Russland greift die Ukraine an

Was ich so mitbekommen habe, wurde durchaus die Produktion erhöht. Zwei Reaktoren des AKW Riwne mit einer Leistung von ca. 1,3 GW gingen nach langen Reparaturen erst vor kurzem wieder ans Netz. Zudem hat man bei den Kohlekraftwerken einen großen Spielraum, da man hier vor dem Krieg eigentlich aussteigen wollte. Aktuell wird dort wieder so viel Kohle wie nur möglich verfeuert.

Aktuell kann man den eigenen Bedarf wohl vollständig decken und den Überschuss exportieren. Natürlich ist der Bedarf nicht der Gleiche wie noch vor einem Jahr. Trotzdem kann man wohl behaupten, dass die russische Strategie nicht aufging.

Das sowieso. Bei aller Steigerung der Produktion und den schnellen Reparaturen wollte ich nur darauf hinweisen, dass die Texte und andere, die ich zu dem Thema las, bei allem Jubel erstaunlich unpräzise sind, was zwei Fragen angeht:

  1. Wie viele Haushalte sind derzeit noch ohne Strom?
  2. Wie viel Infrastruktur ist noch beschädigt/ohne Funktion?

Die Antwort auf 2. ist auch interessant als Antwort auf die Frage, wie viel Schaden kann das Netz noch verkraften, d.h. was passiert, wenn die Russen noch einmal Raketenschläge insbesondere auf Umspannwerke durchführen. Anfang Februar gab es z.B. einen „Unfall“ in einem Umspannwerk bei Odessa, in dessen es dort umfangreiche Stromausfälle gab. Die Berichte zu dem Thema interpretierte ich so, dass der Unfall eine Folge von viel Frickelei und Improvisation nach den russischen Angriffen war.

Früher kamen ja die Brennstäbe aus Russland und die Kohle aus der Ostukraine, oder? Wie sichert die Ukraine jetzt ihre Energieversorgung? Regenerative Energie gibt es, macht aber wohl nur einen kleinen Anteil aus.
Es ist natürlich gleichzeitig sehr erfreulich und erstaunlich, dass Russland mit seinem monatelangen Bombardement nicht gelungen ist, die Energieversorgung längerfristig massiv zu zerstören. Und gleichzeitig scheinen die Ukrainer außerordentlich flexibel und geschickt vorzugehen, um trotz Kriegszustand die elementaren Systeme aufrecht zu erhalten.

Ein ganz anderer Punkt: Auf Wikipedia steht, dass im Bereich Energieversorgung in der Ukraine besonders viel Korruption bestand. Wäre ja schön, wenn die Ukraine das auch in den Griff bekäme…

Russland ist schon seit über 15 Jahren nicht mehr der einzige Versorger mit Brennstäben. Westinghouse hat in den letzten Jahren seinen Anteil stetig ausgebaut und es gibt keinen Grund anzunehmen, dass man hier nicht auch zu 100% versorgt werden kann. Zumal aktuell nur 9 der 15 vorhandenen Reaktoren in Betrieb sind.

Und zum Thema Kohle:

Luhansk ist mittlerweile fast völlig besetzt, aber im Oblast Donezk hat sich die Front kaum verschoben. in Dnipropetrovsk (westlich von Donezk) gibt’s zwar riesige Vorkommen, das ist aber hauptsächlich Braunkohle. In Lwiw und Wolyn (ganz im Westen) gibt’s ebenfalls Kohle. Das zweitgrößte ukrainische Kohlekraftwerk in Burschtyn (2,3 GW) bezieht beispielsweise von dort die Kohle.

Aber klar, der Verlust der Minen im Donbas ist nicht zu kompensieren, auch wenn in den übrigen Minen mittlerweile rund um die Uhr gefördert wird. Außerdem wird fleißig importiert, wobei das wegen des Blockade der Schwarzmeerhäfen natürlich auch schwieriger wurde.

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Dazu passt diese Information von Ukrinfo:

Du scheinst recht zu haben:

The photo confirms what some observers grimly predicted: the Kremlin is shipping T-55s to Ukraine without upgrading them. The tank in the photo has the same active infrared optics the T-55 had in the late 1950s.

And there’s no evidence the Russians have added blocks of explosive reactive armor in order to reinforce the T-55’s original—and thin—steel armor.

In other words, the T-55s really are 1950s technology. And hopelessly obsolete compared to even the oldest tank in the Ukrainian inventory.

Verstehe auch nicht, wieso mich so etwas noch wundert :man_shrugging:

Wenns nicht so schrecklich wäre könnte man witzeln, Russland nimmt halt den Denkmalschutz ernst…

… und verheizt seine Rüstungstechniker im Sperrfeuer, könnte man meinen:
https://www.focus.de/panorama/welt/putin-will-die-ukraine-mit-seinen-panzern-fluten-doch-keiner-baut-sie-fuer-ihn_id_185082532.html

Jede Wette, dass Russland auf längere Zeit ein dritte-Welt-Land wird/bleibt.

Das solltest Du Dir mal ansehen:

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In den ersten 5 Minuten waren schon so viele Fehler, dass ich aufgegeben hab.

Es würde mich interessieren welche Fehler du meinst. In den ersten fünf Minuten erfolgt nur ein geschichtlicher Rückblick bis ca. 1914 und ich kann da keine gravierende Fehler sehen.

Ein 20 Minuten Video von YouTube ist schließlich kein wissenschaftliches Werk das bei der Akademie der Wissenschaften eingereicht wird.

Selbst wenn man unter einer russisch geprägten Bildung leidet, wie z.B. meine Frau (Dipl. Architektin), die von vielen Dingen, die den Sowjets unangenehm waren nie etwas gehört hatte (z.B. amerikanische Militärhilfe im Weltkrieg 2), findet man keine offensichtlichen Fehler und schon gar nicht in der Menge, wie Du das andeutest.

Das eigentliche Thema, nämlich die Zentrifugalkräfte in den Provinzen, die ökonomischen, demografischen, ethnischen, geographischen und religiösen Probleme, die bei einem so riesigen Imperium immer danach streben den massiven Block zu zerreißen, kommen sowieso erst später.

Da könnte man bei dem einen oder anderen Punkt durchaus anderer Meinung sein aber dazu muss man sie überhaupt erst einmal wahrnehmen, was bei Dir ja leider nicht der Fall war.

Ich finde ja schon interessant, wie schnell diese zu sehen waren und wie die sich zaghaft immer weiter ausweiten. Die neuen Konflikte um Bergkarabach, das Verhalten einzelner ehemaliger Sowjetrepubliken (frühzeitig schon mit der Weigerung Belarus beginnend, sich aktiv am Krieg zu beteiligen, dann das Verhalten des kasachischen Präsidenten ggü. Putin), die Unruhen in Tadschikistan usw. Ob ein Zerfall am Ende besser für die Welt ist, sei dahingestellt, aber da ist definitiv schon etwas im Gange.

Märchenstunde im russischen Internet:

Ein „spezieller Korrespondent“ meldet, dass im März 160 Nato-Offiziere in einem 100m tief gelegenem Bunker in Lwow durch eine russische Kinshal?-Rakete getötet wurden. Nur 40 Leichen konnten geborgen werden.

Ich glaube über den Wahrheitsgehalt der Meldung muß man nicht groß diskutieren, ich bringe das mal als Beispiel, mit welchen Schauermärchen die russischen Internetnutzer berieselt werden.

In der Realität: Prigoschin meldet alle Ziele der „Spezialoperation“ als erreicht und fordert Ende der Kämpfe.
Für mich heißt das: er glaubt nicht an weitere russische Erfolge und möchte sichern, was zur Zeit erreicht ist - oder vielleicht auch nur eine Ruhe- und Konsolidierungszeit erreichen.

Auf jeden Fall lehnt er sich in den letzten Wochen auffällig oft weit aus dem Fenster um Dinge zu verkünden, die Putin nicht gefallen können.

Kadyrow dreht durch. In Moskau hat jemand öffentlich einen Koran verbrannt, die russischen Muslime schlagen Krawall. Kadyrow will ihn „bestrafen“ und hat für den Namen des Täters öffentlich 5 Mio. (ca. € 50.000) Rubel ausgelobt, für seine Ergreifung und Übergabe an ihn 10 Mio. (ca. € 100.000).
Ein schönes Schlaglicht auf den „Rechtsstaat“ Russland, wo eine Privatperson öffentlich Kopfgeldjäger auffordern kann tätig zu werden.

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Danke für diesen Einblick!
Die Meldung oben wird aber wahr sein - halt bis auf Kleinigkeiten, der Bunker ist vermutlich nicht 100 m, sondern 100 cm tief, steht nicht in Lwow sondern ein paar hundert km weiter östlich, und die 160 Nato-Offiziere sond wohl keine Offiziere und nicht von der NATO, sondern Zivilisten, vermutlich nicht 160, sondern 16 oder 1,6 (also ein bis zwei Personen), aber ansonsten wird alles stimmen!

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Nächster Brennpunkt : Belarus? Baltikum? :thinking:

Wir haben hier recht viele Russen in der Siedlung, wobei die meisten völlig normal sind. Eine Familie allerdings stand hier wacker auf Putins Seite und war bis zur Abschaltung RTs bester Kunde.

Als ich dann vor ein paar Monaten diesen Propagandawerbespot sah, in dem eine Russin angeblich eine Freundin in Paris besuchte, wo dann der Strom ausfiel und mit Kerzen geheizt wurde (hab’s nicht mehr genau im Kopf), überlegte ich schon, wie diese Familie mit so einem Quatsch klarkommt. Ich meine, die leben hier im Schlaraffenland und schaffen es trotzdem, so einen Unsinn zu glauben? Ob die sich damit trösten, dass hier die einzige Siedlung in Westeuropa ist, die noch Strom und Heizung hat? Oder meinen die, sie leben in einer Art Truman Show, in der nur für sie die prowestliche Illusion aufrecht erhalten wird?

Ich beobachte die ersten Anzeichen der Auflösungserscheinungen in den Außenbereichen des putinschen Großrusslands mit großem Interesse. Inzwischen muss es auch in genug Familien Todesfällen geben, dass darüber geredet wird. Auch nehmen die politischen Beben zu. Prigoschin haut die dollsten Statements raus, dass die ukrainische Offensive Erfolg haben wird, dass die Ziele der Spezialoperation erreicht wurden und einige andere aus Putins innerem Kreis positionieren sich auch schon recht deutlich.

Es ist natürlich eine Spekulation, aber ich denke, dass nach den ersten Erfolgen der ukrainischen Offensive und einem erfolgreichen Abschneiden der Landverbindung zur Krim in Moskau etwas passieren wird und man sich in der Folge erst einmal darum kümmern wird, das eigentliche Kernland und die politisch Kaste wieder einzunorden. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn wir morgens von der Meldung begrüßt werden, dass Putin in der Nacht einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder Fenstersturz erlegen ist.

Wie gesagt:

Aber das Kriegsende ist ja nicht das Ende für die Region. Die Ukraine wird einen beispiellosen Aufschwung erleben: Bauindustrie, Investitionen in Produktionsanlagen, Infrastruktur. Wenn die Korruption sich in Grenzen hält, könnte die Ukraine ein Wirtschaftswachstum erleben wie wir das aus der jungen Bundesrepublik kennen, die ja auf einem ähnlichen Fundament erblühte (Zerstörung, viel Geld, Investitionen in moderne Technik). Dann hat Russland nicht nur NATO und EU vor der Tür, sondern auch eine moderne, blühende Volkswirtschaft, in der auch noch russisch gesprochen wird. Die Ukraine könnte eine wahre Völkerwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus Russland erleben.

Aber gut: bis dahin sind es noch ein, zwei Jahre. ;- )

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Die Zukunft der Ukraine und der europäischen Wirtschaft sehe ich auch optimistisch, wenn der Krieg positiv für sie endet.

Sorgen wird uns dann eventuell der Zerfall Russlands machen, der dann durchaus möglich ist.

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Bei den Leaks wurde ja auch was über Putins angeblichen Gesundheitszustand bekannt:

Sollte das stimmen und manche Personen spekulieren damit, dass man Putin bald nicht mehr zu fürchten hätte, würde das natürlich so manches erklären. Ohne Putin wäre es auch viel einfacher, einen gesichtswahrenden Friedensvertrag zu schließen.

Aber man sollte sich nicht der Hoffnung hingeben, dass es mit seinen Nachfolgern leichter würde. Die Lage wäre dann, je nachdem wie viele Aspiranten sich um die Nachfolge streiten, unübersichtlich, verworren und undurchsichtig.

Wobei ich mir schon vorstellen kann, dass sich Russland nach dem Ende des Krieges inkl. Machtwechsel (oder anders herum) einige Zeit mit sich selbst beschäftigt. Was am Ende dabei rauskommt, sei dahingestellt.