Rot-Grün will Telekommunikation lückenlos überwachen
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Fast zwei Jahre lang schlummerte sie in einem Referentenbüro des Bundeswirtschaftsministeriums - jetzt taucht sie wieder auf: die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV). Mit ihr plant die Bundesregierung, die letzten Lücken bei der Überwachung der Telekommunikation zu schließen und auch den Email-Verkehr der
umfassenden Kontrolle der Strafverfolger zu unterwerfen. Rot-grüne Aspekte sucht man in der jüngsten, auf einen Entwurf der konservativ-liberalen Regierung zurückgehenden Fassung vergeblich. Allein die Betreiber von Nebenstellenanlagen und Corporate Networks sollen von der Verpflichtung ausgenommen werden, teure Überwachungseinrichtungen vorhalten zu müssen.
Deutschland nimmt schon seit Jahren eine Spitzenposition beim Abhören ein ( Deutschland bleibt auch unter Rot-Grün
»Weltmeister im Abhören« [0]). Allein zwischen 1998 und 1999 sei die Zahl der richterlich angeordneten Telefonüberwachungen von 9800 auf 12.600 gestiegen, beklagte sich im Dezember der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Joachim Jacob. Geht es nach der Bundesregierung, wird der große Lauschangriff bald noch sehr viel einfacher und umfassender möglich sein.
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Grundsätzlich sollen alle Betreiber von Telekommunikationsanlagen, die ihre Dienste der Öffentlichkeit anbieten, zur Aufzeichnung und Weiterleitung der Kommunikationsdaten an Strafverfolger verpflichtet werden. Ob es sich um Sprach- oder Datenübertragungen handelt, ob der Abzuhörende ein Handy oder einen ISDN-Anschluss nutzt, spielt dabei keine Rolle. Die entsprechenden technischen Vorkehrungen müssen die Telekommunikationsanbieter auf eigene Rechnung anschaffen. Vor der Inbetriebnahme ihrer Anlagen ist eine Abnahme der Überwachungsausrüstung durch die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP [2]) einzuholen. Sonst drohen Geldbußen bis 20.000 Mark.
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Die Liste der Daten, die ein Telekommunikationsanbieter im Ernstfall übermitteln soll, füllt über zwei Seiten in dem Papier.
Angefordert werden können neben reinen Verbindungsdaten die Inhalte jeder Telekommunikation, die von einer bestimmten
Kennung herrührt oder diese zum Ziel hat. Als Kenngrößen können beispielsweise Rufnummern oder auch Email-Adressen
angegeben werden, wie in der Begründung zur TKÜV betont wird. Bei der Datenkommunikation, die vom Überwachten
abgeht, soll sogar seine Kreditkarten-Nummer als Identifikationsmerkmal verwendet werden dürfen. Eine Forderung, die sich von den alten Enfopol-Überwachungsplänen [4] inspiriert zeigt.
Um die Telekommunikation lückenlos zu erfassen, wollen die Strafverfolger auch an die Mailboxen von Mobiltelefonierern oder
an Steuerdaten ran, die etwa bei ISDN-Verbindungen in unterschiedlichen Kanälen ausgetauscht werden. Außerdem legen sie Wert darauf, Unterstützung bei der „Interpretation von Bits“ in ISDN-Netzen zu erhalten. Die Anlagenbetreiber müssen also
klarstellen, ob es sich um Sprachtelefonie, Daten- oder Faxkommunikation handelt.
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Vollständiger Artikel unter: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4954/1.html
Siehe auch: Financial Times Deutschland, http://www.ftd.de (Bereich „Politik und Gesellschaft“)