Hallo-
Warum wirken schizoide Menschen abschreckend auf nicht-schizoide Menschen?
Wie können sie es lernen, leichter, einfacher und genüsslicher mit Anderen in Kontakt zu kommen, bzw. warum fällt ihnen das schwer?
LG Igeline
Hallo-
Warum wirken schizoide Menschen abschreckend auf nicht-schizoide Menschen?
Wie können sie es lernen, leichter, einfacher und genüsslicher mit Anderen in Kontakt zu kommen, bzw. warum fällt ihnen das schwer?
LG Igeline
Hallo,
danke für die Einladung zu dieser Frage. Ich nehme der Einfachheit halber an, daß Du mit schizoiden Menschen Personen meinst, auf die die diagnostischen Kriterien der schizoiden Persönlichkeitsstörung zutreffen.
Diese Menschen wirken durch ihre schroffen, distanzierenden und gefühlskalten Verhaltensweisen sowie ihre fehlende Kompetenz in der Wahrnehmung und im Befolgen sozialer Normen abschreckend auf andere. Sie sind einzelgängerisch und haben auch nur wenig Interesse an engen Beziehungen oder Freundschaften. Generell haben sie nur an wenigen Tätigkeiten Freude.
Es gibt mehrere Erklärungsansätze, warum diese Menschen so sind. Früher hat man eine Nähe zur Schizophrenie mit einer erblichen Belastung angenommen (Schizophrenie-Spektrumsstörung). Dieser Ansatz ist allerdings heute überholt. Tiefenpsychologische Ansätze sehen die schizoide Persönlichkeit als Folge einer frühen Störung der Mutter-Kind-Beziehung, in der das Kind keine oder nur unzureichende Erfahrungen von Liebe und Zuneigung gemacht hat. Verhaltenstherapeutische Ansätze betonen die fehlende soziale Kompetenz aufgrund fehlender oder ungünstiger Lernerfahrungen. Deshalb sehen verhaltenstherapeutische Ansätze die Möglichkeit, soziale Kompetenzen durch neue, günstigere Lernerfahrungen aufzubauen, wenn bei diesen Menschen die Bereitschaft geweckt werden kann, ihr bisheriges Leben zu überdenken und Interesse an sozialen Beziehungen zu entwickeln. Letzteres kann dann der Fall sein, wenn die bestehende Situation dieser Menschen extrem und dysfunktional ist (soziale Isolation mit schweren Nachteilen für das Berufs- oder das allgemeine Leben).
Üblicherweise haben schizoide Menschen - wie die diagnostischen Kriterien definieren - jedoch kein Interesse an sozialen Beziehungen, führen ihr weitgehend isoliertes Leben gern und kommen daher in erster Linie nicht aufgrund ihrer Persönlichkeitszüge in Behandlung, sondern wegen einer anderen psychischen Störung.
Beste Grüße
Oliver
Hallo Igeline,
sorry wenn ich wieder ausschweifend werde, die Diskussion geht mir in eine mißverständliche Richtung.
Mich stört der Fatalismus in der allgemeinen Beschreibung
Bei Riemann handelt es sich um eine Klassifizierungssystem.
Seine Ausführungen und der Buchtitel verleiten vielleicht zu sehr dazu das Thema zu pathologisieren.
Was er beschreibt ist aber die Normalität unter dem Gesichtspunkt der rein theoretischen Extremausprägung.
Den „normalen“ schizoiden Menschen mit den von dir beschriebenen Symptomen gibt es nicht.
Nach Riemann gibt es vier Hauptrichtungen, in die sich ein Mensch entwickeln kann, bestimmt von einer „Grundangst“, beim Schizoiden die Angst vor der Nähe (Angst vor Selbstverlust). Neben schizoid: depressiv, hysterisch, zwanghaft. Depressiv ist die Ausprägung in die Gegenrichtung, mit der Angst vor zuviel Distanz, dem Verlust des Anderen im Hintergrund.
Alle Menschen durchlaufen diese Kindheitsphasen nacheinander (die letzten beiden andersherum zwanghaft-> hysterisch), sie sind als linear zu verstehen, nicht als „gegensätzliche Richtungen“.
Und in allen diesen Phasen nehmen wir Defizite und Objektbeziehungen hin, die uns die eine oder andere Richtung stärker ausprägen lassen.
Es war eigentlich nicht die Störung gemeint, aber ich gehe jetzt mal darauf ein. Die diagnostischen Kriterien kenne ich auch. Ich denke, dass sie oft falsch gedeutet werden
Da bin ich deiner Meinung, allerdings in einem anderen Sinne als in dem, den du meinst.
Jemand der die „Symptome“ hat die du beschreibst, kann genauso gut ein Alexithymiker, ein Pragmatiker, ein Sozialphobiker oder sogar ein narzisstisch ausgeprägter Sozialphobiker sein.
Oder er hat eine dramatische zwischenmenschliche Erfahrung zu irgend einem beliebigen Zeitpunkt gemacht.
Es gibt Leute (und damit meine ich jetzt nicht dich) die lesen einen Wikipedia-Artikel über Persönlichkeitsstrukturen und sagen dann „Uuh das ist der oder der, das stimmt genau!“
Das ist ungefähr so treffsicher wie Horoskop lesen.
Du sagst, du sprichst nicht von der Störung, aber du sprichst eindeutig von „einer“ Störung in die du die Gefühle. eines Sozialphobikers hinein interpretierst.
Ein „Schizoider“ ist aber kein Sozialphobiker.
Ein ganz normaler schizoid anteiliger Mensch kann jemand sein der z.B.einfach nur sagt:
Ich brauche viel Zeit für mich.
Oder ein „Kauz“ oder „Eigenbrötler“ sein, dem sozialer Kontakt mal ganz recht ist, der sich aber nicht darum bemüht.
Wenn in der Kindheit einer Person eine dysfunktionale oder hochdefizitäre oder schadstiftende Beziehung zu einer wichtigen Bezugsperson bestanden hat, dann kann diese durch alle diese sogenannten Individuationsphasen hindurch bestehen.
Außer die Bezugspersonen unterlagen einem Wechsel.
Wo an welchem Punkt sich ein Störungsbild am deutlichsten manifestiert, wird von vielerlei Faktoren abhängen. Z.B.
-davon, welche ganz spezifische dysfunktionale Interaktion in der Kindheit stattgefunden hat. Und in welcher Kindheitsphase sich das am nachteiligsten ausgewirkt hat.
Diese und wahrscheinlich viele andere Faktoren gelten für das normale Strukturbild genausogut. Kein Kind kommt ohne traumatische, defizitäre oder Verlust-Erlebnisse aus.
In verschiedenen Lebensphasen und durch Erfahrungen verändern und verschieben sich außerdem unsere Strukturanteile.
Er ist theoretisch auch an den Gefühlen des Anderen interessiert, nur kommt der Schizoide schwer in Kontakt. Es wird ihm auch schwer gemacht, dadurch, dass er als „gefühlskalt“ angesehen wird.
Ein Mensch mit schizoiden Anteilen muß keinesfalls gefühlskalt wirken.
Auf jemanden der ausgesprochen depressiv strukturiert ist vielleicht.
Ein schizoider Anteil ist natürlich auch in vieler Hinsicht von Vorteil, z.B. weil er den depressiven ausgleicht und vor zu viel Altruismus bewahrt.
Viele Grüße
Heidi
Hallo,
danke für das Feedback. Ich finde, daß wir nur schwer ein Gespräch über die schizoide Persönlichkeit miteinander führen können, weil wir von unterschiedlichen Positionen aus schreiben (obwohl es Verbindungen zwischen diesen Positionen gibt). Wie Du an einen anderen User hier geschrieben hast, meinst Du die schizoide Persönlichkeit aus der Persönlichkeitstheorie von Fritz Riemann und favorisiert entsprechend einen bestimmten theoretischen Zugang mit Erklärungsansatz. Ich ging aber von der Definition der schizoiden Persönlichkeitsstörung anhand der diagnostischen Kriterien aus. Darüber hinaus macht es unser Gespräch über die schizoide Persönlichkeit nicht leichter, wenn Du trotz Deiner Aussage, die diagnostischen Kriterien zu kennen, ein anderes Verständnis selbst der schizoiden Persönlichkeitsstörung zu haben scheinst. Denn Deine Beschreibung hier
paßt nicht zur schizoiden Persönlichkeit, wie sie in den diagnostischen Kriterien definiert ist. Die so definierte schizoide Persönlichkeit zeichnet sich nämlich dadurch aus, daß die Person tatsächlich kaum Interesse an engeren Beziehungen oder Freundschaften hat:
8. Mangel an engen Freunden oder vertrauensvollen Beziehungen (oder höchstens zu einer Person) und fehlender Wunsch nach solchen Beziehungen. (ICD-10)
(1) hat weder den Wunsch nach engen Beziehungen noch Freude daran, einschließlich der Tatsache, Teil einer Familie zu sein, (DSM-IV-TR).
1. Neither desires nor enjoys close relationships, including being part of a family. (DSM-5).
Es ist also nicht so, daß sie solche Beziehungen möchte, aber sie nicht knüpfen kann.
Vielleicht vermischt Du die schizoide Persönlichkeitsstörung mit der ängstlich (vermeidenden) bzw. selbstunsicher-vermeidenden Persönlichkeitsstörung oder der von Dir favorisierte theoretische Hintergrund faßt beide Persönlichkeitsstörungen unter einem gemeinsamen Begriff zusammen. Dazu gibt es nämlich auch (ältere) Ansätze (aus der Zeit vor DSM-IV).
Da wir von verschiedenen Positionen her kommend schreiben und das Aufdröseln unser verschiedenen Sichtweisen mehr Zeit in Anspruch nehmen würde, möchte ich es hiermit dabei belassen.
Nur möchte ich Dir als freundlichen Tipp mit auf dem Weg geben, in Deinen Fragen möglichst so viel an Hintergrund zu schreiben, daß die Antwortenden wissen, worauf Deine Frage abzielt. Sonst besteht die Gefahr, daß man aneinander vorbei schreibt. Hätte ich gewußt, daß Du die schizoide Persönlichkeit aus der Theorie von Fritz Riemann meinst, wäre meine Antwort wahrscheinlich anders ausgefallen. Also beim nächsten Mal bitte einfach den theoretischen Hintergrund mit einem Stichwort kurz dazu schreiben (schizoide Menschen im Sinne der Persönlichkeitstheorie von Riemann).
Nichts für ungut.
Beste Grüße
Oliver
Moin igeline!
Was genau ist denn „schizoid“? Meinst du damit ein ausgeprägtes Krankheitsbild, die schizoide Persönlichkeitsstörung?
Ich bin weder Mediziner noch Psychologe, aber wenn ich mir so durchlese, was eine schizoide Persönlichkeit ausmacht, dann verstehe ich relativ leicht, was daran abschreckend für „normale“ Menschen wirkt:
Da ja anscheinend die Empfindung von Emotionen und der Umgang damit gestört ist und damit auch das Verständnis für Emotionen anderer, so ist für mich nachvollziehbar, dass „normale“ Menschen sich nicht wahrgenommen fühlen, wenn ein Schizoider ihre Gefühle nicht erkennt oder versteht und/oder auch seine eigenen Gefühle nicht authentisch kommunizieren kann. Wer fühlt sich schon von anscheinend gefühlskalten Menschen angezogen und verstanden?
Ob ein Schizoider lernen kann, mit anderen Menschen anders umzugehen? Das hängt wohl davon ab, ob man eine schizoide Persönlichkeitsstörung „heilen“ kann.
Warum Schizoiden das schwer fällt? Weil sie eine schizoide Persönlichkeitsstörung haben. Welche Ursachen diese Störung hat? Keine Ahnung. Es gibt einfach derlei Krankheiten oder Störungen oder Anomalien - das ist Teil des Lebens. Nach dem Warum zu fragen, führt oft nur ins Leere und ändert nichts an den Tatsachen.
Aber das ist nur meine persönliche Meinung zu dem, was ich über schizoide Persönlichkeitsstörungen gelesen habe. Musst selbst entscheiden, ob dir das weiterhilft.
Gruß, Fo
Hallo,
danke für Deine Antwort. Es war eigentlich nicht die Störung gemeint, aber ich gehe jetzt mal darauf ein. Die diagnostischen Kriterien kenne ich auch. Ich denke, dass sie oft falsch gedeutet werden. Die Symptome sind genau beschrieben, aber es geht doch darum, was dahintersteckt. Jemand, der traumatisiert ist, durch Verlassen und Alleingelassenwerden, Negation der eigenen Persönlichkeit, kann schwer Beziehungen aufbauen, Nähe zulassen. Das bedeutet jedoch nicht, dass er das nicht möchte, im Gegenteil. Er wünscht es sich umso mehr, nur ist dieser Wunsch unbewusst, er verdrängt seinen Wunsch, enge Beziehungen zu haben und versucht, diese immer mehr zu reduzieren und seine Gefühle zurückzuhalten bzw. „rauszuziehen“. Enge Kontakte machen ihm Stress, Rückzug ist einfacher und sicherer.
Dein letzter Satz sticht mir besonders ins Auge. Die „anderen psychischen Störungen“ hängen doch direkt mit der schizoiden Störung zusammen, da kann man doch nicht sagen, sie kommen „wegen etwas Anderem“ und seien mit ihrem Leben zufrieden…
Mich stört der Fatalismus in der allgemeinen Beschreibung / den diagnostischen Kriterien, und mir scheint, der Vorwurf des fehlenden Migefühls könnte auch eine Projektion sein.
Die scheinbare und wahre Distanz des Schizoiden scheint zur Distanzierung Professioneller und Unprofessioneller einzuladen.
VG, Igeline
Hallo Fogari,
schizoid meine ich als Persönlichkeitsausprägung, wie sie Fritz Riemann beschrieb. Nach Riemann gibt es vier Hauptrichtungen, in die sich ein Mensch entwickeln kann, bestimmt von einer „Grundangst“, beim Schizoiden die Angst vor der Nähe (Angst vor Selbstverlust). Neben schizoid: depressiv, hysterisch, zwanghaft. Depressiv ist die Ausprägung in die Gegenrichtung, mit der Angst vor zuviel Distanz, dem Verlust des Anderen im Hintergrund.
Von „Störung“ wollte ich nicht schreiben, denn darum geht es mir nicht (den Unterschied zwischen „krankhaft“ und „normal“). Die „Symptome“ meine ich jedoch. Ich denke, dass kein Mensch „glatt läuft“, was viele jedoch glauben, bis sie irgendwann auf die Nase fallen.
„Gefühlskalt“… oder anscheinend gefühlskalt… das sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Jemand, der nur scheinbar gefühlskalt ist, versucht, seine Gefühle wahrzunehmen, zu vermitteln, dem Anderen mitzuteilen, ihm ist das wichtig, weil er in Kontakt kommen will. Er ist theoretisch auch an den Gefühlen des Anderen interessiert, nur kommt der Schizoide schwer in Kontakt. Es wird ihm auch schwer gemacht, dadurch, dass er als „gefühlskalt“ angesehen wird. Warum schauen die Menschen nicht mehr unter die Oberfläche?
Natürlich „ist eine Störung eine Störung“. Gerade deswegen sollte es um die Ursachen gehen, Traumatisierung, und da wird in letzter Zeit glücklicherweise mehr hingeschaut.
Danke für Deine Meinung, sie hat mir etwas weitergeholfen.
LG, Igeline
Hi Igeline!
Nun hast du mich neugierig gemacht. Leider finde ich die Diskussion sehr theoretisch, deshalb frage ich jetzt mal konkret nach:
Da ist also ein Schizoider, der gefühlskalt erscheint, der schwer in Kontakt kommt.
Die Mitmenschen machen es ihm schwer, weil sie ihn als gefühlskalt ansehen.
Sie sollen mehr unter die Oberfläche schauen.
Wie genau geht das denn?
Wir lernen Menschen nach ihrem Verhalten einzuschätzen. Jemanden, der distanziert erscheint, lässt man in Ruhe. Woher soll man wissen, dass der andere „eigentlich ganz anders“ ist?
Kriegt man denn im Gespräch heraus, dass ein Schizoider gar nicht so gefühlskalt und distanziert ist?
Kann ein Schizoider nicht andere Verhaltensweisen trainieren, die ihn nahbarer erscheinen lassen?
Noch eine Frage, die du nicht beantworten musst: Sprichst du als Betroffene oder kennst du jemanden, der betroffen ist?
Gruß, Fo