Schulempfehlung unterforderung hochbegabung

Hallo und Moin Moin,

ich habe gerade ganz schön Bauchkribbeln und hoffe hier Hilfe zu erhalten…
Es geht um meinen Sohn T., 4. Klasse Grundschule, eine 7jährige Schwester, 2 ältere Geschwister, beide Oberstufe Gymnasium. T. war schon immer ein sehr „eigenes“ Kind. Im Kindergarten und Schule sehr beliebt auf Grund seiner Sozialkompetenz. Trotzdem verabredet er sich nicht besonders häufig zum Spielen, da er sich meist selbst genug ist oder seine Geschwister hat. Er liest gerne alles was ihm in die Hände kommt, hat als „kleiner Bursche“ uns fast in den Wahnsinn getrieben, weil er alles gezählt hat (das kann ganz schön anstrengend sein, wenn man zwei Stunden im Auto sitzt und das Kind wirklich jedes Fahrzeug zählt was es entdecken kann) hat einen unglaublichen Wortwitz, liebt Wortspiele und kann Zusammenhänge super erfassen. Seine Lieblingsfernsehsendung ist „Gallileo“. Leider ist seine Frustrationsgrenze nicht besonders hoch. Schon als Kindergartenkind wollte er nicht am Englischkurs teilnehmen, er konnte ja kein Englisch… Schwimmkurs? Fehlanzeige, er konnte ja schließlich noch nicht schwimmen… Erste Klasse - kleines „a“ an die Tafel schreiben? Mein Kind ist fast zusammengebrochen weil sein „a“ für die Lehrerin absolut in Ordnung war, für ihn aber nicht (sah ja nicht so perfekt aus wie im Schulbuch. Seine Playmos werden stundenlang mit einer Akribie aufgestellt, dass es schon fast unheimlich ist. Aber wehe, etwas läuft schief… Vor allem braucht er eine gewisse Regelmäßigkeit in seinem Alltag und spontane Aktionen überfordern ihn oft komplett. Mittlerweile kann er sich und sein Verhalten ganz gut reflektieren und macht manchmal Scherzchen nach dem Motto „Ach wie gut dass niemand weiß, dass ich Rumpelstilzchen heiß…“ Gestern sagte er doch so aus einem Gespräch heraus „Na ja, mit konstruktiver Kritik kann ich ja inzwischen ganz gut umgehen, aber destruktive Kritik macht mich nur noch wütender“… In der Schule kommt er gut mit, hat noch nie was dafür getan, läuft alles soweit. Leider beurteilt sein Lehrer ihn natürlich danach wie er ihn in der Schule erlebt und dass ist leider meistens abwesend, zumindest bei Themen die T. als nicht so wichtig erachtet… Deshalb bekommt er in HSU und in Deutsch in diesem Jahr im Zeugnis „nur“ eine 3, alles andere 2, Musik 1. Folge davon ist, T. bekommt eine Realschulempfehlung. Dort sehe ich ihn überhaupt nicht. Ich weiß, wir können ihn trotzdem auf dem Gymnasium anmelden, aber ich möchte nicht als Mutter dastehen die Ihr Kind unbedingt auf die Oberschule haben will, sondern weil ich nicht glaube, dass T. auf der Gemeinschaftsschule gut aufgehoben wäre. Das Argument des Lehrers, T. müsste sich auf dem Gymnasium mit Themen rumschlagen die ihn nicht so interessieren und daran scheitern, kann ich nicht nachvollziehen, denn das würde auf der Gemeinschaftsschule genau so sein und ich glaube nicht, dass er dort bessere Noten hätte. Und das „Lernen“ muss er sowieso lernen. Gibt es etwas was ich tun kann, muss, sollte? Oder nehme ich das jetzt so als gegeben an? Bin für jeden Tipp dankbar!

Herzliche Grüße von der Nordsee,
claudi

Hallo Claudi,

Du hast wirklich viele wichtige Details über deinen Sohn geschrieben - trotzdem ist es schwierig bis unmöglich, eine Art Ferndiagnose zu geben. Wenn ich Schüler und Eltern berate, dann unterhalten wir uns in der Regel ca. eine Stunde und nicht selten muss man sich noch 2-3 Mal treffen, um wirklich zu einem guten Ergebnis zu kommen. Einige Hinweise kann und möchte ich aber auf diesem Wege geben.

Zunächst einmal vorweg: Die Schullaufbahnempfehlung ist eine sehr schwierige und auch umstrittene Angelegenheit. Es gibt Lehrkräfte, die das sehr ernst nehmen, sich fortbilden, in Klassenteams besprechen etc. und es gibt Kollegen, die eher nach Bauchgefühl entscheiden… Selbst die gut aus- und weitergebildeten Kollegen können nur sehr bedingt sicher einschätzen, wie ein Kind in der vierten Klasse sich entwickeln wird. Die begründete Einschätzung seitens der Eltern, dass das Kind auch mehr kann (oder auch eher weniger), kann also durchaus ein guter Grund sein, die Schullaufbahnempfehlung als das zu sehen, was sie in einigen Bundesländern eben auch ist - eine Empfehlung, keine Überweisung.
Die Beschreibung deines Sohnes lässt mich neben der Frage der Schullaufbahn aber noch in mehrere Richtungen denken. Natürlich spricht einiges für eine Hochbegabung. Die niedrige Frustrationsgrenze, das geringe Aushalten von Veränderungen und andere kleine Hinweise, die Du gibst, lassen mich aber auch zunächst in zwei weitere Richtungen denken:

Bitte versteh mich nicht falsch, ich will deinem Kind keine „Modekrankheit“ anreden, wenn Du aber das Verhalten deines Sohnes als problematisch erlebst und das Gefühl hast, dass er sich selbst mit seinen Verhaltensbesonderheiten im Weg steht, lohnt es sich evtl. zu klären, ob eine Hochbegabung die Ursache ist (was durchaus mindestens ebenso wahrscheinlich ist) oder eben etwas anderes. Ein niedergelassener Kinderpsychologe kann in 2-3 Terminen eine differenzierende Diagnostik machen, indem er bspw. einen IQ-Test durchführt. Auch ADS in einer leichten Ausprägung lässt sich von einem Fachmann / einer Fachfrau recht leicht feststellen oder ausschließen usw. Die genauere Diagnostik kann dann helfen, Entscheidungen zu treffen und dabei helfen, deinen Sohn angemessen zu unterstützen.

Viele Grüße und Alles Gute!

Hallo claudi,

ich habe eben Deinen Beitrag gefunden, denn wir haben genau das gleiche Problem. Ich hab grad gedacht: „Das gibts nicht, da beschreibt jemand mein Kind!“ - nur dass es bei mir die Tochter ist :wink:
Auch sie hat mittlerweile vollkommen abgeschaltet u. träumt sich weg im Unterricht, ist kaum noch zu motivieren u. hat deshalb die Trendempfehlung zur Realschule bekommen - wegen ihres Arbeitsverhaltens. Der Zeugnisschnitt ist fast derselbe (2 3en, rest 2), ist aber lt. Aussage der Lehrer nicht das ausschlaggebende, sondern die mangelnde Mitarbeit, während uns bestätigt wurde, dass bei entsprechenden Anforderungen (Knobelaufgaben, Aufsatzschreiben etc.) sowohl Leistung als auch Motivation sehr gut seien *grml*
Wie kann man denn so ein Kind, das man richtig einschätzt, trotzdem zur Realschule schicken, wo es sich noch mehr langweilt und noch weniger macht?!
Mir geht es wie Dir, auch ich möchte nicht am Gymnasium unserer Wahl als Eislaufmutti auflaufen, mit einer Realschulempfehlung in der Hand und den Worten „meine Tochter ist aber hochbegabt“ - da macht man nicht nur sich lächerlich, das wirft auch kein gutes Licht aufs Kind, wenn es dann doch genommen werden sollte :frowning:
Wir sind seit Jahren in Kontakt mit einer Kinderpsychologin (anfänglich wegen ADS-Verdacht, der sich jedoch nicht eindeutig bestätigte, dafür wissen wir seitdem dass sie hb ist), die uns ein Gutachten schreiben will, aber mir wäre trotzdem wohler, wenn wir die Gym-Empfehlung noch kriegen würden. Das ist so mein Erfahrungsbericht, weiter sind wir leider auch noch nicht. Aber wenn Ihr nicht an der Küste wärt, würde ich glatt vorschlagen, dass sich die beiden mal treffen - ich kann gar nicht alles zitieren, was ich mit meiner großen auch genau so erlebt habe :wink:)

Vlg,
red_cat

Hallo und Moin Moin red_cat,

jaa, das kann ich mir lebhaft vorstellen… bin leider gerade ein wenig im Stress, würde mich aber gern mit dir über die Mäusis austauschen!

Die Lehrer, insbesondere sein Klassenlehrer, haben tatsächlich nach einer außerordentlichen Konferenz, von der ich aber nichts wusste, umentschieden auf Gym-Empfehlung! Wir haben jetzt in der Zeugnisbesprechung beschlossen, dass die Schulpsychologin demnächst künftig mal unauffällig ein Auge auf das Kind wirft und wir dann gucken wie es weitergeht um auf der weiterführenden Schule etwas in der Hand zu haben… War ein sehr konstruktives Gespräch!

Herzliche Grüße von der stürmischen Nordsee,
claudi

Hallo und Moin Moin markklub,

vielen Dank für deine Antwort. Natürlich habe ich schon immer in die eine oder andere Richtung geschaut… Nach deiner Mail habe ich mich genauer mit Asperger beschäftigt und wir haben in der Familie festgestellt, dass es zumindest wahrscheinlich ist, so viele Übereinstimmungen gab es. Irgendwie fügen sich je mehr man sich damit beschäftigt immer mehr Mosaiksteinchen zusammen… Wie es nun weitergeht kannst du in der Antwort an red_cat lesen. Danke dir sehr für deine Anregung!

Herzliche Grüße von der stürmischen Nordsee,
claudi

Hallo Claudi und Entschuldigung für die späte Antwort.

Hatte einigen Stress …

Gibt es etwas was ich tun kann, muss, sollte? Oder :nehme ich das jetzt so als gegeben an? Bin für jeden :Tipp dankbar!

Die Entscheidung, welche weiterführende Schule ein Kind besuchen soll, ist immer schierig. vor allem dnn, wenn man sich auf die Empfehlung der Lehrer nicht verlassen kann oder mag.

Eine Schulempfehlung kann ich dir aber nicht aussprechen, dafür ist der Bericht „zu einseitig“, d. h. ich kenne nur deine Perspektive, nciht aber deinen Sohn.

So, wie du es schilderst, scheint er tatsächlich unterfordert zu sein. Das heißt aber nicht, dass er auch entsprechende Leistung bringt, was er natürlich auf dem Gymnasium müsste. Dort müssen die Kinder sehr viel strukturelles und organisatorisches lernen, um ihren Schulaltag bewältigen zu können. Das ist oft, vor allem für die intelligenteren Kinder, eine große Herausforderung.

Wenn’s mein Kind wäre, würde ich meine Vermutungen bei einem Kinderpsychiater oder einem Institut für Kindesentwicklung abklären lassen. Das Ergebnis könnte eine Entscheidung deutlich vereinfachen und diese auch ggf. untermauern.

Neben Hochbegabung könnte man auch nach dem Asperger-Syndrom gucken. Zur weiteren Information und auch zur Kontaktaufnahme (Forum, Experten) empfehle ich dir diese Seite: http://www.bkjpp.de/

Euch alles Gute
ulla

Hallo Ulla,

vielen Dank für deine Antwort. Ja, so werden wir es auch machen. Die Schulpsychologin war nun mal mit im Unterricht und wir haben ein längeres Gespräch geführt. Asperger in Zusammenhang mit Hochbegabung stand auch zur Debatte. Natürlich kann sie das aus so kurzen Beobachtungen nicht konkret sagen, schließt es aber durchaus nicht aus, so dass wir unseren Burschen nun mal ambulant hier in der Kinderpsychologie vorstellen, einfach um vielleicht etwas greifbares zu haben. Wir finden ihn ja ganz prima genau so wie er ist!

Herzliche Grüße von der Nordsee,
claudi

Guten Tag,

Hochbegabte Kinder haben oft diese Merkmale ohne Aspergersyndrom zu haben. Mein Sohn war so ähnlich, meine Tochter auch. Sie haben beide das Gymnasium besucht und dann eine Klasse übersprungen, als die Zensuren in den Keller gingen. Danach haben sie wieder mit den besten Noten angefangen.
Rat und Hilfe bekommt man auch bei www.dghk.de

Guten Tag,

Hochbegabte Kinder haben oft diese Merkmale, ohne an Aspergas zu leiden. Mein Sohn war fast genauso, meine Tochter so ähnlich. Sie haben beide das Gymnasium besucht und eine Klasse übersprungen, als ihre Zensuren in den Keller gingen.Danach hatten sie wieder sehr gute Noten.
Rat und Hilfe bekommt man auch bei www.dghk.de