Servus,
auch das ist die falsche Richtung.
In der Milchproduktion gibt es nur eine Kostenposition, die kurzfristig variabel ist - das ist der Einsatz von Milchleistungsfutter. Nur mittelfristig variabel ist die Größe des Viehbestands und das Zupachten von Flächen für das Grundfutter, nur langfristig variabel der Bau von Stall und den zugehörigen Anlagen und der Zukauf von Flächen. Der Zukauf von Kalbeln zum Aufstellen als Milchkuh ist selten, die Regel ist das Aufstellen eigener Nachzucht. Die Entscheidung darüber fällt ungefähr ein Jahr, bevor die Kuh in Ertrag geht.
Für mittel- und langfristige Entscheidungen sind die Schwankungen der Erzeugerpreise, die bei Milch seit etwa fünf Jahren mit Annäherung des Binnenmarkts für Milchprodukte an den Weltmarkt und faktischem Wegfall der nur noch formal bestehenden Richtpreise funktionslos. weil viel zu kurzfristig. Eine rationale Entscheidung über einen Stallbau oder auch nur über einen Grünland-Pachtvertrag setzt Kenntnisse der zukünftigen Entwicklung der Erzeugerpreise voraus, die ihrer Natur nach nicht vorliegen. Dass die Prognosen der betroffenen Landwirte besser sind, als ihnen üblicherweise vorgeworfen wird, lässt sich daran erkennen, dass heftige Einbrüche der Erzeugerpreise für Milchprodukte erfolgten, als die Nachfrage aus China und kurz darauf die aus Russland plötzlich wegbrachen - beides Dinge, die man beim besten Willen eben nicht vorher ahnen konnte.
´
Kurzfristig kann die viel zitierte „inverse Reaktion“ von Milcherzeugern auf nachgebende Erzeugerpreise durchaus rational sein: Da folgt die Entscheidung wie immer beim Mengenanpasser dem Kriterium „Grenzkosten = Preis“, aber wenn man nur die Grenzkosten berücksichtigt, die von einer Woche auf die andere variabel sind, und in Kauf nimmt, vorübergehend Abschreibungen zu verfrühstücken, schränkt man die Produktion nicht ein (zumal das auch die Kühe beschädigen würde, wenn man ihnen mal eben die Rationen kürzte), sondern haut raus, was geht, solange der zusätzlich ermolkene Liter Milch noch mehr bringt als das zusätzlich dafür eingesetzte Pfund Milchleistungsfutter.
Die Zahlungen, die Landwirte heute bekommen, sind (in D vor allem dank dem Wirken von Günther Schmitt +) vollkommen unabängig vom Umfang der Produktion und haben keinerlei Einfluss auf diese.
Das ist schon einige Jahre vorbei. Es gibt keine Interventionskäufe mehr, bloß noch einige Journalisten, die sich an ihr Volontariat in den 1980er Jahren erinnern und glauben, es wäre alles noch so wie damals.
Nun, letztlich hätten die Verbraucher schon die Möglichkeit, Milch und Milchprodukte zu bevorzugen, die nicht von Kühen mit einer Jahresleistung von 10.000 - 15.000 kg Milch kommen und mit einem relativ geringeren Einsatz an Getreide und Soja erzeugt werden; das würde die Erzeugerpreise für Milch schnell auf einem hohen Niveau stabilisieren, wie es derzeit ist. Die Verhältnisse bei der Erzeugung an der Stelle des letzten Verbrauchs über die Nachfrage zu beeinflussen, setzte aber bei jedem Verbraucher ein quasi enzyklopädisches Wissen über ein ungeheuer breites Spektrum der Produktionstechniken für alle Güter voraus, die er an irgendeiner Stelle nachfragt. Das ist die Stelle, an der Marktwirtschaft eben nicht die „beste aller denkbaren Welten“ erzeugen kann.
Schöne Grüße
MM