Religionen im Mittelmeerraum und Wiedergeburt

Hallo Wissende,

kürzlich las ich in einem Bericht, dass die Yeziden an Wiedergeburt glauben.

Leider haben meine Recherchen in Internet diesbezüglich nicht viel ergeben. Weiß jemand, wie die Vorstellungen der Yeziden diesbezüglich aussehen ? Weiß jemand, woher dieser Glaube stammt ? Gibt es andere Religionen im östlichen Mittelmeerraum/Nahen Osten, welche den Glauben an Wiedergeburt kennen ? Was unterscheidet diese Religionen im Wesentlichen von Religionen in der gleichen Gegend (Judentum, Christentum, Islam), welche diesen Glauben nicht kennen ? Oder wurde dieser Glauben bei den genannten nur irgenwann „aufgegeben“, bzw. durch etwas anderes ersetzt ?

Kurz: Es geht mir darum, zu erfahren, welcher Art der Glauben an Wiedergeburt im Mittelmeerraum/Nahen Osten war, woher er stammt und wo er sich bis heute gehalten hat.

Gruß
Marion

Hallo Marion

Hatte im Hinterkopf, dass sich diese Gruppierung auch mit „J“ schreibt:

http://de.wikipedia.org/wiki/Jezidi

Gruss
Mäni

Gibt es andere Religionen im östlichen
Mittelmeerraum/Nahen Osten, welche den Glauben an Wiedergeburt
kennen ? Was unterscheidet diese Religionen im Wesentlichen
von Religionen in der gleichen Gegend (Judentum, Christentum,
Islam), welche diesen Glauben nicht kennen ? Oder wurde dieser
Glauben bei den genannten nur irgenwann „aufgegeben“, bzw.
durch etwas anderes ersetzt ?

Hallo Marion,
es ist bekannt, dass die Pythagoräer eine Seelenwanderung lehrten. Ob diese Lehre aus Indien in den Mittelmeerraum gekommen war oder ein gemeinsamer Ursprung der indischen und pythagoräischen Wiedergeburtslehre im skythischen Raum (der eurasischen Steppe) lag, ist umstritten und wohl auch letztlich nicht zweifelsfrei zu klären.

Das Christentum hatte bis zum Konzil von Konstantinopel (553) durchaus auch eine dem Reinkarnationsglauben zumindest verwandte Tradition, dessen Wurzeln wohl bei den Pythagoräern liegen und der über Neuplatoniker und Gnostiker Eingang in das Christentum gefunden hatte. Bedeutendster Vertreter (mit seinem nur in freier Übersetzung erhaltenen ‚peri archon‘) war der Kirchenvater Origenes. Korrekterweise wäre hier allerdings von der Lehre einer ‚Präexistenz der Seele‘ zu sprechen.

Zu Origenes vgl. http://www.origenes.de/, insbesondere http://www.origenes.de/manuski/indx_vortr.htm - dort der Artikel von Prof. Dr. Werner Schiebeler
Auf der Website findet sich übrigens auch ein leider nicht sehr ergiebiger Artikel zum Wiedergeburtsglauben bei den Alewiten: http://www.origenes.de/wissen/reinkarnation/indxrein…

Offensichtlich lassen sich also ‚Seelenwanderungstheorien‘ durchaus mit Christentum und mit dem Islam verbinden - bei Religionen, die die Existenz einer Seele postulieren, für mich nicht überraschend. Ob es vergleichbare Tendenzen auch im Judentum gab/gibt, dazu können hier sicher kompetentere Leute wie Elimelech oder Rudolf Schroth etwas sagen.

Freundliche Grüße,
Ralf

Hallo Ralf

Offensichtlich lassen sich also ‚Seelenwanderungstheorien‘
durchaus mit Christentum und mit dem Islam verbinden

Aus der Bibel bzw des NT der Bibel, die Grundlage des Christentums ist eine Wiedergeburt, im Sinne eines nochmaligen auf die Welt kommen, meiner Meinung nach nicht möglich. Kannst Du Belege / Bibelstellen angeben, die etwas anderes aussagen?
Das es einzelne Exponenten des christlichen glaubens bzw von christlichen Kircehn gibt bzw gegeben hat, die dies anders sehen, ist meines Erachtens etwas anderes. Interessant wäre eine biblisch fundierte aussage für mich

Gruss
beat

Hallo Beat,

Aus der Bibel bzw des NT der Bibel, die Grundlage des
Christentums ist eine Wiedergeburt, im Sinne eines nochmaligen
auf die Welt kommen, meiner Meinung nach nicht möglich. Kannst
Du Belege / Bibelstellen angeben, die etwas anderes aussagen?

Hast Du Dir den von mir empfohlenen Link angeschaut? Prof. Dr. Schiebeler nennt in seinem Artikel verschiedene Belegstellen; hauptsächlich beziehen sich diese auf die von Jesus selbst behauptete Identität Elia / Johannes d. Täufer.

Das es einzelne Exponenten des christlichen glaubens bzw von
christlichen Kircehn gibt bzw gegeben hat, die dies anders
sehen, ist meines Erachtens etwas anderes.

Nun, Origenes war ja schließlich nicht irgendwer. Nach dem ‚Bautz‘ (Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon) kann Origenes „als der einflußreichste Theologe der griechischen Kirche und der bedeutendste der Gesamtkirche vor Augustinus angesehen werden“. Dass um die Orthodoxie von Origenes’ Präexistenzlehre über 150 Jahre lang erbittert gestritten wurde zeigt, dass er keineswegs eine Außenseiterposition „als einzelner Exponent“ hatte. U.a. nahm der Patriarch von Jerusalem im ersten Origenesstreit für ihn Partei gegen Hieronymus, der sich selbst von einem Bewunderer zum Kritiker Origenes’ gewandelt hatte. Origenes hatte eine zahlreiche Anhängerschaft z.B. unter den Mönchen Ägyptens, die vom Patriarchen von Alexandria nach der Synode von 400 verfolgt wurde. Das endgültige Anathema wurde erst auf auf dem Konzil von Konstantinopel ausgesprochen; erst damit war die Lehre von der Präexistenz der Seele endgültig als häretisch gebrandmarkt. Pikanterweise kam dies vor allem auf Druck und durch persönliches Eingreifen Kaiser Justinians zustande - eines Laien und Hobbytheologen.

Um kein Missverständnis zu erwecken - ich will Origenes’ Ansichten nicht verteidigen und es ist mir auch ziemlich egal, ob sich aus einzelnen Bibelstellen nun eine Reinkarnationslehre rechtfertigen lässt oder nicht. Ich glaube weder an die Bibel als göttliche Offenbarung noch an Reinkarnation. Marion hatte nach Religionen im östlichen Mittelmeerraum/Nahen Osten gefragt, welche den Glauben an Wiedergeburt kennen, und ich hatte auf die Alewiten und das frühe Christentum verwiesen. Auch wenn man vielleicht Origenes’ Präexistenzlehre nicht ohne weiteres als ‚Seelenwanderungslehre‘ im üblichen Sinne bezeichnen kann, so fußt sie doch auf einer alten pythagoreisch/platonischen Tradition des Reinkarnationsglaubens (die auch von Gnostikern und den Manichäern aufgegriffen wurde) und bringt diese in Verbindung mit christlicher Theologie.

Offensichtlich lassen sich also ‚Seelenwanderungstheorien‘
durchaus mit Christentum und mit dem Islam verbinden

  • schließlich ist es ja zweifellos geschehen. Ob das nun jeweils ‚orthodox‘ im Sinne der Gralshüter der reinen Lehre ist oder nicht, dazu möchte ich kein Urteil abgeben.

Freundliche Grüße,
Ralf

P.S.: Nachtrag für Marion - http://www.google.de/search?hl=de&q=drusen+reinkarna…

Hallo Marion.

Gibt es andere Religionen im östlichen
Mittelmeerraum/Nahen Osten, welche den Glauben an Wiedergeburt
kennen ? Was unterscheidet diese Religionen im Wesentlichen
von Religionen in der gleichen Gegend (Judentum, Christentum,
Islam), welche diesen Glauben nicht kennen ?

Das Judentum wäre hier zu nennen, welches sehr wohl die Vorstellung der Wiedergeburt kennt. Der Unterschied zu Islam und Christentum ist hier wohl, dass es keine Dogmen gibt und gerade die Bereiche ausserhalb des Irdischen nicht fest gefasst sind und somit es hier verschiedenste Erklärungsansätze gibt, u.a. den der Wiedergeburt.

Scholem,
Eli