Religionsstifter

Historischer Buddha?
Hi Ralf.

Habe erst heute wieder hier reingeschaut.

Jetzt machst du mich neugierig. Inwiefern ist Siddharta
Gautama historisch nachgewiesen?

ist er nicht. Jedenfalls nicht besser (oder schlechter) als
der Rabbi Jeschua. Kurzer Blogeintrag dazu:
http://zensplitter.blogspot.de/2012/05/proteus.html Bitte ggf.
auch die Kommentarsektion zur Kenntnis nehmen.

Hier am Bibliotheks-PC ist deine Seite leider gesperrt (??), ich kann daher deine Argumente nicht einsehen, an deren Plausibilität ich aber nicht zweifle. Vor meinem Post hatte ich in der Buddha-Frage noch etwas recherchiert und ließ mich schließlich durch ein SPIEGEL-Interview mit dem Buddhismusexperten Schumann dazu verleiten, Buddha als historisch einigermaßen gesicherte Figur anzuführen.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-7861544.html

_SPIEGEL: Wie historisch ist dieser Buddha? Was wissen wir über ihn, was ist Legende?

Schumann: Im Vergleich zu Jesus von Nazareth etwa zehnmal mehr und ungleich Präziseres, das freilich später teilweise durch Legenden überdeckt wurde. Was sein genaues Geburtsjahr im 6. oder 5. Jahrhundert vor Christus war, darüber streiten wir uns in der Wissenschaft; nicht aber über seine Herkunft, seine Lehre und sein Wandergebiet - es hat eine Ausdehnung von 600 mal 300 Kilometern im Himalaja-Vorland des heutigen Nordindien._

Das liest sich wirklich nicht so, als habe der renommierte Experte irgendeinen Zweifel an der Historizität Buddhas.

In einer Arbeit einer Indologin gibt es zudem einen Hinweis auf das Argument des Indologen Hermann Oldenberg, dass die Figur des Siddharta Gautama in den Texten der Jainas erwähnt wird, die bekanntlich eine außerbuddhistische Quelle darstellen, was als objektiver Beleg für die Historizität angesehen werden kann (natürlich nicht muss).

Der Hinweis auf Oldenbergs Argument findet sich in der verlinkten PDF etwa am Ende des ersten Drittels.

http://www.buddhismuskunde.uni-hamburg.de/fileadmin/…

Dass also die Gautama-Figur auch in einer nichtbuddhistischen religiösen Quelle erwähnt wird, mag zwar noch kein historischer Beleg sein, hat aber sicher deutlich mehr Gewicht als die (in den ersten Jahrhunderten u.Z.) ausschließlich in christlichen Texten erfolgten Erwähnungen der Jesusfigur.

Dr. Detering hat in seinem vor einem knappen Jahr erschienenen Buch „Falsche Zeugen“ allen Illusionen, es gäbe außerchristliche Zeugnisse für die Existenz eines Jesus, endgültig die Grundlage entzogen, siehe:

http://hpd.de/node/12044

Gruß

Chan

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Auch Paulus nicht historisch
Hi.

Eigentlich ist das Christentum, was wir heute kennen, durch
Paulus begründet - einen „ganz normalen Menschen, der etwas
erkannt haben will“.

Der historisch um keinen Deut gesicherter ist als Jesus. Es gibt im 1. Jdh. u.Z. keine außerchristlichen Erwähnungen der Paulus-Gestalt, was angesichts seiner im NT geschilderten Umtriebigkeit sehr verwunderlich ist. Dr. Detering vertritt sogar die These, Paulus sei nur eine Erfindung eines Gnostikers des 2. Jhds., nämlich Marcion, der die Paulusbriefe selbst verfasst habe.

Jedenfalls gibt es keine Belege für irgendeinen christlichen Religionsgründer im 1. Jdh., gleich ob Jesus oder Paulus. Auch Petrus ist null nachweisbar. Nicht wenig spricht dafür, dass die Geschichten um einen angeblich historischen Jesus nur eine Erfindung römischer ´Christen´ (= Katholiken) des 2. Jhd. ist, die von der Gnosis die Idee der Erlösergestalt „Christus“ übernahmen und dieser eine irdische Existenz andichteten, während Christus in der Gnosis eine rein transzendente Existenz hat und sich „auf Erden“ nur via Scheinleib manifestierte.

Chan

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Hallo Ch’an,

zunächst - Hans Wolfgang Schumann (den ich persönlich kennen lernen durfte und sehr schätze) trägt da für den Spiegel ein wenig dick auf. Aber grundsätzlich hat er insofern recht, als über Gautama Buddha eine weitaus größere Fülle biographischer Details, Itinerarien usw. überliefert sind als über Jesus. Was seine historische Existenz entsprechend plausibler macht, aber nicht beweist. Grundsätzlich lässt sich - wie bei Jesus - nicht zweifelsfrei entscheiden, ob es sich tatsächlich um Bio graphie handelt oder um Hagio graphie. Es fehlen die Bestätigungen einer unabhängigen zweiten Quelle.

Das liest sich wirklich nicht so, als habe der renommierte
Experte irgendeinen Zweifel an der Historizität Buddhas.

Die habe ich ja auch nicht - und die habe ich auch nicht bei Jesus. Das diese Personen existiert haben, ist die plausibelste Erklärung für die Existenz der unter ihren Namen überlieferten Lehren. Eine ganz andere Frage - und das eigentliche Problem - ist, was von diesen überlieferten Lehren (und auch von den biographischen Informationen) tatsächlich auf die historische Person zurückgeht und was spätere Entwicklung/Hinzufügung/Zuschreibung/fromme Erfindung/platte Lüge ist. Mit ziemlicher Sicherheit kann man davon ausgehen, dass zumindest fast alles, was vom Leben Buddhas vor Aufnahme seiner Lehrtätigkeit berichtet wird, spätere Legendenbildung ist (auch dies eine Parallele zur Jesusbiographie) - es entstammt jüngeren Textschichten.

In einer Arbeit einer Indologin gibt es zudem einen Hinweis
auf das Argument des Indologen Hermann Oldenberg, dass die
Figur des Siddharta Gautama in den Texten der Jainas erwähnt
wird, die bekanntlich eine außerbuddhistische Quelle
darstellen, was als objektiver Beleg für die Historizität
angesehen werden kann (natürlich nicht muss).

Du solltest Dir die Quellen, auf die Du Dich berufst, schon etwas genauer ansehen. Das (nicht sehr stichhaltige und noch aus dem 19. Jahrhundert stammende) Argument Oldenbergs war nicht, dass Buddha in den Texten der Jaina erwähnt wird, sondern umgekehrt dass in den frühen buddhistischen Sutren häufig auf Jaina Bezug genommen wird. Das weiss jeder, der sich ein wenig mit dem Palikanon beschäftigt hat - sie treten dort recht häufig als Diskussionsgegener unter der Bezeichnung ‚Tirthika‘ auf. Frau Dr. Hüsken führt durchaus richtig an, dass auch umgekehrt in den Texten der Jaina der Buddhismus und sogar Budha selbst erwähnt wird - wobei diese Erwähnungen übrigens äußerst spärlich und unergiebig sind. Das Problem dabei ist daselbe wie auch bei den Erwähnungen in hinduistischen Texten - sie sind nicht zeitgenössisch, mithin nicht mehr wert als die Erwähnungen von Jesus bei Tacitus oder Plinius.

Schau Dir in Frau Dr. Höfkens Vortrag einfach mal auf Seite 65 den letzten Absatz an: >> "Als „historisch gesichert“ können wir Folgendes betrachten …nicht wirklich historisch gesichert (im Sinne von ‚bewiesen‘), lediglich die Annahme, dass es sich um historische Fakten handelt, ist so plausibel, dass es kaum vernünftige Zweifel daran geben kann.

Bei Jesus käme vielleicht ein bißchen weniger heraus als das, was in diesem Absatz steht - aber sonst ist da kein grundsätzlicher Unterschied.

Freundliche Grüße,
Ralf

Jesus so fiktiv wie Moses?
Hi Ralf.

Das liest sich wirklich nicht so, als habe der renommierte Experte irgendeinen Zweifel an der Historizität Buddhas.

Die habe ich ja auch nicht - und die habe ich auch nicht bei Jesus. Das diese Personen existiert haben, ist die plausibelste Erklärung für die Existenz der unter ihren Namen überlieferten Lehren.

Mit dieser Logik würden aber auch die als mythologisch akzeptierten Figuren Moses (von den Juden Moshe Rabbenu = ´Moses, unser Lehrer´ genannt) und Krishna die Ehre haben, wahrscheinlicherweise historisch zu sein. Dass Moses aber nur eine mythologische Gestalt ist (jedenfalls aller Wahrscheinlichkeit nach), das wirst du gewiss nicht bezweifeln.

Die Optionen in der Frage der Beziehung von Gnosis und Christentum sind folgende: 1) Das urspüngliche Christentum brachte als „ketzerischen“ Zweig die Gnosis hervor, 2) Christentum und Gnosis sind gleichursprüngliche Varianten einer Bewegung, 3) die Gnosis brachte, als Sonderform, das römische Christentum hervor.

Keine dieser Optionen ist beweisbar. Es gibt weder für die Existenz der Gnosis noch des Christentums handfeste Belege für das 1. Jhd. Im 2. Jhd. sieht es etwas anders aus: hier tritt die Gnosis nachweisbar vor dem römischen Christentum ins geschichtliche Rampenlicht und hatte über Jahrhunderte eine viel größere Ausdehnung und Anhängerschaft als die römische Kirche. Angebliche früh (um das Jahr 100) entstandene christliche Texte wie z.B. der Clemensbrief oder die Ignatianen können als Fälschungen entlarvt werden. Daher liegt für nicht wenige Religionswissenschaftler die Vermutung bzw. These nahe, dass das römische Christentum nur eine Variante der ursprünglicheren Gnosis darstellt und ihre Christuslehre eine Variante der gnostischen Christuslehre ist (der Gnosis-Professor Schmithals z.B. hält es für möglich, dass es eine vorchristliche Christusgnosis gab). Der Gnostiker Marcion hatte um 140 als erster die angeblichen Briefe des Paulus herausgegeben, nicht die römische Kirche. Schon seltsam. Dr. Detering vermutet, dass Marcion die Briefe in einer gnostischen Urfassung herstellte und ihnen die Autorschaft eines Paulus pseudepigraphisch zuschrieb, und dass diese Briefe später von der römischen Kirche in ihrem Sinne „überarbeitet“ wurden. Das erkläre den teilweise gnostischen Gehalt der Paulusbriefe, so Detering. Die vier kanonischen Evangelien betreten erst deutlich später (ab 180) die Bühne. Nicht einmal von Justin, um 150, werden sie erwähnt.

Es ist also denkbar, dass von Seiten der römischen Kirche der tranzendenten gnostischen Erlösergestalt eine irdische Biografie angedichtet wurde, um die Lehre für das breite Volk fassbarer zu machen. In der gnostischen Lehre gehört der Autogenes (= Christus) zu den drei höchsten Wesen neben dem unsichtbaren „Urvater“ und der Muttergottheit Barbelo.

Bedenkt man, wie minutiös die fiktiven Biografien von Abraham und Moses im AT ausgestaltet sind, so wirkt die These, dass die Alte Kirche eine fiktive Jesus-Biografie als historisch verkauft, alles andere als konstruiert. Mein Argument funktioniert hier also analogisch: Wenn man einen Moses erdichten konnte, warum nicht auch einen Jesus?

Ich finde nicht, dass, wie du meinst, die plausibelste Ursache für die christliche Lehre eine dazugehörige Stiftergestalt ist. Dieser Schluss liegt, angesichts genannter Analogien, nicht zwingend nahe.

Mit ziemlicher Sicherheit kann man davon ausgehen, dass zumindest fast alles, was vom Leben Buddhas vor Aufnahme seiner Lehrtätigkeit berichtet wird, spätere Legendenbildung ist (auch dies eine Parallele zur Jesusbiographie) – es entstammt jüngeren Textschichten.

Ich zitiere zur Frage der Historizität von Buddha aus einem sehr seriösen Fachtext, nämlich „Religion in Geschichte und Gegenwart“ (Handbuch für Theologie und Religionswissenschaft", Verlag Mohr Siebeck Band 1, Stichwort „Buddha“:

_1. Der historische Buddha

(…) Es ist kaum möglich, die genauen historischen Umstände des Lebens des B. zu rekonstruieren, obwohl man aufgrund u.a. archäologischer Funde nicht mehr an seiner Historizität zweifelt._

Diese Formulierung scheint mir doch sehr eindeutig zu sein. Das Problem dabei ist daselbe wie auch bei den Erwähnungen in
hinduistischen Texten - sie sind nicht zeitgenössisch, mithin
nicht mehr wert als die Erwähnungen von Jesus bei Tacitus oder
Plinius.

Natürlich hängt da viel an der Zeitgenossenschaft, das war mir schon klar. Nur ging das aus Fr. Hüskens Darstellung nicht hervor. Hätte ich sicher gewusst, dass die Erwähnungen nicht zeitgenössisch sind, hätte ich auf Oldenbergs Argument erst gar nicht hingewiesen.

Gruß

Chan