Hallo,
Ich meinte damit: Wir tun so, als ob wir alles verstanden
hätten. Keiner der Kosmologen sagt offen, dass er glaube, dass
unsere heutigen Modelle grundlegend falsch sind. Wieso auch?
Sie bewähren sich hervorragend.
Eben. Also werden sie auch nicht grundlegend falsch sein. Es wird IMO so sein wie bei Newton -> Einstein und anderen grundlegenden Revolutionen in der Physik: Bewährtes Wissen bleibt prinzipiell gültig, es wird nur durch die neuen Theorien erweitert und ergänzt.
Wenn da nur dieses kleine Problem mit der Dunklen Energie
nicht wäre …
Sicher können unsere heutigen Vorstellungen von der Dunklen Energie völlig falsch sein. Nur gehört die Dunkle Energie ja auch nicht zu den Dingen in der Kosmologie, die man zum gefestigten Wissen zählen kann. So what, wenn das falsch ist? An den gefestigten Erkenntnissen in der Kosmologie wird das nichts ändern.
Ich habe das vage Gefühl (es ist wirklich nicht mehr als ein
Gefühl), dass sich unser gegenwärtiges Weltbild in einer
Sackgasse befindet und noch weiß keiner, wie wir da wieder
rauskommen. Um 1900 musste man sich davon verabschieden, dass
die Physik lokal, kontinuierlich, deterministisch, euklidisch,
… ist. Was müssen wir diesmal über Bord werfen, damit wir
wirklich weiter kommen?
Ich finde, dass du etwas übertreibst. Oder zumindest finde ich deine Wortwahl ungelungen. Sackgasse heißt für mich, dass es nicht weitergeht und man wieder zurückgehen muss, d.h. dass man z.B. die Netwonsche Physik hätte in die Tonne treten müssen. Das hat man aber nicht. Sie stellte sich nur als Spezialfall heraus, aber nicht als falsch. Wenn, dann sind wir in einem Irrgarten und finden momentan den Ausweg nicht. Aber auch das ist doch nichts neues, die Wissenschaft befindet sich immer im Irrgarten der Natur und an den Grenzen unseres Wissen sind immer Dinge für die wir momentan keine Lösung haben. Das ist doch nichts schlimmes, sondern normal.
Mir fällt noch eine bessere Analogie ein: Man versuchte das
geozentrische Weltbild durch die „Erfindung“ der Epizyklen
besser an die Beobachtungen anzupassen. Der Durchbruch kam
jedoch erst dadurch zustande, dass Kopernikus bereit war, das
geozentrische Weltbild aufzugeben.
Das halte ich für keinen gelungenen Vergleich, weil man damals erstens noch kaum von Wissenschaft sprechen konnte. Tycho Brahe, Kepler & Co waren ja erst die ersten halbwegs richtigen Wissenschaftler die den Epizyklen-Käse der Vor- oder Metawissenschaften über den Haufen geworfen haben.
Heute scheint mir die Dunkle Energie ein ähnlicher Kunstgriff zu
sein wie damals die Epizyklen.
Auch das sehe ich als schlechten Vergleich, weil wir *wissen* doch, dass die Dunkle Energie nur ein Platzhalter ist, für etwas, das wir noch nicht kennen. Dunkle Energie ist doch zunächst einfach nur ein Wort für die Ursache eines Phänomens, dass wir beobachten. Wäre sie ein Kunstgriff, dann würde das bedeuten, dass es gar keine beschleunigte Expansion gibt. Das wäre aber eine ziemlich abenteuerliche Behauptung, denn für die beschleunigte Expansion gibt es ja gute Belege. Nobelpreise werden schließlich nicht an Spekulanten verteilt, zumindest nicht in der Physik
Wenn wir aber davon ausgehen, dass sich das Universum beschleunigt expandiert, dann muss das auch einen Grund haben. Und ich sehe nicht, wo die Sackgasse liegen soll, wenn man diesem Grund einen Namen gibt, der noch dazu ja symbolisiert, dass wir den Grund noch nicht verstehen.
vg,
d.