Rothkokapelle - Bilderverbot

Liebes Forum,

ich bin im Zuge einer Recherche zum Religilösen Bildnis und zum Bilderverbot auf die sogenannte Rothkokapelle gestoßen und das ganze hat mich echt umgehauen…
Da scheint jemand (Rothko) echt etwas geschafft zu haben, was ich bisher von religiösen Bildnissen nicht kannte. Die Bilder haben in der Kapelle eine solche Präsenz und erzeugen eine solche Amtmosphäre, wie sie für mich unvergleichbar sind.

Ich assoziere im Augenblick noch ganz viel und stehe unter dem Eindruck der Bilder und beginne zu begreifen, was (möglicherweise) der Zweck religiöser Bildnisse in der Geschichte war. Rothko ist ganz anders als das „goldene Kalb“.
So ganz kann ich das nicht in Worte fassen und ich glaube es wird dauern, bis sich meine Gedanken setzen.

Kann mir evtl. jemand dabei helfen, das religiöse Bildnis von Rothko zu verstehen?

Ich wäre echt dankbar dafür. :smile:

Hallo,

laut eigener Aussage versteht sich Rothko nicht als abtrakter Künstler. Er sei nicht daran interessiert, die Funktionen von Formen und Farben zu untersuchen. Ihm gehe es um die Darstellung elementarer menschlicher Gefühle.

Unter diesem Aspekt wäre die Wirkung der Kapelle zu untersuchen. Vielleicht auch unter Berücksichtigung der christlichen Farbikonografie.

Jeder entdeckt vor den Bildern Rothkos seine eigene Interpretation.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Das Bilderverbot entsteht aus der wörtlichen Auslegung der 10 Gebote. Anbetung von anderen Göttern ist verboten. Damit steht auch die Anbetung von Ikonen, also auch Bildern von Heiligen in der Kritik.
Dieses Verbot findet sich immer wieder in der Kirchengeschichte und fußt in den sogenannten Bilderstreits und damit verbunden den Ikonoklasmen, der Zerstörung von Heiligenbildern. Stichwort: Byzantinischer Bilderstreit (wahrscheinlich der Bekannteste) http://www.duden.de/rechtschreibung/Ikonoklasmus
Dieses Bilderverbot ist übrigens keine Erfindung der Neuzeit, sondern bestand auch schon im Alten Ägypten, wo es erst in der 18. Dynastie üblich wurde Götter abzubilden oder Statuen zur Anbetung für Privathaushalte zu fertigen.

Zur Rothkokapelle:
Diese Kapelle ist ziemlich minimalistisch eingerichtet oder ausgestattet und möchte durch das NIchts und die Stille zum Denken anregen. In diesem sehr „stillen Raum“ kann man über die Vergänglichkeit des menschlichen Seins nachdenken. Damit steht Rothko im Gegensatz zu anderen Kunstrichtungen, wie zum Beispiel der Gotik, bei der die Kirchen eine besondere Größe ausdrückten um die Größe der Religion darzustellen und zu verehren.

Für mich ist die Rothkokapelle vergleichbar am ehesten mit der Stilrichtung des Kubismus oder sogar des Bauhausstils, da wir hier nüchterne, klar strukturierte Formen und Farben finden. Die Größe des Raums und der Bilder vermittelt dabei aber immer noch die Größe aus der Gotikzeit und das ist auch das was dich „umhaut“, weil es einfach beeindruckend ist. Aus psychologischer Sicht ist dieser Effekt von Größe auf den Menschen übrigens interessant und der Mensch ist auch das einzige Lebewesen, welches bewusst versucht Größe oder Großes zu erschaffen.

Interessant ist auch die Bauzeit bzw. die Entstehungszeit der Kapelle:
Die Kapelle entstand nämlich VOR den bunten Stilrichtungen wie Pop-Art, die als Gesellschaftskritik gesehen werden. Demzufolge ist der Stil hier bewusst gewählt und nicht im Gegensatz zu anderen Stilrichtungen zu sehen, sondern drückt genau das aus, was der Besucher empfindet.

Mark Rothko war einer der bedeutendsten Repräsentanten einer Kunstrichtung, die in den 1940ern fast synchron in vielen Nationen (Frankreich, USA, Deutschland, Japan usw. auch mit wechselseitiger Beeinflussung) entstand.

Unter vielen verschiedenen Bezeichnungen wurde sie diskutiert: In Frankreich „l’art informel“, „l’art autre“, „l’art brut“ . in Deutschland „Tachismus“, „lyrische Abstraktion“, in USA „abstract expressionism“ und „action painting“ usw., je nachdem, aus welcher Tradition man sie als hervorgegangen interpretierte. Zu den bekanntesten zählen zum Beispiel Jean Fautrier, Henry Michaux, Georges Mathieu, Wols, Zao Wu Ki (Frankreich), Emil Schumacher, Peter Brüning, Fred Thieler (Deutschland), Antoni Tápies (Spanien), Jackson Pollock, Sam Francis, Frank Stella, und eben Mark Rothko (USA).

Jeder Vertreter hatte eine je eigene Konzeption, und eigene Techniken sowieso. Der gemeinsame Nenner war allein, daß auf jeglichen abbildenden Charakter verzichtet wurde und daß das Wesentliche im Akt des Malens selbst lag. Einige hatten sich auf großflächige, oft monochrome oder quasi-monochrome Texturen spezialisiert. Und zu denen gehörte in D z.B. Ives Klein und in USA unter anderen eben Mark Rothko.

Rothko hatte sich in den 60ern vor allem auf sog. „black paintings“ fokussiert: dunkle Töne, oft fast schwarz, und nur bei entsprechender Beleuchtung gut erkennbare Farbnuancen. Direkte religiöse Intentionen hatte diese Malerei zwar an sich überhaupt nicht. Aber zusammen mit dem amerikanischen Kunstsammlerehepaar John und Dominique de Menil entstand die Idee eines Kapellenraums, der von diesen einschließlich der 14 Großformate gesponsert wurde. Er war ursprünglich von Rothko tatsächlich als röm.-kath. orientiert gedacht. Aber außer der Architektur der Kapelle und den als Triptychon verstandenen Tafeln hat sie eigentlich keine spezifische religiöse Konnotation und Symbolik.

Hier → ein Rundblick.

Gruß
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