Ich mag deine Frage mal zum Anlass nehmen, so ein Beispiel dafür, wie jemand sich selbst in seiner sprachlichen Inkompetenz selbst bloßstellen kann, unter die Lupe zu nehmen
Nun ist zwar Waldi nicht gerade der hellste - und erst recht nicht der kompetenteste - Kopf in Sachen Sprachgebrauch und Semantik im Deutschen. Aber der Verfasser (und die RND-Redaktion) ist es ebensowenig! Übrigens hatten ja auch andere Medien genau diese RND-Überschrift wortwörtlich aufgegriffen. Und btw. auch Dieter Hallervorden hatte vor einiger Zeit im selben Kontext mit Ausdrücken heftig ins Klo gegriffen …
Aber mal von vorn:
Daß durch das Gendern - jedenfalls in gesprochener Sprache - der deutschen Sprache „Gewalt angetan“ wird, ist eine Ansicht, die man teilen kann (ich tue das z.B. auch). Es ist eine Bankrotterklärung kommunikativer Skills. Aber das ist hier ja nicht das Thema.
Dafür aber die Vokabel „Vergewaltigung“ zu benutzen, ist zwar - wie @Kreszentia bereits belegte - mit dem Sprachgebrauch kompatibel, aber angesichts der Höchstbrisanz dieses Ausdrucks (* meetoo * und überhaupt die nicht unberechtigte Begründung der Forderung des Genderns) zweifellos ein sprachlicher Missgriff sondergleichen.
Dann aber eine Aussage vom Typ „… ist eine Vergewaltigung der Sprache“ zu einer Aussage „… ist eine Vergewaltigung“ zu verkürzen, ist eine Unverfrorenheit sondergleichen. Der Ausdruck hat eben nicht exklusiv eine sexuelle Konnotation, aber durch die Verkürzung wird genau eine solche erst hergestellt. Es ist - mit dämlich reißerischer Absicht - eine Vergewaltigung der ebenso dämlichen ursprünglichen Aussage.
Soweit zu deiner (@j_tilde) ursprünglichen Frage.
Dann aber zu der noch katastrophaleren sprachlichen (genauer gesagt: kognitiven) Inkompetenz des Artikelautors selbst:
Halten wir fest: Die Aussagen „durch Gendern wird die Sprache vergewaltigt“ und „Gendern ist eine Vergewaltigung der Sprache“ sind semantisch synonym. Eine „ist“-Aussage ist eine Prädikation. Eine Prädikation ist aber etwas völlig anderes als ein Vergleich.
Wenn A sagt „Eichen sind Bäume“ und B dann sagt „A vergleicht Äpfel mit Bäumen“ …
oder wenn Frau A (mit anstrengendem Beruf und 3 Kindern) sagt: „Ich bin auch nur ein Mensch“ und B dann sagt: „Frau A vergleicht sich mit einem Menschen“ …
oder wenn A zu B sagt „Du bist ein Arschloch“ und B dann sagt „A vergleicht mich mich einem Arschloch“ …
dann ist klar: B hat nicht alle Tassen im Schrank.
Und so ist auch klar: Der Autor des o.g. Artikels hat nicht alle Tassen im Schrank.
Wenn man ihm mit der verkürzten Titelzeile ("… vergleicht mit Vergewaltigung") also noch provozierende Absicht unterstellen könnte, eine dämliche Aussage in eine bösartig-abartige Aussage zu konvertieren, so hat er sich selbst mit der komplettierten Aussage „…vergleicht … mit einer Vergewaltigung der Sprache“ in seiner kompletten sprachlichen Inkompetenz erwiesen.
Schönen Gruß
Metapher