Schüler, Lehrer, Eltern

Eine Frage an Euch,

mein Sohn ist 15 und mitten in der Pubertät, also nett aber schwierig. In der Schule ist das ja wohl auch die schwerste Zeit (9. Klasse, Gesamtschule). Beim letzten Elternsprechtag wurden mir dann auch einige fünfen bekannt gegeben. Mein Sohn möchte sich zwar anstrengen, ich möchte ihm auch helfen. Aber wie? Ich: Mach Deine Hausaufgaben, er: habe ich schon; ich: dann hol was nach; er: was denn; ich: dann nimm das Letzte, was ihr in der Schule gemacht habt; er: das kenne ich doch schon; ich: dann lern Vokabeln. In englisch und spanisch hat er sich inzwischen vermessert.

Mein Hilferuf an die Lehrer: gebt ihm Nachholaufgaben mit nach Hause. Lehrer: das muß der selber wissen; ich: wie soll ich das kontrollieren, dann macht er etwas Leichteres; Lehrer: wir haben auch keine Zeit; ich: dann machen Sie einen Haken unter die Aufgaben, sonst zeigt man mir etwas Altes; lehrer: wir können nicht alles nachhalten, dafür haben wir keine Zeit.

In diesem Tenor. Ich rudere also im luftleeren Raum, weil ja offensichtlich beide nicht können (Sohn) oder wollen (Lehrer).
Und ich, die ich will, weiß nicht wie.

Wie macht Ihr das???
Gruß Beate

Hallo Beate,

ich kann Dir leider nicht behilflich sein, als Lehrerin muss ich aber meine Kolegen ein wenig in Schutz nehmen:

Mein Hilferuf an die Lehrer: gebt ihm Nachholaufgaben mit nach
Hause. Lehrer: das muß der selber wissen; ich: wie soll ich
das kontrollieren, dann macht er etwas Leichteres; Lehrer: wir
haben auch keine Zeit; ich: dann machen Sie einen Haken unter
die Aufgaben, sonst zeigt man mir etwas Altes; lehrer: wir
können nicht alles nachhalten, dafür haben wir keine Zeit.

In diesem Tenor. Ich rudere also im luftleeren Raum, weil ja
offensichtlich beide nicht können (Sohn) oder wollen (Lehrer).

Es kann sein, dass Lehrer TATSÄCHLICH keine Zeit haben. Ich versuche es Dir von meinem Gesichtspunkt zu erklären:
ich habe 25 pubertierende Schüler. Jeder von ihnen hat irgendein Problem. Ich versuche, mich um jeden einzelnen (Schüler) zu kümmern und jedes (Problem) zu lösen. Aber die Zeit reicht mir nicht. Ich kann nicht bei jedem Schüler schauen, daß er vielleicht extra-Hausaufgaben bekommt. Dass er sie auch noch einträgt. Daß die Einträge für die Eltern OK sind.
Vor allem ist es mir sehr oft aufgefallen, wenn man sich intensiv um die „schwächeren“ Schüler kümmert, geht es oft auf Kosten der „Besseren“: und die haben es auch verdient, dass man sich für sie engagiert, damit sie ihr Ziel erreichen.
Lehrer können den Schüler helfen, ihnen den Weg zeigen, sind aber keine Baby-Sitter. Die Schüler müssen selbst etwas tun, und die Eltern sollen sie dabei unterstützen.
Ein Schüler der 9. Klasse ist kein kleines Kind mehr: er hat mit Sicherheit (ich war auch mal so alt!) gewisse Probleme und Schwierigkeiten, kann aber selbst schon seine Prioritäten setzen und entscheiden, ob er wirklich lernen will oder nicht.

Viel Glück jedenfalls für deinen Sohn!

Grüße
Camilla

Hallo

Das sind mal meine eigenen Gedanken,was ich so aus meiner
Schulzeit noch kenne,es sind meine persoenlichen Erkenntnisse
und Erfahrungen;es erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit
oder Allgemeingueltigkeit oder wasauchimmer.Jedenfalls
hoffe ich dass das dir ein wenig weiterhilft.

Ich denke mal es ist eher ein psychologisches Problem.Gerade in
der Pubertaet in der man eh kaum klar denken kann,stellt man
sich oft die Frage „Wozu eigentlich?“ Da das ganze Dilemma
emotional bedingt ist sollte auch da angesetzt werden. Mit Logik
kommt man da nicht weit.Schwaechere Schueler bekommen oft jeden
Tag noch vorgekaut was sie fuer Versager sind und wenn doch mal
was gutes kommt dann war es Zufall.Daher sollte als erstes
sein Selbstbewusstsein gestaerkt werden.Wie genau…tja…
da gibts kein Patentrezept,aber ich wuerde es mal so angehen:
Angenommen er kann gut Skateboard fahren,dann soll sich einer
aus seiner Gruppe mit ihm ne Stunde am Tag hinsetzen,ein wenig
Schulstoff durchmachen und danach mit ihm in die Halfpipe.
Dafuer gibst dann extra Skateboard,Ausruestung etc…
Wichtig ist dann aber dass es ein guter Freund oder Bekannter ist
damit auch die „persoenliche“ Anerkennung da ist.
Was die Lehrer angeht…naja es gibt solche und solche…
Das „Er koennte ja wenn er nur wollte“ und „ich hab dafuer keine
Zeit“ ist mir auch sehr bekannt.Die andere Seite kenn ich aber
auch,mir hat eine Lehrerin mal die Lateinnachhilfe verschafft-auf eigene Kosten!
Wenn der entsprechende Lehrer nichts tun will,nerve ihn ein
wenig;wenn er den Stoff zweimal erklaeren muss dann soll er
es tun,er wird dafuer bezahlt.Ausserdem ist nach meinen
Erfahrungen immer die Moeglichkeit da etwas Zeit fuer die
Foerderung von Schwachen zu eruebrigen,vor allem auf
Kosten der „Besseren“.
Als Beispiel :Unsere Basketballmannschaft wurde 1 Woche in
ein Internat in den Alpen geschickt,der Chor bekam eine Woche
frei und der Hausaufgabenraum fuer die gemeinsame Arbeit
der Schueler wurde aus Kostengruenden nicht geheizt.
Ausserdem empfehle ich gute Leistungen zu loben.Also wenn er
statt einer 5 eine 3 hat auf keinen Fall sagen „Es geht doch,
das naechste Mal muss es dann wieder eine 3 sein“ sondern schick
ihn mit seinen Freunden ins Kino oder etwas vergleichbares.
Und versuchs nicht nur mit Logik(Wenn du gute Noten hats bekommst
du eine guten Job),es wird nicht funktionieren.Oder warum rauchen
soviele Leute obwohl sie wissen dass es sie umbringt?

So,ich hoffe mal dass das ganze auch einen Sinn ergibt und
dir ein wenig weiterhilft.

MfG

Merias de Magyra

Hallo Beate.
Dies ist nur der Versuch einer Antwort.
Ich habe das gleiche Problem gleich mit zwei Söhnen, der eine 14, der andere 15. Der jüngere arbeitet relativ selbständig, der Ältere dafür gar nicht. Hausaufgaben nie, und wenn, so wenig, dass ich es garnicht für möglich halte.
Ich habe zuerst bei Fünfen Nachhilfe organisiert. Das hat gewirkt, kostet aber. Mit anderen Leuten kann man nämlich prima arbeiten. Außerdem ist es uncool, Nachhilfe zu haben, da strengt man sich an, damit das wieder aufhört. Das wäre eine Möglichkeit.
Außerdem bin ich immer wieder mal in der Schule vorstellig geworden außerhalb der Sprechtage und habe längere Gespräche mit den Lehrern geführt. Dabei sind manche Sachen herausgekommen, die bei Elternsprechtagen aus Zeitgründen nicht zur Sprache kommen. In unsrer Schule herrscht allerdings ein sehr freundliches Klima und die Lehrer rufen auch die Eltern an und sagen wenn irgendwas nicht läuft. Das ist übrigens auch uncool, wenn die Mutter in der Schule erscheint und Termine mit den Lehrern hat.*fg*
Dritte Möglichkeit wäre, ihn mal in den Sommerferien oder anderen Ferien arbeiten zu lassen. Irgendeine furchtbare Fließbandarbeit, die abschreckt, damit er merkt, was man arbeiten kann, wenn man einen niedrigen Schulabschluss hat. Das wäre allerdings für mich die letzte Lösung, wenn mir gar nichts mehr einfällt.
Allerletzte, aber furchtbarste Möglichkeit wäre, eine Klasse zu wiederholen.
Man muss aber den Kindern auch die Luft lassen, dass sie die Erfahrungen machen und selber drauf kommen, dass es mit arbeiten besser wird. Ich unterstütze auch teilweise noch das systematische Lernen für die Arbeiten, denn es kommt ja auch auf das „Wie“ an und nicht nur auf das „Ob“.
Dass die Lehrer nicht jedem kleine Aufgaben mitgeben können, ist eigentlich klar. Bei uns schaffen sie es nicht mal, alle Hausaufgaben zu kontollieren. Wie will man das bei 30 Schülern denn machen. Und was versprichst du dir von den Zusatzaufgaben? Die wird er genauso „gerne“ erledigen, wie die anderen Aufgaben.
Sprich: Das muss ich nicht, das mach ich nicht.
Also, bleib tapfer und freu dich auf Weihnachten. Es wird irgendwann besser und wenn dein Sohn, wie du schreibst, nett ist, dann wirds schon werden.
In diesem Sinne
ein frohes Fest
Corinna ( *die auch nicht immer die Nerven behält*)

Hallo Beate,

Mein Sohn möchte sich zwar anstrengen, ich möchte ihm auch helfen. Aber
wie? Ich: Mach Deine Hausaufgaben, er: habe ich schon; ich:
dann hol was nach; er: was denn; ich: dann nimm das Letzte,
was ihr in der Schule gemacht habt; er: das kenne ich doch
schon; ich: dann lern Vokabeln. In englisch und spanisch hat
er sich inzwischen vermessert.

das staatliche Schulsystem hat so seine Tücken. Und es kann leicht sein, dass Dein Sohn in Rente geht BEVOR sich da was dran ändert. Selbsthilfe ist angesagt wenn Du ihm helfen willst.

Was macht Dein Sohn eigentlich genau, wenn er den Dingen nachgeht die ihm Spaß machen?

Was macht er wenn er Schulstoff lernt?

Worin bestehen die Unterschiede im Vorgehen?

Hintergrund:

Es gibt zahllose Jugendliche, die mehr Automarken einschließlich aller technischen Details auswendig hersagen können als ein Autoverkäufer mit zehn Jahren Berufserfahrung. Die aber bei Englischvokabeln keine drei Stück pro Tag schaffen.

Oder die sich begeistert zu exzellenten Skateboardern, Fussballern, Judokas … hochtrainieren (weißt Du wieviel hartes Training, Disziplin und Zielstrebigkeit jemand braucht um eine Sportart auch nur auf Kreisklassenniveau zu bringen?). Aber die es nicht mal schaffen, sich vernünftig auf eine Klausur vorzubereiten.

(Für einen Sportler, der häufig an Turnieren und Wettkämpfen teilnimmt sollte die Vorgehensweise an sich klar sein).

I.d.R. fehlt es an Methodik. Lernen ist eine Fertigkeit wie vieles andere auch. Große Vorhaben in kleinere Teilziele runterbrechen. Ein Lehrbuch systematisch bearbeiten. Eigene Strukturen in den Lehrstoff reinbringen. Gute Lernbedingungen herstellen. Mit Zeit umgehen können …

Oft hapert’s auch am Transfer. Lernen können die meisten Jugendlichen. Die Fertigkeit aber auf (oft mangelhaft präsentierten) Schulstoff anwenden - da klappt es dann nicht mehr. Und die „big idea“, der tatsächliche Nutzen des Stoffes ist ihnen auch oft unklar.

Frage ihn mal die beiden obigen Sachen. Und versuche rauszufinden was er beim Stofflernen anders denkt und macht als bei seinen Lieblingstätigkeiten.

Viele Grüße,

Guido Strunck

Liebe Beate,

ein an vielen Schulen übliches Verfahren: der Schüler bekommt ein geeignetes Hausaufgabenheft (ähnlich wie ein Taschenkalender aufgebaut, ersatzweise tuts auch ein solcher). In die trägt er alle Hausaufgabenstellungen ein, z. B. Vokabeln S. 43 oder Arbeitsfragen siehe Deutschheft oder so,auch die Tatsache, dass HA entfallen. Die Lehrer zeichnen das dann nach jeder Stunde ab.
Das ist zumutbar und üblich, verweigern Lehrer dies, kannst du dich meiner Meinung nach auf dem Dienstweg (Mittelstufenleiter, Direktor, Schulrat usw.) beschweren. Du hast vollkommen recht: anders hast dukeine Chance. Das Problem bei der Sache ist, dass es häufig nach wenigen Wochen einschläft. Hier ist viel Durchhaltevermögen gefordert. Aber das wäre ja sowieso ein vorrangiges Erziehungsziel. Meine EMpfehlung: ein positives Ritual aufbauen (z. B. mit einer Lieblingsfernsehsendung oder einem Lieblingsessen verbinden), in das das ABarbeiten des Hausaufgabenheftes eingebettet ist. Zugegebenermaßen ist das in er 9. Klasse bereits etwas schwierig. Kommen die schlechten Leistungen denn so plötzlich? Warum?

Neben solcher Hausaufgabenunterstützung (m. E. setzt du hier genau am richtigen Punkt an) würde ich in der Tat einige Gespräche mit meinem Sohn über Berufspläne, Interessen, Aussichten, Umgang mit Geld usw. führen - möglichst breitgefächert und ungezwungen. Immer so konkret wie möglich, wenn man sich etwas Zeit lässt, gibt es oft schöne Anknüpfungspunkte, an denen man etwas deutlich machen kann (z. B. wenn ich die und die Ausbildung nicht hätte und in userem Betrieb wäre, würde ich die und die Tätigkeit machen und soundsoviel verdienen und kann könnten wir nicht in Urlaub fahren oder so.) Wenn irgend möglich, vielleicht mal ein Praktikum oder einen Ferienjob anleiern.

Klar kann man sich beklagen, dass die Lehrer heutzutage zu antiautoritär sind. die Lehrer werden den schwarzen Peter an die Eltern zurückgeben. Meiner Meinung nach hilft es schon ein bisschen, wenn man den Lehrern in der Sprechsstunde signalisiert, auf welche Unterstützung sie hoffen können. Also: den Lehrer ermutigen, bei häufiger fehlenden/unzureichenden Hausaufgaben eine Benachrichtigung zu schicken. Oder durchaus disziplinarisch etwas zu unternehmen. Da Eltern hierbei oft konkretes Mitspracherecht haben, macht es einen Unterschied, wie diese eingestellt sind. Ich persönlich habe allerdings mehrmals erlebt, wie Eltern solche Ziele zwar zunächst klar unterstützt haben, sobald es aber „ernst“ wurde, machten sie eine Kehrtwendung um 180 Grad. Am besten wäre also ein längerfristig aufgebautes Vertrauensverhältnis zwischen Lehrern und Eltern und da greift jetzt wieder doch das ARgument der Lehrer: die Zeit fehlt. Das ist schon so und keine dumme Ausrede. Aber gewisse Maßnahmen sind zumutbar, s. o.

Viel ERfolg,
Juliane