Schreibhemmung

Hallo liebe Experten.
Ich habe ein Problem bzw. einer meiner Schüler hat ein Problem.
9. Klasse Realschule, er kam in der 8 von der HS, weil er dort gemobbt wurde. In Mathe gut, artikuliert sich auch niveauvoll und verständlich, intaktes Elternhaus, in der Klasse recht gut integriert.
Nun zum Problem: Er schreibt nicht! Zumindest nicht viel. Daraus folgten zwei 5en in Englisch und Deutsch, die nachprüfung in Deutsch hat er unter pädagogischer Mithilfe geschafft.
Da er laut schuleigenem Test als „leichter LRS-Fall“ eingestuft wurde, könnte meiner Ansicht nach eine starke Schreibangst bzw. -hemmung vorliegen.
Wer hat Erfahrungen oder kann Links nennen?

Vielen Dank,
Aragorn.
P.S.: Ich hab ihn in Mathe, nicht in D und E.

Hallo Aragorn!

Ich kann dir zwar keinen fachlichen Rat geben und auch keine Links bieten, aber ich kenne dieses Problem von mir selbst. Ich hatte schon in der Grundschule Schwierigkeiten, wenn wir kurze Aufsätze schreiben sollten oder ähnliches. Später im Gymnasium war das natürlich schlecht, weil man in den Sprachen nunmal nur eine gute Note bekommen kann, wenn der Lehrer etwas hat das er benoten kann. Ich hab das für mich selbst immer so empfunden, dass mir irendwie die Phantasie und die „Schreibgewandtheit“ fehlt, um längere Texte zu schreiben. Ander konnten zwei zentrale Aussagen über 3 Seiten dehnen, während das bei mir dann in zwei Sätzen erledigt war. Ich weiß ja nicht was für Texte dein Schüler schreiben sollte, aber vielleicht geht es ihm ähnlich. Mir hat erst im Leistungskurs eine Lehrerin geholfen, indem sie mit mir einfach darüber geredet hat. Sie hat mir gesagt, dass ich sprachlich weit über dem Niveau der anderen bin und dass ich leicht eine 1 schaffen könnte, wenn ich endlich mal mehr schreiben würde. Irgendwie hat mich das angespornt und dadurch dass mir das auch mal jemand anderes gesagt hatte, war mir das Problem bewusster und ich konnte besser damit umgehen. Im Abitur hab ich mich dann so richtig zusammen gerissen und so viel geschrieben wie noch nie. Meine Lehrerin hat mir dann im Nachhinein gesagt, dass sie echt stolz auf mich ist, dass ich das so gut hingekriegt habe.

Vielleicht hiflt es dem Jungen, wenn jemand mal mit ihm darüber redet und ihm bewusst macht, dass er eigentlich viel mehr erreichen könnte, wenn er darauf achtet, dass er ein wenig mehr schreibt. Vielleicht veruarsacht die leichte LRS eine Hemmung, dass er Angst davor hat viel falsch zu machen, wenn er viel schreibt. Das lässt sich denke ich in einem Gespräch unter vier Augen gut erörtern.

Gruß
Lisuccia

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Hallo,

ein Gespräch mit dem Schüler ist - wie bereits erwähnt worden war - sicherlich sehr sinnvoll. Gerade wenn er in der Vergangenheit solche Erfahrungen gemacht hat, ist im Allgemeinen die Angst vorhanden, zu versagen. Allerdings sind hier längere Prozesse erforderlich, für einen Lehrer meist nicht zu leisten aufgrund fehlender Zeit und Erfahrung. Wenn er selbst bereit ist, etwas zu tun, ist dies schon eine gute Voraussetzung. Wenn er beispielsweise als Hausaufgabe zu einem Thema schreiben soll, kann er zunächst das, was er dazu denkt, auf Kassette aufnehmen und mithilfe der Kassette seine Gedanken aufschreiben, zunächst auch durchaus einmal wortwörtlich. Das kann helfen. Es gibt auch viele Strategien, um solche Schreibblockaden abzubauen. An sich hat man aber als Lehrer das Problem, dass man so eine intensive Betreuung gar nicht leisten kann. Dies hängt auch davon ab, wie stark diese Blockade ist, wie die Einstellung dazu ist, wie die Unterstützung durch das Umfeld ist (Eltern, Schule) etc. Vielleicht wäre es sinnvoll, dass er sich in einem LRS bzw. Legasthenie Institut kostenlos beraten lässt, denn die Berater sind meist umfangreich ausgebildet, kennen die verschiedenen Probleme und können ihm daher auch Ansprechpartner nennen, die speziell auf solche Angstblockade eingehen und den Schülern ein Training ermöglichen. Leider hast du in deiner Unterrichtszeit wenig Gelegenheit deinen Schüler so zu fördern, wie du bei diesem Problem müsstest. Hilf ihm durch Beratung (wohin er sich wenden kann, Eltern um Unterstützung bitten), Gespräche, eine vertrauensvolle Atmosphäre und Lob.

Viele Grüße von Kim

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Hallo!

Vielleicht mag er einfach nicht schreiben! Besonders wenn man zuhause von den Eltern ständig wegen der schlechten Handschrift oder den Rechtschreibfehlern angemeckert wird, ist das doch eigentlich verständlich! Als Schülerin in der Sekundarstufe hatte ich deshalb in D und E auch immer nur 4er. Ständig diese Sprüche "Das sieht aus, als wäre ein Hahn vom Misthaufen gelaufen! oder „Siehe doch mal, was für eine schöne Handschrift die XY hat!“ nerven doch total. Das geht mir heute noch so: Mit der Hand schreibe ich nur ungern, aber hier am Computer mit dem 10-Finger-System an der Tastatur schreibe ich soviel wie nie zuvor.

Vielleicht hilft Deinem Schüler ein 10-Finger-Tipptraining am Computer mit der Erlaubnis, alle Texte am Computer (mit Rechtschreibprüfung) zu verfassen. Zumindest bei den Hausaufgaben wäre das eine Möglichkeit.

Viele Grüße

Anne

Halli,

bor, da schieben sich meine Hände zu Krallen gleich nach oben. Da hattest du ja ganze Prachtexemplare an Pädagogen! Dabei kostet ein vernünftiges Gespräch unter zwei Augen doch auch nicht die Welt. Das Schlimme: Elternhaus und Schule prägen einen dann in solchen Punkten bis ins Erwachsenenalter.

Viele Grüße von Kim

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Halli,

bor, da schieben sich meine Hände zu Krallen gleich nach oben.
Da hattest du ja ganze Prachtexemplare an Pädagogen! Dabei
kostet ein vernünftiges Gespräch unter zwei Augen doch auch
nicht die Welt. Das Schlimme: Elternhaus und Schule prägen
einen dann in solchen Punkten bis ins Erwachsenenalter.

Viele Grüße von Kim

Hallo Kim,

na ja, vor der ganzen Klasse hat das ja keiner gesagt. Trotzdem, ich war nun mal kein Mustermädchen, fleißig, ordentlich und konzentriert, sondern auch mal verträumt, vergesslich und schüchtern (eine weitere Ursache für schlechtere Noten in D und E) - dazu eben noch diese bescheidene Handschrift.

Aber eigentlich habe ich mich mit meiner Mutter sehr gut verstanden - nur diese Vergleiche mit anderen Kindern, die auf einem Gebiet besser waren (mit schlechteren wurde man nie verglichen) fand ich immer ganz grässlich.

Trotzdem gelangen mir dann aber doch noch Noten von 2 und 3 auf dem Abschlußzeugnis der FOS. Aber nach der Berufsausbildung (mit viel Normschriftübungen) hatte ich auch mehr Selbstvertrauen in Bezug auf die Handschrift. Besonders schön ist sie zwar nicht geworden, aber es macht mich auch keiner mehr deswegen an - schließlich schreibe ich hauptsächlich am Computer :wink:.

Viele Grüße

Anne

Hallo,

mal die Sicht eines Ex-Schülers, der in der 9ten rechtschreibtechnisch auch nicht mit den Mitschülern gleichziehen konnte.
Mir hat ein Französischlehrer sehr geholfen, der auf Grund meiner Zurückhaltung eine gesteigerte Aufmerksamkeit entwickelt hat.
Bei dem konnte ich sicher sein, dass er wirklich jede schriftliche Hausarbeit von mir lesen wollte, bzw. vorgelesen haben wollte.
Wir haben uns ganz gut verstanden. Er hat auch wenig gepredigt. Sätze wie „Du must mehr tun“ oder so, sind da gar nicht gefallen. Er wollte nur immer alles lesen. Das hat mich sehr motiviert.
Wenn ich nix geschrieben habe, dann war das ja genauso blamabel, als wenn ich viel falschen Text produziert hätte.

Vielleicht findest Du einen begeisterungsfähigen Fachlehrer aus Deutsch oder Englisch oder auch Geschichte usw. Jemand, bei dem Textproduktion im Fach sehr wichtig ist und der auch das Gefühl hat mit dem Schüler zu harmonieren. (der Schüler darf sich natürlich nicht gegängelt fühlen. Ein wenig Fingerspitzengefühl ist da wichtig)

Beste Grüße,
Zwergenbrot

PS: Meinen besten Dank an Herrn Fuchs, für tollen Unterricht. (er wird es zwar net lesen, aber trotzdem.)