'Richtige Ärmellänge' beim Hemd bzw. Sakko

Hallo!

In vielen Online-Artikeln bezüglich Herrenmode liest man immer wieder, dass sich die richtige Ärmellänge des Sakkos bis zum Ansatz des Daumenknochens bemisst und das Hemd dann noch mindestens 1 bis 1,5 cm unter dem Sakko hervorschaut (bei hängenden bzw. leicht angewinkelten Armen).
In den meisten Abbildungen in Katalogen ist dies auch so zu sehen.

Bei einem Maßanzug, den ich mir habe anfertigen lassen, ist das ebenfalls so vorgenommen worden.

In einem anderen örtlichen Geschäft für gehobene Herrenbekleidung verkaufte mir die Geschäftsinhaberin ebenfalls einen Anzug, bei dem die Ärmel des Sakkos genau bis zu denen des Hemds reichen, was somit dann nicht darunter zu sehen ist.
Auf meine diesbezügliche Frage hin, meinte sie, so wie in den Katalogen würde niemand herumlaufen und die Abbildungen würden extra mit etwas zu kleinen Anzügen gemacht, damit man evtl. besser die farbliche Abstimmung des Hemds zum Sakko beurteilen kann.
Jedenfalls sollten die Ärmel des Hemds allenfalls beim Tragen von Manschettenknöpfen hervorschauen, wenn man diese zeigen möchte; nicht jedoch bei normalen Knopfmanschetten.
Darüber hinaus sollten Sportsakkos, die etwas dicker und meist aus Baumwolle sind (typisch z.B. von camel) und die man auch leicht mal zu kurzärmligen Hemden oder Polos anzieht, nie kürzer als normale Hemdsärmel sein, da dies sonst immer zu kurz aussähe.

Wenn man sich auf der Straße umschaut, sieht man tatsächlich, dass bei fast niemandem die Ärmel der Hemden hervorschauen. Dies könnte nun daran liegen, dass die Sakkos von der Stange in den Geschäften bewusst sehr lange Ärmel haben, damit die auch „längeren“ Personen passen, ansonsten könnte man die ja auch dann eher beim Schneider kürzen anstatt verlängern.

Die Geschäftsinhaberin riet mir jedenfalls trotzdem nicht zu einer Ärmelverkürzung (das tat sie nur bei den Hosenbeinen, die etwas zu lang waren).

Im „beruflichen Leben“ (Firmen, Öffentlicher Dienst, Politik…) sieht man es mal so und mal so.

Frage:

  1. Ist das nun wirklich persönlicher Geschmack oder sollte es tatsächlich mit der 1 bis 1,5 cm Regel so sein, was viele nur nicht machen, da sie es z.B. nicht wissen oder einen ungeänderten Anzug von der Stange kaufen.

  2. Gilt diese Regel dann tatsächlich nur für Hemden mit Manschettenknöpfen oder auch bei Hemden mit Knopfmanschetten?

  3. Wie sieht es bei etwas legereren Sportsakkos aus?

Um das ganze mal zu illustrieren, hier ein Bild von zwei Anzügen http://www.ansons.de/ansons_neu/de/navigation/aktuel… Der rechte entspricht von den Maßen her auch meinem Maßanzug. (Kurze Zusatzfrage: Ist es in Ordnung, wenn das Sakko wie hier zu sehen in der Taille so schmal ist, dass es quasi Falten gibt wenn es zugeknöpft ist? Also gute Körperbetonung oder sollte das Sakko von oben bis unten an der Seite gerade durchlaufen?)

Vielen Dank.

Hi Elmquist,

schön, dass sich ausser mir auch jemand mit diesen Fragen beschäftigt!
Ich bin ganz klar der Meinung, dass das Hemd herausschauen sollte. Allerdings muss man etwas abwägen (wie auch bei deiner Frage mit den Falten bei tailiertem Anzug): Es ist nicht immer machbar, das der gleiche Eindruck entsteht wenn Du a)beim Schneider vor dem Spiegel stehst, b) mit einem Stapel Bücher durch das Büro läufst und c) mit Aktentasche durch den Airport rennst.
In der Bewegung bleibt der Hemdsärmel gerne mal im Sakkoärmel zurück.
Deshalb folgender Ablauf: in der Bewegung des Hinsetzens mit einem Geschäftspartner, öffne ich den Sakkoknopf und richte meine Manschetten. Dauert zusammen ca 0,8sec. Voraussetzung ist nicht, das der Sakkoärmel kurz genug ist, sondern (jetzt kommts:smile: der Hemdsärmel lang genug!
Problem: Wie Du richtig beobachtest haben die wenigsten Hemdenträger ein Bewusstsein dafür und der Hersteller eines Hemdes unterstützt das oftmals, denn er hat eine große Kostenersparnis, wenn die Gesamtheit seiner potentiellen Kundschaft in einige wenige Kragengrössen pressen kann. Oder noch besser: er arbeitet von S bis XL in lediglich 4 Größenschritten. Für mich war lang nicht klar, das ein Hemd mit Kragen 43 cm genauso lange Ärmel hat wie Kragen 44 cm. Das kann zwar passeen, muss aber nicht - und oft passt es auch nicht.

Was tun sprach Zeus: Werde Dir darübeer im klaren, wie Du in der Größennorm liegst. Beispiel: mein Oberkörper ist im Verhältnis zum Unterkörper „länger“. Ich brauche also schonmal ein Hemd mit längerem „Rumpf“ als die Norm - sonst rutscht es aus der Hose. Dann sind meine Arme länger, die normalen 63 bis 65 cm genügen nicht. Ab 67 cm geht´s, besser ist 69. Dann sind oft die beiden Arme unterschiedlich lang, bei mir 0,5 cm, vernachlässigbar. Das kann man bis zum Exzess treiben: Maßschneider schauen teilweise, ob Du eine klobige Uhr trägst, damit die unter Sakko/Hemd passt ist dann der linke Ärmel etwas weiter.
Dann gilt es Anbieter zu suchen, die das hinbekommen - schwierig. Ich bin gelandet(darf man das hier sagen?) bei Seidensticker - annehmbare Qualität, Sondergrößen in der Kategorie 40 bis 70 Euronen. Aber es ist erstaunlich, wie wenige Anbieter es gibt, die diese Fälle bedienen! Da wundert es nicht, dass der überwiegende Teil der Menschheit in schlecht sitzenden Klamotten rumläuft.

Früher hatte ich auch gelegentlich van Laak Hemden, deren Qualität hat mich aber nicht wirklich überzeugt, das beste was ich je hatte war „Sea Island Qualität“ von „von Freyberg“ an der Frankfurter Börse, die sind aber wohl pleite gegangen und dort ist jetzt Starbucks um -
Ironie des Schicksals - meine Thesen von der Verdrängung der Qualität durch Maßenabfertigung eindrucksvoll zu untermauern.

Lass Dich also optimalerweise von einem guten Schneider vermessen (schwierig!) oder beobachte Dich selbst - sitzen die Brusttaschen deiner Hemden (falls vorhanden) da wo sie hingehören, ist der Rumpf richtig usw.

Zu den Knöpfen: ich habe schon gehört, dass im klassischen Business Dress (Banken, Anwälte, Unternehmensberater usw.) Manschettenknöpfe gesetzt sind ab einem gewissen Niveau und Alter. Wenn Du also sehr seriös rüberkommen möchtest, damit anfreunden. Aber auch sonst haben hochwertige Hemden schöne Manschetten, die den gleichen Maßgaben unterliegen.

Manschettenknöpfe: Früher habe ich gerne alte, klassische Manschettenknöpfe in Silber in Trödel/Antiquitätenläden gesammelt - ab 30 Euronen gabs da gelegentlich sehr schöne Sachen. Seit ich mit einer Goldschmiedin liiert bin, weiss ich das auch Einzelanfertigungen nicht unbedingt teuer sind - kann man sich schön mal schenken lassen, halten dann ewig.

Tipps: dieses Buch gibt Orientierung, man muss aber mit dem Bewusstsein lesen das auch Schuhe, welche nicht aus London kommen und von nackten Jungfrauen aus feinstem Pferdeleder mit handgesponnener Naturseide zusammengehaucht wurden, nicht zwangsläufig Badeschlappen sein müssen - http://www.amazon.de/gp/product/3833110600/sr=1-4/qi…

Hier gibts ein paar Infos, finde die Preise für die Qualität der Hemden aber nicht angemessen. Accessoires habe ich nicht getestet.

http://www.ctshirts.co.uk/gego
http://www.daniels-korff.de/

Freundliche Grüße

Zaphod

Ach ja, die legére Variante: Geh davon aus das 99,9% derjenigen die Dich mit optimal langem Hemd zu passendem Sakko mit richtig langer Kravatte sehen, das nicht (bewusst) zur Kenntnis nehmen. Bewussten Eindruck wirst du also nur bei wenigen machen, Dich aber im Ganzen vielleicht einen Hauch wohler und selbstbewusster fühlen. Im Freizeitbereich ist unendlich viel mehr erlaubt, es sei denn es geht um spezielle Dresscodes wie „casual“. Ich habe nur noch Hemden, in denen ich mich wohl fühle weil sie passen, ich kaufe mir auch keine zu kurzen Hemden, nur weil ich sie „privat“ tragen möchte…

Nachtrag: Aussagen der Verkäuferin
ich nochmal.

Was dir die Gute erzählt hat ist ziemlicher Quatsch, ein Sakkoärmel sieht nicht zu kurz aus, nur weil das Hemd (richtig) lang ist.

Allerdings: Ich bin gelegentlich bei den besseren Herrenausstattern in der Frankfurter City unterwegs - von denen es verhältnismässig viele gibt. Aber höchstens 10% sind in der Lage, Hemden mit besonders langen Ärmeln anzubieten - und das Thema ist nicht im geringsten exotisch! Und die Hälfte derer, die das können, bieten dann Massanfertigungen ab 120€ an. Im ganzen bleiben also ca 5% die meine nicht besonders exotischen Anforderungen bedienen können zu vertretbaren Preisen. Was wird dir also der Rest empfehlen?

Teste mal Verkäuferinnen: frag sie mal, wie lange (in CM) die Ärmel eines Hemdes denn sind - das sollte sie auswendig wissen. Das steht übrigens gelegentlich auch auf den Etiketten, aber nicht erläutert, sondern nur Zahlen (zb 43/109/65) für Kragen 43cm, Rumpf 109cm, Ärmel 65cm).

Ach ja, nochwas zum Schluß: Maßhemden. Ich habe mir auch gelegentlich Hemden auf Maß nähen lassen, teilweise dort wo ich auch den Anzug schneidern ließ. Erkenntnis: wer einen Anzug schneidern kann, kann noch lange nicht zwangsläufig Hemden schneidern. Also genau prüfen was tatsächlich geboten wird, ist ein spezieller Hemdenschneider vorhanden usw…
jeztz aber Schulz

Gruß

ZB

Hallo,

ja ich kann zaphod beeblebrox in allem beipflichten. Nur, wenn man wert legt auf sein Erscheinungsbild, sollte man nicht nur dei Anzüge schneidern lassen (oder bei einem guten Maßkonfektionär wie z.B. Maile in MUC), sindern auch die Hemden. Ich habe z.B. das Problem, dass ich mit 43 Kragen extra lange Arme benötige. Dann sind die Manschetten aber meisten so weit, dass sie zwar auch über eine dicke Uhr gehen aber auch ganz gerne noch weiter rutschen. Und das sieht dann selten dämlich aus. Daher empfehle ich auch für hemden die Maßkonfektion, wenn man sich die echte Maßschneiderei nicht leisten möchte. Beim Massschneidern bekommt man dann auch Kragen und Manschetten gewechselt wenn die durch sind.

Bei z.B. chemiserie traditionelle kann man sich schon für 90€ gute Hemden machen lassen. Dort kann man sich Manschettenweite rechts/links, Leibumfang, länge Kragenformen etc. pp. aussuchen.

Also nix wie hin und nicht die guten Schuhe vergessen. Laszlo Vass macht gute, dort sollte man allerdings mit eigenem Leisten hingehen, die die sie dort machen taugen nicht viel. Ich habe beides probiert, weil ich beim ersten mal meinen vergessen hatte. Den Fehler mache ich nie wieder.

Gruß
C.

Danke für die Antworten. So ähnlich dachte ich mir das auch. Man kann also festhalten, dass (jedenfalls nach den „offiziellen Regeln“) das Hemd herausschauen sollte, egal ob Sportmanschette oder Umschlagmanschette (mit extra Manschettenknöpfen). Bei letzterem machen es wahrscheinlich mehr Leute, da sie die Knöpfe dann auch zeigen wollen.

Nur noch kurz zur Weite des Anzugs:
Das rechte Beispiel hier http://www.ansons.de/ansons_neu/de/navigation/aktuel… sieht also nicht zu eng aus, bzw. es soll so sein, dass der Anzug nicht nur gerade herunterläuft?

Na ja, deutliche Falten weil der Anzug zu eng ist sollte er aber nicht machen. Ich lasse mir meine Anzäge immer tailliert schneidern, alles andere sieht doch aus wie ein Sack.

Aber eben nicht zu eng und bei der Anprobe die Brieftasche in der Innentasche nicht vergessen, damit der Schneider sieht wie Du die Jacke im echten Leben trägst.

Gruß
C.

Hi Christoph,

eines verstehe ich nicht:
Wenn Du ein konfektioniertes Hemd (von der Stange)kaufst und der Ärmel die richtige Länge hat, wie kann es passieren das „…Dann sind die Manschetten aber meisten so weit, dass sie zwar auch über eine dicke Uhr gehen
aber auch ganz gerne noch weiter rutschen…“

Was hat die Länge des Ärmels mit der Weite der MAnschette zu tun? Wie weit rutschen sie denn, wenn doch die Ärmel die „richtige“ Länge haben sollten? Dann wäre doch der Ärmel zu lang??? Ich kann der Argumentation nicht folgen.
DAnke für Aufklärung.

Gruß

Zaph (Kein Freund von Hemden Masskonfektion)

Hi,

eines verstehe ich nicht:
Wenn Du ein konfektioniertes Hemd (von der Stange)kaufst und
der Ärmel die richtige Länge hat, wie kann es passieren das
„…Dann sind die Manschetten aber meisten so weit, dass sie
zwar auch über eine dicke Uhr gehen
aber auch ganz gerne noch weiter rutschen…“

Was hat die Länge des Ärmels mit der Weite der MAnschette zu
tun?

Bei mir ist folgendes der Fall. Ich habe einen sehr langen Oberkörper (bei 198cm Gesamtlänge) bin recht kräftig gebaut, also habe keine typische Langenfigur, aber schlank. Bei 43cm Kragenweite und den anderen Maßen geht die Industrie davon aus, dass die Ärmel auch entsprechend lang sein müssen (bei mir wäre das aber lustigerweise eine zwischenlänge zwischen der normalen und dem extralangen Arm). Und da bei diesen Maßen die Konfektionäre davon ausgehen, dass man auch Handgelenke und Hände wie ein Metzger hat rutschen sie mir dann über die Hand. Das habe ich vielleicht vorher falsch ausgedrückt.

Ich bin halt einfach ein wenig verwachsen, … :wink:
Richtig passen tun die Dinger halt nur, wenn man sie machen läßt.

Gruß
C.