nicht überzeugt
Hi Kirsten!
Anscheinend ist nicht genau rübergekommen, was ich meine.
Dein Artikel klingt, als wären Menschen, die Schwierigkeiten
mit der deutschen Rechtschreibung haben, Menschen zweiter
Klasse.
NEIN! Menschen, die Schwierigkeiten damit haben, sind Legastheniker, als solche „unschuldig“ und meist schon anhand der schieren Anzahl der Fehler erkennbar. Mir geht es um Menschen, die zu faul sind, die deutsche Rechtschreibung zu lernen und anzuwenden. Ja, die sind für mich Menschen zweiter Klasse, weil ihnen klassische Bildung (das, was für mich einen Menschen ausmacht) fehlt und sie (schlimmer!) nicht daran interessiert sind, also auch nie ein Mensch erster Klasse werden können. Deshalb können sie lieb und nett sein, aber eben nicht perfekt.
Nach dem Motto: „Zeig mir, wieviele Rechtschreibfehler Du
machst, und ich sag’ Dir, was Du taugst“ ???
Echt Quatsch!!
Findest Du? Ich nicht. Ein, zwei Fehler können mal passieren, aber es geht um das Gesamtwerk.
Wenn Du „Tippfehler“ mit zwei „p“ schreibst (neue
Rechtschreibung) solltest Du „mußt“ nicht mit „ß“ schreiben
(alte Rechtschreibung) sondern ebenfalls nach der neuen
Rechtschreibung mit „ss“.
Es ist zwar durchaus erlaubt, alte und neue Rechtschreibung zu
mischen … ist aber meiner Meinung nach schlechter Stil.
Ein klassisches Eigentor, aber darauf jetzt herumzuhacken, wäre unfein.
Meiner Meinung nach definiert sich „Schund“ durchaus nicht
über die Rechtschreibung, sondern über die Inhalte! Und über
den Schreibstil! Aber über den diskutieren wir hier nicht,
oder?
OK, möglicherweise war das kein gutes Beispiel, allerdings in einem Punkt schon: Die Groschenromane mögen zwar richtige Rechtschreibung üben, sie sind aber vom Stil her so einfach gestrickt, daß man aus ihnen kaum die richtige Schreibung von komplizierten Nebensätzen oder Worten wie „Obolus“ lernen kann. Wer Goethe liest, hat öfter die Gelegenheit zu üben.
Mangelnde Rechtschreibung mag ja eine Schwäche sein.
Zugegeben. Aber das ist keine Charakterfrage, sondern eine
Frage der Übung!
Dann muß man es eben üben. Wenn ich Buchhalter wäre und keine Lust hätte, meine Rechnungen nochmal zu überprüfen, würde mich mein Chef auch rausschmeißen.
Aber ist die Rechtschreibung nun wichtig? Einerseits ist sie
so wichtig wie alle anderen kulturellen Aspekte, Musik,
Theater und Malerei. Sie ist einfach Teil eines perfekten
Menschen.
… da ist er wieder, der Mensch zweiter Klasse …
Und dazu stehe ich, s.o. Das ist einfach persönlich bedingt. Der Sieg beim Ironman ist mir weniger wert als die Verleihung des Nobelpreises für Literatur.
Allerdings verraten fehlerfrei verfasste Texte nicht
automatisch, dass der Schreiber gebildet und ordentlich ist.
Vielleicht hatte er nur einen rechtschreibsicheren Korrektor.
Warum sollte also ein Rechtschreibfehler im Umkehrschluss
beweisen, dass der Verfasser ein ungebildeter und
unordentlicher Mensch sein muss?
Das habe ich nicht behauptet. Der Umkehrschluß ist natürlich nicht möglich.
Wenn ein Enkel seiner Oma einen Brief schreibt, wird sie sich
ganz bestimmt nicht ungeliebt fühlen, nur weil der Schreiber
die Rechtschreibung nicht perfekt beherrscht.
Nicht, wenn ein-zwei Fehler drin sind. Schon, wenn er vor Fehlern nur so strotzt. Da würde ich ihn an der Stelle der Oma nicht genießen. Im Extremfall wäre ich sogar entsetzt bzw. beleidigt.
Zweitens: Wenn Du ernsthaft den Charakter eines Menschen
ausschließlich nach seiner Fähigkeit zum „richtigen Schreiben“
beurteilst, halte ich Dich für reichlich oberflächlich.
Das steht Dir frei. Vielleicht bist Du auch reichlich oberflächlich, wenn Du anhand eines einzigen Postings mit einer einzigen Meinung den Charakter eines Menschen beurteilen willst? (Sorry, konnte ich mir nicht verkneifen.)
Nix für ungut - jeder, wie er mag. Aber versuche auch, meinen / unseren Standpunkt zu verstehen. Du hast gesagt, Dir ist der Stil wichtig. Wie würdest Du Dich fühlen, wenn die Liebesbriefe Deines Freundes, die Texte der Anzeigen im Fernsehen, die Artikel in der Süddeutschen plötzlich alle im Bildzeitungs-Stil verfaßt wären?
ciao,
erik