Hallo nochmal,
obwohl ich Theologie studiert habe, halte ich es mit der Prämisse „Jeder soll nach seiner Fasson selig werden“. Darum bitte ich dich ebenfalls um Akzeptanz des Christentums.
Ich finde es auch nicht richtig, daß viele Eltern gar nicht
mehr in der Lage sind Werte zu vermitteln. Sich mit Kinder zu
beschäftigen finde ich auch absolut richtig. Ich sage aber
auch nicht, daß viele Werte, die der Religionsunterricht
vermittelt, falsch sind. Aber diese Werte können auch ohne
religiöses Zutun vermittelt werden und besonders ohne Gott. Da
haben die Kirchen kein Monopol drauf.
Richtig! Wie man an der Aufklärung sieht, kann auch ohne Religionsgläubigkeit ein kategorischer Infinitiv zustandekommen.
Aber dieser wiederholt eigentlich nur die „Goldene Regel“ Christi und das Gebot der Nächstenliebe. Die jahrtausendealten „10 Gebote“ sind für mich eines der ersten Dokumente der Menschlichkeit, zuvor galt doch das „Auge um Auge…“. Die Ausbreitung der Religionen regte die Menschen einfach dazu an, sich Gedanken über das „Gutsein“ zu machen.
Warum sollte ich Dienstleistungen der Kirche in Anspruch
nehmen, wenn ich gar nicht an Gott glaube? Warum sollte ich
meine Kinder taufen lassen oder zur Kommunion schicken? Ich
werde mich mit sicherheit auch nicht kirchlich Trauen lassen
und möchte auf keinen Fall von einem Priester beerdigt werden.
Ganz abgesehen davon, daß diese ganzen „Dienstleistungen“
überhaupt nicht von der Kirche bezahlt werden!
Jaja, man kann als Erwachsener gern austreten, aber warum
müßen Kindern denn erst meist unfreiwillig in die Kirche
eintreten?
Dazu interessiert mich, ob du dich konsequenterweise auch dem Brauchtum von Weihnachten und Ostern verschließt?
Sicherlich gibt es spießbürgerliches Verhalten auf dem Land.
Das dürfte aber wohl kaum nur die Religionsangehörigkeit
betreffen. Jeder, der irgendwie von der Mehrheit abweicht,
wird hier ausgegrenzt, oder nicht?Das machen sich die Kirchen natürlich zu nutze!
Wer macht sich etwas zu nutze? Ich glaube kaum, dass der Vatikan das Verhalten deiner Dorfgemeinde groß beeinflussen kann.
Warum werden denn Kinder getauft, wenn sie noch nicht reden
können? Warum werden sie schon frühzeitig religiös erzogen?
Doch wohl kaum um Ihnen eine eigene Meinung zu geben, sondern
um dem schon früh entgegen zu wirken. Und Kinder sind nicht
orientierungslos, wenn sie nicht an Gott glauben oder nicht in
der kirchlichen Gemeinschaft sind. Warum wohl auch? Ich glaube
auch nicht an Gott, bin aber deshalb nicht bösartig oder
unbeholfen, aber glaube mehr an den Menschen und seine
Fähigkeiten wie viele andere. Damit bin ich sehr viel besser
geeignet seine Kinder zu erziehen wie JEDE andere religiöse
Gemeinschaft.
In verschiedenen Religionsgemeinschaften existiert die Erwachsenentaufe, und auch unter unseren Theologen wird sie diskutiert, eben weil die Entscheidung zur Religion dann bewusster gefällt wird. Ich glaube aber kaum, dass atheistisch erzogene Kinder noch Zugang zu Religionen finden können, insofern sind sie hier genauso voreingenommen worden. Es ist auch wichtig, mit Kindern Grundzüge unserer Kultur, die eben christlich geprägt ist, zu begehen, weil es für Kinder schwer ist von Namenstag, St.-Martin oder Nikolausfest ausgeschlossen zu sein. Du sprichst Eltern auch ihre Vormundschaft über ihre Kinder ab, wenn sie nicht für diese entscheiden dürfen, was sie für sie für gut halten. Jede Erziehung ist Prägung in eine Richtung, angefangen von trivialen Dingen wie Musikgeschmack über Kleidung usw.
Die Sakramente der Konfirmation bzw. Firmung sollen übrigens die bewusste eigene Entscheidung oder eben Ablehnung des jungen Christen zur Kirche darstellen.
Natürlich kann an das nicht wörtlich nehmen. Es glauben ja
inzwischen nicht mehr viele Leute dran. Und egal wie man es
dreht und wendet. Die Bibel kann immer anders interpretiert
werden. Die ganzen Geschichten über einen gewaltätigen und
rachesüchtigen Gott sind auch nur symbolisch gemeint? Wie kann
man das denn anders interpretieren und warum erlaubt Gott
jemanden, solche Geschichten über ihn zu schreiben, wenn es
nicht so ist?
Weil der Gott, an den wir glauben, eben kein diktatorischer ist. Uns ist durchaus bewusst (im Gegensatz zum Islam, der lehrt, dass der Koran wortwörtlich von Allah diktiert wurde), dass biblische Schriften von menschlichen Verfassern in ihrem eigenen Stil niedergeschrieben wurden. Diese Verfasser hatten, wie jeder Autor, also auch ihre Absicht und wollten etwas bewirken. Dazu wählten sie teilweise drastische Geschichten. Aber du musst dir bewusst machen, wie alt diese Schriften schon sind (bis zu 6000 Jahre!). Die Kirche hat erst im Mittelalter die Bibel zusammengestellt und sie nicht selbst geschrieben.
Wer sagt denn, wie man die
Worte in der Bibel interpretieren soll und warum meinen die
Leute, die es machen, es wäre so richtig? Genauso richtig,
könnte es auch sein, einen Großteil der Menschen zu
vernichten. Was ist denn mit Noah und seiner Arche? Jaja, ich
weiß, ist ja auch alles bildlich. Ist klar!
Nun, für die Bibelauslegung der „kleinen Leute“ ist leider meistens der Gemeindepfarrer zuständig, und das wird selten selbst reflektiert, sondern „geschluckt“. Menschen neigen eben dazu, sich nach Vorbildern (guten wie schlechten) zu richten. Du kannst dir aber auch Zugang zu entsprechender Fachliteratur verschaffen, wenn du dich wirklich für Exegese interessierst. Wissenschaftlich wird unter Theologen viel um Auslegungen der Texte diskutiert, es gibt etliche verschiedene Ansätze.
Die Geschichte um Noah wird auch „3. Schöpfungsbericht“ genannt, weil eine neue Welt entsteht. Dabei liegt erneut alles in GOTTES Hand. Interessanterweise haben sehr viele Völker diese alte Geschichte einer Urflut und „Auslese“ in ihrem Erzählgut, der Symbolgehalt ist also weitverbreitet.
Ich aber handel anders! Ich berufe mich nicht auf religöse
Texte oder gar auf einen Gott. Trotzdem kann man sagen, daß
ich gerade aus diesem Grund sehr viel menschlicher und humaner
bin, als viel e Andere.
Das ist deine Haltung und bleibt dir unbenommen.
Die Menschen sind eben nicht alle gleich! Sie sollen es durch
Missionierung werden! Außerdem wird niemand in den Himmel
kommen, egal wie er lebt. Ein Leben nach dem Tod gibt es
nicht, so traurig das auch sein mag. Andererseits gibt es aber
auch keine Hölle.
Du scherst alle Glaubensgemeinschaften über einen Kamm. Ich bin froh, dem Christentum anzugehören, weil es eben tolerant ist.
Und du kannst genausowenig behaupten, dass es kein Leben nach dem Tod gebe. Woher willst du das wissen? Lass mir meinen Glauben daran, er ist für mich tröstlich. Medizinisch gesehen gibt es sogar Anhaltspunkte, dass kurzzeitig klinisch Tote „Visionen“ von einem Tunnel ins Licht hatten.
Zum Glück wird man heute nicht mehr verbrannt für die
Aussagen, die ich gerade gemacht habe!
Nein, heute wird man eher als Christ beschimpft.
Eine Frage zum Schluss:
Wie soll denn die ethische Erziehung der Kinder heute ablaufen? Ganz den Eltern überlassen (die sich in unserem Bundesland gerade über die Einrichtung der Ganztagsschule mit nachmittäglichem Betreuungskonzept freuen, weil sie zu wenig Zeit für ihre Kinder haben), oder doch eine Art Unterrichtsfach? und wie wäre dieses dann zu benennen und zu gestalten?
Auf Antwort gespannt ist
Allie.