aufgewachsen (Berlin).
Hat mich irritiert und ich habe nach wie vor den Eindruck, dass man mit Druckschrift nie so schnell wird, wie mit Schreibschrift. Das ist nat. nur dann ein Problem, wenn man sich selbst schnell per Handschrift Notizen machen muss (z.B. im Studium). Das Ergebniss kann zwar kaum ein anderer Mensch lesen, aber das ist da ja auch nicht nötig.

Und ich könnte mir vorstellen, dass die Schreibschrift die Feinmotorik stärker fördert.

Die Lesbarkeit wird bei Blockschrift für andere etwas besser - frage mich nur, wozu das noch nutzen soll, wo inzwischen jeder einen Computer und Drucker hat und die meisten Pubertierenden schneller tippen als per Hand schreiben können.
Was schreibt man denn überhaupt noch per Hand für andere, abgesehen von ein paar Grußkarten?

Die Jugend ist der Schule mal wieder weit voraus indem sie getippte Kürzel verwendet um schneller zu sein. Ich verstehe die SMS meiner Kinder z.B. bestenfalls zur Hälfte, die Facebooktexte wimmeln auch von Kürzeln - ein Steno für alle unter 40 oder so. Nicht dumm jedenfalls.

Aber Schreibschrift hat Vorteile, wenn man nur Papier, Stift und wenig Zeit hat.

Ich möchte nicht studieren mit nur Blockschrift - aber ich kenns ja auch nicht anders. Wird schon irgendwie gehen.

Gruß, Paran

Es vermeidet
das Üben in Konzentration und Geduld.

Hallo,

das Schreiben in Blockschrift erlernt man nebenbei, wenn man Formulare ausfüllen muss oder beispielsweise in technischen Fächern (Schule/Uni/Beruf) unterwegs ist. Rechnen wird grundsätzlich sowieso in Blockschrift praktiziert.

Das Entfallen des Erlernens der Schreibschrift wird ein Öl in dem Feuer sein, welches wir mittlerweile alle fürchten und kennen (Hudelei, hektisch stammelnde Sätze wie in SMS, fehlerhafte Rechtschreibung, Unkonzentriertheit). Schreibschrift erlernen ist das Üben (mit) einer gewissen Durchgängigkeit und Konstanz. Sich auf Worte als ganzes konzentrieren, den Zusammenhang einzelner Buchstaben in einer Einheit zusammen zu fassen. Es fordert und fördert wechselnde Rhythmen in einen flüssigen runden Stil (Blockschreiben ist „eckig“ im Vgl. zu Schreibschrift) zu bringen.

Was haltet ihr davon?

Nichts.

Schlechte unleserliche Handschriften sind übrigens Folge mangelnder Übung.

Gruß
nasziv

Kompletter Blödsinn.
Es ist wieder einmal ein Ansatz, die Synapsen im Gehirn der Kinder, die letztlich für die Intelligenz verantwortlich sind, an der Bildung zu hindern.
Es ist merkwürdig: Bei Tierversuchen muß eine Ethikkommission eingeschaltet werden, nur bei Kindern sind entsprechende ideologische Versuche frei erlaubt.
Mit dem Ergebnis, daß man hier es durchaus normal findet, wenn jemand in einem kurzen Satz sechs Rechtschreibfehler unterbringt. Vom Übel der durchgehenden Kleinschreibung der Substantive (das sind Hauptwörter) gar nicht erst zu reden.

Hallo!

Hallo,

interessant wäre doch eher, in kunst oder anderen Fächern das
„schönschreiben“ einzuführen, ähnlich der
Kalligraphie…

Hab neulich in steinzeitalten Archivalien eines Gymnasiums in Bayern gekramt und fand für die frühen 1950er Jahre eine wöchentliche Schönschreibstunde in den beiden untersten Klassen nachgewiesen. Gleichzeitig wurde der damals (nach)kriegsbedingte Lehrermangel beklagt; also kann man annehmen, dass diese Schönschreibstunde im Lehrplan vorgeschrieben war.
H.

Auch hallo,

Hab neulich in steinzeitalten Archivalien eines Gymnasiums in Bayern gekramt und fand für die frühen 1950er Jahre eine wöchentliche Schönschreibstunde in den beiden untersten Klassen nachgewiesen.

Das hatte ich auch in den 60-ern noch (Übertritt zum Gymnasium 1963).

Wir durften damals auch noch die „deutsche Schreibschrift“ lernen.
Beides Dinge, die ich als umerzogene Linkshänderin glanzvoll nicht beherrschte.

Gruß, Karin

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Hi,

Jule, das, und von Dir! Ich muss schon zugeben, dass ich enttäuscht bin.

Da wird überall handlungsorientiertes Lernen gepredigt, man soll den Schüler auf mehreren Kanälen ansprechen, und dann wird das Erlernen der Schrift in unsinnige Einzelhandgriffe zerlegt: erst Stift halten, dann Buchstaben formen, dann Füller halten und Kursiv schreiben (noch gleichzeitig) und dann Rechtschreibung…

Ich erspare mir weitere Worter, denn hier ist alles schön herausgearbeitet: http://www.gehirn-und-geist.de/alias/sprache-und-mot…

die Franzi

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