Schulrecht

Liebe/-r Experte/-in,
der 8,5jährige Sohn einer Bekannten besucht die 3. Klasse der Grundschule. Zwischen seiner Klassenlehrerin und dem Vater des Sohnes (die Eltern sind geschieden) kam es vor kurzem zu einer heftigen Auseinandersetzung.
Der Vater ist sehr „aufbrausend“ und benutzt auch im Schriftverkehr oft härtere Formulierungen, die man als Beleidigungen bzw. auch Drohungen betrachten kann.
Auch ohne näher auf die Vorgeschichte einzugehen, ist die Situation jetzt diese, dass die Klassenlehrerin sich weigert, den Unterricht in der Klasse fortzusetzen, solange der 8,5jährige Angelo in der Klasse ist.
Die Schulleitung ließ sich dazu ein, ihn aus der Klasse zu nehmen und ihn vorab mal in der zweiten, mal in der vierten Klasse unterzubringen. Oder er saß im Büro der Schulleitung. Zudem durfte er nicht am gemeinsamen Frühstück teilnehmen, sondern musste allein an einem Tisch vor dem Lehrerzimmer sitzen.
Nach Intervention der Mutter, die erst später darüber informiert wurde, erhielt sie einen Brief aus dem Büro der Bildungssenatorin, dass der Junge nun zum Wohle aller in die Parallelklasse versetzt werden soll.
Dabei bestätigt die Schulleitung, dass der Sohn in keinster Weise auffällig ist, sehr gut am Unterricht teilnimmt und seine Aufgaben hervorragend erledigt.
Es steht nur die Angst der Klassenlehrerin vor dem Vater im Wege.
Auch bestätigt die Schulleiterin, dass der Junge nun an einer Art Pranger stehen würde, was aber nun nicht mehr zu ändern sei.
Sollte die Mutter des Jungen - so der Schulsenat in einem persönlichen Gespräch - könnte innerhalb von zwei Tagen eine neue Schule für den Jungen gesucht werden.
Allerdings wäre dann nicht sicherzustellen, dass es eine Schule nach dem Wunsch der Mutter sei.
Lange Vorrede, kurze Frage: Welche Möglichkeiten hat die Mutter, ihren Sohn in der Klasse zu behalten, wo er sich wohl fühlt?
Eltern- oder Schulkonferenzen fanden dazu nicht statt. Nur ein Elternstammtisch, an dem die Klassenlehrerin anwesend war und den Eltern ihre Angst vor dem Vater und durch ihre fehlende Möglichkeit zu differenzieren, auch die Angst vor dem Schüler verdeutlichte.

Vielen Dank
Uwe

Guten Tag, Uwe!

Ich gehe davon aus, dass beide Elternteile erziehungsberechtigt sind und damit vertrauensvoll mit der Schule zusammenzuwirken haben. Dies ist vom Vater offensichtlich nicht erfolgt.Wenn dieses Zusammenwirken als Beleidigung bzw. Drohung verstanden werden kann, sind die Reaktionen (Versetzung in die Parallelklasse) inhaltlich in Betracht zu ziehen.
Merkwürdig finde ich die von Ihnen beschriebene Isolation des Jungen. Wenn dies nur vorübergehend (also für den Rest eines Tages) geschah, könnte ich dies noch nachvollziehen. Ging dies über längere Zeit?
Tatsache ist, dass vor Vollzug einer Maßnahme beide Erziehungsberechtigten zu hören sind. Eine Maßnahme kann (außer bei Gefahr im Verzug) erst dann eingeleitet werden.
Zusammenfassung: Es liegen gewisse Verfahrensmängel vor. Die Maßnahme selbst ist grundsätzlich rechtens

Gruß
Karlo

Vielen Dank für die schnelle Antwort, Karlo

ja, beide Elternteile sind erziehungsberechtigt. Der Vater hat bestimmt nicht angemessen reagiert und geschrieben. Die Mutter wurde in dem ersten Gespräch in der Schule nicht angehört - sie hatte keine Einladung erhalten und der Vater dachte, er schaffe das allein.
Die Isolation des Jungen dauerte insgesamt fast zwei Wochen.
Sind Erziehungsberechtigte nur anzuhören, oder haben sie auch ein Mitsprache- / Vetorecht?

Gruß
Uwe

Hallo Uwe!

Also Formfehler:

  1. Beide Eltern sind zu hören. Eltern haben in diesem Fall ein Anhörungs- und Widerspruchsrecht
  2. Es ist ein Unding, den Jungen länger als einen Tag von seiner KlassenSTUFE auszuschließen.

Also zwei heftige formale Fehler! Jetzt gilt es abzuwägen, was zu tun ist.
Pragmatisch gehe ich davon aus, dass der Vater sich kaum ändern wird und daher eine Parallelversetzung sinnvoll ist.
Wer das Thema strittig angehen möchte, sollte auf die Formalia eingehen.
Gruß
Karlo

Noch einmal vielen Dannk, Karlo,

dieser Pragmatismus trifft ins schwarze.
Der Vater wird sich nicht ändern.
Ich selbst würde diesen Streit vermeiden.
Mal sehen, was die Mutter sagt.

Viele Grüße
Uwe

Hallo!

Das ist natürlich eine heftige Geschichte.

Leider weiß ich nicht, in welchem Bundesland Sie leben, daher kann ich eine rechtlich nur bedingt wasserdichte Antwort geben.

Aber rein vom Gefühl her frage ich mich, ob ein Schulwechsel für den Jungen nicht das Beste wäre. Natürlich ist es äußerst bedenklich, wenn eine Lehrerin das Verhalten der Eltern auf das Kind projeziert und der Rektor noch bei „Strafmaßnahmen“ (allein essen) mitmacht.

Sollte es wirklich so sein, dass das Kind selbst keine Schwierigkeiten macht (wobei sich meiner Meinung nach die Frage stellt, ob ein Achtjährige das überhaupt in diesem Maße kann), ist mir das Verhalten der Schule unbegreiflich.

Für mich hört sich das Verhalten der Schuldirektion so an, als ob sie die Mutter verstehen würde, ihr aber die Hände gebunden sind.

Was ich mich fragen würde: Natürlich will ein Achtjährige nicht seine Freunde verlassen, aber bekommt er bei dieser Lehrerin noch eine Chance?

Rechtlich denke ich, dass ein erzwungener Klassenwechsel des Kindes auf Grund des Verhaltens der Eltern nicht möglich ist (so wäre es zumindest in meinem Bundesland Baden-Würtemberg).

Wie äußert sich der Vater? Da die Eltern ja geschieden sind, ist es vielleicht möglich, ihn davon zu überzeugen, zum Wohle seines Sohnes die weitere Kommunikation mit der Schule der Mutter zu überlassen.

Wie gesagt: Rechtlich denke ich, dass die Schule keine Möglichkeiten hat, einen Klassen- oder Schulwechsel auf dieser Basis zu verlangen. Ich würde mir aber überlegen, was das Beste für den Jungen ist.

Vielleicht konnte ich Ihnen mit diesen Gedanken etwas helfen.

Mit freundlichen Grüßen

N. Schmid

Hallo Herr Koch,
eine in der Tat verflixte Situation.
Wenn es stimmt, dass der Schüler selbst keinen Anlass zu Klagen gibt, dann halte ich es für pädagogisch falsch, dem Kind die Taten des Vaters zu vergelten und ihm den Wechsel der Klasse und die öffentliche Demütigung zuzumuten. Das muss die Klassenlehrerin aushalten. Wenn der Vater so unerträglich und beleidigend ist, dann sollte man ihm Hausverbot erteilen.
Welche Rechte hat die Mutter? Zunächst: Wer hat das Sorgerecht? Wenn der Vater auch sorgeberechtigt ist, müssen beide gemeinsam handeln. Da die Versetzung in eine Parallelklasse ein Eingriff in die Situation des Kindes ist, kann die Mutter verlangen, dass das Kind in der Klasse bleibt und das notfalls bei Gericht auch durchsetzen. Aber solche Verfahren dauern lange und schaden in vielen Fällen dem Kind. Am besten, die Mutter versucht im Gespräch mit der Schulleitung die beste Lösung für das Kind herauszufinden. Das kann die Versetzung in die Parallelklasse sein, wo das Kind der voreingenommenen bisherigen Klassenlehrerin entgeht, das kann auch der Verbleib in der bisherigen Klasse sein.
Viel Erfolg
Wilhelm Habermalz

Hallo Uwe,

die Lehrerin kann und dies dürfte hier der Fall sein, aufgrund eines nachhaltig gestörten Eltern/Lehrer (Schüler) Verhältnis nun für sich entschieden haben, den Jungen nicht weiter zu unterrichten.

Dies ist aber dem Kind gegenüber unfair und entbehrt jeglicher Verhältnismäßigkeit.
Im Grunde würde es reichen, dem Vater des Jungen Hausverbot zu erteilen, wozu der Schulleiter das recht hätte. Sowie rechtliche Schritte gegen die Beleidigungen zu ergreifen.

Wenn sich der Schulsenat einschaltet, dürfte die Bedrohung durch den Vater des Jungen ja recht massiv gewesen sein, da offenbar keine Schulkonferenz statt gefunden hat, bei welcher die Mutter Stellung beziehen
könnte.

Die Mutter sollte sich dringend Unterstützung/ Rat, wegen dem unangemessenen Verhalten des Vaters beim Jugendamt einholen, sowie beim Schulamt vorsprechen.

Auch sollte sie beim Rektor/Rektorin unbedingt noch einmal das Gespräch suchen und versuchen zum Wohle des Kindes eine einvernehmliche Lösung einfordern.

Das Kind darf nicht zum Sündenbock der Eltern, bzw. Elternteil werden.
Der Junge hat ein Recht auf Bildung und laut Schulgesetz (ich komme aus NRW- das gilt aber eigentlich überall) sind Ausnahmen, wie etwa dauerhafter Schulausschluss nur unter bestimmten Vorraussetzungen statthaft.
Wenn der Junge sich einwandfrei verhalten hat, muss er ordnungsgemäß beschult werden.

Alles Andere sind Probleme, die die Erwachsenen unter sich zu klären haben und Massnahmen können/dürfen nur gegen den Vater verhängt werden, wie etwa Hausverbot oder eventuelle einstweilige Verfügungen, Strafanzeigen usw.
Leider ist nicht ersichtlich um welches Bundesland es sich handelt.
Ich rate einen Blick in das jeweilige Landesschulgesetz zu werfen. Dort sind die Ordnungsmaßnahmen gelistet. In der Landesschulverordnung steht, das Schüler für Verfehlungen Konsequenzen tragen müssen - nicht für Verfehlungen ihrer Eltern.
Und exakt da würde ich ansetzen und entsprechend argumentieren.

Außerdem sollte die Mutter des Jungen noch versuchen Unterstützung und Verständnis bei den Eltern und besonders dem gewählten Elternvertreter zu suchen.
Wenn der Elternvertreter etwas taugt und dieses Amt ernst nimmt, sollte man diesen unbedingt ins Boot holen.

LG
Tina

Hallo und noch einmal herzlichen Dank an alle für die guten Antworten.

Es handelt sich um das Bundesland Bremen.
Für mich sieht der Fall also jetzt so aus, dass zwar formelle sowie auch rechtliche Fehler gemacht wurden, man aber zum Wohle des Kindes nichts weiter unternehmen sollte, außer ihn eben so schnell wie möglich auf eine andere Schule zu schicken.
Und doch möchte ich diesen Vorfall schon rein präventiv gerne öffentlich machen.
Nicht um der Schule zu schaden, sondern damit so ein Vorgehen nicht üblich wird.

Vielen Dank
Uwe Koch