Guten Abend,
warum schreiben Araber u.a. z.B. von rechts nach links. Da die meisten Menschen doch rechtshänder sind, erscheint das mir eher als unhandlich. Gibts dafür irgend einen Hintergrund?
Danke
M
Hallo Michael,
wenn man in der Geschichte weit zurückgeht, ist die Linksläufigkeit der Schrift gar nicht so ungewöhnlich. Sie findet sich z.B. im Phönizischen, aus dem neben den semitischen Schriften (Aramäisch, Hebräisch, Arabisch) auch das griechische Alphabet hervorgegangen ist. Letzteres wurde eine Zeitlang auch links- und zwischenzeitig furchenwendig geschrieben, bis sich schließlich die Rechtsläufigkeit durchgesetzt hat.
Was die Umständlichkeit angeht: Die existiert meines Erachtens nur in der Vorstellung von Menschen, die solche Schriften nicht beherrschen. Wie soll ich es am besten erklären? Man schreibt (als Rechtshänder) Arabisch und Hebräisch gewissermaßen „von unten“, d.h. die Hand ist (im Vergleich zu rechtsläufigen Schriften) um ca. 45 Grad im Uhrzeigersinn gedreht. So sieht das zumindest bei mir aus. Am Anfang, wenn man die Schriften neu lernt, ist das sicher ein wenig komisch. Aber man gewöhnt sich schnell daran und es schreibt sich ganz natürlich.
Interessanterweise habe ich bisher des Öfteren beobachtet, dass Linkshänder (sowohl fremd- als auch muttersprachliche Schreiber) mit Arabisch und Hebräisch ähnliche Handhaltungs-„Probleme“ haben wie bei rechtsläufigen Schriften. Ich habe zumindest noch keinen arabisch- oder hebräischen Linkshänder kennen gelernt, der seine Hand beim Schreiben so hält wie hierzulande ein Rechtshänder…
Gruß,
Stefan
Hallo,
danke - das war umfangreich und aufschlussreich
Michael
Mi Michael!
warum schreiben Araber u.a. z.B. von rechts nach links. Da die
meisten Menschen doch rechtshänder sind, erscheint das mir
eher als unhandlich. Gibts dafür irgend einen Hintergrund?
Ergänzend zu der m.W. richtigen Antwort (und mein Wissen ist da nicht wirklich umfangreich) habe ich auch mal von einem rein praktischen Grund gehört:
Abhängig davon, wie die Buchstaben zur Papier oder auch auf die Tontafel kommen, durch lockeren Schwung mit der Feder oder Einritzen mit einem spitzen Gegenstand, kann die Bewegungsrichtung für einzelne Buchstaben auch für Rechtshänder durchaus von rechts nach links sein.
Ob aus dieser handwerklichen Richtung mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Schreibrichtung folgt, kann ich allerdings nicht einschätzen.
Gruß, Zoelomat
P.S. Ein anderer Grund, dass man nämlich die gerade zu Papier gebrachte Tinte mit der Hand verschmiert, könnte auch für unsere Schreibrichtung eine Rolle gespielt haben. Bei Tontafeln scheint mir die Gefahr eher gering.
Hi,
P.S. Ein anderer Grund, dass man nämlich die gerade zu Papier
gebrachte Tinte mit der Hand verschmiert, könnte auch für
unsere Schreibrichtung eine Rolle gespielt haben. Bei
Tontafeln scheint mir die Gefahr eher gering.
Aber Arabisch wurde doch nie auf Tontafeln geschrieben, oder? Auf Tontafeln schrieb man v.A. Keilschrift (Sumerische und Akkadische zum Beispiel), und die wurde mit kleinen Holzstäbchen in weichen Ton gedrückt (wie ein Stempel, der Keile macht), dabei war die Hand die ganze Zeit über dem Täfelchen gehalten, ähnlich wie bei den Handymodellen oder PDAs, die man mit einem Stiftchen bedient hat (die sind schon gar nicht mehr modern).
Viele Grüße,
- André
Hallo,
keine Ahnung, aber für mich logisch: Ich bin Rechtshänder, warum soll ich den weiten Weg nach links machen, um mit irgendetwas zu beginnen?
Schöne Grüße,
Mohamed.
HiAndré,
Aber Arabisch wurde doch nie auf Tontafeln geschrieben, oder?
Auf Tontafeln schrieb man v.A. Keilschrift (Sumerische und
Akkadische zum Beispiel), und die wurde mit kleinen
Holzstäbchen in weichen Ton gedrückt (wie ein Stempel, der
Keile macht), dabei war die Hand die ganze Zeit über dem
Täfelchen gehalten, ähnlich wie bei den Handymodellen oder
PDAs, die man mit einem Stiftchen bedient hat (die sind schon
gar nicht mehr modern).
Genaues weiß ich da auch nicht, aber Schriften gibt es jedenfalls länger als die klassischen antiken, also grob ab der griechischen. Dass die arabische Schrift älter ist, wäre mir neu. Aber rein gefühlsmäßig, wenn ich einen Holzstab in weichen Ton drücke, ist der Aufsetzpunkt, der rechten Führhand näher, und wohl präziser als das weiche SchriftStiftende.
Es war ja auch nur eine Anregung oder ein Denkanstoss, der nicht von mir kommt, sondern den ich mal irgendwo gehört oder gelesen habe. Ich bin nicht wirklich gewillt, wochenlange Unterschungen dazu zu starten, aber das könnte durchaus interessant werden.
Man darf auch nicht vergessen, dass es zwar heutzutage zu jedem Schiss millionen Seiten im Internet gibt, aber die kreisen großteils umeinander. Dinge, die vor 30 Jahren mal in einem Buch standen, einer Zeitschrift, oder im Fernsehen zu sehen waren, fehlen da einfach oft, und wenn sie einfließen, dann tausenfach.
Jeder mag aus meinem Beitrag machen, was er will, glauben, widersprechen, Informationen suchen oder einen Erdebeerjoghurt essen, Zoelomat
Hallo Mohamed,
keine Ahnung, aber für mich logisch: Ich bin Rechtshänder,
warum soll ich den weiten Weg nach links machen, um mit
irgendetwas zu beginnen?
damit deutest du an, dass es unlogisch ist, von links nach rechts zu schreiben.
Also steigst du auch von rechts auf’s Pferd und auf’s Fahrrad und Motorrad!
Und Engländer, Japaner und Schweden sind auch unlogisch, weil sie links fahren oder fuhren?
Logik ist halt in historischen Fragestellungen selten eine Richtschnur, und je älter man wird, und um so mehr scheinbar unzusammenhängendes man über die Geschichte mitbekommt, nur „Annekdötchen“, so mehr beginnt man, ein Gefühl für Zusammenhänge und Entwicklungen zu entwickeln, also erst mal nur eine Ahnung, dass alles zusammenhängt, und das Aufsaugen von Informationen.
Für mich als Deutschen war es also erst mal ein Schock, mir bewusst zu machen, dass der 30jährige Krieg grob 100 bis 150 Jahre nach der Entdeckung Amerikas stattfand.
Auch die arabische Sprache hat ebenso sehr wie die Schrift und Kultur ihre Geschichte, und die begann lange Zeit vor vor der heutigen Schrift.
Für den Fall, dass dein Beitrag nicht nur Quatsch war, Zoelomat
[unangemessener Kommentar von MOD entfernt]
P.P.S. Die rechte Hand ist rechts, aber sie macht nicht von rechts. Die rechte Hand ist nicht mal überlegen, nur anders. Wenn du Gitarre spielst, weißt du, dass die Aufgabe der linken Hand mindestens genau so anspruchsvoll ist. Haltend vs. bewegend, das ist eher der Unterschied, nicht aktiv vs. passiv oder überlegen vs. unterlegen. Und wenn du ein Blatt Papier links mit der linken Hand hältst, und dann mit der rechten von rechts nach links schreibst, dann verstehen zumindest die Empfänger, dass Schreiben eine seeehr praktische Sache ist.
Genaues weiß ich da auch nicht, aber Schriften gibt es
jedenfalls länger als die klassischen antiken, also grob ab
der griechischen.
Nein, viel viel viel früher. Schrift gibt es auf der Erde etwa seit 3500 v.Chr., vermutlich noch etwas früher. Die Sumerer waren mit ihrer Keilschrift (die damals aber noch keine war) die ersten. Ägyptische Hieroglyphen und ähnliche Schriften entstanden dann etwas später, und aus einer dieser Hieroglyphenschrift entstanden dann unsere „Alphabete“, inkl. dem Lateinischen, Griechischen, viel später dem Kyrillischen, sowie auch das Hebräische und das Arabische. Der Ursprung ist der gleiche, auch wenn man das nicht mehr sehen kann.
Dass die arabische Schrift älter ist, wäre
mir neu. Aber rein gefühlsmäßig, wenn ich einen Holzstab in
weichen Ton drücke, ist der Aufsetzpunkt, der rechten Führhand
näher, und wohl präziser als das weiche SchriftStiftende.
Wenn ich als Rechtshänder mit einem Stäbchen einen Keil in Ton drücke, ist der Aufsetzpunkt (also der Keil) auf der von meiner rechten Hand abgewandten Seite (von Führhand kann man hier nicht sprechen, da die Hand nicht aufliegt sondern in der Luft schwebt) und die dünne Linie zeigt zu meiner rechten Hand, jedenfalls beim horizontalen Keil. Beim vertikalen Keil ist der Keil oben und die dünne Spitze unten. Einige Keilarten zeigen aber auch in die andere Richtung. Der Horizontale Keil sieht dann etwa so aus, von der Form her: |>–
Sumerisch und Akkadisch (ich denke, alle Keilschriften) wurden von links nach rechts geschrieben und gelesen.
Aber die arabische Schrift hat sich ja auch nicht aus der Keilschrift entwickelt, von daher ist der Vergleich nicht weiter wichtig. Ich wollte dich nicht böse kritisieren, sondern nur zeigen, dass die Idee mit den Tontafeln keine Erklärung für die Schreibrichtung des Arabischen ist. Sie ist auch keine Erklärung für die Schreibrichtung des Sumerischen, da wie gesagt die Hand nicht auf dem Ton aufliegt sondern in der Luft „hängt“, über dem Geschriebenen, genau wie bei PDAs mit Stift.
Viele Grüße,
- André
Hallo, bin noch neu, aber wenn ich so die Artikel lese, dann denke ich, dass es für eine Schreibrichtung keinen wirklich logischen oder gar anatomischen (linke und rechte Gehirnhälften z. B.) Grund gibt. Tinte kann man auch verschmieren wenn man, wie wir es kennen, von links nach rechts schreibt, aber Linkshänder ist, eine Sache die sehr stark zunimmt, seit man es den Kindern nicht mehr abgewöhnen will.
Nimmt man noch Koreanisch, Chinesich und Japanisch hinzu, die alle verschiedene Schreibrichtungen haben (von oben nach unten, von links nach rechts und umgekehrt…), dann kann ich mir nur einen Grund vorstellen, warum was wie und in welcher Richtung geschrieben wird:
Es ist ein Ausdruck reicher historischer Entwicklungen, je nach Region, Religion, Geographie und Tradition. Ein wahnsinniger Reichtum an Ausdrucksmöglichkeiten der Schrift.
Hallo, bin noch neu, aber wenn ich so die Artikel lese, dann
denke ich, dass es für eine Schreibrichtung keinen wirklich
logischen oder gar anatomischen (linke und rechte
Gehirnhälften z. B.) Grund gibt.
Ich denke auch, dass es da keinen logischen oder anatomischen Grund gibt. Aus ähnlichen Gründen wie du. Also zumindest ist das „Verschmieren“ sicher kein Grund dafür.
Tinte kann man auch
verschmieren wenn man, wie wir es kennen, von links nach
rechts schreibt, aber Linkshänder ist, eine Sache die sehr
stark zunimmt, seit man es den Kindern nicht mehr abgewöhnen
will.
Ja, und das ist auch gut so. Es klang bei dir grad, als fändest du es besser, linkshändigen Kindern das Mit-Links-Schreiben wieder abzugewöhnen.
Nimmt man noch Koreanisch, Chinesich und Japanisch hinzu, die
alle verschiedene Schreibrichtungen haben (von oben nach
unten, von links nach rechts und umgekehrt…),
Eigentlisch schreibt man diese drei Sprachen alle in die gleichen zwei Richtungen: entweder von oben nach unten (traditionelle Richtung), oder von links nach rechts (eher modern). An der Schreibrichtung kannst du nicht ablesen, um welche Sprache es sich hierbei handelt.
dann kann ich
mir nur einen Grund vorstellen, warum was wie und in welcher
Richtung geschrieben wird:
Es ist ein Ausdruck reicher historischer Entwicklungen, je
nach Region, Religion, Geographie und Tradition.
Ja, ich denke, da sind wir uns alle einig: Die Schreibrichtung geht auf die Tradition und Geschichte der Schrift zurück. Es ist allerdings nicht selten passiert, dass eine Schrift ihre Richtung geändert hat. Chinesisch, Japanisch und Koreanisch haben von senkrecht auf waagerecht umgestellt, aus einer alten syrischen Schrift (rechts-nach-links) wurde irgendwann die klassische mongolische Schrift (von oben nach unten); ägyptische Hieroglyphen schrieb man von links nach rechts, von rechts nach links und auch von oben nach unten. In vorrömischer Zeit hat sich die Schreibrichtung unserer lateinischen Schrift auch von rechts-nach-links auf die heutige Richtung umgestellt. Ich glaube, Etruskisch – obwohl die Schrift den lateinischen Buchstaben stark ähnelt – wurde noch von rechts nach links geschrieben.
Vielleicht ist das ein bisschen wie mit dem Straßenverkehrt: nicht in allen Ländern fährt man auf der rechten Straßenseite (siehe England, Thailand, Japan, Australien usw.)…
Grüße,
- André
Grüß euch, ihr alle, مرحبا,
manche Araber „erleichtern“ es sich insofern, als sie ihr Schreibmaterial von rechts nach oben drehen und dann von oben nach unten schreiben. Ich wollte euch eh schon einmal dazu fragen. Vor Jahrzehnten sah ich das einmal im Fernsehen bei einen alten Sudanesen mit seiner Tafel und erst kürzlich wieder im Al-Dschasira.
Allerdings habe ich hierzu noch in keinem Lehrbuch einen Hinweis gefunden. Ich selbst finde es nach einiger Eingewöhnung ganz praktisch.
Gruß
Sepp