Religion und Liebe nach Scheidung

Hallo,
bitte helft mir ein wenig weiter.

Folgendes Szenario:
Ich bin
seit 19 Jahren verheiratet (nur standesamtlich), habe alle Höhen und
Tiefen der Ehe durchlebt, auch einen Versöhnungsversuch vor ca. 8
Jahren, nachdem ich mich trennen wollte.
Nun ist es soweit, daß ich mich endgültig trennen möchte von meinem Mann und bereits in den Trennungsvorbereitungen stehe, denn es geht einfach nichts mehr.

  1. Wie sieht die Kirche die Trennung und wie steht es mit der standesamtlichen Ehe? Bin ich eine Sünderin?
  2. Was ist, wenn ich mich neu verliebe? Wie sieht die Religion oder Kirche das neue Verhältnis? Dürfte ich das überhaupt?
  3. Kann der Mann sich mit mir einlassen, oder wäre er dann ein Sünder, dem sein ewiges Leben aberkannt wird, weil er der Versuchung nachgegeben hat usw… Muß ein Mann die Beziehung zu mir vermeiden? Ist es so daß ich dann eine Versuchung für ihn darstelle, der es zu widerstehen gilt?
    Ich fände es toll, wenn ihr mir dazu schreiben könntet, vor allem in Bezug auf die neue Beziehung interessiert mich dir religiöse Sichtweise.
    Vielen
    Dank
    LG
    Petra

Bei welchem Kult/welcher Religion/welcher Kirche?
owT

das Geläufigste: evangelisch/katholisch :smile:
sorry, hab ich vergessen zu erwähnen.
Gruß
Petra

Hier anfangen
http://de.wikipedia.org/wiki/Scheidung#Die_Position_…

… und wie immer die Empfehlung den Querverweisen zu folgen.

Dass die Positionen evan./kath. ein bisschen verschieden sind, ist dir schon klar.

Gruß

Stefan

Hallo Petra,

ist dein Gott so kleinkariert?

Ist er nicht ein Gott der Liebe und der Vergebung? Hat sich nicht Jesus vor die Ehebrecherin gestellt?

Willst du den Ansprüchen Gottes genügen oder den Ansprüchen der Kirche?

Wenn Gott dich geschaffen hat, wenn du sein Kind bist, dann kennt er auch deine Schwächen.
Dann weiß er auch wie schwer dir dieser Schritt gefallen ist.

Liebt man sein Kind weniger weil es Schwächen hat? Weil es manchmal gegen Gebote verstößt? Weil es einen Partner hatte mit dem die Einhaltung der Gebote nicht möglich war? Weil es sich auch mal unsicher ist und irrt?

Welcher Vater wäre so zu seinem Kind?

Eines sei noch gesagt:

Es bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung - diese drei,
aber die Liebe ist die größte unter Ihnen.

Viele Grüße, Yvisa

seit 19 Jahren verheiratet (nur standesamtlich),

Die schlechte Nachricht: nach konservativem kirchlichem Verständnis warst du gar nicht verheiratet, sondern hast in Sünde gelebt.
Die gute Nachricht: damit steht einer neuerlichen Verbindung kirchlich gesehen nichts im Weg.

Sangoma

Die gute Nachricht: damit steht einer neuerlichen Verbindung
kirchlich gesehen nichts im Weg.

Vielen Dank, Sangoma.
Gilt das denn auch für den Mann, der mich liebt? Gibt es für ihn auch keinerlei kirchliche Bedenken?
Gruß
Petra

Sorry, aber das ist schlicht und ergreifend falsch. Nach katholischem Recht handelt es sich zwar nicht um eine sakramentale, jedoch um eine sog. natürliche Ehe. Die vom Prinzip her ebenfalls unauflöslich ist. Die Annullierung ist lediglich etwas einfacher als bei einer sakramentalen Ehe. Annullierung ist keine Auflösung, sondern eine Nichtigkeitserklärung - d.h. ein kirchlicher Rechtsentscheid, dass die Eheschließung nach kirchlichem Verständnis ungültig war und die Ehe daher nicht bestanden hat. Einen solchen Entscheid muss man aber beantragen und hinreichend begründen - bis zum Entscheid wird auch eine nur standesamtlich geschlossene Ehe (auch, wenn sie geschieden ist) als absolutes Ehehindernis für eine kirchliche Eheschließung angesehen.

Freundliche Grüße,
Ralf

1 Like

Hallo Petra,

seit 19 Jahren verheiratet (nur standesamtlich),
.
daß ich mich endgültig trennen möchte von

  1. Wie sieht die Kirche die Trennung
    usw.

um Dir eventuell einen „Rat“ (eine Richtung) geben zu können fehlen
folgende Angaben:
Bist Du katholisch ? (ich vermute - aber weiß es nicht)
Welche Religion (Konfession) hat Dein (noch) Mann ?
Was für eine Ehe wollten Du und Dein Mann vor 19 Jahren eingehen
und wie sieht Dein Mann eure heutige Ehe?
(eine schwierige aber doch wichtige Frage)
Ist Dein eventueller zukünft. (Ehe-)Partner katholisch ?(geschieden?)
Welche Kriterien sind für Dich maßgebend :
Die Botschaft von Jesus ?
Das kath.(evang.) Kirchenrecht ?
Dein Gewissen ? Das Gewissen Deines zukünft.Partners ?
Auch wenn ich dies alles weiß (wenn Du bereit bist dies mir zu sagen

  • ohne geht nix) ist nur eine abwägende Entscheidungshilfe möglich

vor allem in Bezug auf die neue Beziehung interessiert mich die
religiöse Sichtweise.

Ich werde eine Antwort versuchen.(eventuell auch über E-Mail, wenn
Du dies nicht hier im Forum möchtest)
Genau auch wegen dem Letzteren meine obigen Fragen.
Gruß VIKTOR

Hi Petra,
wie soeben schon geschrieben ist Sangomas Antwort leider falsch, auch wenn sie Deinen Wünschen möglicherweise am meisten entgegenkommt. Ansonsten solltest Du Dich schon bei Deiner Frage auf eine bestimmte Konfession festlegen - das katholische Verständnis der Ehe unterscheidet sich nämlich ziemlich vom evangelischen. Stichwort Sakrament.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Viktor,

Bist Du katholisch ?

ich war katholisch, bin aber nicht sehr religiös erzogen.

Welche Religion (Konfession) hat Dein (noch) Mann ?

  • evangelisch

Was für eine Ehe wollten Du und Dein Mann vor 19 Jahren
eingehen

er ist nicht sehr religiös. Weiß nicht genau, was er wollte. Ich wollte eine „normale“ Ehe und ging davon aus, daß wir in dieser Hinsicht wie alle anderen sind.

und wie sieht Dein Mann eure heutige Ehe?

Ich weiß es nicht. Er liebt mich nicht. Er plant mich nur mit ein als Werkzeug für seine Zwecke.

Ist Dein eventueller zukünft. (Ehe-)Partner katholisch
?(geschieden?)

Mein eventuell zukünftiger Partner ist erst mal nur da, er ist evangelisch und hat nie geheiratet, bewußt diese Entscheidung getroffen. Er hat ein großes Problem damit, daß ich (noch) verheiratet bin bzw. geschieden sein werde (das geht eben nicht vor Gott) - wir haben uns vor ca 1 1/2 Jahren kennen gelernt und hätten nie gedacht, daß sich unsere Freundschaft zu einer solchen Liebe entwickeln würde. Er war derjenige, der sich in mich verliebte und sieht mich als Versuchung, kann mit der Situation nicht recht umgehen. Es ist auch bisher wirklich nur eine tiefe Zuneigung, große Liebe, in allem halten wir uns aus besagtem Grund stark zurück.

Welche Kriterien sind für Dich maßgebend :

Dein Gewissen ? Das Gewissen Deines zukünft.Partners ?

Ja, das finde ich maßgebend. Ich selbst lebe meinen eigenen Glauben und habe meine eigene Vorstellung von Gott. Denke, daß mir keine menschliche Institution vorschreiben bzw. vorgeben kann, wie ich meinen Glauben lebe.
Mir ist vor allem sehr wichtig, daß er sich auf unsere Beziehung einlassen kann, ohne von seinen Überzeugungen abzuweichen. Daher suchen wir nach einer Lösung, mit der wir beide leben können und bei der auch unsere Beziehung irgendwann mal ausgelebt werden kann…

vor allem in Bezug auf die neue Beziehung interessiert mich die
religiöse Sichtweise.

Hoffe, die Schilderung hilft dir weiter - sonst frag bitte nochmal nach.

Ich werde eine Antwort versuchen.(eventuell auch über E-Mail,
wenn Du dies nicht hier im Forum möchtest)

Ich wäre dir sehr dankbar für einen guten Rat, habe derzeit keine Probleme mit dem Forum - es sei denn, die Sache würde zu intim, was ich aber vorerst nicht annehme.

Gruß VIKTOR

Danke schon mal.
Liebe Grüße
Petra

Hallo Petra,

Bist Du katholisch ?

ich war katholisch, bin aber nicht sehr religiös erzogen.

Welche Religion (Konfession) hat Dein (noch) Mann ?

  • evangelisch

Was für eine Ehe wollten Du und Dein Mann vor 19 Jahren
eingehen

er ist nicht sehr religiös. Weiß nicht genau, was er wollte.
Ich wollte eine „normale“ Ehe und ging davon aus, daß wir in
dieser Hinsicht wie alle anderen sind.

da Du Dich offensichtlich nicht am kath.Kirchenrecht orientierst
bzw. orientieren möchtest für Deine Entscheidung (s. auch
Deine Aussage dazu weiter unten)ist diese Frage von Dir:
1. Wie sieht die Kirche die Trennung und wie steht es mit der
standesamtlichen Ehe? Bin ich eine Sünderin?

eigentlich nicht gefragt, nicht relevant,eine Antwort darauf
also also nicht hilfreich, überflüssig.
Ralf ist da aber schon sehr richtig eingestiegen.
Wenn beide Partner eine „richtige Ehe“ im Sinne der Kirche
(das ist wohl so meist gegeben - Liebe, Vertrauen, Beständigkeit,
Kinder nicht ausgeschlossen - auch wenn die Partner nicht einer
Kirche angehören oder eingebunden fühlen) wollten und sich in diesem
Sinne ein öffentliches Versprechen gegeben haben ist nach heutiger
Sicht der kath. Kirche eine solche Ehe erst mal gültig, sakramental,
unauflöslich.
Die Frage nach Deinem Gewissen hast Du mal etwas beiseite
geschoben, sie Deinem (zukünftigen) Partner zugedacht.
Ich glaube Dir nicht - doch dies ist hier nicht relevant.
Ich kann also, nach Deiner bisherigen Einlassungen, davon ausgehen
daß kirchenrechtliche Fragen Dich nicht belasten - obwohl -
Du fragst „bin ich dann eine Sünderin“.
Auch was Jesus in seiner Botschaft dazu sagt ist wohl von Dir schon
interpretiert, also erledigt - oder ?
Nicht verständlich ist - und ich geh davon aus daß auch diejenigen
welche sich Deines Problems hier ernsthaft annehmen(ich sehe nur Ralf)
dies auch so sehen - was Dein Freund da „belastet“.
Er ist evangelisch,sieht die Ehe „von Haus aus“ nicht sakramental,ist
nicht verheiratet - und hat doch Probleme mit Dir eine Partnerschaft,
eine Liebe einzugehen.Du forcierst hier sein Gewissen.
Das passt nicht.
Ist es nicht so, daß er Deinen Gewissenskonflikt sieht ?
Möchte er nicht, daß Du Dich sündig fühlst und damit Eure Liebe
belastet wird ?
Oder steht er mit seiner Überzeugung der kath. Eheauffassung
nahe - entgegen Deiner eigenen - und möchte nicht mit einem Konflikt
leben, weil er Deine Ehe für sakramental gültig und damit
für unauflöslich hält und auch keinen Grund für eine Nichtigkeit
Deiner Ehe erkennen kann. (was der einzige Grund wäre das „Gewissen“
zu beruhigen !!)

Er hat ein großes Problem damit, daß
ich (noch) verheiratet bin bzw. geschieden sein werde (das
geht eben nicht vor Gott)

Welche Kriterien sind für Dich maßgebend :
Dein Gewissen ? Das Gewissen Deines zukünft.Partners ?

Ja, das finde ich maßgebend. Ich selbst lebe meinen eigenen
Glauben und habe meine eigene Vorstellung von Gott. Denke, daß
mir keine menschliche Institution vorschreiben bzw. vorgeben
kann, wie ich meinen Glauben lebe.

Ich lasse diese Zitate nur stehen, damit ein Leser meines Betrages
hier meine Einlassungen zu Deine Aussagen verstehen kann.

Mir ist vor allem sehr wichtig, daß er sich auf unsere
Beziehung einlassen kann, ohne von seinen Überzeugungen
abzuweichen.

So geht das nicht.
Ihr müßt erst herausfinden, welche religiösen Überzeugungen ihr
wirklich habt - er wie auch Du.
Ihr seid Euch wichtig.
Ob es doch eine kirchenrechtliche (scheint doch ein Problem für Dich
zu sein) Lösung für Euch gibt solltet ihr mit einem guten kath. oder
evang.Pfarrer bzw. Theologen besprechen.
Daß Dein bisherige Ehe nicht mehr als solche gelebt werden kann
ist wohl offensichtlich.
Was Jesus dazu gesagt (oder besser im Sinne seiner Botschaft gemeint)
hat, sollte wohl auch ergründet werden - es berührt Euch wohl beide
wie dies belegt:

vor allem in Bezug auf die neue Beziehung interessiert mich die
religiöse Sichtweise.

Mit meiner religiösen Sicht möchte ich mich erst mal zurück halten.
Wenn Du weiter „Gedanken“ zu meiner Einlassung hast, bin ich gerne
bereit, darauf einzugehen.
Gruß VIKTOR

Hallo Petra,
was jetzt noch nicht so deutlich erwähnt wurde:

Für die evangelische Kirche ist eine Ehe eine „bürgerliche“ Geschichte, kein „Sakrament“, sie kann und muss daher nicht von der Kirche selbst aufgelöst/annuliert werden wie bei der katholischen Kirche, sondern rein rechtlich geschieden werden. Die evangelische Kirche „erkennt an, dass Ehen scheitern können“. Eigentlich sollte dein neuer Partner das also locker sehen können. Ein Problem besteht nur dann, wenn das Scheitern auf Basis eines Ehebruchs liegt, dann ist ein evangelischer Pfarrer auch gehalten, keine neue Ehe dieser beiden so zusammengekommenen Partner zu segnen. Das müsst ihr natürlich selbst wissen…
Wie an anderer Stelle schon gesagt, liegt das eigentliche Problem aber nicht in der Institution Kirche, sondern bei euch und eurem Gewissen.

Gruß eiawell

Hallo Ralf,
mich interessiert auch deine Meinung. Ich selbst bin ohne Religion und lebe meine Überzeugung und meinen Glauben so,wie ich denke, daß ich es vor Gott verantworten kann. Ich war mal katholisch und konnte mich mit sehr vielen katholischen Einstellungen überhaupt nicht identifizieren.
Der Mann, um den es geht ist (wie übrigens erstaunlicherweise die meisten meiner Freunde) evangelisch.
Mir geht es darum auch in erster Linie um die evangelische Denkweise. Wenn ich irgendwo das Gefühl habe, dazu gehören zu können, dann dort.
Gruß
Petra

Hallo Petra,

mich interessiert auch deine Meinung.

nimm es mir nicht übel - aber meine persönliche Meinung würde ich hier lieber aus dem Spiel lassen. Die würde Dir bei Deinem Problem auch nicht weiterhelfen, da ich selbst kein Christ bin.

Ich denke, da „der Mann, um den es geht“ evangelisch ist und du selbst bei einer grundsätzlich christlichen Orientierung keiner bestimmten Konfession zuneigst (allenfalls der evangelischen) ist es sinnvoll, das Problem vom evangelischen Standpunkt aus zu betrachten. Das macht die ganze Sache auch deutlich einfacher. Wie schon erwähnt, ist das evangelische Eheverständnis (anders als das katholische) nicht-sakramental. Einfacher, in Luthers Worten ausgedrückt: die Ehe ist ein „weltlich Ding“.

Es ist auf dieser Grundlage so, dass zumindest die der EKD angeschlossenen evangelischen Landeskirchen Deutschlands keine Vorbehalte gegen eine erneute Eheschließung nach einer Scheidung haben und auch die kirchliche Trauung (die theologisch gesehen allerdings einen deutlich anderen Charakter hat als in der katholischen Kirche) nicht verweigern.

Das Problem bei Dir scheint mir nun zu sein, dass der Mann, in den Du Dich verliebt hast, da deutlich größere Skrupel hat als die Kirche, der er angehört. Eigentlich ist er es, mit dem man da diskutieren müsste, nicht Du. Aber möglicherweise kannst Du ihm Hinweise geben, wie er mit seinen Zweifeln umgehen sollte, um sie ggf. zu bereinigen.

Zunächst - die evangelischen Kirchen berufen sich in ihrer Haltung zur Ehescheidung grundsätzlich auf Matthäus 5,32 und 1. Korinther 7,15. In Matthäus 5,32 (und 19,9) legitimiert Jesus ausdrücklich eheliche Untreue (der Frau, versteht sich) als Scheidungsgrund - allerdings als einzigen. Außerdem bezeichnet er die Verehelichung mit einer geschiedenen Frau als Ehebruch. Letzteres ist allerdings unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass nur Männer die Möglichkeit der Scheidung hatten (ihrer Frau gemäß mosaischem Gesetz einen Scheidebrief zu geben). Im Sinne der Gleichberechtigung kann also davon ausgegangen werden, dass Jesus die Ausnahme, die er Männern einräumt (sich wegen Untreue der Frau scheiden zu lassen) auch Frauen bei Untreue des Mannes zugestanden hätte, wenn denn diese Möglichkeit (so wie heute) bestanden hätte. Eine in diesem Sinn ‚schuldlos‘ geschiedene Frau würde dann (wie umgekehrt der Mann) auch mit einer neuen Verehelichung keinen Ehebruch begehen. Wichtig ist jedenfalls, dass Jesus die Ehescheidung nicht absolut untersagt hat.

Im ersten Korintherbrief 7,15 lässt Paulus eindeutig die Ehescheidung zu, wenn einer der Ehepartner „ungläubig“ ist - vorausgesetzt, der Wille zur Scheidung geht von dem ungläubigen Partner aus. Wie man sieht, ist hier die Einstellung zur Scheidung schon etwas anders als im Matthäusevangelium. Es gibt eine nun weitere Ausnahme - und das hängt mit anderen ‚weltlichen‘ Bedingungen zusammen. Jesus sprach zu jüdischen Männern - Paulus schreibt einer christlichen Gemeinde, in der etliche Christen mit Nicht-Christen verheiratet sind. Paulus selbst gibt also mit seinem Korintherbrief ein Beipiel für eine Anpassung des grundsätzlichen Scheidungsverbots an andere gesellschaftliche Bedingungen.

Um auf Dein persönliches Problem bzw. das Deines Freundes zurückzukommen - da hängt nun viel davon ab, ob er gewillt ist, sich streng an den Wortlaut der Bibel zu halten oder ob er bereit ist einzuräumen, dass das durch Jesus und Paulus geforderte Verhalten auch auf bestimmte gesellschaftliche Bedingungen bezogen ist, die nun mal auch einem Wandel unterliegen. Die evangelische Kirche jedenfalls tut dies - sie billigt zwar grundsätzlich eine Ehescheidung nicht, betrachtet aber eine Wiederverheiratung nach Scheidung auch nicht als Ehebruch. Auch, wenn die Scheidung nicht wegen ehelicher Untreue erfolgte.

Dieser Umgang der evangelischen Kirche mit der Ehescheidung als theologischem Problem geht auf Martin Luther zurück, der sich speziell mit der Ehescheidung in zwei Schriften ausführlich beschäftigt hat: 1522 in „Predigt vom ehelichen Leben“ und 1530 „Von Ehesachen“ - jeweils im 2. Teil der Abhandlung. Ich würde sie Deinem Freund zur Lektüre empfehlen.

Ich beschränke mich hier mal auf die erste Abhandlung. Luther nennt drei legitime Scheidungsgründe („Drei Ursachen weiß ich, die Mann und Weib scheiden“). Da ist zunächst die „Untüchtigkeit zur Ehe“ - d.h. die körperliche Unfähigkeit, die Ehe zu vollziehen. Zweitens der Ehebruch - wobei nebenbei bemerkt Luther die Hinrichtung des schuldigen Teils für eine angemessene weltliche Strafe hält. Drittens schließlich, „wenn sich eins dem andern selbst beraubt und entzeucht [entzieht], dass es die eheliche Pflicht nicht zahlen, noch bei ihm sein“ will. Wenn Dein Freund schon nicht die aktuelle Haltung der evangelischen Kirche als maßgeblich akzeptieren möchte, jedoch wenigstens Luther als Autorität anerkennt, so sollte er sich mit diesem ‚dritten Grund‘ beschäftigen und prüfen, ob er auf den ‚Fall‘ Deiner Ehe anwendbar ist. Wenn er freilich ein Bibel-Fundamentalist ist, sehe ich schwarz für eine gemeinsame Zukunft - wobei ich mir dann doch nicht die persönliche Bemerkung verkneifen möchte, dass dann für Dich wohl auch besser so ist.

Dass bei Scheidungen aus einem der drei von Luther genannten Gründen nach seiner Auffassung eine Wiederverehelichung absolut akzeptabel ist, geht übrigens insbesondere aus dem Schluss des Abschnitts über die Ehescheidung hervor: „über diesen drei ursachen ist noch eine, die Mann und Weib lässt scheiden“. Bei dieser ist allerdings Wiederverheiratung ausgeschlossen, deswegen gehe ich hier nicht näher darauf ein.

Freundliche Grüße und viel Glück für Deine / Eure Zukunft,
Ralf

Details…
Hallo Viktor,
vielen Dank, daß du dir die Mühe machst.
Nun muß ich aber doch etwas weiter ausholen und dir genaueres zu der Sache erzählen.
Es stimmt, daß ich persönlich meinen eigenen Weg gefunden habe, mit Glaube und Religion zu leben. Der Mann, den ich liebe ist sehr religiös und hat durch die Religion seinen Weg gefunden. Für ihn besteht das Ziel des Lebens auf der Erde darin, sich auf das Leben nach dem Tod vorzubereiten, höhere Ziele, die wir Menschen mit unserem kleinen Verstand gar nicht ermessen können.
Sich zu verlieben, das war wohl nicht (mehr) geplant, daher sieht er es als Versuchung an und ich kann das nachvollziehen. Bei aller Liebe: Er sieht in mir die (noch) verheiratete Frau, die möglicherweise als gelangweilte Ehefrau ein kleines Abenteuer sucht. Woher will er wissen, wie die Dinge sich entwicklen. Immerhin könnte ich jederzeit sagen, daß ich nun doch bei meinem Mann bleibe, während er das Nachsehen hätte. Es ist also auch an mir, ihn davon zu überzeugen, daß ich meine und durchziehe, was ich sage.
Da ich aber ohne Religion bin, weiß er vllt nicht, wie ernst ich die Sache mit dem Glauben und Gott tatsächlich nehme. Würden wir jetzt eine Beziehung eingehen, wäre er derjenige, der sich wissentlich zum Mittäter und Sünder macht - er verstößt gegen seine Prinzipien, ist einer Versuchung erlegen und hat mich zur Ehebrecherin gemacht, „seines Nächsten Weib begehrt“ und … sich mit ihr amüsiert. Er bremst sich also, sonst stünde er vor einem Scherbenhaufen seiner Prinzipien, würde sich als schwacher Sünder fühlen.
Aber da er auch glaubt, daß er mit mir glücklich werden könnte und da alles für unsere Beziehung spricht, müssen wir doch beide dafür sorgen, daß die Veränderungen in unserem Leben mit unseren Überzeugungen vereinbar sind.
Mir fällt das nicht so schwer, denn ich war immerhin jahrelang (!) damit konfrontiert, daß ich ein Eheversprechen gegeben habe und es unbedingt einhalten wollte. Die Erkenntnis, daß ich mißbraucht wurde und daß mein Mann sich in vielen Dingen nicht an seine (ehelichen) Pflichten geahlten hat, tat erst mal sehr weh und hat mich geschockt. Es hat lange gedauert, bis ich begriffen habe, daß ich da sozusagen „ungeschoren“ wieder raus komme, weil er elementare Voraussetzungen für eine Ehe nie erfüllt hat. Aus der Ehe herauszukommen und trotzdem noch vor Gott anerkannt zu werden, ist die eine Sache. Hinzu kommen aber eben seine Einstellungen zu verheirateten bzw. geschiedenen Frauen. Teils ist es Überzeugungsarbeit, teils aber ist es die entscheidende Frage: Läßt die Kirche eine solche Beziehung zu, ohne daß ein überzeugter religiöser Mensch dabei in Sünde verfällt. Es liegt mir verständlicherweise am Herzen, daß wir beide nicht ständig im Konflikt mit uns selbst leben, daß er sich nicht mies fühlt, weil er mich liebt oder begehrt… Wir beide wollen „guten Gewissens“ eine Beziehung miteinander eingehen.
Ich hoffe, daß ich die Standpunkte so halbwegs verständlich machen konnte und danke dir bzw. auch allen anderen für jeden hilfreichen, unterstützenden Hinweis, aber auch für jede kritische Anmerkung…
Grüße
Petra

Ganz herzlichen Dank, Ralf, für deine ausführliche Stellungnahme. Ich denke, daß mir/uns das doch entscheidend weiter helfen kann.
Ganz liebe Grüße zurück
Petra

Hallo Ralf,
Anerkenntnis für Deine guten „sachlichen“ Darlegungen.
Es geht jedoch hier nicht darum, sein „Gewissen“ an Vorschriften
oder Auslegungen von Luther oder sonstwen fest zu machen.
Es stört mich auch Dein „Rat“ - um es salopp auszudrücken -
sich eben eine Konfession aus zu suchen, welche genehm ist,den
persönlichen Wünschen des „Lebenstils“ am meisten entspricht.
Hier fehlt Dir leider als Atheist(ich hatte dies in anderen
Diskussionen mit Dir schon angesprochen) das Involviert-Sein in
einen Gottesglauben, einer Religion - also ein gewisses „spirituelles“
Gefühl für Verantwortung gegenüber einer „höheren Macht“.
Wenn der Wille da ist, sich an der Botschaft von Jesus (Gott)
auszurichten in seinem Handeln, das Gewissen sich dorthin orientiert,
dann sind Deine Ratschläge letztendlich einfach nicht hilfreich,sind
daneben, auch wenn ich manches was Du ausführst bejahen kann.
Gruß VIKTOR

Hallo Petra,

ist es die entscheidende
Frage: Läßt die Kirche eine solche Beziehung zu, ohne daß ein
überzeugter religiöser Mensch dabei in Sünde verfällt.

hier kommt bei mir wieder leises Unverständnis auf.
Welche Kirche meinst Du ?
Die katholische Kirche kann es bei ihm (Dir?) nicht sein.
Die evangelische Kirche läßt keinen „in Sünde verfallen“, welcher
geschieden wieder heiratet bzw. logischerweise eine(n)Geschiedene(n)
heiratet.
Welche „Überzeugung“ liegt hier vor ?
Eine „konfessionsübergreifende“ Überzeugung könnte ich mir nur
vorstellen, wenn man sich an der Botschaft von Jesus orientiert.
Die „wörtlichen“ Aussagen von Jesus sind (auch) etwa:
„Wer eine(n) Geschiedene(n) heiratet, bricht die Ehe“
Und:
„Ehebrecher können nicht in das Reich eingehen“.
Und trotzdem - die Botschaft ist mehr als dies.
Ist es so, daß Dein Freund seine religiösen Überzeugungen zuerst
aus dem NT, der Botschaft Jesu bezieht ?
Wenn ja - recht hat er.
Du, der sich doch etwas von der christl. Religion entfernt hat, bist
bestimmt nicht in der Lage ihn von seinem (Gewissens-)Standpunkt
ab zu bringen, da fehlt Dir die vielleicht die „Wahrheit“ !
(scheint etwas schwülstig formuliert, aber ich weiß genau was ich
sage)
Ich hatte in meinem ersten Beitrag gesagt, daß ich Dir(Euch) eventuell
eine Richtung vorgeben kann - falsch - helfen kann eine Richtung
zu finden.
Dies passt aber nun wirklich nicht mehr ins Forum.
Wenn Du möchtest kann ich mich mit Dir über E-Mail weiter unterhalten.

liegt mir verständlicherweise am Herzen, daß wir beide nicht
ständig im Konflikt mit uns selbst leben, daß er sich nicht
mies fühlt, weil er mich liebt oder begehrt… Wir beide
wollen „guten Gewissens“ eine Beziehung miteinander eingehen.

Ja, dies ist wohl das wichtigste.
Doch nochmals die Frage welcher ihr Euch stellen müßt ?
Woran orientiert sich Dein, sein, Euer Gewissen ?
Ich weiß es nicht.Wisst Ihr es ?
Gruß VIKTOR

Hallo Viktor,
ich denke, daß du tatsächlich auf der richtigen „Spur“ bist - ist zwar dadurch nicht unbedingt einfacher, aber so ganz allmählich beginne ich einiges zu begreifen!
Gruß
Petra