Hi,
Nein, Pfadanalyse im weiteren Sinne (auch unter dem Namen Strukturgleichungsmodelle geführt) ist ein sehr mächtiges Konzept, mit dem man alle linearen Modelle darstellen kann; Regressionsanalysen sind nur ein sehr kleiner Teil. Die Grundidee von Pfadanalysen ist folgende (aus Modellsicht beschrieben, d.h. als würden wir die Welt gerade mit diesem Modell erschaffen): Jeder Knoten (d.h. jede Variable, von der Regressionspfeile aus- oder eingehen) ist eine normalverteilte Variable. Jeder Knoten ohne eingehende Pfeile wird einfach unabhängig gezogen, jeder mit eingehenden Pfeilen wird der Wert der Pfeilursprünge mit den Regressionsgewichten an den Pfeilen multipliziert und aufaddiert, und dann kommt unter Umständen noch eine unabhängige Normalverteilung dazu.
Aus der Sicht von uns mondänen Datensammlern sieht es normalerweise so aus, dass wir einen Datensatz mit ein paar der Variablen haben. Dann suchen wir Parameter des Modelles (also normalerweise die Regressionsgewichte und die Parameter der unabhängigen Verteilungen) so, dass das Modell die höchste Wahrscheinlichkeit hat, unsere Daten zu erzeugen.
Mit diesem Konzept kann man sehr nett viele Sachen darstellen, z.B. klassische 1-variate Regression: der Prädiktor ist ein Knoten, der einen Pfeil auf die vorhergesagte Variable hat, mit dem Regressionsgewicht als Beschriftung.
In Pfadanaylsen kann man recht einfach Variablen hinzufügen; z.B. einen Mediator der Regression. Wir haben eine Ursprungsvariable (sagen wir mal, Hautfarbe) und eine vorhergesagte Variable (z.B. Intelligenz). Eine simple Regressionsanalyse eines Datensatzes, sagen wir, aus dem ländlichen Süden der USA, ein positives Regressionsgewicht vorhersagen, d.h. wir hätten naiv den Eindruck, je dunkler, desto dümmer. Jetzt fügen wir Sozioökonomischen Status (SES) als Mediator hinzu. Unser Pfadmodell ist jetzt ein Dreieck, mit Hautfarbe links mit Pfeilen zu beiden anderen, SES in der Mitte oben mit Pfeil zu IQ, und IQ links mit eingehenden Pfaden von beiden. Jetzt könnten wir finden, dass der Pfeil von Hautfarbe zu SES ein positives Gewicht hat (je dunkler, desto ärmer), und der von SES zu IQ (je ärmer, desto weniger IQ), aber das direkte Gewicht von Hautfarbe zu IQ ist minimal geworden (so dass wir annehmen, dass ist nur Rauschen). Das wäre ein Indiz dafür, dass es in Wirklichkeit die Bildung ist und nicht die Hautfarbe, die unseren Effekt erzeugt hat.
Pfadanalysen in dieser Art haben einige Fallen; z.B. können wir alle Pfeile umdrehen, und wir bekommen immer noch ein gleich guten Fit des Modells, aber natürlich eine gänzlich andere Aussage. Pfadanalysen sind daher nur in den seltensten Fällen ursächlich interpretierbar (soll heißen, wenn mein Pfeil von links nach rechts zeigt, heißt das noch lange nicht, dass die rechte Variable von der linken verursacht wird). Pfadanalysen werden leider oft als Ursachendiagramme Fehlinterpretiert. Für Ursachen-Aussagen braucht man experimentelle Designs oder zumindest zeitliche Abfolgen der Variablen.
Ein zweiter häufiger Fehler ist, Alter als Prädiktor einzusetzen und Regressionsgewichte als Stärken von Entwicklungs- oder Alterungsprozessen zu interpretieren. Das kann ebenso schiefgehen.
Ich hoffe, das hilft Dir erstmal!
Cheers,
Timo