Rentenversicherung: Unterschied Versicherungszeiten / Beitragszeiten

Beim Kanzlerduell verwies Angela Merkel auf die Unterscheidung zwischen Versicherungszeiten und Beitragzeiten in der Rentenversicherung. Kann mir mal bitte jmd. den Unterschied erklaeren? (Bitte so einfach, dass auch ich die Antwort versteh!)

Hallo Avagabi,

Ich probiere gerne, Dir den Unterschied ganz einfach zu erklĂ€ren. Du mußt nur wissen, daß dann manche Ausnahmen und SpezialitĂ€ten unter den Tisch fallen. Das ist dann der Preis fĂŒr die einfache ErklĂ€rung !!!

Also zunÀchst zur Beitragszeit:

Beitragszeiten sind Zeiten, fĂŒr die PflichtbeitrĂ€ge oder freiwillige BeitrĂ€ge zur Rentenversicherung gezahlt sind oder als gezahlt gelten (§ 55 SGB VI). Dazu gehören auch BeitrĂ€ge, die frĂŒher zur reichsgesetzlichen Rentenversicherung oder zur
Sozialversicherung der DDR gezahlt worden sind.

Versicherungszeit:
Dazu zÀhlt jetzt alles, was bei der Rentenversicherung eine Rolle spielt. Das sind also nicht nur Beitragszeiten, sondern auch Ersatzzeiten (beispielsweise politische Haft in der DDR), sogenannte Anrechnungszeiten. Das sind zum Beispiel Krankheit, Schulzeit, Mutterschutz, Arbeitslosigkeit und manches andere. Auch wenn Du in einem anderen Staat versichert warst, warst Du ja auch versichert.

War das verstÀndlich genug ? Du kannst mich gerne auch anrufen.

Gruß
Bernhard Maurer
Ehrenamtlicher Versichertenberater der Deutschen Rentenversicherung Bund
http://www.fen-net.de/~ea1448

Hallo,

den Begriff „Versicherungszeiten“ gibt es eigentlich im Rentenrecht seit 1992 schon nicht mehr. Seit diesem Zeitpunkt unterscheidet man zwischen

  • Beitragszeiten
  • beitragsgeminderten Zeiten und
  • beitragsfreien Zeiten

Was die Kanzlerin sehr wahrscheinlich meint:

Beitragszeiten sind Zeiten in denen, der/die Versicherte BeitrÀge zur Rentenversicherung entrichtet hat, z.B. aufgrund einer versicherungspflichtigen BeschÀftigung, wÀhrend des Bezuges von Kranken- oder Arbeitslosengeld (soweit Versicherungspflicht besteht).

Diese Beitragszeiten zĂ€hlen auch zu den Versicherungszeiten. Dazu kommen aber auch Zeiten, in denen keine BeitrĂ€ge gezahlt wurden, sog. Anrechnungszeiten (frĂŒher: Ausfallzeiten). Diese gibt es z.B. bei Schulbesuch in bestimmten FĂ€llen, Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld II, Krankheitszeiten ohne Bezug von Krankengeld und Lohnfortzahlung. Damit solche Zeiten berĂŒcksichtigt werden können, mĂŒssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfĂŒllt sein.

Wie wirken sich diese Zeiten (ohne Beitragszeiten) nun rentenrechtlich aus:

Sie zĂ€hlen bei den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (z.B. sog Wartezeit) fĂŒr bestimmte Renten - diese werden allerdings immer weniger -, als ÜberbrĂŒckung bei LĂŒcken und schließen LĂŒcken im Versicherungsleben, die sich ansonsten negativ auf die Rentenhöhe auswirken könnten. „Richtig“ rentensteigernd wirken sie sich allerdings nicht aus, nur geringfĂŒgig, z.B. wegen LĂŒckenschluss. Die wichtigste Bedeutung ist aber die ErfĂŒllung der vorgenannten Wartezeit.

Ich habe versucht, das einfach zu erklÀren. Das Rentenrecht ist aber sehr komplex, das deutsche Rentenrecht ist weltweit gesehen das komplizierste, was Du finden kannst. Deswegen ist es nicht einfach, dies in kurzen Worten zu erlÀutern.

Ich hoffe, Du hast dennoch etwas verstanden. :wink: Falls Fragen sind, melde Dich einfach nochmal.

Servus,
Robert

P.S.: Ich habe das Kanzlerduell nicht gesehen und weiß daher nicht, in welchem Zusammenhang die Kanzlerin wert auf die Unterscheidung gelegt hat 


Vielen Dank fuer die schnelle und auch fĂŒr Laien verstĂ€ndliche ErklĂ€rung.

Besonders nett finde ich, dass ich ausserdem bei weiteren Fragen anrufen darf! -

SUPER SERVICE

Vielen Dank fuer die wirklich ausfuehrliche Antwort (und so schnell!!!).

Die Antwort / Antworten sind so leicht verstÀdnlich, dass auch ein Laie diese gut verstehen kann.

Auch wenn es bei uns in Deutschland das komplizierteste Rentenversicherungsrecht gibt, habe ich jetzt etwas mehr Durchblick.

Hier kann ich nur ein großes Lob aussprechen:
An die Experten (die schnell und verstĂ€ndlich - und so freundlich auch bei „dummen“ Fragen - antworten,
ebenso aber auch an diese Plattform.

Toll, dass es www und seine „Cracks“ gibt!

Hallo, ich habe es nicht gesehen und bin sehr ĂŒberrascht. HĂ€tte ich nicht erwartet.
im alten, bis 1992 gĂŒltigen Versicherungsrecht nach der RVO war Versicherungszeiten der Überbegriff von Beitragszeiten und ERsatzzeiten.
ERsatzzeiten war Wehr- und Kriegsdienst, Vertreibung etc.- heute nicht mehr bedeutend, da quasi nur noch ein zUzugsmonat bei deutschstÀmmigen Ostaussiedlern in Frage kÀme.
nach aktuellem Recht ist der Überbegriff rentenrechtliche Zeiten, die neben Beitragszeiten auch beitragsfreie Zeiten und BerĂŒcksichtugungszeiten umfassen, die je verschieden gewichtet werden.
einfach selber mehr nachlesen in den Publikationen unter Beiitragsrecht bei www.drv-bund.de
Ich kann mir nicht vorstellen, daß so etwas bei der Debatte von Bedeutung war.
Die Kollegen machten sich nur ĂŒber die Kanzlerin lustig, weil sie behauptet hĂ€tte, daß Renten steuerfrei wĂ€ren ( so generell!).
Gruß
Marot

Hallo Marot,
das Thema war nicht wirklich von großer Bedeutung, mir ist nur (in der kurzen Sequenz) aufgefallen, dass hier Unterscheidungen gemacht wurden/werden.

Da das fuer mich unverstaendlich war, meine Anfrage bei www

Mit „Lustigmachen“ u.Ă€. hat meine Anfrage jedoch nichts zu tun. Ich habe mir die Diskussion angesehen und mir meine Meinung hierzu gebildet. diese muss ich aber nicht unbedingt immer und ueberall rausposaunen.
Und ob es mir besser geht, wenn ich mir (egal bei wem) Schwachpunkte suche, um diese dann niederzumachen, bezweifle ich doch stark.

Vielen Dank fuer deine Antwort!