Schulden durch Mobilfunkvertrag

Hallo liebe Fachleute der Juristerei,

folgender, natürlich fiktiver, Fall beschäftigt zurzeit einen jungen Mann (nennen wir ihn Joe) im Bekanntenkreis. Joe hat vor vier Jahren dummerweise einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen, um günstig (1 Euro) an ein iphone zu kommen. Nach zwei Jahren ging ihm das Geld aus und er bezahlte die monatlichen Rechnungen von 55 Euro nicht mehr und ignorierte auch die folgenden Mahnungen, da er diverse psychische Störungen und Phobien hat und nicht imstande war (und ist) Briefe zu öffnen und zu beantworten. Für diese Dinge hat er inzwischen einen gesetzlichen Betreuer, aber die Vergangenheit holt ihn nun immer wieder ein. Der Mobilfunkanbieter hat in den letzten beiden Jahren natürlich regelmäßig mit einer Sperrung des Anschlusses gedroht, sofern die aufgelaufenen Rechnungen nicht beglichen werden, hat davon aber nie Gebrauch gemacht. Das bedeutet, obwohl der Anbieter zwei Jahre lang kein Geld bekommen hat, hat er weiterhin den Vertrag aufrechterhalten, den Zugang nicht gesperrt und auf Begleichung der permanent steigenden Schulden gewartet. Natürlich ist bei Joe inzwischen ein größerer Betrag aufgelaufen, den er aber so ohne weiteres nicht zurückzahlen kann, da er inzwischen von Bürgergeld lebt.

Die rechtliche Frage für mich ist nun, ob der Anbieter nicht irgendwie eine Mitschuld hat an der prekären Situation, da er das Angebot und den Vertrag immer aufrechterhalten, obwohl ihm bewusst sein musste, dass der Kunde die monatlichen Beträge nicht begleicht oder begleichen kann und auf Mahnungen nicht reagiert. Da Tim 2022 noch ein regelmäßiges Einkommen hatte, wäre auch eine Pfändung des Gehaltskontos in Frage gekommen, die es aber auch nie gegeben hat. Welche Möglichkeiten hat Tim nun gegenüber dem Anbieter?

Danke für sachkundige Antworten

PF

Ist Tim der Bruder von Joe?:sweat_smile:

Besteht die Möglichkeit, dass der junge Mann, wie auch immer er heißt, zu einer Schuldnerberatung geht, ggf. in Begleitung? Was sagt der Betreuer dazu, hat er keine Idee?

Hallo,

  • Schulden begleichen oder
  • mit dem Gläubiger verhandeln, ob ein teilweiser Erlass der Schulden möglich ist oder
  • Privatinsolvenz anmelden

Nein. Denn:

Das verpflichtet ihn aber nicht dazu, den Vertrag einseitig zu kündigen.

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Hallo,

nein. Die Pflicht, ein Kündigungsrecht auszuüben, gibt es nicht.

Gruß
C.

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Der Themenkomplex Altschulden ist einer, der im Betreuungsrecht Platz hat. Entweder ist das Aufgabengebiet bereits dem Betreuer zugewiesen oder es könnte mit aufgenommen werden. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass jemand, der heute nicht in der Lage ist, seine finanziellen Angelegenheiten zu regeln, auch / erst recht nicht in der Lage ist, besonders komplizierte Dinge aus der Vergangenheit zu klären. Außerdem ist der Betreuer eh im Boot, da direkte wie indirekte Dinge, die zur Lösung des Problems führen, ja gar nicht vom Betreuten geregelt werden können.
Also ist die Sache mit dem Betreuer zu besprechen. Auf den besteht noch der schnellste Zugriff. Kontakt zu einer Schuldnerberatung kann man parallel aufnehmen. Beratung klappt da auch bis zu einem gewissen Grad unabhängig von einer Betreuung. Allerdings haben die meisten Beratungsstellen lange Wartezeiten.
Der Betreute sollte sich aber vornehmen, das zeitnah zu lösen. Das Problem verschwindet nicht von alleine.
Handlungsempfehlung: Nächste Woche als erstes den Betreuer kontaktieren und gemeinsam Handlungen besprechen.

Da die psychische Belastung nicht nur zu den Hauptursachen für Überschuldung gehört, sondern auch Folge dieser ist, kann man das nicht unabhängig sehen. Daher sollte auch diese in den Blick genommen werden. Unabhängig davon, ob der Betroffene in Therapie ist oder nicht, ist der Sozialpsychiatrische Dienst der Gemeinde eine passende Anlaufstelle. Dort bekommt man Hilfe zur Strukturierung des Problems und Hilfe dabei, die Fäden unter Kontrolle zu halten.

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Der Betreuer hat erst jetzt Zugriff auf die Post des Betreuten und wird momentan von den Ereignissen der Vergangenheit etwas überrollt und muss erst einmal einen Überblick bekommen. Klar, Schuldnerberatung ist auf jeden Fall eine Option, aber der Betreuer wollte halt wissen, ob es auch Möglichkeiten gibt, den Anbieter des Mobilfunkvertrages mit in die Verantwortung zu nehmen.

Danke und Gruß
PF

Ja, das habe ich mir auch schon gedacht, aber der Betreuer hat halt gehofft, dass der Anbieter irgendwie mitverantwortlich ist für die Situation.

Trotzdem danke und Gruß

PF

Schade für den Betroffenen natürlich, aber wohl nicht zu ändern.

Danke und Gruß
PF

Der Betreuer ist allumfassend eingesetzt, also auch für den Themenkomplex „Altschulden“.

Der ist kontaktiert und wollte halt wissen, ob es weitere rechtliche Möglichkeiten gibt, den Anbieter mitverantwortlich zu machen. Alles weitere wird der Betreuer in Angriff nehmen bzw. ist schon dran.

So sehe ich das auch. Obwohl es bei dem Betreuten nicht lediglich um psychische Belastungen geht, sondern um psychische- und Persönlichkeitsstörungen. Aber wahrscheinlich lässt sich auf der Basis rückwirkend auch kaum eine Entschärfung der Situation erreichen. Die Diagnose hatte der Betreute bei Abschluss des Vertrages noch nicht, obwoh er da auch schon psychische Probleme hatte.

Danke und Gruß
PF

Tendenziell beschweren sich Betroffene her, wenn ihnen der Anschluss gesperrt wird, obwohl man „ja bloß kurzzeitig“ einen Engpass hatte und die Rechnungen „wirklich ganz sicher“ nächste Woche bezahlt hätte.

Gruß,
Max