Manipulativer Artikel
Mich würde mal Eure Meinung zum folgenden Thema interessieren,
besonders in Anbetracht der finanziellen Lage, in der sich D
befindet:
http://www.faz.net/s/Rub192E771724394C43A3088F746A7E…
(Auszug, Hervorhebung von mir:smile:
„Juncker hatte vorgeschlagen, den EU-Etat leicht auf 1,056
Prozent des Bruttonationalproduktes anzuheben. Das würde für
Deutschland einen Mehrbeitrag zur Europäischen Union
von zehn Milliarden Euro über den gesamten
Finanzzeitraum 2007 bis 2013 hinweg bedeuten. Doch werde auch
geprüft, wie die „anerkannte Sonderbelastung” der
Bundesrepublik bei den Zahlungen berücksichtigt werden kann,
hieß es. Angesichts der Krise im Ratifikationsprozeß sei es
wichtig, daß alle Partner in die Gespräche mit der notwendige
Flexibilität hineingehen, um in Brüssel einen Abschluß zu
erreichen.“
Meiner Ansicht manipuliert hier die FAZ, denn sie übertitelt ihren Artikel mit „Opposition bremst Schröder bei Finanzzusagen an die EU“. Das klingt so, als habe Schröder bereits eine Zusage gegeben. (Wieso eigentlich Plural: Finanzzusage n an die EU? Gibt Schröder mehr als eine Finanzzusage an die EU ab?!) Doch dann liest man:
»CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sagte am Freitag in Berlin, Schröder sei offenbar bereit , den finanziellen Forderungen der EU-Kommission durch höhere deutsche Beiträge entgegen zu kommen. „ Dies ist verantwortungslos im Hinblick auf die geplanten Neuwahlen und ein weiterer Beitrag zu einer Finanzpolitik, die sich an der Leitlinie ‚nach mir die Sintflut‘ ausrichtet”, sagte Glos.«
(Hervorhebungen von mir.)
Glos arbeitet nach dem „Strohmann-Prinzip“: Er argumentiert gegen eine von ihm selbst aufgestellte Behauptung. Das weiß natürlich die FAZ, dennoch stellt sie diese an den Anfang des Artikels. Mit Überschrift und Glos-Behauptung erzeugt sie eine Voreingenommenheit beim Leser.
Dabei ist noch gar nichts entschieden, wie man feststellt, wenn man weiterliest:
»Im Streit über die Finanzplanung der EU hatte Bundeskanzler Gerhard Schröder am Donnerstag abend erstmals Kompromißbereitschaft signalisiert. Nach einem Treffen mit dem luxemburgischen Ministerpräsidenten und EU-Ratspräsidenten Jean-Claude Juncker sagte Schröder: „Deutschland ist bereit, sich zu bewegen.”«
Schröder soll also Kompromißbereitschaft signalisiert haben, meint die FAZ, aber hat er das wörtlich gesagt? Nein, denn sonst hätte sie es geschrieben.; so bleibt es nur bei einem zusammenhanglosen Zitat. Doch selbst eine Kompromißbereitschaft ist noch lange keine Zusage, denn:
»Ohne ein Einlenken Großbritanniens im Rabattstreit ist nach den Worten eines ranghohen deutschen Regierungsvertreters ein Kompromiß für die künftige EU-Finanzausstattung nicht möglich.«
Schließlich darf die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin ebenfalls nach dem „Strohmann-Prinzip“ vorgehen:
Sie »sagte in Berlin, Schröder müsse bei jeder Veränderung der Zahlungen zuvor den Deutschen Bundestag konsultieren. Überdies bestehe keine Not, diese Frage jetzt zu entscheiden. Schröders Einlassungen in dem Budgetstreit nannte sie „einen kläglichen Versuch, sich Unterstützung für Europa zu kaufen”.«
Allerdings: Weder ist über „Veränderung der Zahlungen“ entschieden noch ist klar, was mit „Schröders Einlassungen in dem Budgetstreit“ gemeint ist: die angebliche Finanzzusage?
Ob bei solch einer Voreingenommenheit noch jemand den letzten Satz wahrnimmt? Denn dieser zeigt Deutschlands Haltung:
»Brüsseler Nettozahler wie Deutschland pochten in dem seit längerem schwelenden Streit dagegen auf eine strikte Begrenzung bei 1,0 Prozent.«
Es scheint so, als habe man dem klugen Leserkopf, der angeblich hinter der FAZ-Zeitung steckt, kräftig bei seiner Meinungsbildung nachhelfen wollen.
Marco
PS: Daß ich überhaupt auf diesen Beitrag eingehe, liegt daran, daß ich ihn zuerst las und später zufällig MDR aktuell schaute. Dort klang die Sache eher so, als wollten Schröder und Chirac nicht noch mehr in die EU zahlen.