Rückführung jüdischen Eigentums in Berlin West

Kann mir jemand sagen, wann in Berlin West und in der Bundesrepublik jüdisches Eigentum, das unter den Nazis enteignet („arisiert“) wurde, den rechtmäßigen Besitzern bzw. Erben zurückgegeben wurde? Ich brauche nur eine Jahreszahl. Vielen Dank

1949 bis niemals („geht gegen unendlich“).

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

Diese Frage lässt sich nicht sinnvoll beantworten, solange man sie wortwörtlich nimmt. Denn sie impliziert, dass das ehemalige Eigentum auf einen Schlag zurück gegeben wurde und dieser Vorgang beendet wurde - und das sogar noch innerhalb eines Kalenderjahres.

Statt dessen begann der Vorgang und hält bis heute an. Ich fand zum Beispiel diesen Beitrag, in dem erläutert wird, dass die Rückerstattung zwischen 1947 und 1949 von den Westalliierten gestartet wurden, beginnend mit den USA. Deutlich ausführlicher hier.

Und Wiki geht ohnehin fast immer:

Grüße
Pierre

Vielen herzlichen Dank! Ich hatte natürlich recherchiert. Hier ging es mir aber um einen relativ einfachen Hintergrundsachverhalt (im Rahmen der Recherche für einen Roman). Das bedeutet keineswegs das ich die Komplexität der Sache unterschätze oder gar missachte. Ich wollte wissen, ob zu einem Zeitpunkt X die Wahrscheinlichkeit bestand, dass eine Immobilie in Berlin (W) den rechtmäßigen Besitzern zurückgegeben wurde. Das ist nach euren Aussagen der Fall.
Viele Grüße
M

Das kommt drauf an, wann X gewesen ist oder sein wird, wer die Rechtsnachfolger des Eigentümers sind oder waren und um was für eine Immobilie es geht.

Aber: Schnitzeljagd hat mir noch nie besonders gut gefallen.

Schöne Grüße

MM

Hallo Aprilfrisch, wie gesagt, geht es mir nur um ein Hintergrunddetail, nämlich die Frage, ob ich davon ausgehen kann, dass ungefähr 1974 eine Immobilie (Villa) in Berlin (W) zurückgegeben wurde. Der Eigentümer ist der (schon 1933 erwachsen gewesene) Sohn der Familie. Die gesamte Story (ich sage bewusst nicht: Geschichte) wurde in meinen bisherigen Romanen dieser Saga verarbeitet, nun geht es um die Enkelin, die Mitter der 1970er nach Berlin zur Ausbildung geht. Also keine „Schnitzeljagt!“ Danke für die Erläuterungen.

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Durchaus, weil die Jahreszahl 1974 bisher X hieß. Und als nächstes wird dann wohl der Schleier gelüftet, der bisher über den genauen Umständen der Arisierung liegt.

Im Fall 1974 hängt die Wahrscheinlichkeit, ob die Villa zurückgegeben war, davon ab, auf welchem Weg genau sie in den 1930er Jahren den Eigentümer gewechselt hat. Wenn ein Verkauf zu einem Spottpreis an einen NS-Bonzen (oder, auch gerne genommen, einen Kumpel von diesem, so dass der Schmuh nicht so offensichtlich war) „freiwillig“ stattgefunden hat, etwa gegen die Zusage gewisser Gefälligkeiten bei der Ermöglichung der Ausreise, etwa Veranlagung zur Reichsfluchtsteuer in einer Höhe, die grade noch bezahlbar war, ist es sehr unwahrscheinlich, dass eine Rückabwicklung des formal nicht ohne weiteres anfechtbaren Verkaufs schon vor 1974 von einem Gericht oder sonst einer Behörde in West-Berlin oder angeordnet worden wäre.

Bei Vermögen in der Größenordnung einer einzigen, privat genutzten Villa waren derartige Verkäufe die Regel, „unrechtmäßige“ Arisierungen im Sinn von angeordneten Enteignungen gab es nicht so schrecklich viele.

1974 war der Tod von Fritz Bauer (näheres dazu einschließlich der rätselhafterweise unterbliebenen Obduktion weiß sogar Tante Wiki) mal grade sechs Jahre her. Die ab 1946 sukzessive in allen Westzonen vorgenommene Erhöhung des Anteils von (gewesenen) Mitgliedern der NSDAP an deutschen Gerichten durch die „Huckepackregel“ - jeder „Unbelastete“ durfte einen gewesenen oder auch nur heller gewaschenen Nazi im Verhältnis 1:1 wieder ins Amt bringen, so viele Nazis hatte es an den Gerichten vorher, während des tausendährigen Reichs, nicht gegeben - wirkte kraft Lebensalter der Nutznießer etwa dreißig Jahre lang,

Die bereits 1974 offenbar bereits stattgefundene reibungslose Rückgabe der Villa wird beim Leser allermindestens zu einem Räuspern Anlass geben.

Schöne Grüße

MM

@ April. Nein der Leser wird nicht mit Räuspern antworten, da die Rückführung der Villa lediglich ein ungenannter Hintergrund ist. Ich recherchiere für einen Roman und möchte wissen, ob diese Villa 1974 von der Enkelin bewohnt sein konnte. Hätte sie z.B. im Osten Berlins gestanden, wäre zu diesem Zeitpunkt eine Rückführung unmöglich gewesen. Es hatte bei den Besitzern keine Flucht und keine entsprechende Steuer gegeben, sie wurden umgebracht und der Sohn war schon vor 1933 ausgewandert. Das alles wird in diesem Roman nicht thematisiert, das wurde bereits in drei vorhergehenden Büchern geschrieben. Vielen Dank für die Kommentare. Ich schließe das Thema jetzt ab.

Das hätte der Vater des modernen historischen Romans, Lionel Feuchtwanger, an dieser Stelle nie getan. Seine Romane leben unter anderem von der Präzision der dargestellten Sachverhalte, und die lässt sich ohne saubere Recherche nicht erzielen.

Wenn der Sohn vor 1933 ausgewandert war, gab es während der 1930er Jahre, als die von Dir so genannte Arisierung nur stattgefunden haben kann, einen anderen Eigentümer. Und das wäre dann das nächste Fitzelchen zur Schnitzeljagd, von dem abhängt, ob die Villa plausibel 1974 von der Enkelin des Rechtsvorgängers des Eigentümers in den 1930er Jahren bewohnt hätte sein können.

Ich mag sauber recherchierte und dargestellte historische Romane, und ich helfe sehr gerne bei der Aufklärung sachlicher Details - erinnere mich mit Vergnügen daran, wie ich ebenfalls hier im Forum einem nicht ganz unwichtigen Autoren in diesem Genre einige Hinweise zur Ernährung von Legionären nördlich der Alpen um die Zeitenwende gegeben habe, die für mich beinahe trivial und für ihn recht wertvoll waren.

Aber so wird das nichts, fürchte ich. Schreib einfach was Du magst.

Schöne Grüße

MM