Satteltrunk op Jagd und am Herd?

Liebe Philologoi,

im Kochbrett sind wir grad über einen Begriff gestolpert, über den die Herren Wahrig und Kluge nicht mit mir reden wollen - klar, ist wohl auch zu speziell und teils umgangssprachlich:

Satteltrunk:

  • Ist dieser Begriff für die durch den Koch kraft ihm zustehenden Vorrechtes des Prüfens und Verkostens vor Eröffnung der Tafel eingenommenen Getränke im Deutschen geläufig oder bin ich da einem Familiarismus aufgesessen? Wenn ich mich drauf zu besinnen versuche, wo ich ihn mit dieser Bedeutung aufgelesen habe, verlassen mich die Geister.

und konkreter:

  • In der berittenen Jägerey spielt dieser Begriff wohl eine gewisse Rolle. Hat er, wie vieles im Waidwesen, eine früher präzisere Bedeutung als die heute bloß traditionelle? Etwa, daß unter bestimmten Umständen außerhalb der eignen vier Wände (= dem im Sattel sitzenden Reuter) auch ohne Schankrecht ausgeschenkt werden darf? - dieses bloß eine Mutmaßung betreffend die sehr vielen in Betracht kommenden Funktionen des Wortes.

Wer weiss was dazu?

Schöne Grüße

MM

Liebe Philologoi,

Neenee, das bin ich nich, bloß Reiterin.
Als solche bin ich natürlich einem solchen nicht abhold (obwohl Alkohol am Zügel auch ein Delikt ist und genauso geahndet wird wie Alkohol am Fahrradlenker oder bei Fußgängern, sobald man den übrigen Straßenverkehr gefährdet).

Satteltrunk:

Den Hintergrund in punkto Schankrecht o.ä. kann ich Dir leider nicht sagen, aber bei Reitern ist der Satteltrunk insofern beliebt, daß man, je nach Trinkspruch, das Glas entweder in die rechte oder in die linke Hand nehmen muß, andernfalls ist man selbst für den nächsten Satteltrunk zuständig.

Trinkspruch: „Prost!“ -> egal, welche Hand
„Prost, Reiter!“ -> Glas in die linke Hand. Es wird hier davon ausgegangen, daß der Reiter neben dem Pferd steht, nach englischer Reitlehre links davon, ergo die Zügel rechts hält, ergo nur die linke Hand für’s Glas frei hat.
„Prost, Reiter zu Pferde!“ -> Glas in die rechte Hand. Muß ein Reiter aus irgendeinem Grund einhändig reiten (auch hier wieder natürlich die englische Reitweise), so ist die linke Hand die Zügelhand, ergo die rechte für’s Glas frei.
Ferner gibt’s Satteltrunke für unfreiwilliges Absteigen, sei’s, daß das Pferd sich vom Reiter trennt, sei’s, daß man eine heruntergefallene Gerte aufheben muß, oder für gefallene Stangen im Springparcours.

Hat Dir bei Deiner Frage speziell jetzt nicht weitergeholfen, aber klüger bist du allemal, oder?

Reiterliche Grüßle
Regina

Ein Satteltrunk kann Leben retten
„…Oder wie es bei einer Fuchsjagd wirklich zugeht, wenn die Jäger/Reiter immer noch mal einen hochprozentigen Satteltrunk zu sich nehmen während der Fuchs - so überhaupt vorhanden - derweil das Weite suchen kann… Ja ja die Engländer, man muss sie einfach mögen.“

http://72.14.207.104/search?q=cache:1LzgTcFfGeAJ:www…
Appetitlich angerichtet

Gruß
J.

Servus Regina,

Hat Dir bei Deiner Frage speziell jetzt nicht weitergeholfen,
aber klüger bist du allemal, oder?

Das in der Tat, obwohl ich eigentlich andere Dinge lernen sollte… An dieser Stelle müssten wir uns wohl ins „Mittelalter“-Brett begeben, weil diese Art der Ritualisierung, auch wenn sie heute mit einem Augenzwinkern eher eines von vielen Trinkritualen ist, vermuten lässt, daß sie einen „ernsten“ Kern im Sinn von Alltagsmagien hat, denen ich gefühlsmäßig etwa ein- bis zweitausend Jahre geben würde. Immerhin sind die für Reiterliches zuständigen St. Martin, St. Blasius und ihr Großonkel Wotan relativ wichtige Figuren im spätgermanischen Götterhimmel.

Überraschen täts mich nicht, wenn im Ritual auch noch das Verschütten eines kleinen Schluckes für „Hans im Keller“ Platz hätte!

  • Sollte man den Bogen zur Küche etwa so schlagen können, daß sowohl am Herd als auch am Bocksdrilling Weiberleut streng genommen nichts verloren haben :wink:?

Schöne Grüße

MM

Lieber Philologos,

im Kochbrett sind wir grad über einen Begriff gestolpert, über
den die Herren Wahrig und Kluge nicht mit mir reden wollen -
klar, ist wohl auch zu speziell und teils umgangssprachlich:

Ich habe bisher auch bloß beim Grimm was gefunden, aber auch das nur sehr spärlich:

[14,1829] SATTELTRUNK [Lfg. 14,10], m. ein trunk, der dem reiter aufs pferd gereicht wird.

Gruß Fritz

Salve Regina, gratia plena!

Trinkspruch: „Prost!“ -> egal, welche Hand
„Prost, Reiter!“ ->.
„Prost, Reiter zu Pferde!“ ->

Sitzt ihr bei diesem Sattelgetrinke in der Kneipe?
Oder geschieht das im Freien?
Bei einem Ausflug hoch zu Ross?
Bei einem Turnier?
Oder wie?

Und wann reitet ihr? :wink:

Vale Fritz

Hallo, Martin,

im Kochbrett sind wir grad über einen Begriff gestolpert

Satteltrunk:

  • Ist dieser Begriff für die durch den Koch kraft ihm
    zustehenden Vorrechtes des Prüfens und Verkostens vor
    Eröffnung der Tafel eingenommenen Getränke im Deutschen
    geläufig

in diesem Zusammenhang ist mir der Begriff noch nicht begegnet (was natürlich nichts heißen will…)

und konkreter:

  • In der berittenen Jägerey spielt dieser Begriff wohl eine
    gewisse Rolle. Hat er, wie vieles im Waidwesen, eine früher
    präzisere Bedeutung als die heute bloß traditionelle?

Im Englisch gibt es den (die?) „stirrup cup“, der in etwa dem Satteltrunk entspricht (wobei sich die Bedeutung zu „Abschiedstrunk“ verallgemeinerte):

Stirrup-cup (1681) was a cup of wine or other drink handed to a man already on horseback and setting out on a journey, hence „a parting glass“ (cf. Fr. le vin de l’etrier).
http://www.etymonline.com/index.php?search=stirrup&s…

_The expression „stirrup cup“ has two meanings, both closely connected with hunting. It has long been a tradition for those partaking in a hunt to have a drink before the hunt commences, as a toast to success in the pursuit of their victims. The tradition goes back a long way, certainly into Medieval times - a drink would be offered to riders before they set off after their quarry, whilst they were mounted on horseback, comfortable and ready for the off.

Originally, the expression referred to the drink itself, often mulled ale or wine, served in an earthenware or pewter cup, but later, it began to refer to cups which were specially designed for the purpose…_

(Hervorhebungen von mir)
http://64.233.179.104/search?q=cache:YrCzyS2YB-gJ:ww…

(Diese cups werden auch als Antiquitäten gehandelt http://static.zoovy.com/img/plasticpuppy/-/bahuntcup… )

Gruß
Kreszenz

Servus Fritz,

das kann man bei Rudolf Baumbach nachlesen:

Der Wirt reicht, vor der Schänke, im Krug das schäumende Gerstengetränke, während das Lachen holder Gesichter im Saal stattfindet. Der Reutter kann also bloß als Zaungast an Letzterem teilhaben.

Mit Futtersäcken und dergleichen „im Flug“ umzugehen, scheint allerdings den Postillons vorbehalten zu sein. Wie überhaupt die Kunst des Fliegens ohne künstliche Hülfsmittel eine ausgestorbne zu sein scheint. So daß man sich die Waidleute wohl eher beschriebnerweise im Sattel sitzend und trinkend, oder aber links neben dem Ross stehend und trinkend vorzustellen hat, jedenfalls aber nicht vor dem und um das Ross einherfliegend und trinkend. Wohl auch nicht fern des Rosses in der Gaststube sitzend und trinkend - denn der Reutter verlässt sein Ross zuletzt!

Schöne Grüße

MM

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Danke, Martin!
Damit wäre ja nun einiges geklärt.

Ich habe wegen des „Satteltrunkes“ die Herausgeber des Krünitz an der Uni Trier angeschrieben.
Vielleicht wissen die was.

Auch dir

Schöne Grüße

Fritz

Dir auch salve, lieber Fritz!

Sitzt ihr bei diesem Sattelgetrinke in der Kneipe?

Neinnein, Kneipe scheidet völlig aus, höchstens bei Vereinen im Reiterstüble.

Oder geschieht das im Freien?
Bei einem Ausflug hoch zu Ross?

Ja, bevorzugt.

Bei einem Turnier?

Da sollte man doch eher einen klaren Kopf behalten. Da ich kein Turnierreiter bin, kann ich’s nicht beurteilen. Daß nach dem Turnier gefeiert wird, könnte ich mir gut vorstellen.

Aber leider muß ich dazu sagen, daß zumindest bei uns der ausdrückliche Satteltrunk selten geworden ist, wir sind zumeist pflichtbewußte Muttis, die nach dem Reiten noch heimfahren müssen, Schnäpsle sind also tabu :frowning:
Aber ein Fläschle Sekt wird öfters geköpft, wenn jemand Geburtstag hat, oder beim Pferdemarkt 1. Plätze gesammelt wurden, oder weil Dienstag ist…

Und wann reitet ihr? :wink:

Nach dem Sektgenuß, da haben wir uns dann Mut für die wilde Pferdebande angetrunken.

Grüßle
Regina