Richtlinie zu Softwarepatenten durchgedrückt

Hallo,

mit beispielloser Chuzpe haben heute die EU-Wirtschaftsminister die vorgelegte Richtlinie zu Software-Patenten abgenickt. Der vorgeschlagene neue Entwurf des EU-Parlamentes wurde dabei genauso ignoriert, wie Beschlüsse einzelner Parlamente bzgl. des geforderten Abstimmungsverhaltens des jeweiligen Wirtschaftsministers. So hat Clement einen Beschluß des Bundestages, der von allen Fraktionen mitgetragen worden war, schlichtweg mißachtet und ohne wenn und aber der Vorlage zugestimmt.

Man hätte ja meinen sollen, daß Kommission bzw. Rat aus den Vorgängen anläßlich der Vorführung der Barroso Kommission gelernt hätte, als das EU-Parlament Barroso zum Einlenken zwang. Daß man das EU-Parlament und damit die EU-Bürger derart brüskieren würde, hätte ich nicht erwartet. Das ganze ist ein trauriges Beispiel dafür, wie sehr einige Dammen und Herren in Brüssel meinen, sie könnten Europa nach Gutdünken regieren, ohne daß sich das lästige Volk direkt oder indirekt über das Parlament gefälligst zu rühren oder gar einzumischen hat.

Bleibt die Hoffnung, daß sich das EU-Parlament diese Vorgänge nicht gefallen läßt. Im übrigen gehört Clement wegen Mißachtung des Bundestages eingekerkert.

Nachfolgend ein - wie ich finde - sehr treffender Kommentar zu der Thematik:
http://www.rheinzeitung.de/on/05/03/07/service/compu…

Kom­men­tar zur EU-Richt­linie „Soft­ware-Pa­ten­te”

Ein demo­kra­tisches Armuts­zeug­nis

Un­demo­kra­tisch zeigte sich heute der EU-Rat. Die Minis­ter igno­rier­ten Beschlüsse des Euro­pa-Par­laments ebenso wie die natio­naler Kam­mern. Erst vor kurzem hatten alle(!) Frak­tio­nen des Deut­schen Bun­des­tags die Bun­des­regie­rung zur Ände­rung der EU-Richt­linie auf­gefor­dert. Doch keinen Bundesminis­ter scheint das zu inter­essie­ren. Nicht einmal eine abwei­chende Erklärung oder die Enthaltung gab Deutsch­land zu Pro­tokoll.

Die feder­führenden Minister Clement und vor allem Zypries haben sich und der rot-grü­nen Bun­des­regie­rung damit ein demo­kra­tisches Armuts­zeug­nis aus­gestellt: Par­laments­wil­le? Volks­wil­le? Uner­hört! Ungehört ver­hallt in den langen Fluren des Jus­tiz­minis­teri­ums.

Of­fizi­ell nimmt das Haus Zypries zu dem Thema gar keine Stel­lung mehr. Hinter vor­gehal­tener Hand raunt es, das normale Gesetz­gebungs­ver­fah­ren der Europäi­schen Union solle nicht gestört werden. Dabei besitzt die Geschäfts­ord­nung des Minis­ter­rates sogar einen eigenen Para­gra­fen, der eine wie­der­holte Dis­kus­sion regelt. Doch dessen Anwen­dung wurde heute wohl absicht­lich „ver­ges­sen”, nicht nur von Deut­schen.

Macht­probe droht

Nun kann es zu einer Macht­probe zwi­schen EU-Kom­mision und -Rat einer­seits und dem EU-Par­lament ande­rer­seits kommen. Wie schon bei der Ernen­nung der Kom­mis­sion könnte sich ihr Prä­sident, Manuel Bar­roso, über­nom­men haben. Die Par­lamen­tarier dürften sich den heu­tigen Affront nicht gefal­len lassen. Sie hatten sich für einen sau­beren Neu­start aus­gespro­chen, weil das Gesetz­gebungs­ver­fah­ren bereits jah­relang dau­erte, inzwi­schen neue Erkennt­nisse gewon­nen und sogar ein neues Par­lament gewählt wurde. Barroso hat all das igno­riert. Der Preis dafür könnte sein, dass nun die gesamte Vorlage in den Papier­korb wan­dert, anstatt refor­miert zu wer­den.

Warum über­haupt das ganze Geschiebe und Gezerre um die Patente auf Soft­ware? Zum einen, weil darauf großer Druck einer Lobby lastet. In meh­reren Fällen reicht der bis zur Drohung mit dem Abzug von Arbeitsplät­zen. Zum anderen ist außen­poli­tisch eine Har­moni­sie­rung der Gesetz­gebung mit den USA und Japan erwünscht. Dort erhält man bereits Patente auf Com­puter­pro­gramme. Mit allen Kon­sequen­zen: Patent­han­del und -hän­del, auch wenn das auf Kosten des techi­schen Fort­schritts geht oder zu Lasten der Klei­nen. Haupt­sache, Share­hol­ders Value stimm­t!

Glo­bali­sie­rung über alles?

Auch die Rechte an Soft­ware sollen glo­bali­siert werden. Nicht zufäl­lig gehören den USA und Japan auch die meisten der umstrit­tenen Patente in der EU. Wenn das Europa-Par­lament nicht noch das Steuer her­umreißt, dann heißt es auch hier: Glo­bali­sie­rung auf Kosten von Arbeitsplät­zen. Denn freie Ent­wick­ler und mit­telstän­dische Soft­ware­fir­men können sich den juris­tischen Was­ser­kopf nicht leis­ten, den Patente erfordern. Das Ziel der Konzerne wäre erreicht, wieder einmal einen Markt unter sich auf­zutei­len. Der alternativen, freien Soft­ware wird’s als erstes an den Kragen gehen. Sie hat nur Ideen - aber kein Geld. Die gerade erst zart auf­blühende Viel­falt wird rasch wieder wel­ken.

Jochen Mag­nus

einfach schlicht und ergreifend: sch…
— aber ich hab ja schon rente :smile:

迪特米克若迪格

Moin

Wenn ich mir das Verhalten und die Laufbahn der luxemburger Vertretter vor ihrer Wahl in diese EU-Organisationen so ankucke wird mir schlecht. Wenn die anderen Länder ähnliche Masstäbe ansetzen muss dabei ja sowas rauskommen.

Da könnte man auch einfach würfeln. Wär wahrscheinlich besser, weil weniger beeinflussbar durch „Lobbyarbeit“. Das ist ja der aktuelle Term für Bestechung, oder ?

Mal kucken wie lange es dauert bis SAP & Co von Deutschland in die Schweiz abwandert. Auf die Aussagen der Lüg^H^H^H^HPoltiker bin ich gespannt.

cu