Rückgaberecht nach Beweislastumkehr Online-Einkauf

Hallo,
ich habe Ende November 2020 eine elektronische Heizdecke gekauft. Diese ist nun defekt, sprich innerhalb der 24 Monate, in denen ich Gewährleistungsanspruch habe.

Der Verkäufer lehnt einen Umtausch mit Hinweis auf den Ablauf der 6 Monate nach Kauf ab. Ich vermute, er zielt hier auf die Beweislastumkehr ab, denn ab da muss ich beweisen, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt des Verkaufs bestand. Meine Frage nun: Wie beweise ich denn bitte, dass der Artikel bereits im November 2020 kaputt war? Zum Einen war er nicht kaputt, denn er funktionierte ja 23 Monate. Aber wie setze ich meinen Anspruch denn durch, der mir qua Gesetz zusteht? Oder ist der 24-monatige Gewährleistungsanspruch nach Ablauf der ersten 6 bzw. neuerdings nun 12 Monaten nur ein zahnloser Tiger?

Google nennt leider nur den Fakt, dass der Käufer nach Ablauf der ersten 6 bzw 12 Monaten beweisen muss, leider nicht, wie man so etwas anstellt ohne ein Gutachten erstellen lassen zu müssen :smiley:

Edit: Würde es sich um 20 Euro China-Ware handeln ok, aber habe mich extra für einen deutschen Hersteller für 80 Euro entschieden (bei dem die Ware sicher auch aus China kommt^^)

LG
Reiner

Der Gewährleistungsanspruch ist kein Garantieversprechen. Wenn der Artikel nicht bereits im November 2020 einen Mangel hatte, aufgrund dem er jetzt kaputtgegangen ist (z.B. einen Fabrikationsfehler - ein falsches Teil, dasverbaut wurde, eine schlechte Lötstelle, etc.), dann steht dir qua Gesetz genau gar nichts zu. Ob Du hier einen Anspruch hast, steht momentan also überhaupt nicht fest, sondern muss erst festgestellt werden. Das könnte zum Beispiel durch ein Gutachten geschehen.

Zum Einen war er nicht kaputt, denn er funktionierte ja 23 Monate.
Ehrlich gesagt glaube ich in diesem Fall auch nicht, dass hier bereits ein Fehler beim Kauf vorlag. Insofern hast keinen Anspruch.

Es ist genau das, was es ist, nämlich eine Art Verjährungsfrist für Fehler, die bereits beim Kauf bestanden hbaen. Es ist keine Garantie, dass ein Artikel auf jeden Fall 24 Monate halten muss.

Gruß,
Max

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Hallo,
der Verkäufer kann deinen Anspruch nicht so einfach per Ferndiagnose ablehnen.
Er muss mindestens den Artikel prüfen, ggfs. auch durch den Hersteller. Erst dann kann festgestellt werden, ob ein Konstruktions- oder Materialfehler vorliegt.

Erkennst Du nicht selbst den Widerspruch in dieser Formulierung? Für die Gewährleistung ist nicht entscheidend, wie lange ein Gerät funktioniert, sondern ausschließlich, ob ein Mangel bereits im Zeitpunkt des Kaufs angelegt war. Und insoweit ist es schon vom Gesetzgeber höchst kundenfreundlich, dass eine Frist vorgesehen ist, in der dies - allerdings durchaus vom Verkäufer widerlegbar - vermutet wird, wenn es zu einem Ausfall/einer Fehlfunktion kommt.

Und ja, da ist dann der Verkäufer als Fachmensch in der besseren Position dem Kunden ggf. nachzuweisen, dass das Produkt nicht aufgrund eines bereits bei Kauf angelegten Mangels sondern aufgrund einer Fehlbedienung, einer nach dem Kauf erfolgten Beschädigung, … nunmehr defekt ist, als es später dann umgekehrt der Kunde ohne all die professionellen Möglichkeiten des Händlers ist. Aber genau dies ist auch so gewollt, denn wie @Denker_a_D schon schrieb: Es geht hier nicht um eine Garantie, dass ein Produkt unter beliebigen Bedingungen mindesten 24 Monate zu halten hat.

Es bleibt Dir insoweit nichts anderes übrig, als ggf. mit Hilfe eines externen Fachmenschen auf die Suche nach einem bereits bei Kauf angelegten Mangels zu gehen, was sich allerdings angesichts des hier genannten Preises aus wirtschaftlichen Gründen eher verbieten wird, wenn Du nicht gerade das Glück hast, z.B. im Internet Hinweise auf einen Konstruktionsfehler zu finden, der zum massenhaften Ausfall dieses konkreten Typs geführt hat.

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… und im Grunde auch nicht, ob es kaputt ist: Wenn ich eine Kettensäge mit 2000 Watt Leistung kaufe und nach einem Jahr feststelle, dass nur ein 1000-Watt-Motor verbaut wurde, ist das ein Gewährleistungsfall, ohne dass die Säge in dem Sinn „kaputt“ sein muss. Umgekehrt kann eine 2000-Watt-Säge nach einem Jahr kaputt gehen, ohne dass ein Gewährleistungsfall vorliegt, zum Beispiel, wenn ich sie in dem Jahr jeden Tag zehn Stunden benutzt habe, es sich aber nur um ein Amateurprodukt handelt, das für gelegentlichen Gebarauch konstruiert ist.

Grüße,
Max

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Danke euch für die ausführlichen und klarstellenden Antworten. Natürlich werde ich einen Teufel tun, ein Gutachten erstellen zu lassen.

Die Gewährleistung sehe ich tatsächlich als Garantie für die Mindestlebensdauer des Artikels an. Hier scheine ich wohl auf einem Irrweg zu sein. Dann ist das Recht des §437 BGB aber für diese Art von Bagatellen nach Beweislastumkehr aus wirtschaftlicher Sicht eher nutzlos.

Danke, dann kaufe ich mal einen neuen Artikel.

LG
Reiner

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Uiuiui, jetzt kommen wir aber in die Tiefen der Abgrenzung von Aliud und Mangel (der wir uns glücklicherweise in der Gleichstellung im Ergebnis entzogen haben), sachgemäßem/üblichen Gebrauch, verkehrswesentlicher und zugesicherter Eigenschaften, … :wink:

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So ist es, und wenn Du Dir deine eigene Sachverhaltsdarstellung ansiehst, dann spricht nach 23 Monaten - ohne hinzutreten besonderer Umstände - zunächst einmal alles dafür, dass da kein Mangel zum Zeitpunkt des Kaufs bereits angelegt war. Es gibt die klassischen Fälle des DoA, also des Dead on Arrival bzw. in einer je nach Produkt recht überschaubaren Zeit kurz danach. Das sind typische Mangelszenarien. Da reagiert ein Bauteil auf thermische Belastung durch Betrieb mit einem Ausfall, löst sich die klassische kalte Lötstelle durch ebenfalls thermische Belastung oder mechanische Beanspruchungen, … Und diese Dinge sind durch die Beweislastumkehr zu Beginn der Gewährleistungsfrist auch gut abgedeckt. D.h. diese Regel hat durchaus Sinn und Verstand.

Das würde ich nicht unterschreiben. Denn es gibt durchaus regelmäßig Fälle, in denen der Nachweis gelingt. Die für den Kunden günstigste Variante ist ein in der Öffentlichkeit bekannt werdender Serienfehler oder Konstruktionsmangel sowie einen Herstellerrückruf, bei dem man sich dann einfach mit einem Standardszenario all den anderen Betroffenen anschließen kann. Und bei höherpreisigen Dingen lohnen sich Gutachten durchaus vielfach. Denke z.B. mal an den ganzen Baubereich, Kfz, Anlagen- und Maschinenbau, … Es gibt aber durchaus auch pfiffige Bastler, die sich gerne mal auf Fehlersuche begeben und dann in einschlägigen Internetforen ihre Erkenntnisse zum Besten geben. Da wird man dann auch ggf. fündig und kann solchen Hinweisen ggf. auch ohne größere eigene Fachkenntnis und Werkstatt folgen. Ich hatte so einen Fall vor ein paar Jahren (leider stieß ich zu spät auf entsprechende Informationen), bei dem ich mit etwas mehr Glück rund € 200,-- hätte sparen können.

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Die Tiefen überlasse ich gerne gelehrten Menschen wie Dir. :slight_smile:

Das Säge-Beispiel kommt letztendlich aus meiner Praxis als Heimwerker. Viele Werkzeughersteller haben ja genau deswegen eigene (teure) „Professional“-Produktlinien, weil es halt einen Unterschied macht, ob man mit dem Akkuschrauber täglich Stunden arbeitet oder nur dreimal im Jahr einen Ikea-Schreank zusammenschraubt.

Meine erste Akkuschrauber war con Aldi. Inzwischen habe ich einen „blauen“. Deutlich teurer, natürlich, aber eben für ausdauernden Gebrauch gemacht.

Beste Grüße,
Max

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Das ist jetzt keine juristische Antwort, aber man kann ja mal dem Hersteller schreiben, wie entäuscht man ist, dass ein Markenprodukt einer so renommierten Firma nur so kurz gehalten hat, wo man doch bisher so von der Qualität überzeugt war …

Nein, der Hersteller muss nichts, aber gelgentlich werden Hersteller dann aus Marketinggründen sehr verbracherfreundlich. :slight_smile:

Aber, wie gesagt: Das ist keine juristische Antwort. Das fällt dann eher in den Bereich Marketing und Psychologie.

Meine Frau hat mal einem Farbenhersteller geschrieben, wie sehr sie es bedauert, dass eine bestimmte Produktlinie eingestellt wird. Kurze Zeit später bekam sie als Trost eine Kiste „aus den Restbeständen“ frei Haus geliefert.

Beste Grüße,
Max

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Das ist auch nicht die einzige Möglichkeit, den geforderten Nachweis zu führen.

Wenn z.B eine Lötstelle gebrochen ist, die in der Decke an einer ständig mechanisch belasteten Stelle ohne jeden mechanischen Schutz verbaut ist, braucht es keinen Gutachter, um unmißverständlich darzulegen, dass Mr. Hui Peng da bei der Fertigung gepfuscht hat und der Schutz bereits beim Verkauf fehlte.

Schöne Grüße

MM

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Die Irrung beginnt schon beim Begriff. „Gewährleistung“ wird nur in den Medien verwendet. Im Gesetz nennt sich der Fall „Sachmangel“ - also ein Mangel an einer Sache.

Und da schließt sich schon der Kreis zu den Aussagen der anderen: ein Defekt muss nicht zwingend auf einen Mangel an der Sache zurück zu führen sein, der beim Übergang vom Händler an den Kunden bereits vorhanden war.

Und um die polemische Frage am Eingang zu beantworten: auch ich erachte, mit fast 25 Jahren Berufserfahrung im Facheinzelhandel für Luxus-Elektronik die Sachmangelhaftung ab dem 6. Monat für einen weitgehend zahnlosen Tiger, sofern man von Defekten an technischen Geräten ausgeht. Nur die wenigsten Kunden werden den Sachverstand besitzen, dem Händler ohne teure Gutachten nachweisen zu können, dass der Mangel bereits bei der Übergabe angelegt war.

Ich hätte mir gewünscht, dass der Gesetzgeber eine verpflichtende Haltbarkeit einführt, also die Pflicht zur Garantie, verbunden mit der Pflicht zur Reparatur. Ja, so manches Produkt würde deutlich teuerer werden, so manches Produkt würde vielleicht gar nicht erst in den Laden kommen. Aber letzten Endes wäre es für uns alle und den Planeten wahrscheinlich besser.

Ich bin aber auch ein Träumer! :wink:

Grüße
Pierre

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