Russland darf zu Olympia!

Servus,

genau diesen Titel verwendet die SZ in ihrem Artikel zur russischen Doping-Affaire rund um Olympia. Zur Erinnerung: Auslöser des ganzen war die ARD-Dokumentation „Geheimsache Doping: Wie Russland seine Sieger macht“, die im Dezember 2014 gezeigt wurde. Ende 2015 bzw. Anfang 2016 veröffentlichte die WADA zwei Berichte, die über großangelegtes Doping mit Unterstützung des russischen Staates berichteten. Darauf folgte ein weiterer Bericht einer unabhängigen Kommission, die im Juli 2016 veröffentlicht wurde und nicht nur alle Anschuldigen stützte, sondern auch zahlreiche neue Fälle ans Licht brachte.

Daraufhin sperrte der IAAF alle russische Leichtathleten für alle internationalen Wettkämpfe. Das IOC hätte zwar die Möglichkeit, Sportler dennoch zuzulassen, aber IOC Präsident Bach kündigte im August 2015 folgendes an:
„Sollten davon auch Fälle bei den Olympischen Spielen betroffen sein, wird das IOC mit null Toleranz reagieren“

Nun scheint Herr Bach entweder das Wort ‚null‘ oder ‚Toleranz‘ nicht zu verstehen. Und damit kommen wir auch zum eingangs erwähnten Artikel.

"Trotz belegten Staatsdopings lässt das IOC Russland in Rio starten. Der Beschluss torpediert den weltweiten Anti-Doping-Kampf und liest sich, als hätte ihn Putin persönlich diktiert. "

Was genau steht in dem Beschluss?

"Sportler, die gegenüber ihren jeweiligen Weltverbänden den Nachweis erbringen können, nicht ins russische Staatsdopingsystem involviert gewesen zu sein, dürfen bei den Spielen in Rio de Janeiro starten."

Klingt ja nicht schlecht, oder?

"Damit spielte das IOC unter dem deutschen Advokaten Bach das Thema einfach an die Fachverbände zurück. Deren Aufgabe ist quasi unlösbar: Sie sollen nun komplexe Sachverhalte zum russischen Staatsdoping überprüfen, die im Einzelfall gar nicht zu überprüfen sind - schon gar nicht binnen kürzester Zeit. In zwölf Tagen werden die Spiele eröffnet."

Die Fachverbände sollen also in 12 Tagen das lösen, was die WADA in zwei Jahren nicht geschafft hat? Immerhin geht es um ungeahnte Dimensionen:

Der ARD sagte [McLaren], die bisher auf rund 1400 bezifferte Anzahl der in Russland zerstörten Proben sei „auf jeden Fall viel größer, es sind mehrere tausend, die genau Zahl ist schwierig zu bestimmen“. Der Sender selbst berichtet von rund 9000 zerstörten Proben. Ähnliches gilt für die im McLaren-Report zunächst auf 643 bezifferte Menge von Proben, die mit speziellen staatlichen Betrugsmethoden von positiven in negative umgewandelt worden seien: Hier soll die Zahl laut ARD auf rund tausend Proben ansteigen.

Um dem Ganzen noch das Sahnehäubchen aufzusetzen, entschied das IOC auch im Fall von Doping-Kronzeugin Julia Stepanowa, die erheblich dabei mitgeholfen hat, diese Umstände aufzudecken.

Da sie selbst eine Doping-Sperre bekommen hätte würde sie trotz ihres Beitrages zum Schutz von sauberen Athleten „nicht die ethischen Anforderungen“, um bei Olympia zu starten.

Die ethischen Anforderungen des IOC…

An anderer Stelle stellte @Wolfgang_Dreyer folgende Frage:

In welcher Größenordnung liegt der Schmiergeldbetrag für solches Abstimmungsverhalten bei internationalen Sportgremien üblicherweise?

An dieser Stelle würde ich diese Frage gerne zurückgeben.

Lg,
Penegrin

Hallo Penegrin,

Toleranz war nur ein Tippfehler, bzw. hat die Rechtschreibkorrektur automatisch eingefügt.

MfG Peter(TOO)

Das würde zumindest einiges erklären…

Warum? Beantworte halt die Frage von Wolfgang_Dreyer:

wenn du sie schon wiederholst.
Für ein bequemes: „gerne zurückgeben“ bekommst du keinen Blumentopf.

Hallo!

Du zitierst meine Frage in sinnentstellendem Zusammenhang, wie überhaupt die aktuelle Doping-Diskussion am Kern der Sache vorbei geht.

Wir verfolgen die Idee vom sauberen Sport, der zudem nur um der Ehre willen in fairem Wettkampf betrieben wird. Solche Aussagen kommen über Fiktion und Selbstbetrug nicht hinaus.

Schon die Dopingkontrollen kommen nicht nennenswert über verlogenen Aktionismus hinaus. Bei Kontrollen während großer Veranstaltungen werden nur noch ein paar ungeschickte Deppen erwischt. Die werden auch dringend gebraucht, damit alle anderen ihr blütenweißes Wesen präsentieren können. Doping ist nicht einmal klar abgrenzbar und wird es vorhersehbar auch nie sein, weil Blut- und Urinwerte auffällige Werte und Konzentrationen einzelner Substanzen enthalten können, die in Physis und Lebensgewohnheiten des Individuums begründet sind. Zudem gibt es leistungssteigernde Mittel, die entweder nicht nachweisbar sind und/oder mit den Kontrollmechanismen nicht entdeckt werden können oder die schon früh eingesetzt wurden, um die körperliche Entwicklung nachhaltig zu beeinflussen.

Dopingfreier (Hochleistungs-) Sport ist aus o. g. Gründen eine Fiktion. Das gilt auch für (Hochleistungs-) Sport als Selbstzweck nur für die Freude am Wettkampf und Ehre. Es geht um Geld. So mancher vermeintliche Amateur hat mit einer olympischen Medaille ausgesorgt oder war tatsächlich nie Amateur, wie die Sportsoldaten der Bundeswehr und etlicher anderer Staaten. Beschiss und Etikettenschwindel sind von daher im Leistungssport systemimmanent.

Spätestens seit Olympia '36 sind internationale sportliche Großveranstaltungen von politischen Interessen geprägt. Fürs Publikum wird dieser Charakter schon bei den Nationenwertungen deutlich. Die Leistung sportlicher Akteure, die sich jahrelang schindeten, geht dabei unter. Im Vordergrund steht z. B. USA vor Russland oder umgekehrt - auf allen Ebenen ausgetragener Kampf der Großmächte. Den ausgeguckten und zu isolierenden Gegner gar nicht erst antreten zu lassen ist ungefähr so, wie seine Kampfflieger schon am Boden zu zerstören, bevor sie starten können.

Bei der aktuellen Doping-Diskussion geht es im Kern nicht um Sport, sondern um Diskreditierung. Während Sportler pinkeln und in ihren Venen gestochert wird, wird nach Munition gesucht, um Putin und das Reich des Bösen zu treffen.

Gruß
Wolfgang

Nein, die Frage passt genau in diesem Zusammenhang, aber natürlich nicht in dein Weltbild. Denn die ganze Arbeit der letzten zwei Jahre hatten ja deiner Meinung nach nur den Zweck, Putin und Russland anzupatzen.

Immerhin scheinst aber selbst du nicht mehr leugnen zu können, dass in Russland Doping auf staatlicher Ebene betrieben wurde. Das ist ja immerhin ein Anfang :thumbsup:

Lg,
Penegrin

Wer meint, mein Weltbild zu kennen, befindet sich auf dem Holzweg.

Solche Meinung äußerte ich nirgends. Dass aber manchen Zeitgenossen Sport und leistungssteigernde Mittel als sachfremdes Vehikel für ganz anders gelagerte Auseinandersetzungen dienen sollen, ist erkennbar. Bereits eine Überschrift „Russland darf zu Olympia“ entlarvt die Absicht. Es geht nicht um Sport, nicht um Sportler, es geht um Russland.

Wenn es nun einmal Regeln zu Dopingkontrollen gibt, ist es in Ordnung, Sportler zu sanktionieren, bei denen Regelverstöße nachgewiesen werden. Aber manche Leute haben kein Interesse an solcher Differenzierung, wollen die Gelegenheit nutzen, Russland zu sanktionieren. Es gibt unübersehbar politische Interessen und Maßnahmen, durch Europa einen Keil zu treiben. Dabei herrscht regelloser Freistil, alles ist erlaubt, sofern es sich medial verwursten und unters Volk bringen lässt. Soldaten im Baltikum, Raketen in Polen und Olympia sind dabei nur verschiedene Waffen gegen den gleichen Gegner.

Sollten die Sticheleien irgendwann ins Auge gehen und unkontrollierbar entgleiten, werden heute unter Pseudonym tönende Leute ein neues Pseudonym haben, abgetaucht sein und nie irgendwas gewusst haben. Schon jetzt ist beschädigt, was an wirtschaftlichen Strukturen in Jahrzehnten aufgebaut wurde. Teile unserer Agrarwirtschaft haben bereits ernsthafte Probleme, ebenso etliche Unternehmen des Maschinenbaus. Wenn hierzulande massenhaft syrische Flüchtlinge Asyl suchen, ist das eine Folge laienhafter Fehleinschätzung der Akteure des „afrikanischen Frühlings“ u. a. durch Amerikaner sowie einer Stellvertreterauseinandersetzung in Syrien.

Ist natürlich alles nur ideologisch verbohrte Weltsicht von jemandem, der nicht einsehen will, wo von jeher die stets Guten, Edlen, Klugen und selbstlos Handelnden sitzen und wo das Böse zu verorten ist.

Gruß
Wolfgang

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Ok, dein ‚Russland gut - USA böse‘ Mantra als Weltbild zu bezeichnen, ist vielleicht wirklich etwas weit hergeholt.

Nein? Wie genau war dann dieser Satz zu verstehen:

Wie so oft ist das arme Russland mal wieder schuldlos das Ziel einer internationalen Verschwörung geworden. Sagte ich ‚international‘? Ich meinte natürlich die pösen Amerikaner die überall ihre ölverschmierten Finger drin haben. :smirk:

Lg,
Penegrin

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Hallo!

Die Gut-böse-Einteilung ist so schön einfach, wohl deshalb so beliebt, liegt aber regelmäßig neben der Sache. Erhellender wirkt es, Interessen zu betrachten, militärische Interessen, Machtinteressen, wirtschaftliche Interessen und natürlich die Interessen, die einfach nur in Frieden leben wollen. Natürlich ist es legitim, eigene Interessen zu vertreten. Dabei ist es nützlich, zu erkennen, welche Interessen verfolgt werden, wer Nutznießer ist und ob es dabei Geschädigte gibt.

Jahrzehntelang begingen viele Westdeutsche den den Irrtum, die USA für Verbündete zu halten, während Ostdeutsche das Gleiche von den Russen annahmen. Dabei verfolgten beide Mächte nur ihre eigenen Interessen, suchten sich für Auseinandersetzungen immer Regionen, deren Bewohner dumm genug waren, Stellvertreterkriege zu führen. Deutschland zwischen Rhein und Oder war als Ort des ultimativen Schlagabtauschs vorgesehen, deren komplette Einwohnerschaft mitsamt aller Lebensgrundlagen hätten dran glauben müssen. Ist alles noch nicht lange her.

Wir sollten heute zur Kenntnis nehmen, dass die EU Russland zum Nachbarn hat, dass es beiderseitigen Nutzen aus friedlichen und ungestörten Wirtschaftsbeziehungen gibt und dass Störungen dieses Verhältnisses zum beiderseitigen Schaden führen, während auf der anderen Seite des Atlantiks ein lachender Nutznießer zuguckt. Der lachende Dritte ist nicht böse, hat nur andere Interessen als Europa, schon qua geografischer Lage. Sie können aus der Ferne stänkern, in und um Europa die Sau rauslassen, bleiben aber von den Folgen ihres Treibens unberührt.

Gruß
Wolfgang

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