Hallo,
Ist es wissenschaftlich korrekt, was dort erläutert wird?
nein, das ist kompletter Bullshit. Das fängt schon mit der grotesken Zuordnung Origenes’ zum „Urchristentum“ an - diese Phase war mit dem Ende der Jerusalemer Gemeinde 70 n.Chr. abgeschlossen.
Ansonsten ist bei dem ganzen namedropping da eigentlich nur ein Name mit einer gewissen Berechtigung dabei - eben Origenes. Dazu ist zunächst einmal zu sagen, dass Origenes eine Präexistenz der Seele vertrat. Da gibt es zwar Berührungspunkte zu Reinkarnationslehren, aber trotzdem ist das bei weitem noch nicht dasselbe. Origenes lehrte Inkarnation, aber nicht Re inkarnation.
Hinzu kommt, dass Origenes’ Spekulationen (die er selbst durchaus auch als solche sieht und nicht als christliche ‚Glaubenswahrheit‘) natürlich nicht auf „urchristlichen“ Lehren beruhen, sondern auf (neu)platonischen. Gemäß Porphyrius soll Origenes Schüler von Ammonios Sakkas gewesen sein, der auch Lehrer Plotins war. In dieser Richtung wird man bei der Suche nach einer Quelle seiner Präexistenzlehre eher fündig als im „Urchristentum“.
Und was genau führte dann dazu, dass diese „Idee“ nicht mehr weiter
geführt wurde?
Das übliche Pfaffengezänk. Für die Verdammung von Origenes’ Präexistenzlehre ist vor allem der Hobbytheologe Justinian verantwortlich, der 543 ein Edikt gegen neun seiner Lehrsätze erließ. Justinian sah sich zu solchen Entscheidungen freilich auch dadurch veranlasst, dass theologische Streitigkeiten in schöner Regelmäßigkeit handgreiflich ausgetragen wurden und immer wieder zu Krawallen und Tumulten führten.
553 fand dann in Konstantinopel das 5. Ökumenische Konzil statt, das sich in erster Linie einer Beilegung des sog. ‚Drei-Kapitel-Streits‘ widmen sollte. Dabei ging es um die Reintegration der Monophysiten in die Kirche, nur am Rande um den Origenismus (die Origenisten waren da übrigens schon in Isochristen und Protoktisten gespalten). Der Papst verweigerte die Teilnahme am Konzil - weil überdeutlich war, dass bei den Konzilsentscheidungen allein Justinian das letzte Wort haben würde. Bei seinem letzten Aufenthalt in Konstantinopel hatte er erfahren müssen, wie „überzeugend“ Justinian seine Positionen vertreten konnte.
Da sich vor allem in Palästina Origenisten mit Sabaiten gewalttätige Auseinandersetzungen lieferten, kam auch das Origenistenproblem wieder auf die Tagesordnung. Die Origenisten waren dort konzentriert, nachdem viele von ihnen von ihren orthodoxen Glaubensbrüdern aus Ägypten vertrieben worden waren. Die origenistischen Proktisten waren mittlerweile mit den Isochristen derart verfeindet, dass sie sich den orthodoxen Sabaiten anschlossen und mit ihnen gemeinsam die origenistischen Isochristen bei Justinian verklagten. Der wiederum schickte der Konzilsversammlung einen Brief mit 15 origenistischen Thesen, die als Häresie verworfen werden sollten (Canones contra Origenem sive Origenistas). Der erste Canon bezog sich auf die Lehre einer Präexistenz der Seelen. Die Konzilsväter waren ihm prompt zu Willen.
Eine Versöhnung mit den Monophysiten - das eigentliche Anliegen des Konzils - gelang nicht. Der Papst und die römische Kirche erkannten im Nachhinein das Konzil an - und damit auch Origenes’ Veurteilung als Häretiker.
Freundliche Grüße,
Ralf