Sauerteigbrot aus selbst gemahlenem Mehl

Hallo,

ich backe schon seit ein paar Jahren Sauerteigbrote mit selbst gemahlenem Mehl. Sie schmecken auch richtig gut, sind aber sehr kompakt, also nicht besonders locker, sondern extrem feinporig. Kennt hier vielleicht jemand ein Rezept für Brote mit Sauerteig aus selbst gemahlenem Mehl? Das Internet ist voll mit Brotrezepten aus gekauften Mehlen (Auszugs- und Vollkornmehlen) und Rezepten mit Hefezugabe, aber ich suche ein Rezept mit frisch gemahlenem Mehl und ohne Hefe. Das müsste ein Rezept sein, wie es die Menschen vor einigen hundert Jahren verwendet haben, als man noch keine Chemikalien kannte, mit denen man die Vitalstoffe abtöten konnte, um das Mehl haltbar zu machen.

Danke Andromedes

vor einigen Hundert Jahren kannte man schon chemikaline, hat diese nur anders Benutzt und nicht so benannt.

Bäckereien verwendeten keine Hefe, da man diese nicht kannte (darum fehlt diese auch im Reinheitsgebot) Man merkte nur recht schnell, dass Backen neben Brauereien besser ging (mehr Hefe in der Luft) sodass es bald üblich war neben Brauereien die Bäcker anzusiedeln. Sprich es wurde auch damals mit Hefe gebacken.

Wenn du nach Sauersteigbrot Vollkorn ohne Hefe suchst solltest du fündig werden.

das habe ich natürlich auch schon gemacht, aber da erhalte ich nur Rezepte für Brote mit gekauftem Vollkornmehl. Das will ich aber nicht verwenden, weil dieses Mehl unter Zugabe von Chemikalien haltbar gemacht wurde. Es gibt einfach kein lagerfähiges Mehl, wenn man die Vitalstoffe nicht abtötet. Wie die Butter im warmen Zimmer, wird auch das frisch gemahlenen Mehl schon nach wenigen Stunden ranzig.

wo ist da das problem dein Mehl gegen das in dem Rezept zu Tauschen?

so ein Rezept verwende ich aktuell, doch die Eigenschaften von frisch gemahlenem Mehl unterscheiden sich vollkommen von gekauftem Vollkornmehl. So habe ich die angegebenen Wassermengen drastisch erhöht, aber wahrscheinlich muss man noch weitere Parameter abändern. Deshalb bin ich auf der Suche nach einem Rezept, das nativ frisch gemahlenes Mehl verwendet.

In welchem Land kaufst du Mehl?
In Deutschland sind alle Zusatzstoffe bis auf die Zugabe von Enzymen deklarationspflichtig.

Offenbar weißt du mehr als ich. Welche Zusatzstoffe werden eingesetzt, welche Vitalstoffe töten diese ab?

Oha, da haben wir ja eine schöne Mischung aus Halbwissen und Verschwörungstheorien. Zu den Hefen wurde ja schon geschrieben, dass diese durchaus auch früher schon eine Rolle spielten, nur nicht als solche bekannt und benannt waren. Und dann verabschiede dich mal ganz schnell von dem Gedanken, dass Brote aus Vollkorn und ohne Reinzuchthefe früher auch nur annähernd so locker und großporig waren, wie man heutiges Brot kennt. Da hast Du einfach eine vollkommen falsche Vorstellung und damit einen vollkommen falschen Anspruch. Und wenn wir in unserer heutigen Überflussgesellschaft aus Spaß an der Freude zuhause Brot backen, und das erste Brot gleich in der Begeisterung über den noch warmen, wohlriechenden Laib gleich am ersten Tag weggeht, war früher Haltbarkeit angesagt. Und die bekommt man am besten mit nicht zu feuchten und damit weichen Broten. Die waren dann genau so, wie du dein Brot beschreibst.

Was du mal ausprobieren kannst, sind Rezepte mit Quell-, Brüh- oder Kochstück, falls dein Rezept ohne diese auskommt. Damit kann man etwas mehr in Richtung moderner Brote kommen.

beim Mahlen kommen die im Mehl enthaltenen Fette mit dem Luftsauerstoff in Berührung, so dass die freigesetzten Fette nach einigen Stunden ranzig werden. Um das zu verhindern, werden industriell hergestellte Vollkornmehle mit Antioxidantien (hauptsächlich Ascorbinsäure) besprüht. Nur so können Mehle lange lagerfähig gehalten werden.

Im Mittelalter sind die Hausfrauen einmal in der Woche mit einem Säckchen Körner zum Müller gegangen und haben sich die für den Tag benötigte Menge frisch mahlen lassen. Anschließend sind sie mit dem Mehl nach hause gegangen und haben die gesamte Menge am gleichen Tag noch verbacken für Brot und Kuchen.

Im selbst gemalenen Mehl ist auch der wertvolle Keim drin, was das Backen erschwert. Wenn ich Roggenbrot mache, hat das die Konsistenz von einem Backstein.
Grundsätzlich säuere ich den Teig über Nacht im Kühlschrank und backe kleine Semmeln, die wenig Hitze brauchen und schnell durch sind. Ja ich nehme Hefe und Jogurt.

mein Brot würde ich auf keinen Fall als Backstein bezeichnen, es ist nur nicht so locker wie gekauftes Brot. Es schmeckt auch hervorragend, und zwar nicht nur mir, sondern auch Besuchern. Die Begriffe Quell-, Brüh- und Kochstück habe ich schon mal gehört, weiß aber nicht so genau, was das ist. Das würde ich gerne mal versuchen. Welches davon würdest Du mir empfehlen?

Ich möchte aber auf keinen Fall Hefe oder gekauftes Mehl verwenden.

Das Brühstück ist schon der richtige Ansatz (sic!).

Das Problem ist, dass Vollkornmehl im Kontakt mit Wasser quillt. Dass du dadurch mehr Wasser brauchst, hast du ja schon gemerkt. Der Witz an der Sache ist aber, dass das mit dem Quellen eine Weile braucht, einige Stunden. Da das während der Gare und dem Backvorgang weiter passiert, wird das Brot fester.

Bei einem Brühstück lässt man das Mehl mit 1:1 - 1:2 kochendem Wasser verrührt einige Stunden quellen. Du kannst das super mit dem Sauerteigprozedere verbinden. Das heißt, während du den Sauerteig führst, kannst du am Vortag auch schon mal das restliche Mehl als Brühstück vorquellen lassen. Damit dieses nicht säuert, solltest du es aber, nachdem es abgekühlt ist, in den Kühlschrank stellen.

Du erhältst dann eine Krume, deren Poren nun nicht Ciabatta groß sind, das sollen sie ja auch nicht, aber sich ansonsten kaum von gekauftem Brot aus Auszugsmehl unterscheiden.

Nun habe ich ein Problem. Ich habe hier einn Roggen-Vollkornmehl. Neben Roggen folgende Zutaten / Mehlbehandlungsmittel: Nichts.

Im Übrigen dienen Mehlbehandlungsmittel der besseren Teigführung, nicht einer Haltbarmachung.
In meinem Weizenmehl ist dagegen tatsächlich Ascorbinsäure deklariert, bei 1-2g pro 100kg Mehl mache ich mir aber keine Sorgen.

Darf ich annehmen, dass deine „durch Chemikalien abgetöteten Vitalstoffe“ eher ein verbaler Fehlgriff waren als echte Realität?

Solche pauschalen Verteufelungen, gemischt mit Verschwörungstheorien und „ich mache sowieso alles viel besser als DIE da“ mag ich nicht.

Du machst dein eigenes Mehl - schön.
Zum Sauerteig gehört Hefe. Das sagt der Bäcker vom besten Brot, was ich je gegessen habe.
Du findest ihn auf dem Loretto Hof bei Zwiefalten.

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Das kommt wesentlich seltener vor als du denkst. Ich gebe dir bei deinem ‚Misstrauen‘ gegen heutiges industriell hergestelltes Vollkornmehl aber schon recht. Nur mit andere Begründung.
Bis vor ca 20 Jahren produzierte man Vollkornmehl in einem Arbeitsschritt aus dem ‚vollen Korn‘. Nur enthält dieses viele natürliche Abwehrstoffe, mit denen das Getreide seine Fressfeinde abschrecken will und viele Menschen bekamen durch diese Magenprobleme, Krämpfe oder Blähungen und Vollkornmehl war ein Nischenprodukt…
Um diesen Effekt abzubauen werden heute Mehlkörper und Keim bei der Herstellung getrennt und das Mehl aus dem Keim wird leicht geröstet (um diese Abwehrstoffe zu vernichten) bevor man beides wieder mischt. So wird das Mehl dunkler, aromatischer und besser verträglich und ist ‚Massenmarkttauglich‘ ohne das man einen Zusatzstoff deklarieren müßte.
Ich selbst habe damit keine Probleme, da ich diese Verehrung der imaginären Urgeister im Vollkornmehl für reichlich esoterischen Wunderglauben halte.

Das ist, entschuldige meine Direktheit, schlicht Schwachsinn. Mag sein, dass sowas im Mittelalter irgendwo irgendwann mal passierte. Aber in Städten und Dörfern kaufte man in der Regel schon damals sein Brot beim Bäcker und auf abgelegenen Bauernhöfen hat man alle paar Wochen mal Brot gebacken. Alles andere macht keinen Sinn, da so ein Backofen viel Feuerholz benötigt und man daher eine Mindestmenge Brot gebacken hat.
Hier im Emsland war es z.B. noch um 1900 üblich, dass arme Bauern nur 3x im Jahr Brot backten. Oder denk an das Knäckebrot in Skandinavien, das unter der Decke an einer Stange ein halbes Jahr aufbewahrt wurde. Nicht grundlos wurde Brot damals oft als Brotsuppe gegessen … weil es für alles andere schlicht ungeniessbar war.

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Servus,

dann wirst Du Mazzen oder Knäckebrot backen müssen. Die wesentlichen Bewohner von Sauerteig sind ein paarArten von Laktobazillen und - surprise, surprise! - Saccharomyces cerevisiae, den Du fürchtest wie der Teufel das Weihwasser. Wenn Du keine Hefepilze im Teig haben möchtest, darfst Du nicht mit Sauerteig backen.

Übrigens: Die Aktivität der Hefepilze im Sauerteig lässt sich durch Feuchtigkeit und Temperatur beeinflussen. Ein eher feuchter Teig, der warm (bei etwa 25 - 30 Grad) geführt wird, geht stärker auf als ein klassischer, langsam und kühl geführter Brotteig. Der hat andere Vorteile - etwa den, dass das Brot erst nach etwa einer Woche langsam ein wenig trocken wird, weil das Wasser bei langsamer Teigführung viel besser aufgenommen werden kann. Beides gleichzeitig, locker und haltbar, geht halt nicht - das hat ja @Wiz schon erklärt.

Beiläufig: Dass Mehl in industriell betriebenen Mühlen mit Vitamin C „besprüht“ wird (Ascorbinsäure ist beiläufig zwar gut wasserlöslich, aber als Stoff kristallin), ist auf unserer Seite des Atlantiks nicht üblich - da bist Du irgendwelchem Ami-Zeugs aufgesessen. Wenn der Zusatzstoff E 300 verwendet wird, muss das deklariert werden - es steht dann auf der Packung. Was jetzt an Vitamin C genau böse Chemie sein soll, überlasse ich Dir - da kommen wir eh auf keinen grünen Zweig.

Die Sache mit dem Ranzigwerden hat einen ganz anderen Zusammenhang: Ranzigwerden gibt es nur bei Fetten. Fett kommt im Getreidekorn nur im Keimling vor. Im Handel erhältliches Vollkornmehl ist keineswegs etwas „vollkommen anderes“ als im Haushalt gemahlenes - es unterscheidet sich lediglich darin, dass es (anders als Auszugmehl) zwar die Samenschale enthält, aber der Keimling abgetrennt ist. D.h. der Ballaststoffgehalt von handelsüblichem Vollkornmehl unterscheidet sich nicht von dem, das im Haushalt gemahlen wird, wohl aber der Fett- und Eiweißgehalt. Der viel beschworene Folsäuregehalt im Getreidekeimling ist bei normaler (selbst vegetarischer!) Ernährung vernachlässigbar.

Außer der Abtrennung des Keimlings bewirkt noch die Erhitzung beim Mahlvorgang auf Walzenstühlen die lange Haltbarkeit von handelsüblichem Mehl.

Viel wichtiger ist für Deine Zwecke die Körnung, die bei Mahlen im Haushalt immer auch Grieß- und eventuell Schrotanteile enthält. Beim Sichten, einem ganz wichtigen Arbeitsgang in der Müllerei, werden die verschiedenen Korngrößen voneinander getrennt, nur auf diese Weise ist feines Mehl ohne Grieß- und Schrotanteile zu erhalten. Dass feineres Mehl eine viel größere Oberfläche zur Aufnahme von Wasser hat, kannst Du Dir leicht vorstellen, wenn Du Dir mal die Oberfläche einer Kugel in Abhängigkeit von ihrem Durchmesser berechnest.

Ach ja, und weil ja das Hl. Erfaaahrungswissen von Tante Erna so groß in Mode ist: Ich bin seit über zehn Jahren Eigenbrötler und mahle dafür auf einer Haushalts-Steinmühle. Die unterschiedliche Aktivität der Hefen im Sauerteig beobachte ich jedes Jahr, wenn es im Sommer naturgemäß in der Küche wärmer ist als im Winter.

Schöne Grüße

MM

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Servus,

dass Mehl mit Ascorbinsäure versetzt wird, ist in den USA nicht selten. Da sind halt die üblichen vagen Wortwolken über den Atlantik geweht worden. Ich glaube mich zu erinnern, am Anfang der „Reich, glücklich und attraktiv durch Essen“-Mode in den 1980er Jahren hätte ich mal Mehl mit E 400 auch in D gesehen, wurde aber offenbar vom Markt nicht angenommen.

Das Stichwort „Vitalstoffe“ ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass der, der es benutzt, gar nicht wissen will, was Sache ist - es bedeutet „ich weiß zwar nicht genau, wovon ich rede, aber ich rede halt mal was“. Es ist mir noch niemand begegnet, der auf Nachfrage bereit oder in der Lage gewesen wäre, zu bechreiben, um welche Stoffe es da konkret gehen soll.

Schöne Grüße

MM

Servus,

oh weh, oh weh!

Von welchen „Hausfrauen“ redest Du da? Welche Träume erzeugen Deine Idee vom „Mittelalter“?

Unabhängig davon: Nicht nur im Mittelalter, sondern auch in der Neuzeit wurde jemand, der mit weniger als einem Malter Korn zum Müller kam, schlicht ausgelacht und heimgeschickt.

Schöne Grüße

MM