Hallo Paul,
nun weiß ich natürlich, dass es in den
verschiedenen buddhistischen Schulen
Unterschiede gibt. Der Diamantweg z.B.
lehrt, dass ein Erleuchteter, in diesem Fall der
Dalai Lama freiwillig und aus Mitgefühl
wiedergeboren werden, um das Leid
fühlender Wesen zu mindern.
ergänzend zu Pendragon zunächst einmal: die sog. „Wiedergeburt“, die im Buddhismus gelehrt wird, ist etwas völlig anderes ist als das, was sich uninformierte Westler in aller Regel darunter vorstellen. Übrigens auch etwas völlig Anderes als das, was Hindus darunter verstehen. Jedenfalls geht es nicht um Metempsychose/ Transmigration, also eine ‚Seelenwanderung‘, da der Buddhismus (übrigens selbstverständlich auch das sog. Vajrayana oder Diamantfahrzeug) die Existenz einer Seele, eines Atman, Jiva oder sonstigen wie auch immer bezeichneten personalen Wesenskernes bestreitet. Ist übrigens die grundlegende Doktrin des Buddhismus, deswegen gelegentlich auch von Hindus als ‚anatmavada‘ (etwa: ‚Weg derjenigen, die die Existenz einer Seele bestreiten‘) bezeichnet.
Zu diesem Thema findet sich hier im Archiv Einiges zur Vertiefung.
Zum Diamantweg e.V. (Diamant weg und das oben erwähnte Diamant fahrzeug sind durchaus nicht dasselbe): diesem gehören nach eigenen Angaben in Deutschland ca. 5.000 Mitglieder an. Das sind nicht einmal 5% der schätzungsweise 200.000 - 230.000 Buddhisten in Deutschland.
Quantitative Angaben sind hier ohnehin äußerst schwierig, weil die Kriterien einer Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit in den einzelnen Organisation sehr unterschiedlich sind. Übrigens auch das Verständnis davon, was ein Buddhist ist. Gemeinsam ist die Auffassung, dass die Voraussetzung dafür die sog. dreifache Zufluchtnahme (zu Buddha, Dharma und Sangha) ist. In meiner Gemeinschaft beispielsweise nimmt man (wenn überhaupt) nach einer intensiven Vorbereitungszeit von mindestens 2,5 Jahren Zuflucht, und zwar als Laie. Beim Diamantweg e.V. hingegen genügt der Besuch einer ihrer Massenveranstaltungen; am Ende kann man sich dann die Zufluchtnahme beim Referenten ‚abholen‘. Das bringt zwar Masse, aber nicht notwendig Klasse. Wobei ich ausdrücklich hinzufügen will, dass ich einzelne dem Diamantweg e.V. angehörende Buddhisten durchaus - sowohl fachlich aufgrund ihres Wissens als auch aufgrund ernsthaft ausgeübter Praxis - schätze.
Was nun den Dalai Lama angeht, so gilt dieser als Manifestation oder Emanation des transzendenten Bodhisattva Avalokitesvara. Ein Bodhisattva ist im Gegensatz zu einem Buddha nicht in das Nirvana eingegangen. Für einen Buddha gilt das bereits gesagte - er kann per definitionem nicht in irgend einer Weise wiedergeboren werden, da bei ihm sämtliche asrava (Pali asava, karmische ‚Ausflüsse‘) versiegt sind. Diese sind es, die inkarnieren, also ‚Fleisch werden‘. Oder (um den passenden buddhistischen Fachterminus zu verwenden) zu einem punarbhava führen, einem ‚Wieder-Werden‘. Nicht zu einer ‚Wiedergeburt‘ (punarjati), da nichts existiert, was wieder geboren (im biologischen Sinne) wird. Daher ist das anasrava (also das Versiegen der ‚Ausflüsse‘) auch ein Synonym für anuttara samyak sambodhi (‚höchstes, unübertreffbares Erwachen‘) bzw. das Erlangen von Nirvana.
Das ist gemeinsame Lehre aller buddhistischen Schulen (einschließlich Diamantfahrzeug) - ja, sogar ein Kriterium dafür, ob die Lehrvermittlung einer Schule als buddhistisch anzusehen ist.
Auch der Sprecher des Diamantweg sagt zumindest,
dass buddhistische Meister diese Praxis tätigen:
http://www.sein.de/archiv/2010/juli-2010/das-ziel-de…
Ich kenne Holm Ay und schätze ihn persönlich durchaus - aber das, was er da geschrieben hat, ist eine extrem simplifizierende und durchaus zweifelhafte Darstellung der buddhistischen Phowa-Praxis. Wobei Phowa (die sog. „bewusste Wiedergeburt“) keineswegs „Ziel des Buddhismus“ ist; das ist schlicht Kappes. Es handelt sich um eine Praxis (Yoga) von sechs, die speziell auf den buddhistischen Lehrer Naropa zurückgehen. Der lebte im 11. Jahrhundert und da gab es den Buddhismus schon seit über 1.500 Jahren - einmal davon abgesehen, dass Naropa für den Buddhismus Chinas, Koreas und Japans so bedeutungslos ist wie für den Sri Lankas und Südostasiens.
Nebenbemerkung: aus gutem Grund ist es eigentlich eher unüblich, buddhistische Lehrinhalte durch Pressesprecher darlegen zu lassen.
Ist eine „freiwillige“
Wiedergeburt eines Buddha in den anderen Lehren
denn ausgeschlossen?
Nochmals - sie ist in allen buddhistischen Schulrichtungen ausgeschlossen. Sogar in Ole Nydahls Diamantweg e.V.
Freundliche Grüße,
Ralf